Protokoll der Sitzung vom 25.01.2018

(Beifall bei Abgeordneten der CSU)

Vielen Dank. – Für die SPD-Fraktion Herr Kollege Woerlein: Bitte schön, Herr Kollege.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen! In den zu beratenden Anträgen greifen die Kolleginnen und Kollegen vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Thema Tierwohl in der Nutztierhaltung auf. Dafür bin ich außerordentlich dankbar, da dieses Thema unsere höchste Aufmerksamkeit verdient. Es lohnt nicht nur, sondern es ist unsere ethische Pflicht, darüber nachzudenken, wie viel Platz unseren Nutztieren in der Haltung zustehen muss. Es ist unsere ethische Pflicht, darüber nachzudenken, ob Kastenstandhaltung für Muttersauen überhaupt und, wenn ja, in welchem Zeitraum gerechtfertigt werden kann.

Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass Gewinnmaximierung und Wachstum nicht die entscheidenden Kriterien in der Nutztierhaltung sein dürfen, und wir müssen lernen, Fehler zuzugeben und abzustellen. Ich nenne als Beispiel das Kükenschreddern, das hoffentlich am 31. Dezember 2019 verboten wird; diesen Termin nannte uns Vertretern des Landwirtschaftsausschusses Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt bei der Grünen Woche in Berlin.

Die Forderung nach mehr Tierwohl kommt von denen, die wir hier im Landtag vertreten, unseren Bürgerinnen und Bürgern. Über 80 % der deutschen Bevölkerung sind bereit, mehr für ein landwirtschaftliches Erzeugnis zu bezahlen, wenn die Tiere vor ihrer Schlachtung unter ordentlichen Bedingungen gelebt haben. Für uns Politiker lautet vor diesem Hintergrund der Auftrag, für höchste Transparenz zu sorgen. Unsere Verbraucherinnen und Verbraucher sollen beim Fleischkauf wissen, unter welchen Bedingungen und wo das Tier gehalten wurde. Dies sind die beiden entscheidenden Kriterien.

Das Siegel "Geprüfte Qualität – Bayern" macht dem Verbraucher regionale Produkte schnell erkennbar.

Konventionell wirtschaftende bayerische Produzenten können sich mit diesem Siegel besser auf dem Markt platzieren. Festzuhalten ist jedoch, dass die Regionalität nichts mit den Tierschutzanforderungen zu tun hat. Für Letztere wurde Ende 2015 das bayerische Bio-Siegel eingeführt. Mit dem Bio-Siegel sind höhere Anforderungen im Hinblick auf Tierschutz und Tierwohl verknüpft. Etwas vereinfacht lauten die bayerischen Siegel-Gleichungen also wie folgt: "Geprüfte Qualität – Bayern" ist bayerisches Produkt, das BioSiegel steht für mehr Tierschutz und Tierwohl.

Wenn die Geprüfte Qualität Bayern nun durch Tierwohlkriterien erweitert wird, wird dadurch das Bio-Siegel auf Dauer überflüssig. Gut, könnte man sagen, mit einem Siegel weniger wird das Ganze übersichtlicher. Klar sein muss uns aber auch, dass wir damit der Biolandwirtschaft Schaden zufügen würden. Mit der Erfüllung hoher Qualitätsauflagen haben sich unsere Biolandwirte den Erfolg auf dem Markt hart erarbeitet. Es wäre nicht zu verantworten, sie um diesen Erfolg zu bringen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Deshalb müssen wir die drei Anträge ablehnen, obwohl wir ihre Grundanliegen absolut befürworten.

Die SPD sieht zwei Handlungsfelder, damit die berechtigten Forderungen nach mehr Tierschutz und Tierwohl in der Nutztierhaltung verwirklicht werden können: erstens die staatliche Kennzeichnung für tierische Produkte, zweitens das Schließen der Lücken bei den Haltungsnormen. So haben wir beispielsweise keine verbindlichen Vorgaben zur Putenhaltung. Diese Lücke wäre dann geschlossen.

Dass wir dies nicht im luftleeren Raum entwickeln, sondern in der nächsten Bundesregierung auf den Weg bringen wollen, zeigt sich in der finalen Fassung des Sondierungspapieres vom 12. Januar 2018:

Die Erkennbarkeit von tierischen Lebensmitteln, die über die gesetzlichen Vorgaben der Haltung hinausgehen, wollen wir verlässlich, einfach und verbraucherfreundlich gestalten. Dazu brauchen wir den mehrstufigen Ausbau einer staatlichen Kennzeichnung anhand verbindlicher Kriterien für Fleisch aus besserer Tierhaltung (Tierwohllabel) … Wir werden Lücken in den Haltungsnormen im Tierschutzrecht schließen. Das Töten von Eintagsküken werden wir beenden.

Für die SPD sind Tierschutz und Tierwohl wichtige Kriterien, und wir danken allen, die diese wichtigen Themen auf die Tagesordnung bringen, so auch Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Gleichzeitig hoffe ich, dass es

mir gelungen ist darzustellen, dass wir Ihre Anträge nicht aus inhaltlichen, sondern aus Gründen der Kennzeichnungssystematik ablehnen müssen. Hierfür bitte ich um Verständnis.

(Beifall bei der SPD)

Frau Kollegin Steinberger für eine Zwischenbemerkung. Bitte schön.

Lieber Kollege Woerlein, ganz klar ist mir leider nicht geworden, was Ihre Intention ist. Ich weise auch entschieden zurück, dass ein bayerisches Qualitätssiegel den Biosiegeln schaden würde. Deshalb meine Frage an Sie: Was kann denn Bayern tun? Sie sagen selber, man muss mehr für das Tierwohl tun. Was kann denn Bayern tun, um mehr Tierwohl in den Ställen zu etablieren? Was kann Bayern tun, damit es nicht nur zwei Arten gibt, sich zu ernähren? Das eine ist das Bio-, und das andere ist das konventionelle Essen. Welche Möglichkeit hat denn Bayern, für mehr Tierwohl in den Ställen zu sorgen? Sie haben jetzt nur bundespolitische Erwägungen angesprochen.

In Bayern sehe ich drei Möglichkeiten.

Erstens setzt unsere Staatsregierung auf Freiwilligkeit. Das ist mit Sicherheit ein vernünftiger Weg, weil wir damit die Eigenverantwortung der Betriebsleitungen in der Landwirtschaft stärken.

Zweitens brauchen wir eine klare Kennzeichnung. Dazu hat meine Partei schon mehrere Anträge gestellt, damit wir in allen Bereichen und auch bei weiterverarbeiteten Produkten wie Wurst und Nudeln genau wissen, woher die tierischen Produkte kommen und welche Qualität die Tierhaltung hatte.

Wenn all diese Maßnahmen nicht greifen und der Verbraucher hierbei nicht einsteigt – ich sehe gute Signale, und auch beim Besuch der Grünen Woche haben wir viele Leute erlebt, die Handlungsbedarf sehen und Bereitschaft zum Mitmachen signalisiert haben –, müssen drittens klare gesetzliche Vorgaben her, die wir zwar in mehreren Anträgen bereits gefordert haben, die aber bisher im Landtag abgelehnt wurden.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege. – Dann darf ich jetzt Herrn Häusler für die Fraktion der FREIEN WÄHLER das Wort erteilen. Bitte schön, Herr Kollege.

Werte Frau Präsidentin, Herr Staats

minister, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die vorliegenden drei Anträge "Tiergerechte Mastgeflügelhaltung in ‚Geprüfte Qualität Bayern‘ verankern", "Tiergerechte Schweinhaltung in den Kriterien für ‚Geprüfte Qualität Bayern‘ verankern" und "Tiergerechte Legehennenhaltung und Eierproduktion in das Siegel Geprüfte Qualität Bayern verankern" sind sehr spannend und – das haben wir bei den Vorredner schon gehört – durchaus kontrovers zu beurteilen.

Alle drei Anträge, verehrte Kolleginnen und Kollegen, sind vom Ansatz her grundsätzlich sinnvoll. Die artgerechte Tierhaltung – das darf ich bei dieser Gelegenheit noch einmal erwähnen – wird vom Verbraucher zu Recht erwartet und allseits eingefordert. Sie ist im Übrigen seit 1972 im deutschen Tierzuchtrecht verankert. Tierschutz ist auch als Staatsziel im Grundgesetz enthalten. Das sage ich zur Bewusstseinsbildung.

Nun zum Inhalt dieser Anträge: Alle drei Anträge sind auf die Maßgaben des ökologischen Landbaus ausgerichtet. Das bayerische Biosiegel und das Siegel "Geprüfte Qualität – Bayern" sind völlig unterschiedliche Label. Sie haben eine andere spezifische Ausrichtung und sind komplett anders gestrickt und orientiert. "Bio" ist eine ökologische Ausrichtung mit darauf abgestimmten Produktionsformen. Das kennen wir alle. Die Produkte rangieren in der Regel im Hochpreissegment. Es geht darum, hier die Wertschöpfung zu generieren und zu Mehrarbeit sowie zu mehr Engagement zu kommen.

"Geprüfte Qualität" ist ein Herkunftssiegel auf Basis einer bayerischen Wertschöpfungskette der konventionellen Tierhaltung. Die entsprechenden Produkte sind leider – das wissen wir alle – im Discount- und Niedrigpreisbereich angesiedelt. Aber letztlich entscheidet der Verbraucher durch sein Kaufverhalten und nicht durch seine Erwartungshaltung.

Wir FREIEN WÄHLER würden es begrüßen, wenn das ausgegebene Ziel "20 % Bio" bereits realisiert wäre. Ich darf auf Österreich verweisen. Dort ist man deutlich weiter, als wir es hier sind. Aber wenn wir über "GQ", "Geprüfte Qualität – Bayern", sprechen, möchte ich einige grundsätzliche Anmerkungen machen: Woher kommt das überhaupt? Der Ursprung liegt in der BSE-Krise ab dem Jahr 2000. Das wesentliche Kriterium war damals die Vertrauensbildung. Das Ziel war die Absatzförderung für Rindfleisch. Der Rindfleischmarkt war damals aufgrund der BSE-Krise komplett zusammengebrochen. Das müssen wir uns vergegenwärtigen.

Gleichzeitig war Bayern Marktführer und Hauptexporteur in Deutschland. Deshalb haben die Politik und alle Marktbeteiligten den Hoffnungsanker ergriffen,

eine garantierte Herkunftssicherung aus Bayern darzustellen und die Regionalität zu betonen und auf die Regionalität zu setzen. Daraus entstand 2002 dieses Herkunftslabel, und damals wurde es hier erstmals etabliert. Diesem Programm werden im Wesentlichen Qualitätsstandards zugrunde gelegt, die auf gesetzliche Normen aufsetzen. Diese werden in einigen Bereichen erweitert. Ich nenne einige Beispiele. Beim Futter gibt es keinen Einsatz tierischer Eiweiße. Das betrifft etwa das Thema Fischmehl in allen Bereichen, die antragsgegenständlich sind. Weiterhin sind Kleingruppen bei der Legehennenhaltung verboten, und zudem werden vermehrt Dokumentationspflichten gefordert.

Aber – da haben die GRÜNEN recht – zusätzliche Tierwohlkriterien wird man bei "GQ" vergeblich suchen. Insofern ist der Ansatz aller drei Anträge vernünftig und zielführend. Aber aufgrund der Formulierung, sich ausschließlich auf die Maßgaben des ökologischen Landbaus zu konzentrieren, sind diese Anträge zumindest seitens unserer Fraktion nicht zustimmungsfähig.

Ich darf noch etwas hinzufügen: Insbesondere im Antrag für tiergerechte Schweinehaltung sind die Inhalte der ersten beiden Spiegelstriche mit der Wirklichkeit nicht vollständig kompatibel.

Ich will bei dieser Bewertung durchaus relevante Rückschlüsse auf die Ökoschiene ausblenden, die zu Recht einen deutlichen Mehrerlös für ihre Produkte generiert, aber auch – das füge ich hinzu – erzielen muss.

Die Fraktion der GRÜNEN beabsichtigt, mit dem vorliegenden Antragspaket eine Art Zwischenstufe zu etablieren: mehr als "GQ", aber weniger als "Bio". Liebe Kolleginnen und Kollegen, so ein Label gibt es bereits heute, nämlich die "Initiative Tierwohl" des Bundeslandwirtschaftsministeriums, die im Wesentlichen darauf abzielt. Im Gegensatz zu "GQ" erhalten die Landwirte bei diesem Label entsprechende Zuschläge, die allerdings aus unserer Sicht noch grenzwertig und nicht völlig kostendeckend sind. Dieses Programm basiert auf "QS", "Qualität und Sicherheit", und beinhaltet tatsächlich tierwohlrelevante Zusatzkriterien, insbesondere eine höhere Stallplatzanforderung, die mindestens 10 % über dem gesetzlichen Standard liegt, bessere Haltungsbedingungen, Hygienevorschriften, restriktivere Regelungen zur Handhabung von Antibiotika. Das alles stellt letztlich insgesamt eine signifikante Verbesserung der Haltungsbedingungen dar.

Die großen Lebensmitteldiscounter und der Lebensmitteleinzelhandel honorieren diese Tierwohlinitiative

jährlich mit circa 130 Millionen Euro bzw. 6,25 Euro pro verkauftem Kilo Fleisch oder Wurst.

Die Bereitschaft der Bayern, dabei mitzumachen, ist deutlich größer als der zur Verfügung gestellte Finanzrahmen. Das Problem ist die mangelnde Bereitschaft, das entsprechend zu honorieren. Eine große Verantwortung liegt bei den Lebensmitteleinzelhändlern. Somit ist das keine Wohltat des Lebensmitteleinzelhandels gegenüber der Landwirtschaft, sondern das ist Selbstzweck, Selbstrechtfertigung und Imagewahrung.

In der Vergangenheit hat sich aber auch gezeigt – das soll an dieser Stelle nicht vergessen werden –, dass Zuschläge zur Marktstabilisierung bzw. zur Marktbelebung immer wieder stillschweigend zurückgenommen oder sogar eliminiert wurden. Das ist auch ein zentrales Thema der heutigen Diskussion. Zu viele Programme und Labels sind nur Insidern bekannt. In meiner langjährigen Berufserfahrung als führender Vermarkter in Deutschland habe ich das auch kennengelernt. Ich habe viele Programme mitgestaltet und erleben müssen, wie diese wahrgenommen wurden. Ich erinnere an "QS Qualität und Sicherheit", "Offene Stalltür", "Edeka Gutfleisch" usw. Darin liegt auch ein wesentlicher Grund zur Ablehnung der vorliegenden Anträge.

Die permanente Diskussion darüber, was wir alles tun können, schwächt unseren Berufsstand. Sie schwächt auch das Vertrauen in unsere Landwirtschaft und demotiviert viele. Deswegen sollten wir darauf setzen, die Vorteile positiv herauszustellen.

Abschließend möchte ich dazu sagen, dass ich davon ausgehe, dass sich der Antrag der GRÜNEN insofern erübrigt, als das Tierwohllabel in dem Programm, das ich dargestellt habe, massiv greift. Der Lebensmitteleinzelhandel wird hinter diese Kriterien nicht mehr zurückgehen. Das heißt, das wird wohl Standard werden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir müssen darauf achten, dass diese Leistungen nicht konterkariert werden und dass der Mehraufwand der Bauern entsprechend honoriert wird.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Vielen Dank. – Für die Staatsregierung hat Herr Staatsminister Brunner um das Wort gebeten. Bitte schön, Herr Staatsminister.

Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Zunächst bedanke ich mich bei allen Debattenrednern dafür, dass Sie den Inhalt sehr differen

ziert vorgetragen haben und es Ihnen vielleicht auch gelungen ist, der Antragstellerin darzulegen, dass es hier nicht darum geht, bestehende, bewährte, anerkannte und erfolgreiche Label und Siegel zu vermischen.

Noch einmal zur Erinnerung: Im Jahre 2002 wurde das Siegel "Geprüfte Qualität –Bayern" eingeführt, das mittlerweile eine hohe Durchschlagskraft hat: 75 % der Verbraucher kennen und schätzen dieses Siegel. Dieses Siegel hat als Selbstverständnis in erster Linie die Regionalität. Mit dem Siegel wird also etwas über die Herkunft ausgesagt. Die Bürgerinnen und Bürger wissen: Wenn sie Produkte mit diesem Siegel kaufen, sind die Nähe, die Frische und die kurzen Transportwege garantiert.

Im Jahr 2015 habe ich ganz bewusst die beiden Trends "Bio" und "Regio" mit einem neuen Siegel zusammengeführt und habe dies in Brüssel notifizieren lassen. Auf diese Weise wollte ich mehr Wahrheit und mehr Klarheit in die Palette der Ökoprodukte hineinbringen; denn ich halte es ein Stück weit für unglaubwürdig, wenn wir Bio-Ware aus China, aus der Ukraine oder aus sonstigen Ländern rezertifizieren. "Bio" passt nicht zu den langen Transportwegen, dem hohen Energieaufwand usw.

Deswegen gibt es dieses bayerische Bio-Siegel, das mittlerweile bereits für 900 Produkte genutzt wird. Wir stellen fest, dass es in Bayern sehr gut angenommen wird. Darüber hinaus, Frau Steinberger, sind freiwillige Label jederzeit möglich. Wenn sich die Akteure in einer Wertschöpfungskette darauf verständigen, zum Beispiel beim Siegel "Geprüfte Qualität – Bayern" Ergänzungen durch zusätzliche Module vornehmen zu wollen, so können sie das gerne tun.

Der Bundesminister hat bei den Sondierungsgesprächen angekündigt: Wir wollen ein bundeseinheitliches staatliches Tierwohl-Label einführen. Ich durfte bei diesen Sondierungsgesprächen mitwirken, und in der Sechserrunde haben wir uns auf das verständigt, was Herr Woerlein vorhin schon zum Teil zitiert hat.