Protokoll der Sitzung vom 14.02.2012

Der Städtetag - das schauen wir uns immer genau an - hat auch schon einen Kompromissvorschlag ausgearbeitet. Dieser Vorschlag lautet, dass landesweite Vergünstigungen, die vom Sozialministerium finanziert werden, für alle Karteninhaber gelten. Örtlich eingebrachte Vergünstigungen werden aber nur an verdiente Bürger in der jeweiligen Heimatgemeinde gewährt. Leider wurde dieser Vorschlag bisher vom Sozialministerium abgelehnt, sehr geehrter Herr Staatssekretär.

Wir sprechen mit verschiedenen Kommunen. Viele empfinden die Ehrenamtskarte so, dass Wohltaten auf Kosten der Kommunen vom Freistaat verkündet werden. Deshalb haben wir diesen Antrag gestellt, der wie folgt lautet:

Die Staatsregierung wird aufgefordert, in Absprache mit den kommunalen Spitzenverbänden ein Konzept zu entwickeln, wie die Bayerische Ehrenamtskarte flächendeckend eingeführt und die Finanzierung dauerhaft sichergestellt werden kann.

Wir wollen, dass im Endstadion in allen bayerischen Landkreisen und Städten die Ehrenamtskarte eingeführt wird, wie es in Hessen auch der Fall ist. Dafür wollen wir ein Konzept. Wir wollen diese Maßnahme

voranbringen. Ich bin voll für die Ehrenamtskarte, meine Damen und Herren.

Klar ist aber auch, dass die Ehrenamtskarte nur ein Sahnehäubchen für diejenigen ist, die sich bereits ehrenamtlich engagieren. Die Ehrenamtskarte ist auch eine Anerkennung für stille Helden.

Zum Schluss möchte ich den 3,8 Millionen Menschen im Freistaat Bayern, die ehrenamtlich aktiv sind und die monatlich 75 Millionen Stunden für die Gesellschaft investieren, herzlich danken. Sie geben unserer Heimat ein Gesicht. Dafür muss die Gesellschaft ihre Wertschätzung in Form der Ehrenamtskarte ausdrücken. Mit unserem Antrag unterstützen wir die Bemühungen des Sozialministeriums. Wir unterstützen Sie, sehr geehrter Herr Markus Sackmann, in Ihren Bemühungen. Sie wollen auch das, was wir mit unserem Antrag vorschlagen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Für die CSU bitte ich Herrn Jörg ans Mikrofon.

Frau Vizepräsidentin, geschätztes Präsidium, Kolleginnen und Kollegen! So ein Gschmarri habe ich selten gehört. Die Kommunen hätten ein existenzielles Kostenrisiko, wenn sie die Ehrenamtskarte einführen würden. Diese Argumentation ist schon gigantisch.

(Beifall bei der CSU - Harald Güller (SPD): Das ist halt die Wahrheit!)

Dass von den FREIEN WÄHLERN Gschmarri kommt, sind wir da oder dort gewöhnt, jetzt stimmen Sie auch noch in diesen Chor ein. Herzlichen Dank!

(Harald Güller (SPD): Dann fragen Sie in der Stadt Augsburg nach, was das für finanzielle Folgen hat!)

Kolleginnen und Kollegen, Sie können landauf, landab breites bürgerschaftliches Engagement in Bayern erleben. Sie werden vor allem auch junge Menschen dabei erleben, wie sie sich vom Musikverein bis hin zur Bürgerinitiative einbringen. Das ist einfach wunderbar. Deshalb lasse ich nicht zu, dass das Ehrenamt, das in Bayern, landauf, landab blüht, schlecht geredet wird.

(Dr. Hans Jürgen Fahn (FREIE WÄHLER): Ich habe mich doch dafür bedankt!)

Geschätzter Herr Staatssekretär Sackmann, die Menschen wünschen immer wieder, dass ihnen auf die Schulter geklopft, Dank gesagt und explizit auf die

Leistungen hingewiesen wird, die sie in diesem Freistaat Bayern erbringen. Wir sprechen über 3,8 Millionen ehrenamtlich tätige Bürgerinnen und Bürger. Eine Anerkennung dieser Leistungen tut uns sehr gut.

Ich bin wirklich stolz darauf, dass es gelungen ist, das in Cham ausprobierte Projekt unter Federführung von Dir, lieber Markus Sackmann, in ganz Bayern auf den Weg zu bringen. Die Ehrenamtscard ist ein Erfolgsmodell. Als Sie, Herr Dr. Fahn, Ihren Antrag gestellt haben, waren vielleicht erst 30 kreisfreie Städte und Landkreise dabei. Nach vier bis fünf Monaten haben bereits 36 von 96 kreisfreien Städten und Landkreisen einen Antrag gestellt; das ist mehr als ein Drittel.

Sie haben uns mit anderen Bundesländern verglichen. Da müssen Sie aber zur Kenntnis nehmen, dass Hessen zwei Jahre gebraucht hat, um diese Karte flächendeckend einzuführen. Bayern hat es geschafft, in vier bis fünf Monaten diese Karte in einem Drittel der kreisfreien Städte und Landkreise einzuführen. Deshalb bin ich zuversichtlich, dass wir in zwei Jahren genauso wie Hessen dastehen werden.

Jetzt ein Satz zu den Kommunen, die sich ständig verweigern. Dazu gehört auch der Oberbürgermeister der Stadt München.

(Harald Güller (SPD): Und der Oberbürgermeister der Stadt Augsburg, der Ihrer Partei angehört! Keinen Schimmer, aber hier daherreden!)

Ich verstehe das nicht. Nehmen Sie sich einmal ein Beispiel an den Oberbürgermeistern der Städte Würzburg oder Aschaffenburg. Die haben dieses Projekt ebenfalls umgesetzt. Wo hier ein finanzielles existenzielles Kostenrisiko besteht, müssen Sie einmal genauer erklären, Herr Dr. Fahn. Der Freistaat Bayern subventioniert und fördert dieses Projekt mit 5.000 Euro. 36 kreisfreie Städte und Landkreise haben gesagt: Das genügt uns. Wir steigen mit ein. Das ist eine Spitzensache.

(Harald Güller (SPD): Unglaublich!)

- Das ist gar nicht unglaublich. Andere Bundesländer, zum Beispiel das von Ihnen gerühmte Hessen, oder auch NRW und Niedersachsen haben dieses Projekt lediglich mit einer Anschubfinanzierung von 3.000 Euro bedacht. Kolleginnen und Kollegen. Sie haben gesagt, in größeren Städten wäre das ein Problem. In München wäre das schwierig.

(Harald Güller (SPD): In Augsburg!)

Ich sage Ihnen darauf: Warum hat es die Kollegin von der CDU in Frankfurt geschafft? Sie hat ebenfalls die

Ehrenamtscard eingeführt. Ich glaube, Frankfurt ist auch eine größere Stadt.

(Lachen bei der SPD, den FREIEN WÄHLERN und den GRÜNEN - Harald Güller (SPD): Erklären Sie das einmal Herrn Kränzle und Herrn Hintersberger, die in Augsburg Stadträte sind!)

- Die werden auch noch mitmachen, wenn sie erfahren, wie diejenigen, die die Ehrenamtscard überreicht bekommen, dies honorieren und wertschätzen. Sie honorieren es, dass man ihnen auf die Schulter klopft und dass sie da und dort eine kleine Wertschätzung bekommen. Nehmen Sie sich ein Beispiel an den großen Städten in Süddeutschland, die dieses Projekt umgesetzt haben.

Sie erhalten von den Partnern, die mitmachen, eine kleine Vergünstigung. In Cham beteiligen sich über 600 Unternehmen. Das ist ein wunderbares Netzwerk, das über die Ehrenamtskarte in den Kommunen gestartet werden kann. Ich bin zuversichtlich, dass die anderen Landkreise und kreisfreien Städte auch noch mitmachen werden. Die Zeitungen sind voll von den wunderschönen Empfängen, die die Landkreise veranstalten und bei denen die Landräte den Bürgerinnen und Bürgern die Ehrenamtskarte übergeben. Ich sage vor allem unserem Staatssekretär Markus Sackmann ein herzliches Dankeschön dafür, dass er dieses Projekt mit so viel Nachdruck in Bayern vertritt und dafür wirbt.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Für die SPD bitte ich Herrn Pfaffmann zu uns nach vorne.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Jörg, Ihre Aufregung verstehe ich gar nicht. Ich möchte mich ausdrücklich wie Herr Kollege Dr. Fahn bei allen Ehrenamtlichen bedanken. Sie haben es verdient, dass man ihre große Leistung für alle Kommunen und alle Vereine in einer Parlamentsdebatte berücksichtigt. Ohne das ehrenamtliche Engagement in unserem Lande ginge vieles nicht. Auch wir sind für eine Anerkennungskultur beim Ehrenamt und unterstützen selbstverständlich die Ehrenamtskarte.

Vor einer Lobhudelei bei der Einführung einer solchen Ehrenamtskarte wäre es mir aber lieber, wenn zunächst einmal nachgedacht würde. Lieber Herr Jörg, wir sollten nicht nach dem alten Motto verfahren, erst einmal die Einführung einer Ehrenamtskarte verkünden; die anderen werden sie dann schon bezahlen. Nach diesem Motto kann es nicht gehen. Sie haben heute Ihre große Ahnungslosigkeit bezüglich der Kosten demonstriert. Sie haben gesagt: Das kostet die

Kommunen nichts. Damit haben Sie deutlich gemacht, wie wenig Sie wissen. Allein die Landeshauptstadt München müsste zur Überprüfung der Voraussetzungskriterien, die nicht ohne sind, 250 Stunden und für die Überprüfung der Anträge mindestens zwei Planstellen zur Verfügung stellen.

(Ernst Weidenbusch (CSU): Ja, für Parteifreunde! So ist es doch! - Harald Güller (SPD): Mein Gott, Herr Weidenbusch!)

- Billiger geht es nicht mehr. Deshalb brauche ich darauf nicht einzugehen.

Lieber Herr Jörg, wir bräuchten in München zwei Stellen für die Prüfung der Anträge, zusätzlich zu den finanziell relevanten Vergünstigungen, die in den Großstädten deutlich höher sind. Nicht umsonst sagt auch der Städtetag, dies müsste noch einmal überdacht werden. Liebe Kolleginnen und Kollegen, vor allem eines geht nicht, nämlich dass auf der Internetseite der Staatsregierung von unserer Ehrenamtskarte die Rede ist. Sie sagen: Wir führen eine Ehrenkarte ein. Das läuft immer nach dem gleichen Motto: Ein bisschen Öffentlichkeit und ein bisschen kurzfristiger Aktionismus; die anderen werden es schon hinterher bezahlen. Das hat nichts damit zu tun, dass wir das Ehrenamt nicht schätzen würden.

Jetzt komme ich zu Ihrer immer wieder gern genommenen Aufzählung der Vergünstigungen. Es ist schön, wenn die Ehrenamtlichen Vergünstigungen bekommen. Dies sollte bayernweit geregelt sein. Das ist keine Frage. Allerdings müssen wir uns einmal die Qualität der jetzt vorhandenen Vergünstigungen anschauen. Was wird denn auf der Internetseite der Staatsregierung angeboten? Da bekommt man 12 kg Kartoffeln zum Preis von 10. Da erhält man einen Bonus auf 1 kg Spargel. Bei der Münchner Flughafengesellschaft, an der zugegebenermaßen auch die Stadt München beteiligt ist, darf man eine Tour machen.

(Oliver Jörg (CSU): Nicht einmal das schafft München!)

Super. Wenn Sie das unter einer Anerkennung des Ehrenamts verstehen, haben Sie vom Ehrenamt gar nichts verstanden.

(Beifall bei der SPD - Albert Füracker (CSU): Was würden Sie vorschlagen? - Ernst Weidenbusch (CSU): Was kriegt man in München?)

- In München gibt es die Karte "München dankt!", die mit einem hohen finanziellen Aufwand finanziert wird.

(Ernst Weidenbusch (CSU): Was gibt es da? Was kriegt einer in München?)

- Fragen Sie doch einfach.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, deshalb bin ich für den Vorschlag des Städtetags. Die Staatsregierung bzw. Sie, denn Sie haben ja das Haushaltsrecht, sollten sich durchringen, eine gesicherte Finanzierung zu beschließen und nicht eine Anschubfinanzierung von 5.000 Euro, bei der es hinterher nichts gibt. Wenn Sie sich dazu durchringen, eine längerfristige Finanzierung sicherzustellen, und wenn Sie sich zu einer hälftigen Teilung der Kosten zwischen dem Staatshaushalt und den Kommunen durchringen würden, könnten wir zusammenkommen. Dann würden wir zustimmen. Deshalb ist der Antrag des Herrn Dr. Fahn richtig. Wir brauchen eine längerfristige Finanzierung. Wenn Sie das heute ablehnen, zeigen Sie damit doch nur, dass Sie keine längerfristige Finanzierung wollen. Das ist doch Ihr Problem.

(Beifall bei der SPD)

Hier steht zur Abstimmung, ob wir eine langfristig gesicherte Finanzierung der Ehrenamts-Card wollen. Sie lehnen das heute ab. Wir werden also in Zukunft sagen können: Die Einzigen, die keine langfristige Finanzierung wollen, sind die Mitglieder dieser Koalition, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Pfaffmann. Für die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN hat sich Frau Scharfenberg zu Wort gemeldet. Bitte schön.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Jörg, abgesehen von Ihren geografischen Kenntnissen, haben Sie zudem von der Materie keine Ahnung.