Protokoll der Sitzung vom 25.04.2017

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Statt dagegen vorzugehen, macht der sogenannte Heimatminister die Schleusen noch weiter auf – durch erneute Deregulierung und Schwächung der Landes planung –, damit sich eine zerstörerische Sturzflut von Asphalt und Beton über Bayerns Natur und Kultur landschaft ergießen kann. Angeblich soll das dem ländlichen Raum nutzen, Arbeitsplätze und Wohnun gen bringen. Das sind jedoch nur die alternativen Fak ten des Dr. Donald Söder. Was die eine Gemeinde gewinnt, verliert häufig die andere Gemeinde. 40 % der Gewerbeflächen in Bayern stehen ohnehin leer. Das ist eines der mit großem Getöse und Tamtam in szenierten söderischen Nullsummenspiele, jedoch mit schlimmen Folgen für die bayerische Heimat. Die Zer siedelung und Zersplitterung, die Sie vorsätzlich an heizen, produzieren immer mehr Verkehr. Mehr Ver kehr erfordert mehr Straßen und damit mehr Flächenverbrauch und noch mehr Versiegelung. Das erzeugt wiederum mehr Umweltschäden und volks wirtschaftliche Kosten. Die Zersiedelung verursacht auch höhere Ausgaben für die Infrastruktur. Das sind ebenfalls volkswirtschaftliche Kosten. Flächenver

brauch und Versiegelung führen dazu, dass Böden immer weniger Kohlendioxid speichern können. Auf diese Weise treiben Sie die Klimaüberhitzung an. Durch die Versiegelung verschlimmern Sie die Folgen von Starkregen und Hochwasser. Die Begleichung von Hochwasserschäden und der Hochwasserschutz verursachen auch volkswirtschaftliche Kosten. Dazu kommen die negativen Folgen für Natur und Umwelt. Flächenverbrauch und Versiegelung zerstören die Natur und führen zu großen Verlusten an Tier und Pflanzenarten. Sie entziehen der Landwirtschaft buch stäblich den Boden und treiben die Pachtpreise in Bayern nach oben. Deshalb warnt der Präsident des Bayerischen Bauernverbands, Herr Walter Heidl – ich zitiere: "Unser fruchtbarer Grund und Boden darf nicht weiter einfach zubetoniert werden. Es geht um die Existenzgrundlage unserer bäuerlichen Familienbe triebe."

(Beifall bei der SPD)

Aber nicht nur die Bauern und die Naturschutzverbän de, auch der Bayerische Städtetag, Architekten und Ingenieure und der Bayerische Landesverein für Hei matpflege sind gegen Ihre Pläne. Wir Sozialdemokra tinnen und Sozialdemokraten wollen einen anderen, einen besseren Weg gehen. Wir geben der Innenent wicklung intakter Dörfer den Vorzug. Wir wollen auch eine Begrenzung des Flächenverbrauchs. Es gibt so wohl nationale Ziele der Bundesregierung als auch europäische Vorgaben für vernünftige Raumplanung und eine intelligente ökologische Lenkung des Flä chenverbrauchs. Dazu zählen das Flächenrecycling und das Flächensparen. Sie betreiben insgesamt eine rückschrittliche Wirtschaftspolitik aus dem 19. und 20. Jahrhundert. Wir brauchen jedoch eine Wirt schaftspolitik, die nachhaltig und umweltbewusst ist und in das 21. Jahrhundert gehört.

(Beifall bei der SPD)

Herr Staatsminister Söder, zum Schluss habe ich noch einen aktuellen Hinweis: Orientieren Sie sich doch am anderen ewigen Kronprinzen, an Prinz Charles. Der wartet zwar auch schon lange, engagiert sich in dieser Zeit jedoch sinnvoll für den Umwelt und Naturschutz. Daran sollten Sie sich ein Beispiel neh men.

(Beifall bei der SPD)

Danke schön, Herr Kollege. – Als Nächster hat Herr Kollege Muthmann von den FREIEN WÄHLERN das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.

Sehr ge ehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen!

Sehr geehrter Herr Huber, wir werden uns bei Gele genheit an Ihre Anmerkung bezüglich der Wertschät zung von Sachverständigen erinnern. An dieser Stelle schätze ich Ihr Bekenntnis, zunächst die Anhörung am Donnerstag abzuwarten und die Einschätzung der Sachverständigen zum Landesentwicklungsprogramm einzuholen.

Wir thematisieren heute jedoch nicht nur das LEP, sondern auch die Reduzierung der Versiegelung auf ein vernünftiges Maß. Allenthalben kann man ein Be kenntnis zur großartigen Kulturlandschaft Bayerns vernehmen. Dafür braucht man nicht auf Kalender blätter oder das touristische Marketing zu schauen. Wir müssen nur schauen, was Naherholungssuchen de schätzen oder welche ökologischen Motive es gibt, um die Vielfalt von Flora und Fauna zu erhalten und zu unterstützen. Im Fokus steht dabei der Wert der unberührten und nicht zerschnittenen Landschaft. Dies ist sicherlich ein unverzichtbarer Bestandteil eines lebenswerten und erhaltenswerten Bayern.

Das ist jedoch nicht der einzige Wert, um den es in diesem Zusammenhang geht. Wir müssen ebenfalls die gleichwertigen Lebensbedingungen, die gleich wertigen Entwicklungschancen und die wirtschaftliche Entwicklung in ganz Bayern in den Fokus nehmen und dafür Lösungen finden. Man muss auch die be stehende Rechtslage im Blick haben. Ich kann das in der Kürze der Zeit nur anreißen: schonender Umgang mit Grund und Boden, vorrangige Innenentwicklung, geordnete städtebauliche Entwicklung und Anbin dung. Dabei handelt es sich um rechtliche Vorgaben, die nicht angerührt werden dürfen. Sie stehen im Bau gesetzbuch und müssen weiterhin Beachtung finden.

Wir sind der Meinung, dass das bisherige Ergebnis im Hinblick auf den Flächenverbrauch nicht zufrieden stellend ist, sondern weitere Anstrengungen unter nommen werden müssen. In erster Linie setzen wir FREIEN WÄHLER auf Anreizsysteme, um die Innen entwicklung weiter zu stärken. Wir müssen uns ver stärkt dafür einsetzen, dass bestehende Leerstände genutzt und revitalisiert werden. Dies alles hat Vor rang vor den Vorschlägen der GRÜNEN. Lieber Herr Kollege Hartmann, ich bin auf den angekündigten Ge setzentwurf zur Beschränkung des Flächenver brauchs auf 4,7 Hektar pro Tag gespannt. In diesem Zusammenhang ist eine Vielzahl von Fragen zu klä ren. Wir sind sehr skeptisch, ob damit ein Beitrag zur Reduzierung des Flächenverbrauchs geleistet werden kann.

Gleichzeitig müssen die Fragen beachtet werden: Wie kann man zusätzliches Bauland gewinnen, um Bau grundstücke und damit Wohnbebauung zu realisie ren? Wie sieht das Verteilungsverfahren dieses Kon

tingents aus? Wie werden die Interessen einkommensschwacher Kommunen berücksichtigt? Landesplanerisch hatten wir schon einmal geregelt, dass für den Verteilungsmaßstab Einwohnerzahlen und Flächen maßgeblich sind. Wozu hat das geführt? – Da, wo viel ist, ist wieder viel möglich. Dort, wo wenig ist, bestehen wenige Lösungsmöglichkeiten.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Versorgungslücken aller Art können nicht angemes sen aufgeholt werden, weil die Starken auf diese Art und Weise weiter gestärkt werden. An dieser Stelle bleibt vieles offen. Wir haben die Sorge, dass ein Flä chenhandel entsteht, der wiederum die Wohlhaben den stärkt. Dies alles trägt nicht zur Schaffung gleich wertiger Lebensverhältnisse in ganz Bayern bei.

Ich möchte noch auf das Anbindegebot hinweisen. Ihre massive Kritik an der Lockerung des Anbindege bots teilen wir nicht. Wenn wir draußen mit den Bür germeistern der Gemeinden sprechen, sehen wir die Probleme. Eine vernünftige Anbindung an bestehende Siedlungsstrukturen schafft mehr Schwierigkeiten, als sie Lösungen bringt. Als Stichworte nenne ich: Lärm, Kollision von Wohnen und Gewerbe, zusätzlicher Flä chenverbrauch für Erschließungsstraßen, Probleme durch Ziel und Quellverkehr durch Orte.

Mit einer unmittelbaren Anbindung an Verkehrsach sen kann man all diese Probleme lösen. Die Gewer be und Industriegebiete werden damit auch attrakti ver. Uns muss es zu denken geben, dass Gewerbegebiete zum Teil nicht angenommen werden. Man kann in diesem Zusammenhang über eine Redu zierung diskutieren. Angesichts der vielen begrenzen den Regeln sehen wir keine Wildwuchsgefahr. Wenn wir uns die bisherige Praxis und das Landschaftsbild Bayerns ansehen, merken wir, dass wir uns keine Sorgen um eine attraktive Landschaft, um ein attrakti ves Bayern machen müssen.

Herr Kolle ge, darf ich Sie an die Zeit erinnern?

Wir brau chen vernünftige Ergänzungsvorschläge für eine ver nünftige Begrenzung des Flächenverbrauchs. Was bisher vorgelegt worden ist, erfüllt diesen Anspruch nicht.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Danke schön, Herr Kollege. – Als nächster Redner hat der Kollege Nussel von der CSU das Wort. Bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrter Herr Ministerpräsident, meine sehr ge ehrten Damen und Herren! Wir haben heute von Tei len der Opposition, von den GRÜNEN und von der SPD, kein Wort darüber gehört, worin auch Ursachen des Landverbrauchs liegen, nämlich nicht nur in der Schaffung von Infrastruktur, nicht nur in der Schaffung von Wohnraum, sondern letztendlich auch in den Maßnahmen, die wir gesetzlich beschlossen haben: in der Schaffung von Ausgleichsflächen über den Natur schutzfonds, Flächen, die aus der Bewirtschaftung genommen werden. Das betrifft allein durch den Na turschutzfonds in Bayern weit über 5.000 Hektar. Davon haben Sie kein Wort gesprochen.

(Florian von Brunn (SPD): Weil es nicht zum Thema gehört!)

Das ist eine Aufwertung unseres Landes. Diese Flä chen stehen rein der Natur zur Verfügung. Das bitte ich bei einer solchen Diskussion, Herr von Brunn, auch einmal zur Kenntnis zu nehmen und vorne mit anzustellen.

(Beifall bei der CSU – Florian von Brunn (SPD): Es sind Ausgleichsflächen!)

Genau richtig, das sind, genauso wie beim Straßen bau, ökologische Ausgleichsflächen. Denn wenn man eine Straße baut und einen Quadratmeter teert und versiegelt, dann braucht man zwei Quadratmeter Grünfläche außenherum. Das ist unsere Gesetzesla ge.

(Florian von Brunn (SPD): Meinen Sie das Grün auf dem Kreisverkehr?)

Dies wird hier immer verkannt. Es wird nur über das Zubetonieren gesprochen. Auch bei Wohngebieten wird beim Bau eines Hauses mit einer Grundfläche

von 100 m2 auf einem Grundstück von 500 m2 nicht die ganze Fläche zubetoniert, sondern auch ein gro ßer Teil dieser Fläche zu Garten und Grünfläche um gestaltet. Auch das stellen Sie nicht wahrheitsgemäß dar.

(Beifall bei der CSU – Erwin Huber (CSU): Sehr richtig! – Florian von Brunn (SPD): Schrebergär ten und Thujahecken!)

Ich möchte auch darauf hinweisen: Im Ministerrat wurde über das grüne Band an unserer Grenze zu Tschechien diskutiert und ein Beschluss gefasst. Auch das sind bewirtschaftete Flächen, die dann, wenn wir die Weichen dazu gestellt haben, herausgenommen werden.

(Florian von Brunn (SPD): Dafür haben Sie 27 Jahre gebraucht!)

Herr von Brunn, das möchte ich Ihnen mit auf den Weg geben. Ich fordere Sie dazu auf, sich mal von einem Ihrer Kollegen oder einer Kollegin auf einen Golfplatz mitnehmen zu lassen, damit Sie mal sehen, wie viel Fläche zum Spielen da ist und wie viel Fläche für die Natur vorhanden ist. Das ist weit mehr, als Sie hier immer darstellen. Das muss auch einmal gesagt werden.

(Beifall bei der CSU – Harry Scheuenstuhl (SPD): Mehr Golfplätze für Bayern! – Florian von Brunn (SPD): Und die Bauern bewirtschaften die dann! – Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Herr Scheuenstuhl, ich nehme Sie gerne einmal mit, damit Sie sehen, wovon ich Sie hier zu überzeugen versuche. Aber ich glaube, bei Ihnen ist da Hopfen und Malz verloren.

(Heiterkeit bei der CSU)

Ich möchte auch beim Anbindegebot darauf hinwei sen, dass man durch das, was wir jetzt umzusetzen versuchen, auch Flächen spart. Erwin Huber hat es gesagt: Wenn man Gewerbeflächen an die Autobah nen bringt, braucht man keine zusätzlichen Umge hungsstraßen, während man um Gewerbegebiete, die an Ortschaften angeschlossen sind, später wieder Straßen herumbauen müsste. Das haben Sie auch nicht erwähnt.

(Zurufe der Abgeordneten Florian von Brunn (SPD) und Ludwig Hartmann (GRÜNE))

Ich möchte darauf hinweisen, dass die CSU versucht, den Landverbrauch zu minimieren. Sie dagegen ver suchen, alles zu verhindern, und fordern dann Gewer begeld, um Ihre Wünsche zu erfüllen. Das passt nicht.

(Beifall bei der CSU – Zuruf des Abgeordneten Florian von Brunn (SPD))

Dafür möchte ich werben: Vertrauen Sie uns, vertrau en Sie der CSU!

(Beifall bei der CSU – Zurufe von der SPD und den GRÜNEN: Oje, oje! – Zuruf der Abgeordne ten Katharina Schulze (GRÜNE) – Florian von Brunn (SPD): Wir haben auch dem Ministerpräsi denten vertraut, dass er aufhört! – Ministerpräsi dent Horst Seehofer: Sehr richtig! – Allgemeine Heiterkeit)

Danke schön, Herr Kollege. – Als Nächste hat die Frau Kolle

gin Karl von der SPD das Wort. Bitte schön, Frau Kol legin.

Herr Präsident, Herr Ministerprä sident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich mit zwei Zitaten aus der Abteilung "Anspruch und Wirklichkeit" beginnen: zunächst einmal mit einem Zitat aus der Erklärung des Bündnisses zum Flächensparen aus dem Jahr 2003, das vom damali gen Ministerium für Landesentwicklung und Umwelt fragen und vom Innenministerium initiiert wurde. Ich zitiere:

Böden sind eine zentrale Lebens und Wirt schaftsgrundlage, die … auch künftigen Generati onen erhalten bleiben muss. … Die Partner des "Bündnisses zum Flächensparen" … setzen sich für eine deutliche Reduzierung des Flächenver brauchs … ein, … (sie) fördern … das Bewusst sein für den Bodenschutz …

Das zweite Zitat stammt aus der Bayerischen Nach haltigkeitsstrategie aus dem Jahr 2013:

Der Flächenverbrauch soll deutlich reduziert wer den. Langfristig ist eine Flächenkreislaufwirt schaft ohne weiteren Flächenneuverbrauch anzu streben.