Ich will noch einen Satz zur Debatte über kostenlosen ÖPNV sagen. Da sind wir strikt dagegen. Wir wollen das noch nicht mal testweise,
weil es so sein muss, dass die öffentliche Hand ein tolles Angebot liefert. Angebote kosten Geld. Das muss dem Bürger bewusst sein. Insofern sage ich: Ein fairer Preis, etwa wie in Wien 365 Euro für ein Jahresticket, macht es aus. Warum sollen nicht die Bürgerinnen und Bürger auf dem flachen Land oder
Kommen wir zum Schwachpunkt, und der ist in der Tat die Konnexität. Keine Kosten, das funktioniert nicht. Wenn der Freistaat Bayern hier mehr investieren muss, dann kostet das etwas, und die Kommunen werden dann, wenn sie mehr tun müssen, sicher die Hand aufhalten. Dafür habe ich Verständnis.
(Vom Redner nicht autori- siert) Ja, okay. – Ich verweise noch auf unseren heutigen Dringlichkeitsantrag Nummer 7, "Zukunftsplan Mobilität für eine Verkehrswende in Bayern 2030 – Mobilitätssicherung für Land und Stadt". Nachdem ich die GRÜNEN jetzt so gelobt habe, muss ich ein bisschen Eigenlob fabrizieren. Da steht sehr viel drin, was man genau so bis 2030 umsetzen kann.
Danke schön, Herr Kollege Roos. – Nächster Redner ist der Kollege Glauber. Bitte schön, Herr Glauber.
Frau Präsidentin, verehrtes Präsidium, Frau Staatsministerin, Kolleginnen und Kollegen! Ich fand die launige Rede des Kollegen Ganserer zu dem Thema richtig, und ich fand das eine sehr nette Darstellung Ihres Gesetzentwurfs. Wir FREIE WÄHLER stimmen in Teilen absolut zu, haben aber auch gewisse Kritikpunkte – ich werde sie aufführen –, was die kommunale Planungshoheit oder die Finanzierung angeht.
Grundsätzlich stimmen wir Ihnen zu 100 % zu, wenn Sie sagen, denken wir Verkehrssysteme neu hinsichtlich Rufbus, Anrufsammeltaxi und Anruflinientaxi. Überall dort in den Landkreisen und kreisfreien Städten, wo es diese Angebote gibt, werden sie hervorragend angenommen. Überall dort, wo wir Abgeordnete in Schulen kommen, nehmen die jungen Schülerinnen und Schüler, die keine eigenen Fahrzeuge haben, genau diese Angebote sehr gerne an. Gerade im hügeligen Land sind diese Angebote eine richtige Herangehensweise, wenn kein ganzer Bus fahren muss. Von daher absolute Zustimmung zu diesem Denken neuer Systeme in Artikel 1.
Grundsätzlich kommt von uns auch volle Zustimmung hinsichtlich Ihres Ansatzes: Vorrang für die Schiene, Parallelverkehre vermeiden, und landesbedeutsame Buslinien dürfen laufen, sollen fahren. Das ist ein kla
res Signal, das wir im Wirtschaftsausschuss hinsichtlich unserer Bayerischen Eisenbahngesellschaft immer wieder geben, um zu sagen: Wir müssen die Schiene als sehr ökologischen Verkehrsträger stärken. Deshalb stimmen wir auch hier zu.
Flexible Bedienformen und die Barrierefreiheit: auch hier volle Zustimmung. Das ist doch selbstverständlich. Der jetzige Innenminister und vorherige Ministerpräsident hat das Thema Barrierefreiheit in Bayern ja zu einem seiner Kernthemen gemacht. Ich glaube, da können wir im Landtag noch deutlich mehr tun und müssen wir mehr tun, um diese Barrierefreiheit hinzubekommen.
Dann kommen wir zu der Frage landesweit gültiger Tarife und Verkehrsverbünde. Lieber Kollege Ganserer, lieber Kollege Roos, da stimme ich mit Ihnen nicht überein. Sie sagen, wir können hier die kommunale Planungshoheit einfach mal vor der Tür lassen, und die Kleinstaaterei sei hier entscheidend. Ich kann Ihnen als Gemeinderat und Kreisrat nur sagen: Wir machen uns sehr viele Gedanken. Wir machen Nahverkehrspläne. Wir befragen die Bürger. Ich kann nur sagen: Wir bekommen vom Freistaat vier Millionen Euro, und genauso viel geben wir selbst vom Landkreis aus, also sprich, wir legen einen richtigen Batzen Geld hin, um unseren Bürgern einen Stundentakt zu gewähren, um den Bürgerinnen und Bürgern Mobilität zu gewähren. Zu sagen, die Landkreise tun hier nichts, und dann mit Blick auf die Konnexität zu sagen: Das wollen wir, das kostet nichts – das geht so nicht.
Wir können hier die Landkreise gern in einen Bayerntarif integrieren. Aber dann will ich darauf verweisen – das ist die klare Meinung von uns FREIEN WÄHLERN –, dass dann bitte schön vom Freistaat das Geld zur Verfügung gestellt wird. Es stimmt nicht, dass es nichts kosten wird. Das wissen Sie genau. Wir müssen dann sagen, ob wir diese Bedienformen wollen und dass wir sie finanzieren. Aber das sollen nicht die Landkreise machen, die sich heute schon sehr stark engagieren und viel Geld investieren. Zu sagen, ihr tut da zu wenig, ist, würde ich sagen, nicht in Ordnung. Ich glaube, da gibt es Landkreise und kreisfreie Städte, die sich vielleicht noch mehr leisten könnten. Wie gesagt, es ist eine Herkulesaufgabe, die kommunale Familie vor dem Hintergrund der kommunalen Planungshoheit zusammenzubringen. Wir können uns alle an einen Tisch setzen, aber wir würden dann denen, die bereits viel finanzieren und die Mobilität ihrer Bürger sicherstellen, Unrecht tun.
Beim Thema "Fahrgastbeiräte und Nahverkehrspläne spätestens alle fünf Jahre" stimmen wir völlig zu. Wir, die FREIEN WÄHLER, haben nur gute Erfahrungen
gemacht, wenn alle in den Kreisen Verantwortung mit übernehmen. Deshalb haben wir große Sympathie für Ihr Gesetz. Jedoch gibt es aus meiner Sicht Beratungsbedarf hinsichtlich der Finanzierung und Realisierung der Verbünde. Das Ziel teilen wir mit Ihnen. Jedoch wissen wir nicht, wann es so weit sein wird. Am Ende soll und muss das Ziel ein Tarif für ganz Bayern sein. Da stimme ich Ihnen zu.
Wichtig ist aber auch, nicht nach außen zu signalisieren, dass das nichts kosten würde. Das Thema Konnexität und Ihre Vorschläge werden eine enorme Summe kosten. Der ÖPNV soll uns das Geld wert sein. Die Debatte, wie das Ziel umgesetzt werden soll, muss noch geführt werden. Ob das letztendlich 2023, 2025 oder 2030 der Fall sein wird, können wir nicht sagen, aber das Ziel teilen wir.
Danke schön, Herr Kollege Glauber. – Die Aussprache ist geschlossen. Ich schlage vor, den Gesetzentwurf dem Ausschuss für Wirtschaft und Medien, Infrastruktur, Bau und Verkehr, Energie und Technologie als federführendem Ausschuss zu überweisen. Besteht damit Einverständnis? – Das ist der Fall. Dann ist das so beschlossen.
Gesetzentwurf der Abgeordneten Markus Rinderspacher, Angelika Weikert, Doris Rauscher u. a. und Fraktion (SPD) für ein Bayerisches Gesetz zur Gewährleistung von Tariftreue und Mindestlohn bei öffentlichen Auftragsvergaben (Drs. 17/21033) - Erste Lesung
Begründung und Aussprache werden miteinander verbunden. Damit hat die SPD-Fraktion 11 Minuten Redezeit. Die Gesamtredezeit der Fraktionen beträgt nach der Geschäftsordnung 24 Minuten. Die Redezeit der Staatsregierung orientiert sich dabei an der Redezeit der stärksten Fraktion. Ich eröffne die Aussprache und erteile zunächst der Kollegin Weikert das Wort. Bitte schön, Frau Weikert.
(Von der Rednerin nicht au- torisiert) Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Bayern nutzt bei Weitem seine Möglichkeiten nicht aus, auf Arbeits- und Entlohnungsbedingungen positiv Einfluss zu nehmen. Die Folge davon ist, dass es bei staatlichen Aufträgen immer wieder zu Betrugsfällen kommt. Wir bringen heute einen überarbeiteten Gesetzentwurf für ein bayerisches Tariftreue- und Vergabegesetz ein, um Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer besser schützen zu können.
Worum geht es? – In unserem Gesetzentwurf geht es darum, dass öffentliche Aufträge – nach Maßgabe dieses Gesetzes – nur an Unternehmen vergeben werden dürfen, die sich tariftreu verhalten und ihren Beschäftigten mindestens den bundesrechtlich festgelegten Mindestlohn bzw. den jeweiligen Tariflohn zahlen. Dazu müssen sie sich jeweils schriftlich verpflichten. Die zentralen Ziele unseres Gesetzentwurfes sind erstens faire und transparente Arbeits- und Entgeltbedingungen bei öffentlichen Auftragsvergaben, zweitens: Verzerrungen im Wettbewerb um öffentliche Aufträge entgegenwirken, drittens die Stärkung des Schutzes von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern.
Was werden wir mit diesem Gesetzentwurf regeln? – Es geht darum, dass sich die Unternehmen, bevor sie staatliche Aufträge erhalten, mit einer schriftlichen Erklärung zur Tariftreue verpflichten. Es geht darum, dass sich die Unternehmen zur Abgabe einer Tariftreueerklärung im Sektor des öffentlichen Personennahverkehrs verpflichten. Es geht darum, dass sich die Unternehmen zur Abgabe einer Erklärung verpflichten, mindestens den bundesrechtlich festgelegten Mindestlohn zu zahlen. Mit dem Mindestlohngesetz sollen gute Arbeitsbedingungen gewährleistet werden. Dazu sollen sich die Unternehmen verpflichten. Die Einhaltung der Tariftreue und des Mindestlohns wird letztlich durch entsprechende Nachweispflichten, Kontrollen und Sanktionen zusätzlich kontrolliert.
Kolleginnen und Kollegen, es ist der vierte Versuch der SPD-Landtagsfraktion, im Bereich der Vergabe öffentlicher Aufträge Ordnung zu erreichen. Es ist der vierte Versuch. Damit dokumentiert die Landtagsfraktion, dass uns die faire Bezahlung und der Schutz von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern besonders wichtig sind. Wir bleiben nachhaltig an diesen Themen dran.
Wir haben uns auf diesen vierten Versuch besonders gut vorbereitet. Die Argumente, die bei den drei vorhergehenden Versuchen immer wieder angeführt worden sind – es sei nicht notwendig, es sei nicht nötig, es sei überhaupt nicht möglich –, haben wir prüfen lassen. Wir haben ein Rechtsgutachten erstellen lassen. Das Fazit dieses Rechtsgutachtens ist eindeutig: Ja, der Freistaat Bayern hat hier Regelungsbedarf. Ja, der Freistaat Bayern kann hier regeln. Ja, der Freistaat Bayern sollte es tun, um Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu schützen, aber auch Unternehmen, die sich auf dem Markt fair verhalten.
Kolleginnen und Kollegen, wir haben uns auch dahin gehend gut vorbereitet, dass wir unseren Gesetzentwurf entschlackt haben. Viele Regelungen hätten wir gerne aufgenommen. Dazu zählen ökologische Kriterien, soziale Kriterien und Kriterien, die sich vor dem Hintergrund des fairen Wettbewerbs im globalen Handel bewähren müssen, wie internationale Arbeitsnormen. Wir haben diese Aspekte rausgelassen, da ansonsten die Befürchtung besteht, dass das Ganze schwer zu kontrollieren und anzuwenden ist. Wir haben den Gesetzentwurf wirklich entschlackt und auf Tariftreue und Mindestlohnbedingungen bei staatlichen Aufträgen reduziert.
Herr Huber, ich füge hinzu, Nordrhein-Westfalen hat mit der neuen Regierung zunächst angekündigt, das Tariftreuegesetz zu kündigen. Sie haben es auch in Teilen getan. Aber die Verpflichtung zur Tariftreue und zur Einhaltung des Mindestlohns haben sie belassen.
Sie haben das ganz bewusst belassen. Insofern sind lediglich Sachsen und Bayern die Bundesländer, in denen ein derartiges Gesetz nicht existiert. Kolleginnen und Kollegen, in den vorhergehenden Diskussionen haben Sie immer wieder angeführt, dass im Freistaat Bayern doch alles gut sei. Hier werde jede Arbeitnehmerin und jeder Arbeitnehmer fair bezahlt, besonders bei staatlichen Aufträgen.
Ich nenne Ihnen nun einen Fall, der herausragt und der bekannt wurde. Leider gibt es hier eine hohe Dunkelziffer. Derartige Dinge betreffen vor allem Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus dem osteuropäischen Raum. Rumänen und Bulgaren sind besonders betroffen. Diese verfügen häufig über zu geringe Rechtskenntnisse und zu geringe Sprachkenntnisse, um die Gesetze kennen und einhalten zu können. Im Februar 2016 hat sich beim Neubau des Strafjustizzentrums in Nürnberg ein Vorfall ereignet. Damals haben sich 22 rumänische Arbeitnehmer an die DGBStelle gewandt. Hören Sie bitte genau zu. Sie haben monatelang auf einer Baustelle in Nürnberg gearbeitet, ohne einen Pfennig Lohn gesehen zu haben. Der Auftraggeber war der Staat. Sie waren bei einem rumänischen Subunternehmer angestellt. Sie mussten in unbeheizten Containern übernachten. Sie haben keinen Lohn erhalten. Sie mussten dort unter unmenschlichen Bedingungen übernachten.
Das kann ich jetzt wirklich nicht verstehen. Mein Fazit ist: Allein dieser eine bekannt gewordene Fall rechtfertigt das Einbringen des Gesetzentwurfs.
Sie haben keinen Grund mehr, ihn abzulehnen. Ich vertraue auf Ihren Sachverstand und auf die Diskussionen im Ausschuss.
Vielen Dank, Frau Kollegin Weikert. – Nächster Redner ist der Kollege Holetschek. Bitte schön, Herr Kollege.
Das ist schön. Wir haben vorher auch nicht wegen des ernsthaften Themas gelacht; denn das ist ein Thema, das uns genauso beschäftigt.
Dieses Thema wurde vor Kurzem auch im sozialpolitischen Ausschuss sehr intensiv diskutiert. Es ist ein Thema, das jetzt auch im Koalitionsvertrag Niederschlag gefunden hat; man denke an die sachgrundlosen Befristungen und an all die Themen, die in diesem globalen Rahmen einfach mit dazugehören. Auch uns ist gerechte Bezahlung für gute Arbeit wichtig.