Protokoll der Sitzung vom 21.06.2017

Kolleginnen und Kollegen, ich erinnere daran, was in den letzten Monaten in diesem Ausschuss abgelaufen ist. Ich erinnere an die gestrige Debatte zum Thema Obersalzberg, zum Thema McGraw-Kaserne in München, zur Sanierung der Gebäude am Karolinenplatz, zum Amerikahaus, und ich erinnere an das, was bisher beim Gärtnerplatztheater an Kostensteigerungen abgelaufen ist und was uns dort noch ins Haus steht.

Hier kann man von einer geordneten Verwaltung auch nicht mehr ansatzweise sprechen.

(Beifall bei der SPD)

Kolleginnen und Kollegen, hier muss massiv eingegriffen werden, ein leicht erhobener Zeigefinger genügt nicht. Da reicht es nicht, wenn der Minister, in diesem Fall der Innen- und Bauminister, dazu etwas sagt. Da reicht es nicht aus, wenn der Herr Ministerpräsident Seehofer durchs Haus schleicht, überall seine Presseerklärungen abgibt und hier und dort mit jemandem dechambriert. – Nein, es ist seine Aufgabe, sich darum zu kümmern, dass auch in der OBB, auch bei der Bauverwaltung, eine ordentliche Verwaltung herrscht. Wir erwarten als SPD, dass hier in den nächsten Monaten ganz massiv durchgegriffen wird. Wie wollen Sie sonst weitere Baugroßvorhaben in Bayern wie anstehende Sanierungen, etwa des Hauses der Kunst, oder zum Beispiel Neubauten wie das Konzerthaus in München auch nur annähernd innerhalb des Kostenrahmens durchbekommen, wenn Sie hier eine Verwaltung haben, der es völlig egal ist, welche Rahmenbedingungen von diesem Parlament und auch von Ihnen selber in der Vorlage darüber, wie viel ausgegeben wird, gesetzt werden? Umso ärgerlicher ist es, wenn ich andere Themen sehe, zum Beispiel das Thema Frauenhäuser. Simone, wie viele Millionen mehr haben wir gefordert? Es waren zwei oder drei Millionen Euro.

(Dr. Simone Strohmayr (SPD): Doppelung!)

Das geben wir allein in einer Runde der Kostensteigerungen beim Obersalzberg aus. Dann ist es alternativlos. Wenn es aber darum geht, Geld zur Verbesserung der sozialen Situation von Frauen und Kindern auszugeben, sagen Sie, das passe nicht in die Gesamtkonzeption des bayerischen Haushalts.

(Beifall bei der SPD, Abgeordneten der GRÜNEN und der Abgeordneten Claudia Stamm (fraktions- los))

Da muss man doch eingreifen, Kolleginnen und Kollegen. Ich sage, wir müssen an dieser Stelle die Systematik vielleicht komplett verändern. Vielleicht muss auch das eine oder andere Bauvorhaben von jemand anderem gemacht werden als von denjenigen, die permanent die Kosten überschreiten. Wir sind natürlich bereit zu sagen: Lasst uns Kosten indexieren, wenn die Baupreise steigen. – Aber es kann nicht sein, jemanden zuerst mit niedrigen Kosten zu ködern und dann zu sagen, wenn schon mit dem Bau begonnen worden ist: Die Blödel im Bayerischen Landtag werden es dann schon nicht stoppen. – Der Minister schweigt dazu. Der Ministerpräsident schweigt dazu. Ich glaube, das heute damit zu belohnen, dass Sie,

wie Sie gesagt haben, mit Freude der Entlastung der Staatsregierung zustimmen, ist ein Hohn für die Bürgerinnen und Bürger in Bayern, Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD – Hans Herold (CSU): Das habe ich nicht gesagt!)

Zusammenfassend bleibt bei alldem nur die Ablehnung der Haushaltsrechnung.

(Hans Herold (CSU): "Überzeugt" habe ich gesagt!)

Es bleibt nur, ganz klar festzustellen, dass man bereit sein muss, festgestellte Mängel zu beheben, und nicht den ORH hier verbal kurz zu loben, wie gut er es gemacht habe, dann aber zu sagen: Wir gehen wieder zur Tagesordnung über, machen einen kleinen Prüfvermerk, und das war es für uns. – Nein, hier müssen radikale Änderungen her. Hier muss eine andere Art der Aufstellung des Haushalts her. Was die SPD im investiven Bereich und im sozialen Bereich fordert, haben wir an dieser Stelle schon mehrfach vorgelegt. Liebe Kolleginnen und Kollegen: Ablehnung der Entlastung.

(Beifall bei der SPD)

Danke schön. – Nächster Redner ist der Kollege Pohl.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Herold, es ist zweifellos zulässig, Vergleiche zu ziehen. Manchmal sind Vergleiche sinnvoll. Ich halte in diesem Fall, was die Verschuldung des Freistaats Bayern und die Finanzen des Freistaats anbetrifft, in der Tat einen Vergleich mit Nordrhein-Westfalen für zulässig. Nordrhein-Westfalen ist das größte Bundesland, Bayern das zweitgrößte. Ich denke – dieses Selbstbewusstsein dürfen wir alle in diesem Parlament haben –, dass es um die bayerischen Finanzen gut bestellt ist.

(Beifall des Abgeordneten Hans Herold (CSU))

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Kollege Güller hat aber völlig recht, wenn er sagt, man dürfe sich nicht in Selbstgefälligkeit wälzen. Das Gute ist der Feind des Besseren. Man muss immer, auch wenn es gut läuft, selbstkritisch sein.

(Dr. Otto Hünnerkopf (CSU): Andersrum! Das Bessere ist der Feind des Guten!)

Das mag bei euch in Kitzingen so sein. Der Bericht des Obersten Rechnungshofs zeigt deutlich auf, dass

bei uns im Freistaat Bayern noch erheblicher Optimierungsbedarf besteht. Ich bedanke mich an dieser Stelle beim Obersten Rechnungshof, bei allen engagierten Mitarbeitern, die diesen Prüfbericht für uns erstellt haben und uns somit die Kontrolle der Staatsregierung ermöglichen. Deswegen ist es selbstverständlich, dass der Oberste Rechnungshof die Entlastung bekommt. Die Staatsregierung bekommt sie nicht, obwohl, wie ich gerade gesagt habe, die Finanzen grundsätzlich in Ordnung sind. Aber es gibt erhebliche Mängel, die der Oberste Rechnungshof festgestellt hat und die zum Teil auch der Ausschuss festgestellt hat. Wir haben gesagt: Nein, so können wir mit dem Geld des Freistaats nicht umgehen.

Fangen wir mit einem Punkt an, der heute Gegenstand einer großen Pressekonferenz war, der BayernLB. Ja, das Beihilfeverfahren ist beendet, und das ist sehr erfreulich.

(Hans Herold (CSU): Genau!)

Ja, daran hat Staatsminister Söder einen positiven Anteil. Daran hat der Vorstand der BayernLB seinen Anteil. Daran hat der Vorgänger von Herrn Söder, Staatsminister a.D. Fahrenschon, seinen Anteil. Und daran hat dieser Bayerische Landtag seinen Anteil, der auf Antrag der FREIEN WÄHLER eine Kontrollkommission eingesetzt hat, die Landesbank-Kontrollkommission, geleitet von Ernst Weidenbusch. Diese Kommission hat in den letzten Monaten des Jahres 2008, 2009 und auch 2010 und 2011 sehr intensiv gearbeitet und sehr viele gute Initiativen, Anregungen und Hilfestellungen gegeben, um die BayernLB aus dieser veritablen Krise zu begleiten. Aber man muss auch fragen: Wie konnte es dazu kommen, dass die BayernLB in diese Lage geriet? Staatsminister Söder – ich zitiere – sagt: Das war die größte wirtschaftspolitische Fehlleistung des Freistaats Bayern der Nachkriegsgeschichte. – Also können wir sagen: Es gibt keinen Freibrief für Experimente.

Ich komme zum nächsten Punkt. Es gibt erhebliche Defizite und Mängel im Bereich der Bauverwaltung. Das Haus der Berge mit der Überschreitung des Kostendeckels um 19,4 % ist nur ein Beispiel. Was wir gestern im Ausschuss beim Thema Obersalzberg erlebt haben, spottet jeder Beschreibung. Ich weiß nicht, wie es die Kollegen der CSU fertiggebracht haben, bei dieser erneuten Kostenüberschreitung wieder die Hand zu heben, nachdem wir vor sechs Wochen einen Deckel drauf gemacht hatten und Sie genauso heftig wie wir die Kostenüberschreitung und das Versagen der Obersten Baubehörde kritisiert haben.

(Hans Herold (CSU): Auch die SPD und die GRÜNEN!)

Darüber kann man nicht den Mantel des Schweigens ausbreiten. Das sind eklatante Fehlleistungen. Schon aus diesem Grund kann man der Staatsregierung die Entlastung nicht erteilen, solange solche Dinge an der Tagesordnung sind. Der Kostenrahmen wird nicht nur am Obersalzberg überschritten. Kollege Güller hat auch auf die McGraw-Kaserne hingewiesen, ein besonderes Ärgernis. Man könnte die Liste noch sehr lange fortsetzen. Sie wissen, um welche Bauvorhaben es geht. Hier muss man von systemischen Fehlern reden.

Die Investitionsquote im Freistaat Bayern ist zu niedrig. Auch das gehört zu einer Gesamtbetrachtung. Einerseits sagt man: Jawohl, wir haben geordnete Finanzen, wir haben eine niedrige Pro-KopfVerschuldung, die Tendenz geht in die richtige Richtung, es werden Schulden abgebaut. Aber man muss andererseits auch die unsichtbare Verschuldung, nämlich die nicht ausreichende Instandhaltung unserer Vermögensgüter, in Betracht ziehen. Wir haben gerade bei Staatsstraßen und öffentlichen Gebäuden sowie nicht zuletzt beim Thema Barrierefreiheit erhebliche Defizite, die wir aufarbeiten müssen. Der Ministerpräsident hat hier ein großes Wort gesprochen, als er versprochen hat, Bayern solle 2023 barrierefrei sein. Wir wünschen uns das alle, sind aber auch aufgerufen, das in die Tat umzusetzen. Das soll nicht ein bloßer Programmsatz bleiben. Wir sollten 2023 tatsächlich sagen können, dass wir diese Herkulesaufgabe gemeistert haben. Dafür muss mehr Geld in die Hand genommen werden.

(Hans Herold (CSU): Weiß ich!)

Dafür reicht unser Tempo nicht aus. Dieser Kritikpunkt muss hier angebracht werden.

Auch die ungerechte Verteilung der Geldmittel zwischen Freistaat und Kommunen muss angesprochen werden. Die Kommunen erhalten nach wie vor zu wenig aus dem allgemeinen Steuertopf. Wir fordern 15 %. Das benötigen die Kommunen, und das steht ihnen eigentlich auch zu, sofern der Freistaat seiner Treuhandaufgabe nachkommt, die Einnahmen aus den Gemeinschaftssteuern zu verteilen.

Lassen Sie mich einen Satz zum Länderfinanzausgleich sagen. Ja, der Länderfinanzausgleich ist ein großes Ärgernis. Wir haben bereits viele, viele Diskussionen geführt. Wir haben zwar eine Lösung, aber diese bleibt weit hinter dem zurück, was Staatsminister Söder, völlig zu Recht, gefordert hat. Ja, zwei Milliarden Euro weniger, das wäre es gewesen. Die Verhandlungen liefen schlechter. Jetzt wird der Minister

sagen, wenn er federführend verhandelt hätte, wäre etwas Besseres herausgekommen. Vielleicht sagt er das auch nicht. Ich weiß es nicht.

(Lachen bei der CSU)

Jedenfalls ist das Ergebnis der Staatsregierung, das wir heute zu bewerten haben, nicht zufriedenstellend. Die Tatsache, dass wir die Aufgaben für die Bundesfernstraßen an eine Infrastrukturgesellschaft abgeben müssen und wir nicht mehr die 200 Millionen Euro erhalten, weil andere Länder ihren Investitionsaufgaben nicht nachkommen, ist kein großer Wurf der bayerischen Landespolitik.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Zum Schluss möchte ich noch einen Bereich, der uns alle nachdenklich gestimmt hat, ansprechen. Ich meine die Kritik des Obersten Rechnungshofes am Fördermittel-Controlling im Wirtschaftsministerium. Klar ist: Wenn Fördermittel ausgereicht werden, müssen zunächst Ziele definiert, muss der Finanzbedarf ermittelt, dann gefördert und schließlich evaluiert werden. Was ist passiert? – Nichts ist passiert! Die Fördermittel wurden aus dem Bauch heraus verteilt. Es wurde nicht evaluiert, und selbst auf Nachfrage hat der Vertreter des Wirtschaftsministeriums keine Aussage darüber treffen können, ob die ausgereichten Fördermittel wirklich angekommen sind und ob damit etwas erreicht worden ist. Er wusste nicht, was wir erreichen wollten, da keine Ziele vorgegeben waren. Diese Vorgehensweise war ein Stück weit erschütternd.

Ich hätte mir nicht vorstellen können, dass man in einem Ministerium, und dann noch in einem bayerischen Ministerium, derart mit Geld umgeht. Es gab weder Zielgenauigkeit noch eine klare Vorstellung davon, was man mit dem Geld überhaupt erreichen will. Aus den vorgetragenen Gründen können wir der Bayerischen Staatsregierung keine Entlastung erteilen, dem ORH dagegen schon.

(Hans Herold (CSU): Schade!)

Danke schön. – Der nächste Redner ist der Kollege Hartmann.

(Vom Redner nicht au- torisiert) Sehr geehrtes Präsidium, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn man der Debatte aufmerksam gelauscht und den Bericht des Obersten Rechnungshofes gelesen hat, kann man die Sache in einem Satz zusammenfassen: Ein dicker Geldbeutel ist kein Garant für gute Politik.

(Beifall bei den GRÜNEN und den FREIEN WÄH- LERN)

Lassen Sie mich ein paar Zahlen anführen. Im Jahr 2015 sind die bereinigten Ausgaben um 3,3 % gestiegen. Im gleichen Zeitraum sind die Einnahmen um 4,3 % gestiegen. Das ist deutlich mehr, als selbst die Staatsregierung damals erwartet hatte. Das hat natürlich in erster Linie mit der wirtschaftlichen Stärke und der guten Lage des starken Landes Bayern zu tun.

An die Kollegen der CSU möchte ich Folgendes richten: Wenn Sie sich im Bericht die Steuereinnahmen anschauen, fällt auf, dass sich ausgerechnet die Erbschaftsteuer in den vergangenen Jahren gut entwickelt hat. Von 2014 bis 2016 gibt es hier ein Plus von 27 %. Die allgemeinen Steuereinnahmen sind während dieser Zeit um 13 % gestiegen. Eine willkürliche Absenkung oder Abschaffung der Erbschaftsteuer ist nicht nur steuer- und verteilungsungerecht, sondern auch für die bayerischen Staatsfinanzen durchaus fahrlässig.

Ich möchte kurz darauf eingehen, was mit diesen hohen Einnahmen gemacht worden ist. Es wurde noch nicht angesprochen, dass die Staatsregierung deutlich mehr geplant und angekündigt hatte, als sie tatsächlich umsetzen konnte. Die Folgen sind weiter steigende Haushaltsreste. Diese belaufen sich aktuell auf 5,3 Milliarden Euro, Stand 2016. Die Staatsregierung hortet das Geld, über das sie im laufenden Haushalt verfügen kann. Wir, die GRÜNEN, finden diesen Trend bedenklich.

Auch das nächste Thema, auf das ich ausführlich eingehen möchte, wurde schon mehrfach angesprochen. Aber es ist ein entscheidendes Thema, das hier diskutiert werden muss. Es ist ein Unding, dass die Vertreterin des zuständigen Wirtschaftsministeriums heute nicht anwesend ist.

(Beifall des Abgeordneten Thomas Gehring (GRÜNE) – Peter Winter (CSU): Aber der Finanzminister ist da!)

Die zahllosen Förderprogramme und Fördermaßnahmen des Wirtschaftsministeriums sollten wirklich einmal zusammengefasst und neu strukturiert werden. Sie sollten genaue Zielvorgaben mit Begründung entwickeln. – Sie ist gekommen. Vielen Dank. – Frau Aigner, man kann feststellen, dass Sie sich tatsächlich im Wirrwarr der Förderprogramme komplett verzettelt haben.

(Staatsministerin Ilse Aigner: Nein! Nein!)

Sie haben den Überblick verloren.

(Zuruf von den GRÜNEN: Die Chefin kennt sich aus!)