Protokoll der Sitzung vom 26.03.2014

Die Mobile Reserve, sagt das Kultusministerium, sei jeweils bedarfsgerecht. Was heißt Bedarf? Ist der tatsächliche Bedarf an Lehrern vor Ort gemeint oder ist das gemeint, was das Kultusministerium als Bedarf vermutet? Offensichtlich Letzteres.

Im Schuljahr 2012/2013 waren nach einer Aufstockung insgesamt 50 Lehrer in Vollzeit in der Mobilen Reserve eingesetzt. Das Schuljahr 2013/2014 hat man mit 46 Lehrern in der Mobilen Reserve begonnen. Nach kurzer Zeit wurde um einen aufgestockt. Man hat also mit einer geringeren Zahl begonnen, obwohl man die Erfahrung gemacht hat, dass das nicht reicht. Warum? Kurzsichtige Politik, kann ich da nur sagen. Deswegen ist es kein Wunder, dass die Lehrkräfte der Mobilen Reserve schon wieder voll im Einsatz sind und schon wieder Schüler auf andere Klassen aufgeteilt wurden. Den Tenor der Antworten kennen wir: Die bayerische Bildungspolitik ist wie die bayerische Politik insgesamt unverbesserlich, und das in zweifacher Hinsicht:

Denken Sie bitte an die Zeit.

(Volkmar Halbleib (SPD): Es wird gerade spannend, Herr Präsident!)

Aus Sicht der Staatsregierung, weil sie gar nicht besser sein könnte, und aus Sicht der Kritiker, weil sie erfahrungsresistent ist. Die Kollegen der CSU haben im Bildungsausschuss die Position der Staatsregierung geteilt und die Petitionen abgelehnt. Ich bitte Sie, diese Position zu revidieren. Wir sind von den Bürgern gewählt, um Politik für und nicht gegen die Bürger zu machen.

(Beifall bei der SPD)

Sorgen wir deswegen dafür, dass sich die Situation am Untermain verbessert!

Moment, Frau Kollegin. Das mit der Zeit war die eine Sache; aber mittlerweile hat sich der Kollege Felbinger zu einer Zwischenbemerkung gemeldet. Bitte schön, Herr Felbinger.

Frau Kollegin Petersen, Sie haben eindrucksvoll dargestellt, wie die Situation an den Schulen in Unterfranken wirklich ist. Sind Sie mit mir der Ansicht, dass hier Handlungsbedarf besteht

(Widerspruch bei der CSU)

und dass wir für Unterfranken eine Sonderlösung brauchen?

(Thomas Kreuzer (CSU): Super!)

Ich danke für diese Frage. Natürlich besteht Handlungsbedarf; denn wir haben gesehen, dass die kurzfristigen Verbesserungen, die seitens des Kultusministeriums geschaffen wurden, nicht helfen, das Problem wirklich zu lösen. Wie ich gesagt habe, ist die Mobile Reserve schon wieder voll im Einsatz, und wie Ihnen die Eltern bestätigen werden, fallen schon wieder Stunden aus, weil es nicht reicht. Die Probleme gibt es nicht nur am Untermain, sondern auch im Landkreis Schweinfurt. Sprechen Sie einmal mit den Verantwortlichen in den Schulämtern! Sie werden Ihnen bestätigen können, dass es auch dort zu wenige Lehrer gibt und dass man nicht so viele Pensionäre findet, wie man reaktivieren möchte.

Wir brauchen einen vernünftigen Plan, wie wir die Situation am Untermain und in Unterfranken insgesamt künftig kontinuierlich verbessern können, damit auch dort die Kinder die Bildungschancen haben, die wir ihnen gönnen wollen.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Petersen. Nächster Redner ist Kollege Mütze, auch aus Unterfranken. Bitte schön.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn ich mir die Liste der Rednerinnen und Redner anschaue, bin ich etwas überrascht. Hier sitzt ein Kollege, der aus dem Landkreis Miltenberg kommt und im Bildungsausschuss ist, dazu aber nicht redet. Ich finde es schon schwierig,

(Volkmar Halbleib (SPD): Das ist bemerkenswert!)

dass Sie hier keine Position beziehen, lieber Kollege Rüth.

(Volkmar Halbleib (SPD): Das ist sehr bemerkenswert!)

Das wundert mich ein bisschen, ehrlich gesagt.

(Zuruf von der CSU: Er kümmert sich vor Ort!)

Aber dann könnte er hier auch offensiv darstellen, was er tut.

(Volkmar Halbleib (SPD): Er ist aber hier im Saal, stelle ich fest!)

- Vielleicht arbeitet er im Hintergrund; vielleicht erreicht er dann mehr.

(Volkmar Halbleib (SPD): Oder im Untergrund!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich merke in der Debatte, dass Sie die Situation am Untermain nicht verstehen. Es gibt dort eine riesige Fluktuation, und uns laufen viele Lehrerinnen und Lehrer einfach weg, weil sie in Hessen oder in Baden-Württemberg direkt verbeamtet werden, was hier in Bayern oftmals – in Miltenberg war das bis in den letzten Jahren so – nicht der Fall ist. Sie haben die Lehrerinnen und Lehrer nicht verbeamtet. Diese Menschen haben natürlich die Möglichkeit zu sagen: Ich gehe nicht nach Oberbayern, was soll ich dort? Ich kann 20 Kilometer entfernt in Michelstadt oder in Wertheim Lehrerin oder Lehrer werden. Dafür muss ich nicht nach Oberbayern gehen. - Diese Situation verstehen Sie in gar keiner Weise.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und den FREIEN WÄHLERN)

Sie lösen das Problem sozusagen mit dem Rasenmäher, wie Sie es überall machen. Die Mobile Reserve wird erhöht. Das haben Sie getan; das will ich gar

nicht bezweifeln. Sie haben jetzt auch die Zahl der verbeamteten Lehrerinnen und Lehrer erhöht. Sie stopfen aber die Löcher bei uns am Untermain und reißen Löcher in Schweinfurt bei der Kollegin Petersen auf. Dort fällt Unterricht aus, weil Sie nicht wirklich etwas an der Basis tun.

Wir brauchen Lösungen für Unterfranken und für den bayerischen Untermain im Besonderen. Natürlich haben Sie damit recht, dass in Oberbayern mehr Kinder unterrichtet werden als in Unterfranken. Das ist mir völlig klar; die demografische Situation ist uns allen bewusst. Aber haben Sie nicht selber Ganztagsunterricht an der Grundschule beschlossen? Haben Sie nicht selber beschlossen, dass die Klassen kleiner sein sollen? Brauchen wir dann nicht auch mehr Lehrer in Unterfranken? Ich glaube, Sie kennen die Antwort. Wir brauchen für diese Aufgaben – für die Inklusion, die Sie mit beschlossen haben, natürlich auch – natürlich mehr Lehrerinnen und Lehrer.

Eine Lösung nach Schema F reicht uns nicht, und sie reicht den Eltern nicht, die die Situation am Untermain ertragen müssen. Gerade in dem Augenblick, in dem Sie darauf hinweisen, dass die Grundlage der Bildung in der Grundschule gelegt und die individuelle Förderung ganz nach oben gestellt wird, verweigern Sie unseren Kindern am Untermain die beste Bildung oder haben sie über lange Zeit verweigert.

Wie sehen Lösungen aus? - Herr Kollege Fahn hat sie schon genannt. Zum Beispiel könnten sich die Lehrkräfte verpflichten, fünf oder sieben Jahre lang in Aschaffenburg, Miltenberg oder Obernburg zu bleiben, wobei sie dann an diesem Ort bleiben müssten und nicht in ihre Heimat, vielleicht nach Mittelfranken oder in die Hassberge, zurück könnten. Eine solche Situation könnte man schaffen.

Man könnte auch dazu übergehen, Leute nicht nur wegen familiärer Beziehungen von Oberbayern nach Unterfranken zurückkehren zu lassen, weil sie möglicherweise Kinder haben oder Eltern zu pflegen sind, sondern auch andere Kriterien gelten zu lassen. Auch das wäre möglich, wenn man wollte.

Möglich wäre auch – das hat der Kollege Fahn ebenfalls gesagt – ein zweijähriger Vertrag, wenn Sie die Möglichkeit dazu im Haushaltgesetz schaffen würden. Das wollen Sie aber nicht. Deswegen machen Sie es nicht, und dann geht es nicht. Das sind Ausreden, die wir Ihnen nicht durchgehen lassen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Eltern am Untermain wollen, dass ihre Kinder die bestmögliche Ausbildung bekommen. Sie haben das Recht darauf wie

alle Eltern in Bayern. Ihre Aufgabe ist es, die Sondersituation, die wir Ihnen geschildert haben, schnell zu beseitigen. Werden Sie dieser Aufgabe endlich gerecht!

Wir haben noch eine Zwischenbemerkung von Herrn Rüth. Das wird Sie nicht wundern, Herr Kollege.

Ich habe ihn ja auch angesprochen.

Eben. Herr Kollege Rüth, bitte schön.

Herr Kollege Mütze, wissen Sie, dass die erwähnten vielen Unterschriften von der ehemaligen Kollegin Pranghofer und von den FREIEN WÄHLERN gesammelt wurden? Wissen Sie, Herr Mütze, dass die Petition des BLLV vom Juli 2013 stammt? Damals gab es eine BLLV-Versammlung im Landratsamt Miltenberg, und da wurden die Unterschriften gesammelt. Wissen Sie auch, dass die Petition erst im Oktober eingereicht wurde? Wissen Sie auch, dass die Zahl der befristeten Verhältnisse zum Schuljahresbeginn auf meine Initiative hin in etwa halbiert wurde?

(Volkmar Halbleib (SPD): Was der alles weiß! Aber hier reden will er nicht!)

Wissen Sie, dass wir in Miltenberg sieben Stellen mehr haben? Wissen Sie das, Herr Kollege Mütze? Wissen Sie, dass jedes Jahr die besten Absolventen in Unterfranken bleiben? Wissen Sie, dass diejenigen, die verbeamtet werden wollen, jedes Jahr nach Oberbayern gehen? Wissen Sie auch, dass es für die jungen Lehrer am bayerischen Untermain eine große Chance ist, dass sie, wenn sie nicht nach Oberbayern gehen wollen, ins benachbarte Hessen gehen können?

Ich finde, diese Fragen sollten Sie beantworten. Zu Ihrer Aussage, dass ich mich nicht geäußert habe, Herr Kollege Mütze, sage ich klipp und klar: Die Damen, die die Petitionen eingereicht haben, haben zum großen Teil in Erlenbach am Main auf der SPDStadtratsliste kandidiert.

(Zurufe: Was ist die Frage? – Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Die ganze Angelegenheit ist nicht nur fachlich und sachlich, sondern auch sehr stark parteipolitisch motiviert.

(Beifall bei der CSU)

Lieber Kollege Rüth, ich finde das sehr traurig. Sie haben mir soeben einiges zu diesem Thema gesagt. Warum stellen Sie sich nicht hier vorn hin und reden für Ihre Fraktion, und zwar genau mit den Argumenten, die Sie mir genannt haben?

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und den FREIEN WÄHLERN)

Sie haben gesagt, Sie hätten erreicht, dass mehr Lehrkräfte in der Region Bayerischer Untermain bleiben können. Das ist doch ein Erfolg. Warum verkaufen Sie diesen nicht? Sie haben ferner erwähnt, dass die Mobile Reserve aufgestockt wurde. Auch das verneinen wir nicht, lieber Kollege Rüth.