Ich mache Ihnen einen Verbesserungsvorschlag. Um das Angebot abzurunden und das Ticket-Wirrwarr zu komplettieren, fehlt meiner Meinung nach noch ein Angebot, nämlich das "Pfiat-mi-Gott-und-hearts-miaendlich-auf-Ticket".
Wir wollen, dass die Menschen mit einer Fahrkarte einfach und besser unterwegs sind. Sorgen Sie endlich dafür, dass wir flächendeckende Tarifverbünde haben!
Schaffen Sie die Grundlage für einen bayernweit einheitlichen Landestarif. Sorgen Sie endlich dafür, dass ich in Bayern – egal, wo ich losfahre und wo ich hinwill – mit einer Fahrkarte von Haustüre zu Haustüre komme und ich schon vor der Fahrt weiß, was mich der ganze Spaß kostet.
Ich bin der festen Überzeugung, dass die Digitalisierung schon jetzt super Möglichkeiten bietet, den ÖPNV deutlich zu verbessern. Wir haben jedoch keine vernünftige Datengrundlage. Der Freistaat Bayern sorgt nicht dafür, dass die Fahrgäste die Fahrplandaten, geschweige denn die Echtzeitdaten bekommen. Auf diese Weise fahren bei uns in den elektronischen Auskunftsmedien lustig munter virtuelle Busse durch das ganze Land. Was heißt das? – Wenn ich auf meine Fahrplan-App schaue, fährt ein Bus. Wenn ich an der Haltestelle stehe, stelle ich fest, dass der Bus nicht kommt. Hinterher muss ich feststellen, dass es ein virtueller Bus war, der zwar laut Fahrplan fährt, aber draußen im Land nicht existiert.
Wir leisten uns mit dem Bayern-Fahrplan ein eigenes Auskunftssystem und stecken dort viel Geld hinein. Trotzdem kommt es vor, dass diese App nicht die einfache Direktverbindung anbietet, sondern stattdessen lustige Rundreisen durch das ganze Land vorschlägt, auf denen man mehrmals, teilweise mit dem ICE, umsteigen muss. Das dauert viermal so lange, wie es nötig wäre. Warum? – Weil die Fahrplandaten nicht vorhanden sind. Sorgen Sie dafür, dass der Freistaat Bayern den ÖPNV nach dem Grundsatz organisiert: Öffentliche Fördergelder für öffentlichen Verkehr nur für öffentliche Fahrplandaten.
Wir wollen, dass die Menschen unabhängig vom eigenen Auto eine Mobilitätsgarantie bekommen – in ganz Bayern, in Stadt und Land. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf schaffen wir die Grundlage für einen menschenorientierten ÖPNV, der alle Möglichkeiten der Digitalisierung nutzt. Damit gewährleisten wir ein attraktives Nahverkehrsangebot in ganz Bayern. Ich freue mich auf die weitere fachliche Debatte im Ausschuss.
Danke schön, Herr Kollege für Ihre Ausführungen und den hohen Unterhaltungswert derselben. – Als Nächster hat Herr Kollege Rotter von der CSU das Wort.
Herr Präsident, geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Kollege Ganserer, Sie haben sich hier eines sehr ernsten Themas in der Form einer Büttenrede oder Starkbierrede gewidmet. Mit Ihrem Gesetzentwurf bringen Sie diese Kuriositäten, die Sie hier aufgezählt haben – ich könnte noch einige weitere ergänzen, ich bin auch sehr viel mit dem ÖPNV unterwegs –, in der Sache allerdings nicht weiter.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, mit diesem Themenkomplex haben wir uns bereits vor gut sechs Monaten im Wirtschaftsausschuss ausführlich befasst. Sie haben damals ein Antragspaket vorgelegt, das Dinge enthalten hat, die durchaus nicht verkehrt waren; ich habe Ihnen das zugestanden. Ich habe aber auch darauf hingewiesen, dass wir der Lösung dieses Problems nicht im Hoppla-Hopp-Verfahren näherkommen können, sondern wir das Problem nur unter entspre
chender Beteiligung insbesondere der Kommunen, die als Aufgabenträger nun einmal die Zuständigkeit und Planungshoheit haben, selbstverständlich auch in Zusammenarbeit mit den einzelnen Verkehrsverbänden, einer sinnvollen Lösung zuführen können. Es ist nun einmal so, dass das in diesem Gesetzentwurf erneut gefordert wird.
Sie können nicht erwarten, dass wir diesem Gesetzentwurf zustimmen. Sie haben zwar gesagt, dass die Leute wissen wollen, was sie der ganze Spaß kostet; das ist in der Tat berechtigt. Bei einheitlichen Tarifen und bei der Vereinheitlichung von Fahrplänen ist im Freistaat noch gewaltig Luft nach oben. Wir würden aber auch ganz gerne wissen, was das Ganze den Freistaat Bayern denn kostet. So einfach kann man es sich nicht machen wie Sie, wenn Sie auf dem Gesetzesvorblatt unter "Kosten" lapidar erwähnen: "Dem Staat entstehen keine Kosten." Dies ist mitnichten der Fall. Von daher kann man diesem Gesetzentwurf, der überhaupt keine Äußerung darüber enthält, wie das Ganze finanziert werden soll, schon aufgrund der fehlenden Berücksichtigung bedeutender haushaltsrechtlicher Auswirkungen und fehlender Regelungen zur Konnexität – die ist hier nämlich ein ganz gewaltiges Thema – und einzelner Verstöße gegen höherrangiges Recht nicht zustimmen.
Ein Teil Ihrer Vorschläge findet sich bereits im bestehenden ÖPNV-Gesetz, allerdings offener gefasst. Schon in der Definition heißt es, dass der ÖPNV insbesondere das umfasst. Alternative Bedienformen und die Wahl der Verkehrsmittel – so heißt es im Gesetz – beinhalten natürlich auch Seilbahnen und Personenfähren.
Der Vorrang von SPNV-Bedienungen vor schienenparallelem Busverkehr ist derzeit bereits bundes- und landesgesetzlich geregelt. In Artikel 4 Absatz 1 des Bayerischen ÖPNV-Gesetzes ist die Normierung des am Bedarf orientierten Bedienungsangebots bewusst offen formuliert und umfasst alle denkbaren Formen des ÖPNV. Sie haben darauf hingewiesen, dass es hier Pilotprojekte im Land gibt. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass erfolgreiche Pilotprojekte eingestellt worden sind; die haben wir alle fortgesetzt, nicht immer zur Freude der Haushälter, weil das natürlich dann auch weiterhin Geld kostet, wie der ÖPNV uns mit Sicherheit auch in Zukunft weiter mehr Geld kosten wird.
Die Aufgabenträger für den ÖPNV haben bereits nach Artikel 7 Absatz 1 des bestehenden Gesetzes im verkehrlich erforderlichen Umfang zusammenzuarbeiten. Regelmäßig wird natürlich zunächst die einfache
Form einer Kooperation zwischen den Aufgabenträgern gewählt, die dann häufig sukzessive zu einem Verbund ausgebaut wird, und zwar nicht nur in den Ballungsräumen. Wir sehen das auch in einigen grenzüberschreitenden Regionen. Das ist beispielsweise am Untermain der Fall, das ist im Ulmer Raum der Fall, das ist bei uns am Bodensee der Fall, wo Verkehrsverbünde sogar mit Baden-Württemberg oder mit Hessen gegründet wurden. Da geht man also schon den richtigen und sinnvollen Weg.
Die Aufstellung eines Nahverkehrsplans und die Fortschreibung bei Bedarf liegen bisher als freiwillige Aufgaben im Ermessen des kommunalen ÖPNV-Aufgabenträgers. Auch ich begrüße überhaupt nicht, dass nur 37 von 71 Landkreisen ihrer Verpflichtung nachkommen. Man wird sehen, inwieweit man auf die kommunalen Spitzenverbände einwirken kann, dass sie ihre Mitgliedskommunen anhalten, das entsprechend umzusetzen.
Da Sie die Zweckbindung der Regionalisierungsmittel in Ihrem Gesetzentwurf ansprechen, möchte ich darauf hinweisen, dass im Regionalisierungsgesetz bereits festgelegt ist, dass mit den Beträgen nach dem Gesetz insbesondere der Schienenpersonennahverkehr zu finanzieren ist. Der Freistaat verwendet dementsprechend bereits 98 % der Regionalisierungsmittel für Zwecke des SPNV, wozu neben der Zugbestellung, die etwa 90 % ausmacht, auch Infrastrukturaufwendungen und Infrastrukturinvestitionen gehören.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Umsetzung des Gesetzentwurfs würde deutliche Mehrkosten für den Freistaat verursachen und den Landkreisen und kreisfreien Gemeinden zusätzliche Aufgaben und Aufwendungen zuweisen, die im Rahmen der Konnexität vom Freistaat zu tragen wären. Im Gesetzesvorblatt einfach zu schreiben, dass keine Kosten für den Freistaat entstehen, ist mehr als unseriös. Die laufenden Mehrkosten werden auf mindestens 50 Millionen Euro pro Jahr geschätzt, die zusätzlichen Anfangskosten in den ersten Jahren liegen im mittleren zweistelligen Millionenbereich.
Die Kosten werden jedoch maßgeblich von den Tarifstrukturen in den Verkehrsverbünden abhängig sein und können daher auch deutlich höher ausfallen. Daneben würde ein Gesetz nach diesem Entwurf die bisherigen eigenwirtschaftlichen Verkehre der privaten mittelständischen Verkehrsunternehmen durch höhere Anforderungen und Aufwendungen deutlich belasten. Dies kann zu einem schlechteren ÖPNV-Angebot für die Fahrgäste gerade im von eigenwirtschaftlichen Verkehren geprägten ländlichen Raum führen. Eine Zustimmung zu Ihrem Gesetzentwurf könnte also
durchaus ein Pyrrhussieg werden. Für einige überlegenswerte Aspekte, wie zum Beispiel Busnetze, von landesweiter Bedeutung, fehlen notwendige ausführliche Regelungen, während andere Regelungen, wie zum Beispiel die Anpassung des Bayerischen ÖPNVGesetzes an die europarechtlichen Vorgaben, nicht erfolgt sind.
Ein bayernweiter Tarif wäre natürlich wünschenswert. Darauf habe ich bereits hingewiesen. Einheitliche Tarifstrukturen konnten in Bayern bisher nicht realisiert werden. Gründe hierfür sind insbesondere die auf zahlreiche Akteure verteilten Zuständigkeiten sowie ungeklärte Fragen zur Machbarkeit und Finanzierbarkeit. Die Tarifhoheit liegt grundsätzlich in der Zuständigkeit der Verkehrsunternehmen. In vielen Fällen wurde die Tarifhoheit auf die Verkehrsverbünde und ÖPNV-Aufgabenträger in Bayern übertragen. Die Aufgabenträger, die Kommunen, können im Rahmen der Vergabe von Verkehrsleistungen Vorgaben machen, wie etwa die Übernahme des Erlösrisikos oder eine Brutto-Vertragsregelung. Die Schaffung einer möglichst einheitlichen, bayernweiten Tarifstruktur kann daher nur mit erheblicher fachlicher, politischer und finanzieller Überzeugungsarbeit und mit einem hohen zusätzlichen Abstimmungsaufwand gelingen.
Das neue Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr prüft aktuell eine Neuordnung der Finanzierung im ÖPNV, die eine Änderung des Bayerischen ÖPNV-Gesetzes notwendig macht. Das ist sehr sinnvoll. In diesem Zusammenhang wäre eine umfassende Überarbeitung des Bayerischen ÖPNV-Gesetzes unter Einbeziehung der kommunalen Spitzenverbände und der Unternehmensverbände notwendig. Sie müssen einbezogen werden, weil sie das entsprechend umsetzen sollen. Oder wollen Sie, dass das künftig nicht mehr Aufgabe der Kommunen sein soll?
Hierzu sind auch die in der Berliner Koalitionsvereinbarung in der aktuellen Legislaturperiode geplanten Änderungen des Personenbeförderungsgesetzes einzubeziehen. Wenn wir gründlich arbeiten, können wir damit auch eine wesentliche Verbesserung erreichen. Das ist mit diesem Gesetzentwurf nicht der Fall. Ich freue mich deshalb, dass die Staatsregierung selbst an entsprechende Vorschläge unter Einbeziehung der notwendigen Verbände denkt.
(Vom Redner nicht autori- siert) Frau Präsidentin, Hohes Haus, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich sage es gleich vorweg: Wir
stimmen dem Gesetzentwurf der GRÜNEN zur Änderung des Gesetzes über den öffentlichen Personennahverkehr in Bayern zu, trotz mancher Schwächen, auf die auch Herr Kollege Eberhard Rotter hingewiesen hat. Die Großbaustelle ÖPNV ist so umfassend und anspruchsvoll, dass wir diesen Aufschlag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN durchaus nutzen sollten, um uns ernsthaft mit der Gesamtthematik auseinanderzusetzen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es gibt viele Probleme, etwa die Freiwilligkeit. Ist es dem Bürger, ist es der Bürgerin zuzumuten, dass ein Landkreis seine Zuständigkeit so interpretiert, dass er überhaupt keinen ÖPNV liefert? – Das ist theoretisch denkbar. Aber so weit darf Freiwilligkeit nicht gehen, und schon dieser Aspekt zeigt, dass wir das Ganze vom Kopf auf die Füße stellen und neu denken müssen. Sehr geehrte Frau Staatsministerin für Verkehr, es freut mich – –
Ja, man muss auch bauen, man muss auch wohnen, und es gibt ÖPNV-Busse, die man zum Wohnen umbauen kann. Das wäre auch noch ein kreativer Ansatz. Dann wären alle drei Elemente drin. Aber ich denke, jetzt gerade geht es um den ÖPNV.
Sie können hier nahtlos an das anknüpfen, was Kollege Joachim Herrmann da schon an ersten Überlegungen dargestellt hat; aber mir geht das alles zu zögerlich. Natürlich kann man auf die kommunalen Spitzenverbände verweisen. Aber die sind gemäß den Ergebnissen der von uns Sozialdemokraten angestoßenen Debatte in der Enquete-Kommission für gleichwertige Lebensverhältnisse angewiesen. Ja, das sind Empfehlungen; aber diese Empfehlungen sind schnellstmöglich umzusetzen und nicht so, dass das Versuchslabor "ÖPNV bis 2050", wie es der neue Ministerpräsident Söder in Aussicht gestellt hat, mal geändert werden kann. Wir stellen uns vor, das muss schneller gehen. "Bayern 2023 barrierefrei" hieß es mal. Dieses Datum nach Ende der kommenden Legislaturperiode, 2023, wäre auch das richtige Datum, um Vollendung, um Vollzug zu melden, dass der ÖPNV den Kriterien, die die GRÜNEN hier aufgestellt haben, entspricht.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, kommunale Planungshoheit ja; aber man kann sie auch übertreiben. Man dürfte seitens der Staatsregierung nicht so zögerlich sein, den Kommunen zu sagen, was sie tun könnten und sollten und dass es Regularien und Vorschriften gibt. Eberhard Rotter hat darauf verwiesen. Ich glaube, wir sind in Bayern ganz gut beraten, dass wir öffentliche Anbieter und private Anbieter miteinander verknüpfen und das Prinzip "Leben und leben lassen" auch hier gelten lassen. Dennoch müssen sich auch diese umstellen. Sie müssen sich, was die Technologie, die Erreichbarkeit und die Konnexität der Busse angeht, neu aufstellen und hier investieren.
Nahverkehrspläne: selbstredend. Ich kann sagen, in meiner Region haben der Landkreis Passau und der Landkreis Freyung-Grafenau jeweils einen Nahverkehrsplan aufgestellt, und zwar in Etappen. Man hat sich aber nicht abgesprochen, und jetzt muss man mit den Buslinien aufwendig nachsteuern. Das gibt einen Riesenärger in der Bevölkerung. All das kann man sich sparen, wenn man von vornherein in größeren Zusammenhängen plant. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist nicht zu viel verlangt.
Verbünde, ganz klar: Landestarif. Das gibt es in den Niederlanden. Die Digitalisierung, für die du bis jetzt auch schon maßgeblich zuständig warst, erlaubt einem das. Ich denke, bei allen Bedenken, was Datenschutz und Bewegungsprofile angeht, wäre das eine sehr sinnvolle Geschichte, um einen bayernweiten Landestarif zu erreichen, um von A nach B zu kommen. Gerade für einen Fremden ist es sehr befremdlich, dass er sich erst durch einen Wust von Angeboten quälen muss, bevor er dann zur Sache kommen kann.
Dass die Möglichkeiten des Personenbeförderungsgesetzes des Bundes erweitert werden, dass dem Bund die Gelegenheit gegeben wird, den Kommunen im ÖPNV unter die Arme zu greifen, finden wir sehr gut.
Ich will noch einen Satz zur Debatte über kostenlosen ÖPNV sagen. Da sind wir strikt dagegen. Wir wollen das noch nicht mal testweise,