Der Flächenverbrauch soll deutlich reduziert wer den. Langfristig ist eine Flächenkreislaufwirt schaft ohne weiteren Flächenneuverbrauch anzu streben.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, so weit der An spruch. Die Realität schaut etwas anders aus. Zum einen nimmt Bayern beim täglichen Flächenverbrauch den absoluten Spitzenplatz in Deutschland ein. Zum anderen ist dem Landesentwicklungsministerium, kaum dass es zum Finanzministerium abgewandert war, das Bewusstsein für Bodenschutz komplett ab handengekommen. Minister Söder fällt zur Entwick lung der ländlichen Regionen nur ein, dem unge hemmten Flächenverbrauch Tür und Tor zu öffnen. Und dies wird immer mit der Mär verbunden, es müssten nur genügend Flächen für Gewerbegebiete versiegelt werden, schon stünden die Investoren post wendend auf der Matte. 40 % Leerstand bei den be reits existierenden Gewerbegebieten sprechen da aber ein ganz andere Sprache.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, was brauchen wir? – Wir brauchen ganz sicher keine Sonntagsreden über null Flächenverbrauch. Wir brauchen aber auch keine unrealistischen Obergrenzen für Flächenverbrauch. Wir brauchen klare Konzepte und Handlungsstrategi en, die die Ursachen des Flächenverbrauchs an der Wurzel packen. Hier gibt es einige gute Beispiele. Ich nehme die Hofheimer Allianz heraus. Dort haben sich die Gemeinden verpflichtet, keine neuen Baugebiete auszuweisen, sondern die Bürger auch finanziell zu unterstützen, wenn sie Leerstände innerorts wieder herrichten.
Das ist ein großartiges Projekt. Es lebt vom Einsatz der Beteiligten, aber auch davon, dass diese Kommu nen finanziell gut aufgestellt sind. Wir fordern deshalb, dass die Staatsregierung einen Fonds einrichtet, um finanziell klamme Gemeinden zu unterstützen, die einen ähnlichen Weg gehen möchten.
Wir brauchen die Verpflichtung zu einem verbindli chen regionalen Flächenmanagement im Landesent wicklungsprogramm. Damit können dann sowohl der Bedarf an Bauland als auch der Bedarf an Gewerbe gebieten ermittelt werden und interkommunale Lösun gen gefunden werden. Meines Erachtens können auf dieser Ebene auch konkrete Zielvorgaben für den Flä chenverbrauch gesetzt werden.
Herr Huber, es ist schon interessant. Auf der einen Seite setzt die CSU in der Bundesregierung mit der Verabschiedung der Strategie der "Urbanen Gebiete" gerade darauf, Gewerbe, Wohnen und Handel wieder zusammenzubringen, um Flächen möglichst ökolo gisch sinnvoll zu nutzen.
Auf der anderen Seite wissen Sie in Bayern davon wieder nichts, gehen genau den anderen Weg und verlagern das Gewerbe mitten in die Natur.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, alle Maßnahmen müssen aber auch von einer verbesserten regionalen Wirtschaftsförderungs und Ansiedlungspolitik der Staatsregierung flankiert werden. Auch der ORH hat die mangelnde Effizienz und Zielerreichung der För derpolitik des Wirtschaftsministeriums kürzlich mo niert. Invest in Bavaria legt ihren Fokus immer noch viel zu sehr auf die Metropolen in Bayern. Hier be steht großer Handlungsbedarf, auch die anderen wichtigen Regionen mit anzupreisen. Ich sage noch einmal: Vorsorgliches Zubetonieren ist keine Förder politik für den ländlichen Raum.
Die Landesplanung, die ja Vorgaben zur Lösung von Raumkonkurrenzen machen soll, muss wieder ge stärkt werden und darf nicht – wie jetzt mit der Teilfort schreibung des Landesentwicklungsprogramms beab sichtigt – de facto plattgemacht werden. Ich denke, zu diesem Thema haben wir am Donnerstag ausrei
Zusammenfassend: Wir brauchen keine Sonntagsre den und leeren Versprechungen, sondern eine abge stimmte Zusammenarbeit des Umweltministeriums, des Ministeriums der Finanzen und für Landesent wicklung sowie des Wirtschaftsministeriums. Wir brauchen eine sinnvolle und gute wirtschaftliche Ent wicklung und gleichzeitig einen reduzierten Flächen verbrauch in Bayern.
Danke schön, Frau Kollegin. – Als Nächster hat nun Herr Kollege Dr. Hünnerkopf von der CSU das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.
Herr Präsident, Herr Mi nisterpräsident, Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte noch einmal auf das zurückkommen, was Herr Kolle ge Erwin Huber schon erwähnt hat.
Auch als Umweltpolitiker. – Es ist einfach Faktum, dass die Zahl der Menschen in unserem Land seit der Wiedervereinigung um zwei Millionen gestiegen ist. Herr Kollege Hartmann, jetzt gestehen Sie zu, dass diese Menschen Wohnungen, Schulen und Arbeits plätze brauchen. Aber wie sieht es aus, wenn es um die Infrastruktur, um Straßen geht? – Das wollen Sie damit nicht unbedingt.
Wir sind der Auffassung, dass alles zusammenstim men muss. Das zeichnet die Realpolitik aus. Wir brau chen Wohnungen, wie brauchen Arbeitsplätze, wir brauchen aber auch Straßen, damit diese zwei Millio nen Menschen jeden Tag zur Arbeit kommen und un terwegs sein können.
Meine Damen und Herren, eines möchte ich Ihnen bewusst machen: Wir reden hier von Flächenver brauch. Ich möchte bewusst zwischen den Begriffen "Flächenverbrauch" und "Versiegelung" differenzieren. Seit dem Jahr 2012 haben wir Gott sei Dank eine neue Zuordnung bei den verschiedenen Flächenkate gorien, sodass der zahlenmäßig hohe Flächenver brauch in Bayern von bis dato 15 oder 20 Hektar pro Tag zumindest relativiert worden ist. Wir liegen jetzt bei 11 bis 13 Hektar,
weil wir unbebaute Bauplätze nicht mehr den versie gelten Flächen und dem Flächenverbrauch zurech nen, sondern, realistischerweise, den Biotopen. Ich habe jüngst die Erfahrung gemacht, dass ein lange brachliegender Bauplatz, der von Eidechsen besiedelt war, zunächst nicht mehr bebaut werden durfte, weil er ein wertvolles Biotop war.
Meine Damen und Herren, dieser Zustand hat eine Korrektur gefunden, die der Realität viel näher kommt.
Ich möchte in der mir verbleibenden Zeit auf zwei Fel der zu sprechen kommen, auf denen ich praktische Lebenserfahrung habe. Ich war zehn Jahre lang in der Straßenplanung und danach dreizehn Jahre auf dem Gebiet der ländlichen Entwicklung und der Dorferneu erung tätig. Deshalb möchte ich einiges klarstellen: Wenn es um den Straßenbau geht, werden bei der Planung immer verschiedene Varianten beurteilt. Dabei wird nicht immer die flächengreifendste Varian te gewählt, sondern auch die flächensparendste. Seit Jahrzehnten ist es in der Straßenplanung Tradition, dass mit der Fläche verantwortungsvoll umgegangen wird. Bei einer Umgehungsstraße ist das nicht immer leicht zu realisieren. Aber wollen wir deswegen den Menschen sagen, dass der Verkehr auch künftig durch den Ort geführt werden muss, weil ein Hektar benötigt würde, um diesen Ort zu umgehen?
Nun zum nächsten Punkt, den ich klarstellen möchte: Gerade beim Straßenbau werden Flächen, die vorher Verkehrsflächen waren, wieder entsiegelt. Hier ist es am leichtesten, die Flächen wieder einer ackerbauli chen oder gärtnerischen Nutzbarkeit zuzuführen. Wir müssen uns einmal bewusst machen, was vorhin schon von Herrn Kollegen Nussel angedeutet worden ist: Rein statistisch liegt der Versiegelungsgrad der sogenannten Siedlungs und Verkehrsflächen bei un gefähr 47 %. Das bedeutet, 53 % der Flächen sind Freiflächen, die der Natur dienlich sind.
Was heißt "noch"? Wenn eine Straße auf einer Bö schung verläuft, habe ich links und rechts Freiflächen. Auf diese Flächen kann ich nicht noch einmal Asphalt legen.
Mit den Flächen wird also sehr bewusst umgegangen. Ich möchte jede Fraktion fragen, auch die GRÜNEN, die punktuell in Bayern auf kommunaler Ebene Ver antwortung tragen, was deren Bürgermeister tun, wenn sie die Möglichkeit haben, ihre Kommune zu entwickeln. Lassen sie das sein?
Was bleibt denn in München an Flächen übrig? Dort sind alle Flächen genutzt. So ist das auch in anderen Kommunen. Wir wollen doch, dass die Menschen in diesen Kommunen bleiben, dort ihre Berufe ausüben können und nicht in die Städte weiterziehen.
Abschließend möchte ich noch auf die ländliche Ent wicklung und die Dorferneuerung eingehen. Seit den Achtzigerjahren gibt es die Innerortsentwicklung, die zunächst punktuelle und später dann flächengreifende Erfolge hatte. Ein gutes Beispiel dafür ist die Hofhei mer Allianz. Diese Beispiele zeigen, dass eine inter kommunale Zusammenarbeit dazu führt, dass Flä chen gezielt in Anspruch genommen werden und nicht jede Kommune ein eigenes Gewerbegebiet aus weist. Das ist ein Ergebnis vieler Entscheidungen. Ich könnte jetzt zehn grundlegende Entscheidungen und Aktivitäten der Staatsregierung nennen, die zu einem zunehmend verantwortungsvollen Umgang geführt haben.
Ich möchte mit dem Hinweis schließen, dass der Mi nisterrat im September 2015 eine interministerielle Ar beitsgruppe gegründet und sie damit beauftragt hat, auf ein Aktionsprogramm "Flächensparen Bayern" hinzuarbeiten. Dies zeigt, dass die Staatsregierung und die CSU ihre Verantwortung wahrnehmen. Wir lassen uns da auch von Ihren Krakeelereien nicht be irren.
Danke schön, Herr Kollege. – Als Nächster hat nun Herr Staatsminister Dr. Söder das Wort. Bitte schön, Herr Staatsminister.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe sehr genau zugehört, was Herr von Brunn und Herr Hartmann gesagt haben. Ich habe aber nichts Neues gehört. Die Reden erinnerten mich an das, was seit Jahren, seit Jahrzehnten, hier gesagt wird. Wissen Sie, was ich glaube? – Sie haben Bayern nicht verstanden. Sie haben die Heimat nicht kapiert. Sie haben kein Gefühl für die Zukunft dieses Landes.
Sie bewegen sich immer im gleichen kleinen geistigen Quartier. Sie haben ausschließlich die Metropolen im Kopf und würden am liebsten den gesamten ländli chen Raum zu einer Art Museum erklären. Nehmen Sie einmal zur Kenntnis, dass die Menschen in Bay ern nicht nur in Großstädten leben wollen, sondern auch in ihrer Heimat im ländlichen Raum.
(Beifall bei der CSU – Florian von Brunn (SPD): Herr Söder, wir können auch nichts dafür, dass Sie nicht zum Zug gekommen sind!)
Warum stehen wir vor den Herausforderungen, die Erwin Huber beschrieben hat? – Wir stehen vor die sen Herausforderungen, weil wir erfolgreich sind. Die Menschen wollen nach Bayern. Sie fliehen vor NRW, und sie fliehen vor rotgrünen Regierungen; sie wollen nach Bayern, weil es hier besser, schöner und attrak tiver ist.
Wenn es nach Ihnen ginge, hätten wir noch mehr Zu wanderung, wenn ich das einmal sagen darf. Sie wol len nämlich eine Zuwanderung nicht nur aus Deutsch land, sondern aus der ganzen Welt. Wenn wir aber mehr Zuwanderung und mehr Menschen bekommen, dann können wir doch nicht sagen: Wir schaffen keine Infrastruktur. Als verantwortungsvolle Politiker müssen wir uns dann überlegen, wie wir die Balance schaffen. Wir arbeiten an der Balance, die wir brauchen.
Vor wenigen Tagen war ich bei der Sendung "Jetzt red i" in Wunsiedel. Frau Kollegin Aures war auch dabei. Sie sollten sich diese Sendung einmal ansehen. Die Bürger dort waren nicht mehrheitlich CSUMandats träger. Diese Bürger respektieren, akzeptieren und finden es gut, dass wir uns als Land um ihre Landkrei se und ihre Gemeinden kümmern. Mit der Heimatstra tegie, die wir auf den Weg gebracht haben, haben wir substanzielle Beiträge geleistet, damit es in den struk turschwachen Regionen wieder vorangeht. Wir inves tieren in die Großstädte, ja. Wir lassen aber auch das flache Land nicht allein.