Protokoll der Sitzung vom 13.12.2011

Zweitens wird uns die Frage beschäftigen, inwieweit sich die Finanzierung an den Wahlergebnissen orientieren sollte bzw. wie die Anteile bei einer Veränderung des Wahlergebnisses angepasst werden sollten. Klar ist, dass die Wahlergebnisse keinesfalls unberücksichtigt bleiben dürfen. Dies ist ein klarer Orientierungspunkt, der durch das Bundesverfassungsgericht vorgegeben wird. Eine Anpassung ist beispielsweise in dieser Legislaturperiode schon erfolgt.

Drittens. Sollen Wahlergebnisse der alleinige Faktor sein? Im Gesetzentwurf der GRÜNEN wird eine Ausnahme von diesem Faktor durch die Einführung einer Sockelförderung gemacht, die wir bisher nicht hatten. Diese Sockelförderung hat eine Abweichung vom Wahlergebnis zur Folge. Sollen und können auch andere Aspekte eine Rolle spielen, zum Beispiel die kommunalpolitische Verankerung, die Mitgliederzahl oder die bundespolitische Bedeutung durch eine Beteiligung an oder die Führung der Bundesregierung? Auch die Frage, welche Wahlergebnisse herangezogen werden sollen, ist spannend. Sollen die Ergebnisse der Landtagswahlen allein maßgeblich sein? Wenn wir uns die politische Bildung ansehen, zeigt sich, dass sich alle Ebenen von den Kommunen über das Land und den Bund bis nach Europa berühren. Deshalb lautet die Frage, ob allein die Landtagswahlen herangezogen werden sollten. Dies wäre wohl für eine politische Bildungsarbeit zu eng. Viel spricht für

eine Berücksichtigung der Bundestags- und der Kommunalwahlen. Auch die Fragen, wie viele Wahlperioden einbezogen und wie Schwankungen berücksichtigt werden sollten, sind zu klären. Diesen diffizilen Fragen müssen wir uns stellen.

Der von den GRÜNEN geforderte Sockelbetrag steht in einem Widerspruch zur Orientierung an den Wahlergebnissen. Inwieweit dieser Sockelbetrag zur FünfProzent-Hürde und zu der im Gesetzentwurf vorgeschlagenen Herausrechnung der Wahlergebnisse der nicht im Landtag vertretenen Parteien passt, werden wir diskutieren. Spannend ist die Frage, inwieweit die im Gesetzentwurf vorgeschlagene Koppelung der finanziellen Förderung der politischen Bildungsarbeit an die Vertretung im Landtag erfolgen soll. Ich kann mich noch gut daran erinnern, dass wir in zwei Fällen aus meiner Sicht durchaus richtige Ausnahmen gemacht haben, die nicht mit den Vorschlägen der GRÜNEN zusammenpassen. Die erste Ausnahme haben wir bei den FREIEN WÄHLERN gemacht, die bereits vor ihrer Landtagszeit für ihre kommunalpolitische Bildungsarbeit durch Einrichtungen unterstützt wurden. Die zweite Ausnahme wurde bei den Freien Demokraten gemacht, die nach ihrem Ausscheiden aus dem Landtag im Jahre 1994 über einen langen Zeitraum bis zu ihrem Wiedereintritt in den Landtag mit Mitteln für ihre parteinahen Bildungseinrichtungen versehen wurden.

Die vorgeschlagene apodiktische Beendigung der Förderung nach dem Ausscheiden aus dem Landtag wäre sicher problematisch. Ich habe es wegen der bundespolitischen Bedeutung der FDP bisher für sinnvoll gehalten, dass sie, obwohl sie nicht im Landtag vertreten war, Mittel für ihre Bildungseinrichtungen erhalten hat.

Viertens. Es ist bereits deutlich geworden, dass wir uns auch über die Gesamthöhe der staatlichen Förderung unterhalten müssen. Jetzt kommt der Vorschlag, diese Höhe nicht im Haushaltsgesetz, sondern unmittelbar im Fachgesetz zu regeln. Darüber werden wir reden müssen: Mit dem hier vorliegenden Gesetzentwurf würden die Mittel für die politische Bildungsarbeit gegenüber dem Stand des Jahres 2011 um etwa 70.000 Euro reduziert. Dies wäre angesichts der Herausforderungen für die politische Bildungsarbeit, die im Eingangsstatement genannt wurden, problematisch.

Herr Kollege Halbleib, Ihre Redezeit ist überschritten.

Ich habe noch 34 Sekunden. Ich bitte, das mit dem Amt zu klären.

Nein, Sie sind schon 20 Sekunden drüber. Vielleicht geht die Uhr falsch.

Ich kann mich nur an der Uhr orientieren. Ich bitte das Landtagsamt, das zu überprüfen. Herr Präsident, aber ich widerspreche Ihnen natürlich nie.

Dann werden wir klären, was da los ist.

Abschließend will ich darauf hinweisen, dass die im Landtag vertretenen Fraktionen immer verantwortungsbewusst mit den Mitteln umgegangen sind. Ich darf nur daran erinnern, dass wir heute, im Jahr 2011, eine deutlich geringere Mittelausstattung als in den Jahren zwischen 2000 und 2002 haben. Im Übrigen stehen hier insgesamt weniger Mittel als der Akademie für Politische Bildung in Tutzing zur Verfügung. Das zeigt, dass die Fraktionen und die Parteien im Bayerischen Landtag mit dem Geld der Steuerzahler gerade auch bei der politischen Bildungsarbeit behutsam umgehen, unabhängig davon, zu welchen Lösungen wir bei den Ausschussberatungen kommen werden. Das wird auch in Zukunft so bleiben.

(Beifall bei der SPD)

Herr Kollege Halbleib, ich muss Sie exkulpieren. Am Pult wird eine andere Zeit als oben angezeigt. Wir werden jetzt sehen, ob es funktioniert. Herr Pointner, starten Sie einfach einmal. Sie haben das Wort.

Soll ich warten, bis die Anzeige auf Null gestellt ist?

Herr Kollege Pointner, fangen Sie einfach an.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Über die Wichtigkeit und die Bedeutung unserer Bildungseinrichtungen brauche ich nicht mehr viel zu sagen; diese Punkte sind dankenswerterweise bereits von den Vorrednern angesprochen worden.

Die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN hat einen Gesetzentwurf eingebracht. Da bisher gesetzlich noch nichts geregelt ist, müssen wir uns überlegen, ob wir ein neues Gesetz brauchen oder ob wir mit dem bisherigen Verfahren ebenso gut weitermachen können. Ein Gesetz brauchen wir, wenn das im Sinne der Rechtsklarheit, der Rechtssicherheit und der Transparenz ist, wenn es nachvollziehbar ist,

wenn man darauf vertrauen kann und wenn man in die Zukunft planen muss.

Natürlich gibt ein Gesetz keine Rechtssicherheit, da das Recht mit wechselnden Mehrheitsverhältnissen immer wieder geändert werden kann. Trotzdem ist ein Gesetz mehr als das, was wir bisher gehabt haben. Heute wurde schon geschildert, dass wir mit dem Vorsitzenden des Haushaltsausschusses gesprochen und den Betrag, der im Haushalt festgelegt worden ist, verteilt haben. Dabei möchte ich ausdrücklich betonen, dass diese Besprechungen fair und sachgerecht abgelaufen sind und niemand bevorzugt oder benachteiligt worden ist. Herr Kollege Herold hat auf das Entgegenkommen der CSU-Fraktion verwiesen, um einigermaßen gerechte Lösungen zu erreichen. Ich möchte das betonen und mich dafür bedanken. Die CSU hätte dies, da es noch kein Gesetz gibt, nicht tun müssen.

Unter diesen Gesichtspunkten können wir einer gesetzlichen Regelung durchaus nähertreten. Ich begrüße den Vorschlag, den das BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN gemacht hat. Inhaltlich müsste bei diesem Gesetzentwurf da und dort nachgebessert werden. Wir FREIE WÄHLER wollen zum Beispiel, dass nicht nur Parteien, sondern auch freie Wählergruppen genannt werden. Dies ist jedoch eine redaktionelle Forderung, die kein Problem darstellen dürfte.

Angesprochen wurde bereits die Frage, ob die Nennung eines festen Betrages mit dem Haushaltsrecht des Landtags vereinbar ist. Im Gesetzentwurf wird ein Betrag in Höhe von 2,8 Millionen Euro genannt. Darüber können wir diskutieren. Allerdings regeln wir mit dem Haushaltsgesetz, das wir jedes Jahr verabschieden, viele andere Punkte. Man kann das natürlich, wenn sich der Betrag verändern sollte, im jeweiligen Haushaltsgesetz des Jahres festhalten. Man könnte im neuen Gesetz aber auch auf den Betrag, der im Haushalt festgelegt ist, verweisen. Das hätte den gleichen Effekt. Es ginge dann nur noch um die Verteilungsregelung.

Den Sockelbetrag halte ich für gerechtfertigt, weil die Bildungseinrichtungen unabhängig von den Fraktionsstärken Grundausgaben haben. Das sind größenunabhängige Kosten. Die sollten berücksichtigt werden. Über die Höhe kann man diskutieren. Das wird im Ausschuss sicher auch der Fall sein.

Bei § 4 Absatz 4 habe ich beim ersten Durchlesen ein Problem gesehen. Sie, Herr Kollege, haben auf die letzten drei Wahlen verwiesen, also auf die aktuelle und die beiden letzten. Wir müssen aber an die Zukunft denken, und es könnte passieren, dass jemand in den Landtag kommt, der bislang noch nicht an

einer Wahl teilgenommen hat. Das ist nicht auszuschließen, wenn man sich die Umfragen ansieht.

(Maria Noichl (SPD): Meinen Sie die Piraten?)

- Nicht unbedingt. Es gibt vielleicht auch andere. Das ist aber wurscht; denn wir brauchen nicht darauf einzugehen, ob es die sind oder andere. Es betrifft auch die FREIEN WÄHLER, weil wir - und das ist eine bislang unklare Regelung im Gesetzentwurf - bisher nicht im Landtag waren, genauso wie die FDP. Zählen die Ergebnisse mit, die bei den vorherigen Landtagswahlen erreicht wurden, bevor wir in den Landtag gekommen sind? - Diese Frage müsste noch geregelt werden. Man kann nicht sagen, bei einer Partei, die bisher nicht im Landtag vertreten war und die mit einem Wahlergebnis von 5 % in das Parlament hineinkommt, wird das Ergebnis durch drei geteilt. Hier müsste also noch nachgebessert werden. Darüber können wir im Ausschuss diskutieren. Ich weiß nicht, an welchen Ausschuss der Gesetzentwurf verwiesen wird, wahrscheinlich an den Haushaltsausschuss. Das wären die wesentlichen Dinge, die noch nachbereitet werden müssten. Ansonsten könnten wir dem Gesetzentwurf zustimmen. Ich habe jetzt die Zeit eingespart, die Herr Kollege Halbleib zuviel geredet hat. Im Haushaltsausschuss werde ich dann etwas mehr dazu sagen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Herr Kollege Pointner, Sie waren genau in der Zeit. Wir müssen nur ein bisschen schauen, weil die Anzeige nicht ganz kompatibel mit der Redezeit des Redners ist. Herr Kollege Klein, Sie sind auf jeden Fall der Nächste. Sie starten auf Ihrer Anzeige bei 1.20. Sie haben fünf Minuten.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es geht um die politischen Stiftungen. Uns liegt ein Gesetzentwurf der GRÜNEN vor. Wir alle sind uns einig, dass die Stiftungen ein wichtiger Baustein bei dem Thema sind, das wir heute hier in der Gedenkstunde schon behandelt haben, nämlich die wehrhafte Demokratie. Es steht außer Frage, dass die Stiftungen dazu einen nicht zu verzichtenden Beitrag leisten. Es geht um das Erlernen von Fertigkeiten wie den friedlichen Austausch der Argumente. Die Stiftungen leisten ihren Beitrag dazu, Demokratie, diese Errungenschaft, die wir alle genießen dürfen, einzuordnen. Es geht auch darum, diese freiheitlichen Rechte zu verteidigen. Das alles ist im Bildungsauftrag der Stiftungen enthalten.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wer würde heute noch wissen, dass der erste deutsche Friedensnobelpreisträger Gustav Stresemann ein Liberaler war,

dass die Soziale Marktwirtschaft auf dem Neoliberalismus von Walter Eucken und Friedrich von Hayek beruht? Wer würde sich noch daran erinnern, dass sich Hans-Dietrich Genscher bei der schlimmen Geiselnahme bei den Olympischen Spielen 1972 als Ersatzgeisel zur Verfügung gestellt hat? - Denken wir an die Einordnung der deutschen Wiedervereinigung. All das sind Themen, die von unseren Stiftungen und den politischen Vereinigungen, die politische Bildung betreiben, immer wieder thematisiert werden, indem sie sich mit der Demokratie und mit den Verhältnissen in der Welt auseinandersetzen. Ich glaube, das ist ein Beitrag, der voll und ganz unserer Aufmerksamkeit bedarf.

Zum Gesetzentwurf der GRÜNEN, den wir im Ausschuss sicher noch breit diskutieren werden, ist die grundsätzliche Frage zu stellen, die hier auch schon aufgeworfen wurde: Muss man die Mittelvergabe, die bisher recht fair abgelaufen ist, gesetzlich regeln, ja oder nein? Das ist die erste Frage, die man hier beantworten muss. Beantworten muss man sicher auch die Frage, ob sich die Mittelvergabe allein an der Präsenz hier im Hause orientieren kann oder ob es auch noch andere Gründe gibt so wie in der Vergangenheit. Wie geht man grundsätzlich mit der Stiftungsarbeit um? Jede Stiftung hat, das findet man auch im Gesetzentwurf der GRÜNEN, eine Grundaufgabe zu erfüllen, und damit gehen Grundkosten einher, die vielleicht mit den Sockelbeträgen ganz gut abgedeckt sind. Auch das ist eine Frage, die wir im Miteinander klären müssen.

Ich kann damit werben, dass wir den Gesetzentwurf der GRÜNEN sachlich und ganz ruhig, vielleicht noch vor den Ausschusssitzungen debattieren werden und zu einer gemeinsamen Haltung finden. Ich denke, das Thema Stiftungen eignet sich am wenigsten für parteitaktische Spielchen. Wir sollten gemeinsam zu einer Regelung der Finanzierung von einer dieser Institutionen kommen. Es ist nicht die einzige, die unsere Demokratie nachhaltig am Leben hält. Damit sind wir bei einem wichtigen Wort zum Thema Stiftungen, nämlich "Nachhaltigkeit". Auch sie muss bei den Stiftungen im Hinterkopf bleiben; denn im Gegensatz zu den Parteien, die sich im Alltagsgeschäft manchmal zu verlieren drohen, haben die Stiftungen eine langfristige Bildungsarbeit zu gewährleisten, die vielleicht nicht zu jedem Wahltermin oder zu jedem Wahlergebnis passt.

(Beifall bei der FDP und Abgeordneten der SPD)

Damit ist die Aussprache zu dieser Ersten Lesung geschlossen. Ich schlage Ihnen im Einvernehmen mit dem Ältestenrat vor, den Gesetzentwurf dem Ausschuss für Staatshaushalt und Finanzfragen federführend zu überwei

sen. - Besteht damit Einverständnis? - Dann ist das so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 3 b auf:

Gesetzentwurf der Abgeordneten Hubert Aiwanger, Florian Streibl, Prof. (Univ. Lima) Dr. Peter Bauer u. a. und Fraktion (FREIE WÄHLER) zur Änderung des Bayerischen Strafvollzugsgesetzes (Drs. 16/10460) - Erste Lesung

Der Gesetzentwurf wird vonseiten der Antragsteller begründet. Herr Streibl, ich darf Ihnen das Wort erteilen. Sie müssten bitte selbst ein bisschen auf die Uhr schauen und sich zehn Minuten einprägen. Bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Jugendkriminalität ist ein Problem, das die Öffentlichkeit immer stärker bewegt. Wir müssen nach neuen Wegen suchen, wie wir die Jugendkriminalität besser in den Griff bekommen und wie wir sie stärker bekämpfen können. Von 1953 bis 2008 gab es in § 91 Absatz 3 des Jugendgerichtsgesetzes die Möglichkeit eines Jugendstrafvollzugs in freier Form. Durch unsere Initiative wollen wir diese Möglichkeit auf Landesebene herunterheben. Wir wollen, dass es auch bei uns hier in Bayern eine solche Möglichkeit gibt. Die Fraktion der FREIEN WÄHLER im Bayerischen Landtag ist der Auffassung, dass neben dem geschlossenen Strafvollzug und dem offenen Strafvollzug auch der dritte Weg eines Vollzugs der Jugendstrafe außerhalb von Jugendstrafvollzugsanstalten als neuer Weg möglich sein soll, weil er Erfolg versprechen kann. Plakativ gesagt wäre er ein "Knast ohne Gitter" oder "die Freiheit als Therapie".

Meine Damen und Herren, von 2004 bis 2007 sind ungefähr 68,6 % der haftentlassenen Jugendlichen rückfällig geworden. Das ist eine signifikante Zahl, die uns aufrütteln muss. Offensichtlich läuft im geschlossenen Vollzug etwas falsch. Da ist etwas faul. Die Jugendlichen lernen dort eigentlich erst die Dinge, die sie für eine kriminelle Karriere brauchen. Dem muss ein Riegel vorgeschoben werden beziehungsweise hier muss ein Riegel weggenommen werden. Wir sind deshalb der Meinung, dass man einen neuen Weg gehen sollte.

Der Gedanke des Jugendstrafrechts ist immerhin der Gedanke der Erziehung, nicht der einer Abschreckung oder Vergeltung. Es geht um die Erziehung der Jugendlichen, sie sollte im Vordergrund stehen, sie muss immer im Vordergrund stehen gemeinsam mit Erziehung und Resozialisierung. Zwar steht dem Jugendstrafrichter eine große Palette an Sanktionsmög

lichkeiten zur Verfügung, doch dieser neue Weg steht den Richtern hier in Bayern nicht zur Verfügung. Ich möchte auf die Projekte in Baden-Württemberg verweisen, die es hierzu schon gibt, und zwar auf das "Projekt Chance" und das "Seehaus Leonberg". Hier können Jugendliche, die sich hierfür eignen, untergebracht werden, um im offenen beziehungsweise freien Vollzug zu arbeiten.

Der Jugendstrafvollzug in freier Form verlangt von den Jugendlichen mehr als die Unterbringung in einer geschlossenen Anstalt. Das Konzept ist so gestaltet, dass maximal sieben Jugendliche in einer Hausfamilie mit Hauseltern zusammenleben und dabei überwiegend zum ersten Mal ein geordnetes Familienleben, Zuwendung und Geborgenheit erfahren. Die Jugendlichen erleben dabei einen straff durchorganisierten Arbeitsalltag. Zum Beispiel beginnt im Seehaus Leonberg der Tag um 5.45 Uhr mit Frühsport und ist bis 22.00 Uhr durchorganisiert. Die Jugendlichen müssen sich einem konsequenten Erziehungsprogramm unterziehen. Dazu gehören Hausarbeiten, Schule, Berufsvorbereitung, Sport, gemeinnützige Arbeit, TäterOpfer-Ausgleich, soziales Training und die Vermittlung von christlichen Werten und Normen. Diese Jugendlichen werden also einem konsequenten Trainingsprogramm unterzogen, mit dem sie intensiv auf das Leben in der Gesellschaft vorbereitet werden. Das kommt dem Erziehungsgedanken mehr entgegen als ein einfaches Wegsperren. Das wollen wir unterstützen. Deshalb schlagen wir in unserem Gesetzentwurf für Artikel 133 Absatz 2 folgende Formulierung vorgeschlagen:

Geeignete junge Gefangene können in einer Einrichtung des Jugendstrafvollzugs in freier Form untergebracht werden. Die Eignung muss positiv festgestellt und dokumentiert werden. Die Entscheidung hierüber trifft die Anstaltsleiterin oder der Anstaltsleiter. Die Aufsichtsbehörde kann sich vorbehalten, dass in bestimmten Fällen die Entscheidung über die Unterbringung junger Gefangener im Jugendstrafvollzug in freier Form erst mit ihrer Zustimmung wirksam wird.

Darüber hinaus sehen wir in Absatz 3 vor, dass junge Gefangene, die sich während ihres Aufenthalts in einer Unterbringung in freier Form nicht als geeignet erweisen, wieder in den geschlossenen Jugendstrafvollzug überführt werden.

Zu diesem Thema gab es schon zwei Anträge der SPD-Fraktion zum Haushalt, nämlich am 03.03.2009 und am 03.02.2010. Der SPD-Fraktion wurde dabei immer vorgeworfen, dass das nicht haushaltswirksam werden können, weil dafür eine Rechtsgrundlage fehle. Deswegen wollen wir mit unserem Gesetzesan

trag eine Rechtsgrundlage schaffen, damit Mittel für den freien Vollzug in den Haushalt eingestellt werden können. Wir wollen mit unserem Antrag diese Gesetzeslücke schließen, weil wir glauben, dass die konsequente Einbindung in Erziehungsmaßnahmen, das konsequente Vermitteln von Werten sowie das konsequente Leben in geordneten Familienverhältnissen mehr für die Gesellschaft bewirken können als stupides Wegsperren.

Deswegen bitte ich Sie: Unterstützen Sie unseren Antrag!