Protokoll der Sitzung vom 25.01.2018

Wie gesagt, eine zu geringe Beleuchtung seniorenspezifischer Fragestellungen in kommunalen Gremien können wir in Bayern sicher nicht manifestieren. Wir werden uns wohlwollend, aber auch kritisch reflektierend mit diesem Gesetzentwurf auseinandersetzen. Ich kann aber bereits jetzt sagen, dass wir nicht mit jedem Punkt einverstanden sind.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank. – Damit ist die Aussprache geschlossen. Ich schlage vor, den Gesetzentwurf dem Ausschuss für Arbeit und Soziales, Jugend, Familie und Integration als federführendem Ausschuss zu überweisen. Besteht damit Einverständnis? – Das ist der Fall. Dann ist das so beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 3 auf:

Abstimmung über Anträge, die gemäß § 59 Abs. 7 der Geschäftsordnung nicht einzeln beraten werden (s. Anlage 1)

Von der Abstimmung ausgenommen ist die Nummer 1 der Anlage zur Tagesordnung. Das ist der Antrag der SPD betreffend "Neuregelung der bundesstaatlichen Finanzbeziehungen – Negative Folgen für Autobahndirektion Süd entschärfen!" auf Drucksache 17/17180, der auf Wunsch der Fraktion gesondert beraten werden soll.

Hinsichtlich der jeweiligen Abstimmungsgrundlagen mit den einzelnen Voten der Fraktionen verweise ich auf die Ihnen vorliegende Liste.

(Siehe Anlage 1)

Wer mit der Übernahme seines Abstimmungsverhaltens bzw. des jeweiligen Abstimmungsverhaltens seiner Fraktion entsprechend der aufgelegten Liste einverstanden ist, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen bitte ich anzuzeigen. – Keine. Stimmenthaltungen? – Auch keine. Damit übernimmt der Landtag diese Voten.

Ich rufe zur gemeinsamen Beratung die

Tagesordnungspunkte 4 bis 6 auf:

Antrag der Abgeordneten Katharina Schulze, Ludwig Hartmann, Gisela Sengl u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Tiergerechte Mastgeflügelhaltung in "Geprüfte Qualität Bayern" verankern (Drs. 17/18330)

und

Antrag der Abgeordneten Katharina Schulze, Ludwig Hartmann, Gisela Sengl u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Tiergerechte Schweinehaltung in den Kriterien für "Geprüfte Qualität Bayern" verankern (Drs. 17/18331)

und

Antrag der Abgeordneten Katharina Schulze, Ludwig Hartmann, Gisela Sengl u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Tiergerechte Legehennenhaltung und Eierproduktion in das Siegel Geprüfte QualitätBayern verankern (Drs. 17/18493)

(Unruhe)

Ich darf darum bitten, die Gespräche, die hier am Rande geführt werden, draußen zu führen.

Ich eröffne die gemeinsame Aussprache. Die Gesamtredezeit der Fraktionen beträgt nach der Geschäftsordnung 36 Minuten. Ich darf Frau Kollegin Steinberger als erster Rednerin für die Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN das Wort erteilen. Bitte schön, Frau Kollegin.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Landwirtschaftsministerium hat 2017 einen Kalender herausgegeben. Darin sieht man auf schönen Bildern Schweine im Stroh. Darunter stand folgender Text: "Mit Pioniergeist, Innovation und Mut zu mehr Tierwohl – Qualität aus Bayern".

Dort steht aber nicht "Geprüfte Qualität aus Bayern"; denn das wäre Verbrauchertäuschung. Stroh ist in der "Geprüften Qualität aus Bayern" nämlich nicht vorgesehen. Dabei erwarten die Verbraucherinnen und Verbraucher unter diesem Siegel eine ganz besondere Qualität. Sie bekommen aber etwas ganz anderes. Wissen Sie eigentlich, was beim Siegel "Geprüfte Qualität – Bayern" bei Schweinen alles erlaubt ist? – Schwänze kupieren, Kastration ohne Betäubung, Gen-Soja bei der Fütterung, Vollspaltenböden – die sind besonders problematisch für die Gesundheit der Gelenke und für die Sauen –, die qualvolle Enge in einem Kastenstand, in dem sie 35 Tage lang quasi fixiert sind, Hauptsache, sie werfen bayerische Ferkel für bayerische Qualität. Das Wohlergehen der Schweine ist dabei kein Kriterium.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das GQ-Siegel enthält weder für die Haltung von Mastgeflügel noch für die Legehennenhaltung Vorgaben, die über die gesetzlichen Mindestanforderungen hinausgehen. Nur Mastschweine bekommen etwas mehr Platz, nämlich 0,1 Quadratmeter mehr als vorgeschrieben.

(Thomas Gehring (GRÜNE): Wahnsinnig viel!)

Bei den Legehennen war bis vor Kurzem noch die sogenannte Kleingruppenhaltung erlaubt, die man auch als Käfighaltung kennt, aber Hauptsache, die Eier kommen aus Bayern. Liebe Kolleginnen und Kollegen, auf diese geprüfte Qualität können wir verzichten!

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die Verbraucherinnen und Verbraucher haben ein großes Interesse an der Tierhaltung. Zehntausende Menschen demonstrieren jedes Jahr in Berlin für eine andere Landwirtschaft, demnächst, am kommenden Samstag, auch in Passau. Auch das anlässlich der Grünen Woche stattfindende Global Forum for Food

and Agriculture beschäftigte sich dieses Jahr mit Tiergesundheit und Tierwohl. Dabei wurde ein Ziel formuliert, nämlich: Tierzucht und Tierhaltung sollen stärker an den Erwartungen der Verbraucher orientiert werden. Hört, hört! Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, was wir dafür brauchen, ist eine bessere Kennzeichnung unserer Lebensmittel.

Ein gesetzliches Tierwohllabel und die Kennzeichnungspflicht von Fleisch sind auf Bundesebene leider noch immer nicht beschlossen, aber sie werden kommen. Wenn der Gesetzgeber nichts tut, dann reagiert der Handel; denn im Gegensatz zum Gesetzgeber hat der Handel längst erkannt und Maßnahmen ergriffen. Es gibt bereits jetzt genügend Beispiele dafür, dass der Handel Maßstäbe gesetzt hat: siehe gentechnikfreie Milch, Verbot der Anbindehaltung, Glyphosatfreiheit oder das Verbot der betäubungslosen Kastration. Der Handel tut also bereits etwas.

Was bedeutet das aber für die Qualität aus Bayern? – Wenn dieses Label auf diesem niedrigen Niveau verharrt, kann es passieren, dass "Geprüfte Qualität – Bayern" für den Einzelhandel gar nicht mehr gut genug ist. Wen trifft es? – Am Ende die Bauern. Die Bauern trifft dieses staatliche Nichtstun unvorbereitet. Genau dieses Aussitzen und Nichtstun befördert den Strukturwandel dann zusätzlich.

(Thomas Gehring (GRÜNE): Industrielle Landwirtschaft!)

Die industrielle Landwirtschaft wird dadurch gefördert, aber auch nur die.

Anstatt sich an die Spitze der Entwicklung zu setzen, verschläft die CSU-Staatsregierung diese unausweichliche Entwicklung. Wieder einmal hält die Staatsregierung an einem starren System fest. Wenn die Veränderungen dann unausweichlich sind, kommt hektischer Aktionismus ins Spiel, mit den Landwirten als Leidtragenden. Wir bräuchten aber genau das, liebe Kolleginnen und Kollegen: Pioniergeist, Innovation und Mut. Das vermissen wir leider bei der CSUStaatsregierung.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir wollen, dass das Umweltministerium ein Siegel mit höheren Qualitätskriterien hinterlegt und somit die Erwartungen der Verbraucherinnen und Verbraucher erfüllt. Das Siegel soll nicht nur Mindeststandards verlangen, sondern auch eine höhere Qualität bei der Tierhaltung gewährleisten. Das hat nichts mit den vorhandenen Bio-Siegeln zu tun. Bioqualität garantiert eine wesentlich bessere Tierhaltung als bloß die Mindeststandards. Wir wollen aber nicht nur, dass es den

Bio-Tieren besser geht, sondern wir wollen, dass es allen Tieren in der Landwirtschaft besser geht.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Dafür soll das Siegel "Geprüfte Qualität – Bayern" stehen und nicht für einen Mindeststandard, der überhaupt nichts aussagt. Wir bitten deshalb um Zustimmung zu unseren Anträgen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank. – Jetzt darf ich Herrn Kollegen Beißwenger für die CSU-Fraktion das Wort erteilen. Bitte schön, Herr Kollege.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kollegen! Seit vielen Jahren gibt es nunmehr das Siegel "Geprüfte Qualität – Bayern". Wer sich im Lebensmitteleinzelhandel, in Lebensmittelgeschäften umschaut, wird feststellen, dass es immer mehr Produkte mit diesem Siegel gibt: von Brot über Backwaren, Eier, Milch, tierische Erzeugnisse, Obst, Gemüse; das Siegel hat sich am Markt fest etabliert. Ist ein Produkt mit dem Siegel mit Herkunftsnachweis Bayern gekennzeichnet, müssen alle Produktrohstoffe aus Bayern stammen. Auch alle Produktionsschritte müssen in Bayern erfolgen. Der Verbraucher kann also sicher sein, dass ein damit ausgezeichnetes Lebensmittel in Bayern erzeugt wurde.

Frau Steinberger hat hier moniert, dass verschiedene Tierwohl- und Tierschutzfaktoren nicht enthalten wären. Gleichzeitig führt sie genau die auf und sagt, dass es in der Masthaltung von Schweinen mehr Platz gibt. Auch die Volierenhaltung von Hennen ist darin nicht mehr zulässig, obwohl das gesetzlich noch zulässig wäre. Auch da hat sie sich widersprochen. Das Siegel deckt den Wunsch der Verbraucher nach Produkten aus der Region ab. Gleichzeitig eröffnet es die Möglichkeit, unsere heimischen Bauern zu unterstützen. Verbraucher, die Produkte mit hoher Bioqualität und nachvollziehbarer Herkunft suchen, sind beim bayerischen Bio-Siegel richtig aufgehoben. Dieses bayerische Bio-Siegel wurde Ende 2015 eingeführt, um den höheren Anforderungen hinsichtlich Tierschutz und Tierwohl in Verbindung mit einer geprüften Regionalität, die den Verbrauchern eben immer wichtig ist, gerecht zu werden. Auch das Bio-Siegel – das will ich hier betonen – wird sehr gut angenommen. Es hat auch zu einem steigenden Bewusstsein für bayerische Bio-Waren geführt. Bayern nimmt seit Langem im Ökobereich bundesweit einen Spitzenplatz ein, und diesen Spitzenplatz wollen wir auch – das betone ich – kontinuierlich weiter ausbauen.

Das Bio-Siegel dürfen wiederum nur Produkte tragen, deren Bioqualitätsstandards deutlich über den gesetz

lichen Vorgaben liegen und die aus der angegebenen Region stammen. Die Höfe und auch die verarbeitenden Betriebe müssen bestimmte Qualitäts- und Herkunftskriterien erfüllen. Die Qualitätsstandards bei diesem Siegel orientieren sich an denen der vier in Bayern aktiven größeren Ökoanbauverbände Bioland, Biokreis, Demeter und Naturland und liegen damit schon deutlich über der EG-Ökoverordnung.

Wenn der Verbraucher gefragt wird, was er will, heißt es oftmals: Ja zu Bio, Ja zu einer immer artgerechteren Tierhaltung, und selbstverständlich ist man bereit, mehr Geld dafür auszugeben. Die Tatsachen, die Realitäten sehen dann oft anders aus.

Wie kann ich als Verbraucher eine großzügigere Tierhaltung fördern? – Zum Beispiel, indem ich Bioprodukte kaufe. Es gibt dazwischen aber noch weit mehr Siegel. Nur tun das deutlich weniger Leute, als dies in Umfragen vorgeben. Laut dem Bund für ökologische Landwirtschaft liegt zum Beispiel der Bioanteil bei Geflügel-, Rind- und Schweinefleisch in Deutschland deutlich unter 5 % des Gesamtmarktes.

Die vorliegenden Anträge wollen zusätzliche Kriterien im Siegel "Geprüfte Qualität – Bayern" verankern. Meiner Meinung nach besteht keinerlei Notwendigkeit, das Siegel GQ in Richtung Ökolandbau weiterzuentwickeln. Wer regionale Produkte aus Bayern sucht, ist beim Qualitäts- und Herkunftssicherungsprogramm "Geprüfte Qualität – Bayern" richtig. Die Wirtschaft kann allerdings jederzeit Zusatzauslobungen wie "gentechnikfrei" oder "Futtermittel aus der Region" einführen. Jedoch müssen hier auch entsprechende Mehraufwendungen auf der Erzeugerseite monetär honoriert werden; denn da sehe ich häufig das Problem.

Diese Optionen werden in der Praxis bereits praktiziert. In solchen Fällen gibt es keine zusätzliche Kennzeichnung auf der Packung. Mit dem Lenkungsausschuss können darüber hinaus zusätzliche, auch höhere Qualitätskriterien besprochen und geprüft werden. Die verpflichtende Aufnahme neuer Kriterien, wie sie in den Anträgen gefordert wird, muss aber immer auch vor dem Hintergrund einer zusätzlichen finanziellen Belastung der landwirtschaftlichen Betriebe, dann auch aufgrund eines höheren Kontrollaufwands und in der Konsequenz mit einer möglichen Reduzierung der Teilnehmerzahl bewertet werden. Das heißt, freiwillige Vereinbarungen sind meiner Meinung nach gesetzlichen Vorschriften immer vorzuziehen. Im Stichwort "Nebeneinander von konventioneller Landwirtschaft und bio-ökologischer Landwirtschaft" sehen wir hier auch eine gewisse Konkurrenz. Wenn wir das Siegel "Geprüfte Qualität – Bayern" immer mehr Richtung Ökolandbau entwickeln würden, machen wir das

Ökosiegel irgendwann obsolet. Das kann nicht gewollt sein.

Hier wurde uns der Vorwurf gemacht, wir täten nicht genug für ökologischen Landbau und tierschutzgerechte Haltung. Es gibt viele Programme zur Unterstützung bau- und umbauwilliger Landwirte, ob es einzelbetriebliche Investitionsförderungen oder Maßnahmen nach dem bayerischen Sonderprogramm Landwirtschaft sind. Das Tierwohl wird auch hier immer weiter vorangebracht. Die Anträge lehnen wir aus diesen Gründen ab.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU)