Protokoll der Sitzung vom 13.12.2017

So die Umweltministerin.

Ein Nationalpark könnte natürlich aber auch dazu dienen, Auwälder und Auen zu schützen, die in den letzten 100 Jahren in Bayern fast völlig verschwunden sind oder zerstört wurden. Wir möchten heute von Ihnen wissen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CSU: Wie wichtig ist der CSU der Naturschutz? Wie halten Sie es mit dem versprochenen dritten Nationalpark?

Der Nationalpark im Bayerischen Wald, der erste deutsche Nationalpark, wurde vom Bayerischen Landtag am 11. Juni 1969 einstimmig beschlossen. Der damalige Landwirtschaftsminister Dr. Hans Eisenmann sagte 1970 bei seiner Eröffnungsrede: Die Eröffnung des Nationalparks in Bayern darf wohl als die Krönung des Europäischen Naturschutzjahres bezeichnet werden. – Eisenmann war ein Mann mit Weitblick, einer Eigenschaft, die manchem seiner CSU-Parteikollegen heute zu fehlen scheint.

Die Fachleute und Experten, die wir im Landtag zu diesem Thema im Rahmen der Expertenanhörung gehört haben, waren in ihrer großen Mehrheit sehr klar. Einer von Ihnen war Karl Friedrich Sinner, der ehemalige Leiter des Nationalparks Bayerischer Wald, der in diesem Jahr leider verstorben ist – zwei Tage, nachdem er sich hier im Landtag noch mit großer Überzeugungskraft und mit großer Leidenschaft für einen dritten Nationalpark eingesetzt hatte. Die Main-Post schrieb in Ihrem Nachruf, für Sinner sei ein Nationalpark Schutz der Heimat im besten Sinne. Die Süddeutsche Zeitung beschrieb Sinners Credo so:

Nationalparks sind unverzichtbar für den Naturschutz, wenn es der Staatsregierung ernst ist damit, ist der dritte Nationalpark überfällig, Steigerwald und Spessart sind die Favoriten.

Ich erinnere Sie, Frau Staatsministerin Scharf, gerne an Ihre Pressekonferenz vom 18. November 2014. Sie haben damals von den einmaligen Buchenwäldern des Steigerwalds gesprochen, die naturschutzfachlich von höchstem Wert und von nationaler Bedeutung seien. Was ist aus diesen Aussagen konkret erwachsen? – Das sollten Sie den Menschen im Steigerwald und in Bayern erklären. Wir fordern Sie jedenfalls mit Blick auf die Nationalparksuche auf, endlich für ein zügiges, für ein faires und für ein transparentes Verfahren zu sorgen. Außerdem wollen wir endlich wissen, ob die CSU-Fraktion im Bayerischen Landtag wirklich zu einem dritten Nationalpark steht. Sagen Sie uns doch hier im Landtag, sagen Sie den Menschen draußen im Land endlich, was Sache ist. Dazu gehört auch, dass Herr Söder sich klar dazu äußert, wie er zu einem dritten bayerischen Nationalpark steht.

(Zuruf von der CSU: Das wird er schon tun!)

Legen Sie endlich offen, wie, wann und wo Sie einen naturschutzfachlich über jeden Zweifel erhabenen Nationalpark begründen wollen.

Dem Antrag der GRÜNEN stimmen wir zu. Den Antrag der FREIEN WÄHLER sehen wir ähnlich wie der Kollege Magerl; wir werden ihn ablehnen.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank. – Für die Fraktion der FREIEN WÄHLER Herr Kollege Aiwanger. Bitte schön.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir diskutieren heute endlich wieder über einen dritten Nationalpark in Bayern. Wir FREIEN WÄHLER vertreten hier einen sehr pragmatischen Vorschlag, der lautet: Erstens. Nennen Sie uns die fachlichen Kriterien, die hier einzuhalten sind; dann können wir auf die Suche gehen. Zweitens. Entscheiden Sie nicht über die Köpfe der Betroffenen hinweg.

Nachdem das Verfahren jetzt so weit gediehen ist, dass man sich auf die Rhön und auf die Donauauen konzentriert, stelle ich Ihnen, Frau Ministerin Scharf, gleich die Frage: Sind dort 10.000 Hektar überwiegend zusammenhängende, unzerschnittene Fläche mit 75 % Kernzone erhalten, in der keine Pflegemaßnahmen mehr zulässig sind? – So wie es aussieht, werden Sie das in den Donauauen und auch in der Rhön sehr schwer darstellen können. Das sind zersplitterte Gebiete. In der Rhön gibt es sehr viel Offenfläche, die gepflegt werden muss, damit sie nicht zuwaldet. Dort sind Mahden notwendig, dort ist Beweidung notwendig. Die Donauauen sind sehr zer

splittert. Versuchen Sie also, die 10.000 Hektar zusammenzubekommen, und hören Sie dann auf das, was die Betroffenen sagen.

Ich war in Tapfheim im Landkreis Donau-Ries, wo zu diesem Thema über 1.000 Menschen in einem großen Zelt zusammengekommen sind. Da war kein GRÜNER dabei. Auf dem Podium war aber ein SPDBürgermeister dabei. Der SPD-Bürgermeister war gegen den Nationalpark Donauauen. Er sagte, das funktioniert dort nicht. Dort ist auch Thema, dass in Überschwemmungsgebieten das angeflutete Material regelmäßig entfernt werden muss. Das darf in einem Nationalpark nicht mehr geschehen.

(Zuruf des Abgeordneten Florian von Brunn (SPD))

Das sind alles Fakten vor Ort, über die wir nicht hinweggehen können, wenn wir hier in München, teilweise auf ideologischer Ebene, über ein Ja oder Nein diskutieren und sagen, wir bräuchten prinzipiell einen dritten Nationalpark; Staatsregierung, schneide ihn dir irgendwo aus den Rippen. Das beinhaltet nämlich der Antrag der GRÜNEN. Im SPD-Antrag steht dies leider genauso. Das setzt den Kabinettsbeschluss fort mit der Stoßrichtung: Die Staatsregierung strebt den dritten Nationalpark an. Damit haben Sie sich eigentlich ohne Not politisch selbst unter Druck gesetzt, etwas zustande bringen zu müssen, was in der Praxis vielleicht nicht realisierbar ist.

Ich als FREIER WÄHLER schlage Ihnen ganz einfach den gegenteiligen Weg vor. Machen Sie es doch wie bei der Landesgartenschau, wo die Kriterien definiert sind. Die 10.000 Hektar sind definiert, die 75 % Kernzone sind definiert, und dann laden Sie die Regionen ein, sich für einen solchen Nationalpark zu bewerben, wenn die Leute das vor Ort mittragen und die Landräte dies einbringen. Dann entscheiden wir hier im Landtag, ob dieser Antrag sinnvoll ist, ob 10 bis 15 Millionen Euro, die wir dafür im Jahr auf den Tisch legen sollen,

(Zuruf des Abgeordneten Florian von Brunn (SPD))

gerechtfertigt sind oder ob wir vielleicht mit anderen Maßnahmen eher zum Ziel kommen. Sie gehen aber den anderen Weg. Frau Scharf, Sie sind in diese Rolle hineingedrängt worden; man muss Sie an dieser Stelle nicht persönlich angreifen. Ich stelle Ihre Rolle aber dar. Sie kommen mir vor wie ein Pfadfinder, der auf Gedeih und Verderb eine alte Dame auf die andere Straßenseite zerren will, während die alte Dame gar nicht hinüber will.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Sie wollen dies aber tun, um einen Orden verliehen zu bekommen.

Also noch einmal: Wenn die Kriterien passen, wenn das die Menschen vor Ort wollen und wenn wir sagen, dass das Geld dafür gut angelegt ist, dann sei es so, aber bitte nicht mit Druck von außen und den Leuten dann einzureden, das sei ja alles nicht so. Für die Wildschweine gibt es dann den Management-Plan Wildschweine, bei den Überschwemmungsgebieten einen anderen Management-Plan. Am Ende haben Sie 10 Manager und 20 Management-Pläne, um hochgestochen vielleicht dasselbe zu bewirken, was die Bevölkerung vor Ort über Jahrhunderte erwirtschaftet hat.

Ich breche trotzdem eine Lanze für die Naturnutzer draußen. Das sind die Grundbesitzer, die angrenzen und sich Sorgen machen, ob vielleicht Wildschäden zu befürchten sind. Sie haben darauf keine Antwort. Das sind die Fischer im Donaugebiet, die viel Geld investieren und die Biotope pflegen; sie werden dann vielleicht ausgesperrt. Es sind die Jäger; es sind die Landwirte; es sind die Waldbesitzer; es sind die Gewerbetreibenden, die vor Ort, wenn es konkret wird, aufstehen und vehement dagegen, sodass wir Unfrieden erleben. Wir haben schon in einer Reihe von Gebietskulissen Unfrieden erlebt. Das ist Ihrem politischen Druck – in Anführungszeichen – zu "verdanken".

Also noch einmal: Gehen Sie von diesem Druck herunter. An die rot-grüne Seite richte ich den Appell: Bauen Sie nicht Druck auf, dass es unbedingt so sein muss. Vielleicht können wir mit demselben Geld mit einer dezentralen Herangehensweise im Kleinen mehr erreichen als mit der ideologisch aufgehängten Suche nach einem dritten Nationalpark,

(Zuruf des Abgeordneten Florian von Brunn (SPD))

den Sie vielleicht nicht bekommen, weil Sie die Fläche nicht haben und weil das die Leute vor Ort nicht wollen. Die Kriterien der FREIEN WÄHLER sind: Wir arbeiten mit vernünftigen Argumenten, ist das vernünftig darstellbar? Versuchen Sie es. Bisher haben Sie es nicht geschafft. Nehmen Sie die Leute vor Ort ins Boot. Auch das haben Sie bisher nicht geschafft. Eine ominöse bayernweite Umfrage gibt das Bild nicht wieder, das die Betroffenen vor Ort haben. Nehmen Sie also die Leute ins Boot, dann sind wir nicht prinzipiell dagegen. Sie sind prinzipiell dafür, ohne die Kriterien zu beachten. Wir sind nicht prinzipiell dagegen.

(Florian von Brunn (SPD): Von welchen Kriterien reden Sie denn? – Zuruf des Abgeordneten Dr. Paul Wengert (SPD))

Sie sind ideologischer unterwegs als wir. Uns geht es um die Kriterien und um die Zustimmung. Wenn Sie das nicht hinbekommen, war es vielleicht einen politischen Versuch wert, aber dann richten Sie bitte draußen nicht noch mehr Flurschaden an. Die Leute sind auf Teufel komm raus zerstritten. Dieses Land hat andere Probleme, wir haben anderes zu tun, als die Leute vor Ort auf die Palme zu bringen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Vielen Dank. – Für die CSU-Fraktion jetzt Herr Kollege Dr. Hünnerkopf. Bitte schön, Herr Kollege.

(Vom Redner nicht auto- risiert) Sehr geehrte Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Ich war heute Morgen mit einigen – alle passen ja nicht in den Raum der Stille hinein – bei der vorweihnachtlichen Morgenfeier. Prälat Dr. Lorenz Wolf hat uns am Anfang mit der Überlegung konfrontiert, indem er meinte – sinngemäß –, wir können heute nicht mehr warten; wir sind ungeduldig; wir wollen alles sofort.

(Florian von Brunn (SPD): Ja!)

Er hat sicher nicht an den Antrag der GRÜNEN betreffend "Zügige Entscheidung über dritten Nationalpark" gedacht, aber mir ist dieser Antrag sofort in den Sinn gekommen, weil ich dazu reden sollte und jetzt spreche.

(Florian von Brunn (SPD): Kein Wunder, dass Sie sich jetzt höhere Unterstützung holen!)

Im Grunde genommen arbeiten wir einen klaren Fahrplan ab. Nachdem der Ministerrat und dann natürlich auch der Landtag mit Mehrheit beschlossen haben, dass ein dritter Nationalpark zur Diskussion steht und wir schauen, wo er errichtet werden kann, haben wir beschlossen, dass wir bei aller Suche natürlich neben der Erfüllung der Kriterien, die für einen Nationalpark entscheidend sind, auch die Menschen mitnehmen wollen

(Florian von Brunn (SPD): Auch die, die dafür sind?)

seien Sie doch bitte einmal ruhig; hören Sie doch einmal zu; vielleicht lernen Sie auch noch etwas –

(Beifall bei der CSU – Florian von Brunn (SPD): Da habe ich etwas Zweifel!)

und dass auf keinen Fall ein dritter Nationalpark gegen den Willen der Menschen errichtet wird. Was hat sich mit Ungeduld und Drängen dann gezeigt? –

Wir haben an den Beispielen Spessart und Frankenwald sehr schnell erkennen müssen, dass man nichts übers Knie brechen kann. Wir werden gerade bei den beiden verbleibenden Regionen, in denen wir derzeit nach Möglichkeiten suchen, einen dritten Nationalpark zu installieren, auch nicht mit Druck vorgehen, sondern mit Sorgfalt, mit Transparenz und mit Information. Wir werden die Betroffenen natürlich bestmöglich einbinden. Das ist das Ziel unserer Politik. Unsere Ministerin Ulrike Scharf verfolgt ganz klar diesen Weg.

Es ist schon angesprochen worden: Wir haben noch zwei Regionen. Im Norden Bayerns ist das, übergreifend nach Hessen, die Rhön. Ich weiß von einem kürzlichen Treffen der Umweltsprecher, bei dem auch der Kollege aus Hessen dabei war, dass man dort dieses Thema sehr ergebnisoffen diskutiert.

(Florian von Brunn (SPD): Anders als bei der CSU!)

Frau Ministerin Hinz ist unterstützend tätig. Wir sind zumindest im Gespräch. Ebenso ist dies im Bereich der Donau der Fall.

Wir beraten, wie schon erwähnt, drei Anträge, darunter den Antrag betreffend "Zügige Entscheidung über dritten Nationalpark". Meine Ausführungen haben klargemacht: Wir lassen uns da nicht drängen. Gründlichkeit geht vor Schnelligkeit. Daher können wir diesem Antrag nicht zustimmen. Ähnlich ist es mit dem Insistieren, das aus dem Antrag der SPD betreffend "Dritter Nationalpark: Steht die Staatsregierung zu ihrem Versprechen oder ist es bald vom Tisch?" hervorgeht. Das steht überhaupt nicht zur Diskussion.

(Zuruf von der SPD)

Daher werden wir auch diesen Antrag ablehnen.

(Florian von Brunn (SPD): Das ist ein Berichtsantrag!)

Liebe Kollege Aiwanger, ich habe zunächst gedacht: Offensichtlich müssen wir wirklich noch die fachlichen Kriterien für einen Nationalpark darstellen. Sie haben selber so trefflich die entscheidenden Kriterien dargestellt, nämlich 10.000 Hektar und 75 % Kernfläche. Daran wird deutlich, wie groß die Herausforderungen sind. Diese Frage ist damit schon beantwortet. Ebenso ist klar, dass die Betroffenen vor Ort eingebunden werden sollen. Das ist gang und gäbe. Deshalb müssen wir diesem Antrag nicht unbedingt zustimmen, weil das wirklich schon erfolgt.

Lassen Sie mich eine abschließende Bemerkung machen. Zur Suche nach einem dritten Nationalpark stehen wir. Das haben wir bekundet. Die Suche ist er

gebnisoffen. Wir wissen aber auch – damit komme ich mit einigen Sätzen auf den Steigerwald zu sprechen –, was die Menschen in unserem Land mit einer maßvollen Nutzung des Waldes bewirken können. Der Steigerwald ist sehr wertvoll. Ich nenne immer wieder gerne die Beispiele dafür. Die Fachleute sagen uns, dass dort rund 480 Insektenarten und Käferarten vorkommen können. Bis heute haben wir davon 464 gefunden. 464 Arten sind gefunden worden, ohne dass es für den Steigerwald einen Schutzstatus gegeben hat.