Protokoll der Sitzung vom 29.11.2017

Ich möchte nur ein paar Sachen richtigstellen, zunächst einmal, was Entscheidungen auf EU-Ebene betrifft: Der eigentliche Skandal an dem Ja von CSU-Minister Schmidt ist, dass er überhaupt kein Wort darüber verliert, was nach diesen fünf Jahren passiert. Alle EU-Entscheidungen waren daran gekoppelt: Eine Verlängerung wird es nur geben, wenn Glyphosat danach endgültig verboten wird. Das ist nämlich ein Riesenunterschied. Jetzt stehen wir vor der Situation mit diesen fünf Jahren Verlängerung. Und was ist nach den fünf Jahren? Dann wird es wieder verlängert und wieder verlängert. Es gibt weder ein Ausstiegsszenario noch einen verbindlichen Plan, dass das nach diesen fünf Jahren verboten wird. Das ist ein echter Skandal.

Dann mal ganz klar: Glyphosat ist ein sehr billiger Wirkstoff, und es ist ein Riesengeschäft für Monsanto und bald für Bayer. Ich weiß ja nicht, was da wieder für Verbindungen bestehen.

(Widerspruch bei der CSU – Josef Zellmeier (CSU): Unterstellungen! – Angelika Schorer (CSU): Frechheit! – Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Es ist ganz klar: Ich finde es ein bisschen – ich habe es vorher schon angedeutet – überheblich, 70 % der Bevölkerung als hysterisch dazustellen. Das finde ich vermessen.

(Beifall bei den GRÜNEN – Oliver Jörg (CSU): Deswegen applaudieren auch 70 % der Abgeordneten!)

Auf 40 % der Ackerfläche wird Glyphosat verwendet. Ich habe gesagt, es ist ein billiger Wirkstoff, und es ist ein einfacher Wirkstoff. Die konventionelle Landwirtschaft, selbst Grünlanderneuerung, kann man ohne Glyphosat bewältigen. Es macht halt ein bisschen mehr Arbeit und kostet ein bisschen mehr Geld. Aber die Methoden gibt es alle. Ich finde, es ist Zeit, dass wir das einfordern im Sinne von uns allen, für die Umwelt und auch für uns Menschen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke schön. – So, Frau Schorer, bitte!

Erstens, Frau Kollegin, möchte ich darauf antworten, dass es eine Unverschämtheit ist – das muss ich jetzt auch in diesem Haus sagen –, dass wir Verbindungen mit Monsanto

hätten und dass wir Verbindungen und Kontakte zu Pflanzenschutzherstellern hätten. Vielleicht haben Sie es nicht so gemeint. Dann sage ich es jetzt einfach mal so.

Das Zweite muss man auch einmal deutlich sagen. Was ist denn eigentlich mit all den wissenschaftlichen Ergebnissen? Dann bräuchten wir überhaupt keine Untersuchungen mehr machen. Dann bräuchten wir keine Arzneimittel mehr untersuchen lassen, wenn dann alles vergeblich ist, wenn nichts anerkannt wird, deutschlandweit nicht, europäisch nicht und international nicht. Dann können wir niemandem mehr trauen. Dann frage ich mich schon, wieso wir diese Institute haben und wieso andere sich auf solche Aussagen und solche Studien verlassen, wenn Sie alles immer wieder anzweifeln.

Als Drittes möchte ich dazu Folgendes sagen: Was ist nach den fünf Jahren? – Man hat erst einmal von einer Zulassung für 15 Jahre zusätzlich gesprochen, dann von zehn Jahren. Jetzt sind wir bei fünf Jahren, mit diesen Einschränkungen. Das ist die Haltung der CSU. Auf diesem Weg werden wir auch weitergehen.

(Beifall bei der CSU)

Bitte noch dableiben, Frau Schorer. Danke schön. – Wir haben noch eine weitere Zwischenbemerkung und danach noch eine Zwischenbemerkung. Die nächste kommt von der Frau Müller. Bitte schön, Frau Müller.

Sehr geehrte Frau Schorer, Sie haben gerade angekündigt, dass Sie unseren Antrag ablehnen. Verstehe ich das dann richtig, dass Sie den Alleingang von Bundeslandwirtschaftsminister Schmidt in dieser Frage billigen?

Bitte schön, Frau Schorer.

Sehr geehrte Frau Kollegin Müller, Sie haben noch einmal deutlich nachgefragt. Ich habe in meiner Rede ganz ausdrücklich darauf hingewiesen, wie die internationalen Studien sind und dass dieses Einvernehmen sowieso ersetzt worden wäre. Alles hat darauf hingedeutet. Deswegen werden wir das nicht bekritteln. Wir waren nicht eingebunden; aber es wäre in der EU auch ohne die Entscheidung vom Bundesminister zu diesem Votum gekommen.

(Katharina Schulze (GRÜNE): Das war nicht die Frage! – Weitere Zurufe von der SPD und den GRÜNEN)

Danke schön, Frau Schorer. – Nächste Zwischenbemerkung: Kollege Zierer.

Frau Kollegin, ich freue mich, dass Sie ein grundsätzliches Problem angesprochen haben, und zwar das Problem der wissenschaftlichen Forschungen und der Ergebnisse. Wenn man allein anschaut, wie widersprüchlich die Ergebnisse sind, muss man sich fragen, ob es sinnvoll ist, bei Universitäten immer mehr zu verlangen, dass sie Gelder aus der Wirtschaft einsammeln sollen. Wie soll es dort ergebnisoffene Forschung geben, wenn von den Universitäten Gelder aus der Wirtschaft eingefordert werden? Wir brauchen wieder eine unabhängigere Wissenschaft und Forschung, die nicht abhängig ist von Geldern, die sie aus der Wirtschaft generiert.

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Sie haben das Problem angesprochen. Ich hoffe, dass wir in der Zukunft auf diesem Weg tätig sein werden, dass wir die Wissenschaft wieder unabhängiger machen und dass die Wissenschaft Ergebnisse präsentiert, die der Wirklichkeit und der Wahrheit entsprechen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und Abge- ordneten der GRÜNEN)

Danke schön, Herr Kollege Zierer. – Frau Schorer, bitte schön.

Herr Kollege, ein Punkt dieser Diskussionen in der Europäischen Kommission und in den europäischen Ausschüssen war, dass man hier in der Zukunft noch mehr eigene Gelder für eigene Studien zur Verfügung stellt, damit diese Studien dann auf eigenem Wissen basieren; das will man in der Zukunft noch mehr intensivieren. Wenn man Bayern anschaut, dann kann man nicht sagen, dass hier in Bayern nicht neutral und nicht viel geforscht würde. Nehmen wir unsere Landesanstalten, nehmen wir unsere eigenen Betriebe. Ich glaube, das zeigt genau und deutlich, dass wir in Bayern einen guten Weg gehen und dass wir das in der Zukunft so fortführen wollen, um eigene Erkenntnisse zu haben, die neutral sind und mit denen man in der Zukunft arbeiten kann.

(Beifall bei der CSU)

Danke schön, Frau Schorer. – Für die Staatsregierung hat sich Staatsminister Brunner zu Wort gemeldet. Bitte schön, Herr Brunner.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Entscheidung auf EU- und Bundesebene ging ein langer Analyse- und Entscheidungsprozess voraus, bei dem übrigens jeder die Gelegenheit und die Möglichkeit hatte, stichhaltige Argumente einzubringen. Auf Bundesebene waren sich noch im Frühjahr 2016 die drei Ministerien Landwirtschaft, Wirtschaft und Umwelt über eine Zustimmung zur Wiedergenehmigung einig, sofern die Belange der Biodiversität entsprechend berücksichtigt werden. Die Kommission und die Mitgliedstaaten sind nun aufgefordert, genau dafür zu sorgen und die Zulassung mit Bedingungen zu verknüpfen.

Zudem müssen wir Alternativen entwickeln, um Glyphosat überflüssig zu machen. Ich denke, das Anliegen der CSU-Fraktion, die Forschung zu intensivieren und die Ergebnisse in die Praxis umzusetzen, kommt im dem Antrag deutlich zum Ausdruck. Ich unterstütze auch das Anliegen, das Zulassungsverfahren zu optimieren und transparenter zu gestalten. Auch eine Aufklärung über die unterschiedlichen Einschätzungen der WHO-Gremien ist unabhängig von der getroffenen Entscheidung im Hinblick auf die Glaubwürdigkeit zukünftiger Entscheidungen sinnvoll. Glyphosat muss zukünftig auf das absolut notwendige Maß beschränkt werden.

Hierzu habe ich bereits die Forschung verstärkt. Unsere Fachleute an der Landesanstalt für Landwirtschaft beschäftigen sich intensiv mit Bewirtschaftungsmethoden, die Glyphosat künftig überflüssig machen. Bereits an zwei bayerischen staatlichen Gütern versuchen wir, ohne Glyphosat auszukommen, um Erfahrungen für die Praxis zu sammeln. Man kann schließlich nicht von heute auf morgen verbieten, ohne Alternativen zu haben. Das wäre ein Stück weit unfair und auch unglaubhaft. Deshalb, meine ich, ist der eingeschlagene Weg durchaus sinnvoll und nachvollziehbar.

Im Übrigen – auch das wurde von Frau Schorer schon angesprochen – gibt es auch Zielkonflikte. Auf der einen Seite versuchen wir, alles zu tun, um Bodenerosion zu verhindern. Jeder Fachmann weiß: Wenn man den Pflug nicht einsetzen muss, insbesondere bei Hanglagen, wenn man mit Mulchsaat auskommt, schützt das vor der Abtragung wertvoller Humusteilchen, schützt das vor Erosion. Wenn man aber Glyphosat hier nicht mehr verwenden darf, sodass auch die Zwischenfrucht abgetötet wird, ist der Pflug wieder notwendig. Diese Widersprüche müssen wir in der Praxis aufklären. Nur dann, glaube ich, können wir unsere Landwirte zur entsprechenden Eigenverantwortung aufrufen.

Abschließend darf ich auf einen Presseartikel von einer Frau Kathrin Zinkant hinweisen, die ich persönlich nicht kenne, der heute in der "Süddeutschen" zu lesen war, mit der Überschrift "Schritt zur Agrarwende". Sie hat geschrieben:

Es gibt mehr als 250 zugelassene Wirkstoffe im sogenannten Pflanzenschutz, die fast durchweg schlechter untersucht und potenziell gefährlicher sind als Glyphosat, zudem weniger wirksam und teurer. … Die Neuzulassung von Glyphosat ist absurderweise der erste Schritt Richtung Agrarwende. Biodiversitätsforscher, Toxikologen und Experten für nachhaltige Landwirtschaft sagen das schon lange: Glyphosat spiele für den Ackerbau eine Rolle, die man nicht ignorieren dürfe – aber zielgerichtet reduzieren müsse; nach und nach, damit praktikable Alternativen entwickelt werden können.

Dem ist nichts hinzuzufügen.

(Beifall bei der CSU)

Danke schön, Herr Minister. Bitte bleiben Sie noch. – Zu einer Zwischenbemerkung hat sich der Kollege Arnold gemeldet. Bitte schön, Herr Arnold.

Herr Minister, herzlichen Dank für das Vorlesen dieses Artikels aus der "Süddeutschen", was allzu selten geschieht, wenn man die Regierungsbank in dem Zusammenhang und das Verhalten verfolgt.

Grundsätzlich eine Frage auf Ministerialebene: Erstens. Nachdem Herr Schmidt auch Ihr Kollege ist und in dem Zusammenhang auch Mit-Agrarminister, würde es mich interessieren, ob dieses Abstimmungsverhalten Ihnen gegenüber bekannt gegeben worden ist, um sozusagen eine CSU-Linie in dem Bereich zu schaffen. Wussten Sie davon, dass dies erfolgen wird, mit den ganzen Folgen und Hintergründen?

Zweitens. Sie haben geäußert, dass Sie in dem Bereich Alternativen erforschen wollen. Das ist richtig und gut. Wie erklären Sie sich aber dann, dass beispielsweise Ihre Umweltminister-Kollegin, Frau Scharf, am 06.11.2017 in der Zeitung zitiert wird – ich gehe davon aus, der "Münchner Merkur" macht keine Fake-Zitate –: "Ich finde, man müsste drauf verzichten," – auf Glyphosat – "denn es gibt Alternativen"? Offenbar ist auch in Bayern das Umweltministerium wesentlich weiter mit den Erkenntnissen, was Alternativen anbetrifft, als das Agrarministerium. Gibt es da einen Widerspruch? Können Sie uns das erklären?

Danke schön. – Herr Minister, bitte.

Zur ersten Frage: Ich kann nicht mehr genau sagen, wann, aber vor etwa vier Wochen, im Rahmen der "Jamaika"-Verhandlungen, hat mich der Bundesminister angerufen und hat unter anderem auch über die anstehende Verlängerung gesprochen. Er hat von damals wohl in der Diskussion gewesenen drei Jahren gesprochen und hat dabei mir gegenüber noch zwei Unterschiede erwähnt: Die einen wollen drei Jahre mit einem Ausstiegsszenario, und die anderen wollen drei Jahre ohne Ausstiegsszenario. Er hat im Übrigen auch hinzugefügt, dass im Rahmen dieser "Jamaika"-Verhandlungen auch die GRÜNEN bereit gewesen wären, drei Jahre mit Ausstiegsszenario mitzutragen. So viel zur Wahrheit.

(Eric Beißwenger (CSU): Hört, hört! – Weitere Zurufe von der CSU)

Später wurde ich über dieses Thema nicht mehr informiert.

Danke schön, Herr Staatsminister.

– Ich möchte auch die zweite Frage beantworten, Frau Präsidentin.

Ach so, Entschuldigung.

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Ich wusste nicht, ob Ihre Fraktion noch zuhören will.

Zum Zweiten: Herr Kollege, Sie haben meine fachliche Meinung dazu gehört. Was die Umweltministerin an diesem Tag in dieser Zeitung hat verlautbaren lassen, dazu müssen Sie sie selbst fragen.

Selbstverständlich versuchen wir tagtäglich und nicht erst seit heute, auch in unseren staatlichen Versuchsgütern zu testen, welche Bewirtschaftungsmethoden wir praktizieren müssen, um ganz auf solche Pflanzenschutzmittel verzichten zu können. Es geht nicht in erster Linie darum, andere einzusetzen; natürlich gibt es andere. Aber andere sind vermutlich teurer und sind in der toxikologischen Auswirkung noch problematischer. Deswegen sehe ich nicht den Ausweg, dass wir in andere Pflanzenschutzmittel flüchten, sondern es ist aus meiner Sicht sinnvoller, zusammen mit der Praxis und der Wissenschaft Möglichkeiten zu

entwickeln, um auf solche Mittel ganz verzichten zu können.