Zur Bildung gäbe es auch viel zu sagen. Auch hier gibt es großen Nachholbedarf. Bayern hat viel zu viele Schulabbrecher, viel zu wenige Studienplätze und Facharbeitermangel. Sie haben von einer "ehrlichen Willkommenskultur" gesprochen. Die müssen Sie vorleben und -machen. Sie zu fordern ist zwar schön, aber es muss tatsächlich mehr passieren.
Das sind gravierende Versäumnisse, die für den zukunftsfähigen Wirtschaftsstandort Bayern alles andere als gut sind.
Ich komme zum letzten Punkt. Kolleginnen und Kollegen, bereits vor dem Finanzmarktdebakel und bereits vor der jetzigen Verschuldungs- und Bankenkrise haben sich die Krisenzeichen massiert. Das sind der Klimawandel mit seinen drohenden dramatischen Auswirkungen, die Welternährungskrise und die schreiend ungerechte Verteilung zwischen Nord und Süd. Viele Punkte mehr gäbe es abzuhandeln. Wir haben es nicht nur mit einer Konjunkturkrise zu tun, sondern mit einer Systemkrise, einem Systemversagen. So zu tun, als könnte man wie bisher weitermachen und als reichte es aus, ein bisschen Kosmetik machen, ist völlig fehl am Platz.
Wir brauchen ein Gesamtkonzept mit vielen Bausteinen. Einer dieser Bausteine ist schon ausgeführt, nämlich die Verschuldung massiv zurückzuführen. Der nächste Baustein ist, die Finanzmärkte wieder zu regulieren. Das heißt, die Banken müssen auf ihre eigentlichen Aufgaben zurückgeführt werden. Es gibt jede Menge Einzelmaßnahmen wie die Finanztransaktionssteuer, das Verbot von Leerverkäufen, die Begrenzung für Derivate, die Gewährleistung einer ausreichenden Eigenkapitalunterlegung und keine Flucht in Zweckgesellschaften. Wir sollten endlich daran arbeiten, den Banken die Eigengeschäfte, zumal solche im Sinne der sogenannten Kreditersatzgeschäfte, zu untersagen. Man könnte das Trennbankensystem diskutieren, das zwischen Geschäfts- und Investmentbanken unterscheidet. Ebenso könnte man die Zerschlagung von Großbanken diskutieren.
Ein zweiter Punkt ist angesagt. Wir müssen endlich die Umverteilung von unten nach oben stoppen. Auch dazu werden Instrumente diskutiert wie Vermögensabgabe, höherer Spitzensteuersatz, höhere Erb
schaftsteuern, Mindestlohn, Tariftreueregelung, höhere Sozialtransfers und deutlich mehr Engagement in der Entwicklungszusammenarbeit. Hier könnte der Landtag viel erreichen und viel machen.
Noch drei Sätze. Es gilt, endlich den ökologischen Umbau von Wirtschaft und Gesellschaft anzugehen, das heißt, eine ressourcenund klimaschonende, sozialverträgliche Wirtschaftsweise zu forcieren und den Wachstumszwängen zu entkommen.
Kolleginnen und Kollegen, ich komme zu den letzten Sätzen: Wirtschaften heißt, haushälterisch mit knappen Gütern umzugehen. Tatsächlich passiert das Gegenteil. Verschwendung und Ausbeutung boomen. Das kann es nicht sein. Wir wollen aber keine Kassandra-Rufe bringen.
Ich komme zum Schluss. Ich will gar nicht die Subsistenzwirtschaft predigen. In der jetzigen Situation liegt auch eine Chance. Ich habe schon immer von Umwelt- und Klimaschutz als Standortfaktoren gesprochen; mit grünen Ideen schwarze Zahlen schreiben. Ein sehr wichtiger Standortfaktor ist auch die soziale Gerechtigkeit, die Verteilungsgerechtigkeit. Daran müssen wir arbeiten. - Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege. Im Übrigen weise ich darauf hin, dass es nicht 16, sondern 18 Sekunden gewesen wären, auf die Sie sich berufen wollten. Die zwei Sekunden haben wir mit Diskussionen verbracht.
Bevor ich den nächsten Redner aufrufe, darf ich zum Sitzungsfahrplan auf Folgendes hinweisen. Für die Tagesordnungspunkte 11 und 12 entfällt aufgrund interfraktioneller Vereinbarung die Aussprache. Wir ziehen die Abstimmung zu den beiden Tagesordnungspunkten im Anschluss an die Debatte vor die Mittagspause.
Sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrter Herr Präsident! Lieber Herr Dr. Runge, ich dachte Sie bringen in den letzten zwei Minuten das gesamte Parteiprogramm der GRÜNEN unter; sie waren sehr ereignisreich.
Die Zahlen zeigen, dass Deutschland seit dem Höchststand der Krise 2009 und 2011 den Abbau der Arbeitslosenzahlen im Durchschnitt mit 24 % erfolgreich gemeistert hat, Bayern mit 36 %, RheinlandPfalz mit 25 % und Nordrhein-Westfalen mit 16 %. Die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätze ist gewachsen. In Bayern ist ihre Anzahl um 7,3 % gestiegen, in Rheinland-Pfalz und im Übrigen auch in Baden-Württemberg unter der neuen Regierung um 2,5 %. Diese Zahlen sprechen dafür, dass es einen Unterschied zwischen den Bundesländern, zwischen der Wirtschaftspolitik und den Wirtschaftsstandorten gibt. Ansonsten wären die Unterschiede in den Zahlen nicht vorhanden. Ich möchte deshalb hier feststellen, dass wir in Bayern eine aktive Wirtschafts- und Standortpolitik betreiben, von der andere sich ein Stück abschneiden sollten.
Ich bitte um Verständnis, dass Kollege Rinderspacher, der sicherlich in seinem Büro den Reden folgt -
(Dr. Thomas Beyer (SPD): Er hat sich beim Minister abgemeldet, weil er in Sachen E-Mobilität unterwegs ist!)
- Herr Dr. Beyer, ich bitte Sie, dass Sie ihm das ausrichten. Sie werden aber auch verstehen, dass ich Ihnen unter dem Eindruck dieser Zahlen vorschlage: Empfehlen Sie Ihre tollen Eckpunkte einmal den Ministerpräsidenten und den GRÜNEN in NordrheinWestfalen, in Baden-Württemberg und RheinlandPfalz. Sollten die dann zu den gleichen guten Ergebnissen kommen wie CSU und FDP in Bayern,
Ich könnte hier auch eine Äußerung zu Kollegen Rinderspacher machen. Die Aussagen zu Herrn Lindner fand ich unpassend. Wenn man sich einmal anschaut, wie viel Rückhalt Herr Rinderspacher in seiner Partei hat, wenn es darum geht, ob man ihm die Spitzenkandidatur bei der nächsten Landtagswahl zutraut, muss man sagen: Sie haben selbst genügend Probleme; lösen Sie Ihre, wir lösen unsere, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Besonders aufmerksam bin ich den sehr ausschweifenden Ausführungen des Kollegen Dr. Runge über die Eurokrise gefolgt. Ich hatte schon fast den Eindruck, Herr Dr. Runge, mit der Länge Ihrer Rede wollten Sie darüber hinwegtäuschen, dass Rot-Grün den Wachstumspakt in Europa aufgeweicht hat. Dieser Versuch ist Ihnen zumindest bei mir nicht gelungen. Sie tragen erheblichen Anteil an den aktuellen Problemen in Europa. Schwarz-Gelb hat einen Wachstumspakt aufgelegt. Sie haben ihn aufgeweicht. Wir werden ihn jetzt wieder zurückholen, damit die Verschuldung in Europa beendet wird.
Wenn Sie hier schon sehr freizügig das DynamikRanking zitieren, möchte ich darauf hinweisen, dass es im Sinne der Gesamtwahrheit sehr schön gewesen wäre, wenn Sie auch das Niveau-Ranking bemüht hätten, in dem Bayern auf Platz 1 liegt. Beim JobChancen-Index liegt Bayern auf dem zweiten Platz. Auch diese Fakten gehören zur Wahrheit. Bei den Rednern der Oppositionsfraktionen konnte ich aber nicht den Eindruck gewinnen, dass es Ihnen wirklich um Wirtschaftspolitik und die Erfolge der Bürgerinnen und Bürger in diesem Land geht, sondern vielmehr um parteitaktisches Geplänkel. Unsere Wirtschaftspolitik schlechtzureden, ist Ihnen nicht gelungen.
Bayern steht nicht nur so gut da wie noch nie, sondern Bayern steht auch in Deutschland und Europa ganz weit vorne. Wir haben eine Arbeitslosenquote von 3,3 % und 4,75 Millionen sozialversicherungs
pflichtige Beschäftigungsverhältnisse. Das ist ein Höchststand in der Geschichte und verdient den Respekt vor den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern und vor den Arbeitgebern. Es ist aber auch ein Resultat unserer aktiven und erfolgreichen Wirtschaftspolitik auf Bundes- und Landesebene. Wir setzen auf Freiheit und Eigenverantwortung und eben nicht - in Ihren Eckpunkten habe ich das wieder hören dürfen - auf Markteingriffe und Planwirtschaft.
Wir setzen Rahmenbedingungen. Diese haben unter anderem dazu geführt, dass wir in zwei Dritteln aller Landkreise und kreisfreien Städte mittlerweile von einer Art Vollbeschäftigung sprechen können. Das sind die Verdienste unter anderem des Wirtschaftsministers Martin Zeil und der gesamten Koalitionsregierung hier in Bayern.
Wir haben die richtigen Rahmenbedingungen auf den Weg gebracht und Akzente gesetzt, zum Beispiel mit der Verzahnung von Wirtschaft und Wissenschaft. Hier hat in Bayern durchaus Nachholbedarf bestanden. Wir waren zwar innovativ in den Universitäten und den Hochschulen, hatten und haben aber Probleme mit dem Transfer in die freie Wirtschaft. Deshalb haben wir an diesem Punkt nachgesetzt. Wir werden hier in Zukunft noch weitere Schwerpunkte setzen.
Ich möchte drei Beispiele nennen: Wir haben die Innovationsgutscheine eingeführt, wir haben das Haus der Forschung eingerichtet, und wir werden in Zukunft verstärkt die Technologietransferzentren in ganz Bayern einrichten. Einige sind schon auf einem guten Weg. Das alles gehört zu unserer Strategie, Rahmenbedingungen zu setzen und nicht in den Markt einzugreifen. Wir sind der Meinung, dass der Staat nicht der bessere Unternehmer ist.
Wir stellen uns den Herausforderungen des demografischen Wandels. Martin Zeil hat es hervorragend dargestellt. Uns sind alle Regionen Bayerns wichtig. Deshalb haben wir gemeinsam mit der CSU ein Programm auf den Weg gebracht. Das werden wir in diesem Hause natürlich noch diskutieren. Sie können sich dessen sicher sein, dass die beiden die Staatsregierung tragenden Fraktionen voll und ganz hinter diesem Programm stehen. Wir werden dem demografischen Wandel mit diesem Paket, das jetzt im Nachtragshaushalt auf den Weg gebracht ist, entgegenwirken.
Bei der Schaffung von Rahmenbedingungen haben wir auch bei der Betreuung von Kindern einen Sprung nach vorne gemacht. Im Jahr 2008 fanden wir eine Betreuungsquote bei den Kindern unter drei Jahren von 7 % vor. Aktuell liegen wir bei 28 %. Wenn die Planungen eintreffen, werden wir Ende des Jahres 2012 bei 36 % liegen. Das ist ein Riesenerfolg dieser Koalitionsregierung.