Protokoll der Sitzung vom 22.03.2018

Dieses Thema wurde vor Kurzem auch im sozialpolitischen Ausschuss sehr intensiv diskutiert. Es ist ein Thema, das jetzt auch im Koalitionsvertrag Niederschlag gefunden hat; man denke an die sachgrundlosen Befristungen und an all die Themen, die in diesem globalen Rahmen einfach mit dazugehören. Auch uns ist gerechte Bezahlung für gute Arbeit wichtig.

Genauso wichtig ist uns allerdings die Frage, warum man ein Gesetz braucht, auch ein angeblich entschlacktes, wenn die Regelungen, die darin getroffen werden, schon vorhanden sind. Wenn Sie sich einmal Ihren Gesetzentwurf und die einzelnen Regelungsinhalte anschauen, dann werden Sie feststellen, dass der Bedarf einfach nicht gegeben ist.

Ich will Ihnen sagen: Schwarze Schafe gibt es überall und immer. Reflexartig auf jedes Vorkommnis mit einem neuen Gesetz zu reagieren, ist genau das, was wir nicht wollen. Wir wollen nämlich keine überbordende Bürokratie. Wir wollen keine erhöhte Kontrolldichte. Wir wollen letztendlich, dass die Dinge vernünftig laufen und dass sie dort, wo sie falsch laufen, selbstverständlich sanktioniert werden. Das werden sie auch.

Ich fange mit dem Thema Nürnberger Strafjustizzentrum an. Hierzu darf ich Ihnen sagen, dass gegen einen der Subunternehmer nach Abschluss der Ermittlungen im Herbst 2017 durch den Zoll ein Ausschlussverfahren von der Obersten Baubehörde durchgeführt wurde. Das Verfahren ist abgeschlossen. Der Subunternehmer ist von öffentlichen Aufträgen ausgeschlossen. Ich habe mich da erkundigt, weil ich gehört habe, dass in Ihrer Pressekonferenz das Thema aufgetaucht ist. Selbstverständlich frage ich dann nach und höre zu.

Herr Kollege, lassen Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Weikert zu?

Ja, selbstverständlich.

Bitte schön, Frau Weikert.

(Von der Rednerin nicht au- torisiert) Ich habe diese Vorgänge am Strafjustizzentrum mit mehreren Nachfragen bei der Staatsregierung immer wieder verfolgt. Es ist richtig, dass der Hauptunternehmer aus der Liste bevorzugter Unternehmen gestrichen wurde, aber auf meine Schriftliche Anfrage wird vonseiten der Staatsregierung auch bestätigt, dass das Unternehmen weiterhin staatliche Aufträge ausführt. Lesen Sie meine Anfrage nach!

Frau Kollegin, Sie müssen eine Frage stellen.

(Von der Rednerin nicht au- torisiert) Ja. – Ist Ihnen bekannt, dass das Unternehmen auch weiterhin in staatlichem Auftrag tätig ist?

Frau Kollegin Weikert, wenn Sie zugehört hätten, hätten Sie gehört, dass ich vom Subunternehmer gesprochen habe, gegen den sich die Vorwürfe gerichtet haben und der komplett ausgeschlossen wurde.

(Angelika Weikert (SPD): Aber der hat ja den Subunternehmer beauftragt!)

Insofern tritt dort ein Mechanismus ein, der richtig ist und der tatsächlich zum Ergebnis führt, das wir wollen: Wenn Verstöße da sind, müssen sie geahndet werden. Das noch mal klipp und klar!

Dort, wo wir aber keine Verstöße haben und wo der Mindestlohn schon im Gesetz definiert ist, wo auch die Tariftreue da ist, dort brauche ich um Gottes willen kein neues Gesetz. Ich sage Ihnen das klipp und klar. Da werden die Vergaben verteuert. Ich war zwölf Jahre Bürgermeister einer Stadt. Ich weiß, wie Verga

ben funktionieren. Ich weiß, dass mit jeder Vorschrift, die nicht notwendig ist, weil der Fall schon gesetzlich geregelt ist, das Verfahren komplizierter wird und die Unternehmen dazu gebracht werden, sich an diesen Vergaben im öffentlichen Raum gar nicht mehr zu beteiligen, weil es ihnen zu kompliziert ist und weil sie keinen Sinn darin sehen.

(Beifall bei der CSU)

Von daher ist dieses Gesetz nicht notwendig. Über Ihr Anliegen können wir sicherlich gemeinsam sozialpolitisch diskutieren, wobei ich mir die Frage stelle, ob diese Themen tatsächlich durch ein Tarif- und Vergabegesetz geregelt werden können.

Sie haben vorhin auch die anderen Bundesländer zitiert. Schauen Sie sich in Mecklenburg-Vorpommern und Nordrhein-Westfalen noch einmal ganz genau an, was dort zu diesem Gesetz gesagt und inzwischen gemacht wird. Dort sind nicht mehr alle glücklich, und man versucht, das jetzt zu ändern.

(Angelika Weikert (SPD): Tariftreue bleibt in NRW!)

Noch mal: Tariftreue ist ja gegeben. Wir haben einen Mindestlohn, Frau Kollegin Weikert. Den haben wir in der Koalition damals mit vereinbart.

(Angelika Weikert (SPD): Das weiß ich! Dank der SPD!)

Aber dann müssen Sie doch auch zur Kenntnis nehmen, dass diese Dinge dargelegt und auch im Gesetz definiert sind. Ich frage mich wirklich, was Sie damit bezwecken. Vielleicht können Sie mir das beantworten. Ich habe es jetzt auch Ihrer Rede nicht entnommen, weil, wenn ich mir die einzelnen Themen noch einmal ganz genau anschaue, etwa den Anwendungsbereich des Arbeitnehmerentsendegesetzes, dann stelle ich fest: Das ist im Gesetz geregelt. Man kann mithilfe eines Gewerbezentralregisterauszugs diese Themen abklären. Wenn Verstöße da sind, werden die Unternehmer ausgeschlossen. Genauso ist es im Personennahverkehr. Bei der Auftragsdurchführung ist die Verpflichtung zur Beachtung aller gesetzlichen Vorgaben insbesondere tarif-, arbeits- und steuerrechtlicher Art implizit mit dabei.

Noch mal: Wenn Vollzugsdefizite da sind, dann müssen die geklärt werden. Vollzugsdefizite wird es immer wieder geben, und sie lassen sich durch Ihren Gesetzentwurf auch nicht ausschließen;

(Angelika Weikert (SPD): Die sind in Nürnberg immer noch nicht geklärt!)

denn die Welt ist nicht so gut, wie Sie sie möglicherweise haben möchten, und in allen Bereichen unserer Welt passiert immer wieder etwas. Das, was Sie hier machen, ist genau das, was wir irgendwann mal abschaffen müssen: reflexartig immer zu sagen, es ist etwas passiert und jetzt machen wir ein neues Gesetz, verkomplizieren, verteuern und machen wir die Dinge nicht mehr gangbar.

Wir lehnen deswegen auch heute wieder diesen Gesetzentwurf ab, weil er unnötig ist, weil den Themen Rechnung getragen ist und weil wir nicht wollen, dass weitere Bürokratie hinzukommt.

(Beifall bei der CSU)

Vielen Dank, Herr Kollege Holetschek. – Nächste Rednerin ist die Kollegin Schmidt. Bitte schön, Frau Schmidt.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, der Kollege Holetschek hat wieder angesprochen, wie gut es uns geht und dass auch unser Arbeitsmarkt gut aussieht. Trotzdem fühlen sich nicht nur die Menschen, die zum Mindestlohn arbeiten, in Bayern sozial benachteiligt. Eben deshalb wäre es die Aufgabe des Sozialministeriums und der Regierungspartei gewesen, hier Gerechtigkeit herbeizuführen. Wir danken der SPD für diesen Gesetzentwurf. Herr Holetschek, wir begrüßen ihn nicht in jedem Detail, aber Sie können doch nicht drum herumreden.

Ich gehe jetzt in die Praxis. Wir vergeben Putzaufträge im öffentlichen Raum, in dem es sehr wohl Mindestlohn gibt. Dann muss die Putzfrau aber nach Raum putzen, wobei dieser Raum in der Zeit gar nicht zu schaffen ist. Das ist die Praxis. Gehen Sie mal in Ihr Krankenhaus, gehen Sie mal in öffentliche Einrichtungen!

(Klaus Holetschek (CSU): Was hat das mit dem Gesetz zu tun?)

Ja, aber nichts zu machen! Herr Holetschek, da wird sich bestimmt auch nichts ändern. Ich bin nicht bereit, jemals wieder bei der öffentlichen Vergabe Menschen in Arbeit zu schicken, die dann später Finanzhilfen brauchen. Wo landen sie denn? Über wen sprechen wir denn? – Jetzt ist die neue Sozialministerin nicht da. – Bleiben wir beim Putzen: Es betrifft vor allem wieder Frauen, betrifft vor allem wieder Alleinerziehende. Es ist selbstverständlich, dass Sie am Bau keinen Facharbeiter unter dem Mindestlohn bekommen werden,

(Angelika Weikert (SPD): Aber Helfer!)

wohl aber Helfer, die dann wieder von Subunternehmen beschäftigt werden. – Wie will man das denn kontrollieren? Wie soll man denn als Mitvergeber in einem Landkreis, in einer Gemeinde, sogar wenn man weiß, dass der Zweite der Bessere wäre, die Vergabe steuern? Wie kann man sonst etwas verbessern?

Ich bin mir auch nicht sicher, ob eine Erklärung daran groß etwas ändern wird.

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Wir können doch nicht weiter zuschauen, wie wir unsere Vergaben und unsere Outsourcings, die dann nicht mehr im Haus sind, auf raffinierte Art und Weise und auf Kosten ausländischer Menschen machen. Im Putzbereich betrifft dies den häufig vorkommenden Hausservice, der nicht funktioniert. Wir können doch nicht weiter zuschauen, dass es nicht einmal ein Regularium gibt, um eingreifen und andere Vergaben machen zu können.

Wenn Sie bessere Vorschläge haben, wie wir es noch besser und noch gerechter machen könnten, dann bitte ich Sie, diese in der Diskussion im Ausschuss einzubringen. Dann stellen wir Änderungsanträge; wir werden auch einige einbringen. Aber wir freuen uns sehr über die Initiative und sind auf jeden Fall dafür, dass jeder Mensch einen gerechten Lohn für seine Arbeit bekommt.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Danke schön, Frau Kollegin Schmidt. – Es gibt eine Intervention des Kollegen Holetschek. Bitte schön, Herr Holetschek.

Ist Ihnen § 19 des Mindestlohngesetzes bekannt?

Ich habe ihn gerade nicht vorliegen; aber gelesen habe ich ihn sicher schon.

Dann müssten Sie ja wissen, dass dort die Einhaltung des gesetzlichen Mindestlohns durch alle Bieter geregelt ist und dass nach diesen Vorschriften der Auftraggeber mithilfe eines Gewerbezentralregisterauszugs prüft, ob diese Vorschriften eingehalten sind. Wenn sie nicht eingehalten sind, kann er ausgeschlossen werden. Sie haben hier in der Debatte einen Beitrag geliefert, der mit dem Gesetzentwurf nichts, aber rein gar nichts zu tun hat.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU)

Danke schön, Herr Holetschek. Frau Kollegin Schmidt, bitte schön.

Herr Kollege Holetschek, ich möchte mal wissen, wie Sie bei den vielen Vergaben ausschließen können, dass der Unternehmer, an den Sie vergeben, nicht so handelt.

(Zuruf der Abgeordneten Petra Guttenberger (CSU))

Ich möchte wissen, wer von Ihnen bei öffentlichen Vergaben dafür die Hand ins Feuer legt. Ich möchte Ihre Hand nicht als erste brennen sehen.

Danke schön, Frau Kollegin Schmidt. – Nächster Redner ist der Kollege Dr. Runge. Bitte schön, Herr Dr. Runge.

(Vom Redner nicht auto- risiert) Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Mit dem Gesetzentwurf wird ein wichtiges Anliegen verfolgt. Es wird ein Thema aufgegriffen, mit welchem wir uns hier in diesem Hause seit mehr als 20 Jahren immer wieder befasst haben. Tariftreueregelungen und andere Regularien bei der Vergabe öffentlicher Aufträge tun dringend not. Denn es geht zum einen darum, dass fairer Wettbewerb verhindert wird, wenn es Wettbewerbsverzerrungen gibt, beispielsweise über die Löhne. Es gibt aber auch andere Kriterien, zum Beispiel unterschiedliche Standards im Umweltschutz und vieles mehr, wo man sagen kann, der eine macht es, der andere macht es nicht, und damit haben wir keinen fairen Wettbewerb.

Es gibt aber neben der Schaffung von fairen Bedingungen im Wettbewerb weitere Ziele bei Tariftreueregelungen, welche auch höchstrichterlich festgeschrieben sind. Sie sind arbeitsmarktpolitischer Natur, und selbstverständlich geht es auch darum, finanzielle Stabilität in die Systeme der sozialen Sicherung zu bringen. Ich empfehle Ihnen noch einmal sehr, zum Beispiel das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Berliner Tariftreueregelung, zum damaligen Vergabegesetz, zu lesen. Ich darf zitieren. Das Bundesverfassungsgericht hat geschrieben: