Protokoll der Sitzung vom 20.07.2017

mult fast in Vergessenheit geraten –, die alle darauf hinweisen, dass den Beteiligten an den Einsätzen in Hamburg zu danken ist. Alle vier Anträge enthalten diesen Dank, und alle vier Anträge verurteilen die Vorgänge in Hamburg.

Ich möchte mich ausdrücklich bei der CSU bedanken, dass sie uns mit ihrem Antrag die Möglichkeit der Nachzieher gibt, sodass wir an dieser Stelle ganz offiziell all unseren Polizistinnen, Polizisten und Einsatzkräften, die in Hamburg waren, danken können. Das gibt uns auch Gelegenheit, noch einmal klarzustellen, wie sehr wir diese Aufgabe unserer Polizei und auch die Bereitschaft unserer Polizistinnen und Polizisten wertschätzen, letztlich – das geht manchmal unter – ihr Leben für die Sicherheit von uns Bürgern zu riskieren. Danke an dieser Stelle.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Wenn man die vier Anträge genauer betrachtet, ist natürlich schon eine gewisse Tendenz festzustellen. Der erste Antrag heißt: "Linksextremismus und linksextremistische Gewalt konsequent bekämpfen!" Der Nachzieher der FREIEN WÄHLER trägt nun den Titel: "Linksextremismus keinen Freiraum... lassen!" Die GRÜNEN haben gebeten, das Wort "mehr" aus dem Titel des Antrags zu streichen, weil sie meinen, das sei tendenziös. An diesem Wort hängen wir uns nicht auf; wir streichen also das Wort "mehr" und bleiben bei unserer Forderung "Linksextremismus keinen Freiraum lassen!" Der Nachzieher der SPD heißt: "Ein starkes Zeichen gegen Gewalt – gemeinsam gegen Gewalt!" Der Nachzieher der GRÜNEN trägt den Titel: "Ja zur Versammlungsfreiheit, gegen Gewalt und blinde Zerstörungswut".

Ich möchte schon darauf hinweisen – da schließe ich mich sehr wohl meinem Vorredner an –, dass zwar in den letzten beiden Anträgen Gewalt verurteilt wird – das machen wir alle –, dass aber die Ausdrücke "Linksextremismus" oder "links", die hier besonders im Fokus stehen, nicht mehr erwähnt werden. Wir bedauern das und schließen uns in dem Fall auch der Meinung an, dass, solange die SPD – Herr Arnold, Sie haben mich da eben enttäuscht,

(Widerspruch des Abgeordneten Horst Arnold (SPD))

weil Sie gesagt haben, Sie nähmen das nicht heraus – von "sogenannten Linksextremisten" spricht, dies aufgrund der Semantik nicht mitgetragen wird. Ich verstehe nicht, warum Sie sich so daran festkrallen; denn wir reden im Zusammenhang mit Hamburg über Linksextremismus. Dass Sie das mit dem Wort "sogenannt" ein bisschen beschönigen, verstehe ich nicht.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und der CSU – Zuruf des Abgeordneten Markus Rinderspacher (SPD))

Wir wollen ganz klar feststellen: Die Bevölkerung wurde durch diese Vorgänge erheblich verunsichert, und unsere Demonstrationsfreiheit wurde auf das Schlimmste missbraucht. Wir stellen fest: Die Bürger erwarten klare Antworten seitens der Politik, wie so etwas passieren konnte, wie mit diesem Ereignis jetzt umgegangen wird und wie in Zukunft – das interessiert die Bürger in erster Linie – solche Eskalationen zu verhindern sind. Da sind wir im Bayerischen Landtag mit gefragt.

Wir fordern deswegen auch eine Aufklärung in diesem Hause: Wer hatte welche Verantwortung? Gab es vielleicht doch eine falsche Strategie? Ist die Gefahrenlage falsch eingeschätzt worden? Wie lief der Einsatz ab? Wie wurde letztlich unser bayerisches Innenministerium im Vorfeld und während des Einsatzes eingebunden? Außerdem wollen wir die Betroffenheit und die Zahl der Verletzten bei unseren Polizistinnen und Polizisten wissen.

Wir verurteilen diese Vorgänge in Hamburg. Wir glauben, dass wir um eine gesellschaftliche Debatte im Zusammenhang auch mit dieser Form des Extremismus – wir reden in diesem Hause von Rechtsextremismus, von islamistischem Terror, während das andere in der Debatte nach wie vor verniedlicht zu werden scheint, was nicht zu billigen ist – nicht herumkommen werden. Deswegen fordern wir einen Bericht, bitten um Zustimmung zu unserem Antrag, werden dem GRÜNEN-Antrag, der auch diese Forderungen aufstellt, zustimmen und dem CSU-Antrag ebenfalls. Unsere Bedenken, die uns zur Ablehnung des SPD-Antrags führen, haben wir geäußert.

Ich sage an dieser Stelle noch einmal Danke. Wir werden um die gesellschaftliche Diskussion nicht herumkommen: Wie kann es sein, dass diesem Berufsstand, der für unsere Sicherheit zuständig ist, inzwischen fast bei jedem Zusammenstoß, wenn Polizei auf Bevölkerung trifft, eine dermaßen geringe Wertschätzung zuteilwird? Das ist nicht zu verstehen. Wir müssen mit Blick darauf an die Wurzeln gehen. Wir müssen überlegen, wie es dazu kommt. Aber zunächst sage ich den Polizistinnen und Polizisten, die sich in Hamburg auch für uns und die Sicherheit in Bayern eingesetzt haben, noch einmal Danke.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und Abge- ordneten der CSU)

Danke schön, Frau Kollegin. – Als Nächste hat Frau Kollegin

Schulze von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort. Bitte schön, Frau Kollegin.

(Jürgen W. Heike (CSU): Jetzt wird es interessant!)

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Herrmann, ich habe nicht ganz verstanden, was diese Show sollte. Am Anfang haben Sie noch recht differenziert argumentiert, aber am Ende sind Sie wieder in Ihr Schwarz-Weiß-Schema hineingerutscht und haben die bürgerliche Mitte und die GRÜNEN zu Polizeihassern stilisiert, und das verbitte ich mir.

(Beifall bei den GRÜNEN und Abgeordneten der SPD – Zurufe von der CSU)

Es ist schäbig und leicht durchschaubar, diejenigen, die zu Schaden gekommen sind, für Ihre Zwecke zu instrumentalisieren.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich sage das hier ganz klar und bin mir sicher, dass mir alle in diesem Raum zustimmen: Die gewalttätigen Ausschreitungen während des G-20-Gipfels sind inakzeptabel. Gewalt ist kein legitimes Mittel der politischen Auseinandersetzung – egal ob sie von der extremen Rechten oder von der extremen Linken kommt. Das Infragestellen des staatlichen Gewaltmonopols, die Angriffe auf Polizistinnen und Polizisten, die Zerstörung von Eigentum – gewaltsamer Protest kann weder geduldet, noch kann er gerechtfertigt werden.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Ganz abgesehen davon: Mir konnte noch niemand schlüssig erklären, wie ein brennendes Auto oder ein geplünderter Supermarkt irgendwie die Welt besser machen soll. – Das macht die Welt eben nicht besser.

(Beifall bei den GRÜNEN und Abgeordneten der SPD)

Ich persönlich fand bereits die Berichte über die verstörenden Gewaltakte schrecklich anzuschauen. Wie schlimm muss es dann erst für die Polizistinnen und Polizisten, für die Rettungskräfte vor Ort und auch für die Angehörigen und Freundinnen und Freunde daheim gewesen sein? Deswegen sagen wir Danke für die Arbeit der Polizistinnen und Polizisten und der Rettungskräfte und wünschen den Verletzten gute Besserung.

(Beifall bei den GRÜNEN und Abgeordneten der SPD)

Es ist selbstverständlich, dass dieser Einsatz auch parlamentarisch nachbearbeitet werden muss.

Es ist gut, dass es dafür in der Hamburgischen Bürgerschaft einen Sonderausschuss gibt. Das ist in einem Rechtsstaat üblich und richtig. Deswegen bin ich etwas überrascht über das wenig selbstkritische Verhalten der CSU und der CDU und auch der SPD, vor allem von Bürgermeister Scholz. Ich möchte alle daran erinnern: Der G-20-Gipfel war eine Veranstaltung der Kanzlerin. Das Sicherheitskonzept war mit der Bundesregierung abgestimmt. Soweit ich weiß, sind Sie Teil der Bundesregierung. Ein CDUler, ein Parteifreund von Ihnen, führt das Innenministerium. Er ist also für das Sicherheitskonzept zuständig.

Da habe ich natürlich schon einige Fragen: Warum konnte es überhaupt zu solchen Gewaltexzessen kommen? Es waren über 20.000 Polizeikräfte vor Ort.

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Es ist bedrückend, dass dieses Aufgebot die Lage nicht immer im Griff hatte. Wo kam es zu Fehleinschätzungen? Die Verantwortlichen wussten, dass viele Gewalttäter aus dem In- und Ausland anreisen würden, und trotzdem war die Schanze am Freitagabend stundenlang in der Hand der Randalierer. Wer sich jetzt hier hinstellt und immer noch sagt, die Polizeistrategie sei total aufgegangen, der erzählt eine Geschichte, die nicht stimmt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Man muss sich fragen: Wie konnte die Hamburger Polizeiführung denn eine Einsatztaktik verfolgen, die bei vergleichbaren anderen Lagen seit Jahrzehnten als überholt gilt? Beispielsweise zeigt sich doch in Berlin am 1. Mai, dass Deeskalation wirken kann.

(Lachen bei Abgeordneten der CSU)

Ich frage mich auch: Wie kann ein SPD-Bürgermeister davon sprechen, dass es keinerlei Gewalt von Polizisten gegeben habe? Herr Scholz, ich muss Ihnen sagen: Sie laufen anscheinend blind durch die Welt. Es gibt Foto- und Filmaufnahmen, die eine andere Sprache sprechen. Nein, es gab keine allumfassende, strukturelle Polizeigewalt. Die allermeisten Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten haben sich richtig verhalten,

(Beifall bei den GRÜNEN)

aber ein paar eben nicht. Das muss man in einer Demokratie so benennen und auch aufarbeiten.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Außerdem müssen wir uns die Frage stellen: Wurde die Pressefreiheit eingeschränkt? Warum wurde 32 Journalistinnen und Journalisten nachträglich die Akkreditierung entzogen? Ich würde mich freuen, wenn sich die CSU auch einmal zu diesen Fragen äußern oder diese Fragen wenigstens einmal stellen würde. Aber daran haben Sie anscheinend kein Interesse.

Das alles muss aufgearbeitet werden, damit es in Zukunft möglichst nicht mehr zu solchen Situationen kommt. Ja, natürlich müssen die Gewalttäter bestraft werden, und es muss eine bessere europäische Zusammenarbeit erfolgen. Darüber hinaus muss die Prävention gegen Radikalisierung und Gewalt ausgebaut werden; denn auch linksextreme Gewalt ist nicht nur ein Fall für die Sicherheitsbehörden, sie ist auch ein Fall für die Zivilgesellschaft.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wissen Sie, was mich besonders ärgert? – Die kriminelle Gewalt ging ganz klar auf Kosten der inhaltlichen Diskussion. Über 100.000 Menschen haben friedlich, kreativ und bunt gegen die Politik der G-20Staaten demonstriert. Darüber wird leider nicht gesprochen. Dabei wäre genau dies so wichtig.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Zusammenfassend kann man sagen, dass der G-20Gipfel viele Verlierer produziert hat: die Anwohnerinnen und Anwohner, die in Angst und Schrecken waren und die nicht geschützt werden konnten, all die, deren Eigentum zerstört worden ist, die Polizistinnen und Polizisten und Rettungskräfte, die in gefährliche Situationen geraten sind, und die friedlichen Demonstrantinnen und Demonstranten, deren Protest und Vorschläge für eine bessere Welt buchstäblich untergegangen sind. Vor allem – das ist mir ganz wichtig, weil ich das heute noch gar nicht gehört habe – zählen auch all die Menschen in den Ländern, die die fehlende Handlungsfähigkeit der G 20 in Sachen Klimaschutz und fairer Handel zu spüren bekommen, zu den Verlierern.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das sind Menschen, die unter Umständen ihre Heimat verlassen müssen, weil sie keine Lebensgrundlage mehr haben. Der G-20-Gipfel war auch inhaltlich kein Erfolg. Das Abschlusspapier ist nicht Ausdruck neuer globaler Ambitionen, sondern es verfestigt die Spaltung, die sich spätestens durch Trumps Alleingänge angedeutet hat.

Was bleibt also von dem G-20-Gipfel? – Es bleibt auch ein Scherbenhaufen im Bereich der internationalen Klimapolitik und des fairen Welthandels.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke schön, Frau Kollegin. – Als Nächster hat Herr Kollege Arnold von der SPD das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Versammlungsfreiheit ist eines der höchsten Güter in unserem Rechtsstaat. Sie und die anderen demokratischen Grundrechte zu gewährleisten, ist Aufgabe des Rechtsstaates; das ist quasi seine Visitenkarte. Es muss klar sein: Eine unfriedliche, bewaffnete Versammlung verdient nicht diesen grundrechtlichen Schutz. Deshalb sagen wir: Jegliche Gewalt, jeglicher Extremismus hat auf Versammlungen nichts zu suchen. Das wird von uns nicht akzeptiert. Es muss klar sein und deutlich gemacht werden: Das hat nichts mit rechts und links zu tun, sondern es geht um den Schutz des Gemeinsamen.

(Beifall bei der SPD)