Der Gesetzentwurf der SPD-Fraktion zur Verdoppelung der Ballungsraumzulage geht über unseren hinaus. Dem stimmen wir zu. Mit dem Maßnahmenpaket vom Herbst 2017 ist bereits einiges erreicht worden. Damals ist die Ballungsraumzulage schon erhöht worden. Auch wenn es sich nur um eine kleine Erhöhung handelt, bei derart hohen Mietpreisen im Großraum München zählt jeder Euro. Natürlich kann man damit nicht die Wohnungsprobleme lösen.
Ich erkenne das Argument der CSU-Fraktion an, wonach eine zu hohe Ballungsraumzulage einer Beförderung gleichkäme und dann die ganze Systematik nicht mehr stimmen würde. Man kann darüber reden, die Ballungsraumzulage nicht linear und unbegrenzt zu erhöhen. Aber die Festlegung eines Grenzbetrags ist unsozial. Das dient nicht der von uns immer gewollten und angestrebten Attraktivitätssteigerung des öffentlichen Dienstes. Daher bitte ich um Zustimmung zu unserem Gesetzentwurf.
Vielen Dank, Herr Kollege. – Für die SPD-Fraktion hat jetzt der Kollege Schuster das Wort. Bitte schön.
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Heute stehen in Zweiter Lesung zwei Gesetzentwürfe auf der Tagesordnung. Das sind der Gesetzentwurf der FREIEN WÄHLER zur Streichung des Anwärtergrenzbetrages und der weiter gehende Gesetzentwurf der SPD-Fraktion, der darüber hinaus eine Verdoppelung der Ballungsraumzulage vorsieht. Nach Einreichung unseres Gesetzentwurfs wurde rückwirkend zum 1. Januar 2018 eine Erhöhung um 50 % auf 122 Euro vorgenommen. Ebenfalls erhöht wurden der Anwärtergrundbetrag, der Dienstanfängergrundbetrag sowie der Kinderzuschlag. Die Erhöhung kam reichlich spät und war überfällig. Dieser Teilerfolg wurde natürlich auch durch die wiederholten Initiativen meiner Fraktion erreicht.
Trotzdem fehlen, um das mit unserem Gesetzentwurf verbundene Ziel der Verdoppelung der Ballungsraumzulage zu erreichen, noch mal 50 %. Das ist nicht unser erster Vorstoß für eine Verdoppelung der Ballungsraumzulage. Im Februar 2018 haben wir zu den Beratungen zum 1. Nachtragshaushalt 2018 einen Änderungsantrag eingereicht. Die SPD-Fraktion hat sowohl zu Beginn dieser Legislaturperiode als auch schon zum Ende der letzten Legislaturperiode entsprechende Gesetzentwürfe vorgelegt. Jedoch war bisher alle Mühe für eine tatsächliche Verdoppelung vergebens und wird wohl auch heute vergebens bleiben. Das ist umso erstaunlicher, da seit vergangener Woche der 2. Nachtragshaushalt 2018 im Landtag beraten wird. Hier will die Staatsregierung für eine ganze Reihe von Maßnahmen eine knappe weitere Milliarde Euro im Jahr 2018 ausgeben, um endlich einige landespolitische Defizite zu beheben.
Für die Beamten und Tarifbeschäftigten im Verdichtungsraum München wird aber keine weitere Initiative ergriffen. Das ist vor dem Hintergrund der Steuerschätzung, die vor einem Monat durchgeführt wurde, nicht nachvollziehbar, da Steuermehreinnahmen in Höhe von fast einer halben Milliarde Euro erwartet werden. Dieses Steuerplus ist noch nicht verplant. Es steht also für Maßnahmen und Initiativen zur Verfügung. Insgesamt ist also eine Verdoppelung der Ballungsraumzulage nach wie vor geboten.
Mein Vorredner hat es bereits angesprochen, die Ballungsraumzulage soll erhöhte Lebenshaltungskosten kompensieren und die Attraktivität des öffentlichen Dienstes steigern. In der Landeshauptstadt und in der Region München sollen auch künftig trotz des Wettbewerbs mit der freien Wirtschaft Nachwuchskräfte ge
wonnen werden, um den öffentlichen Dienst konkurrenzfähig auszugestalten. Angesichts der Haushaltsdaten könnte der Freistaat natürlich das Erforderliche für seine Beamten und Angestellten tun. Jedoch bleibt festzuhalten: Die CSU-Fraktion will nicht! Auch der neue Ministerpräsident ist nicht willens, diese Problemlage zu erkennen und die erforderliche Abhilfe zu schaffen.
Stattdessen soll es mehrere Science-Fiction-Projekte wie das Raumfahrtprogramm "Bavaria One", eine erste Referenzstrecke für Hyperloop-Systeme, Flugtaxis und auch ein 1.000-Feldroboter-Programm geben. In der Phantasie des Ministerpräsidenten sind wohl bereits die Dienstwagen der Staatsregierung durch Flugtaxis ersetzt. Nur die Beschäftigten der Fahrbereitschaft – es müsste dann Flugbereitschaft heißen – bekommen immer noch keine angemessene Ballungsraumzulage, um sich das Leben in München leisten zu können.
Werfen wir einen Blick auf die Historie: Die Ballungsraumzulage wurde seit 1998, also über 15 Jahre lang, nicht erhöht. Sie lag konstant bei 75 Euro monatlich. Nach marginalen Anpassungen in der jüngsten Vergangenheit betrug sie zuletzt am 01.01.2018, vor der Erhöhung um 50 %, 81 Euro. Sie wurde schließlich innerhalb von 20 Jahren von 75 Euro auf jetzt 122 Euro erhöht. Das ist ein Plus von 47,69 Euro in 20 Jahren.
Wir bleiben dabei: Erforderlich ist eine Verdoppelung und nicht nur eine hälftige Erhöhung der Ballungsraumzulage. Nur so kann sie ihren eigentlichen Zweck wieder erfüllen, nämlich den Arbeitskräften des Freistaates mit Sitz der Behörde oder Dienststelle und mit Hauptwohnsitz im Verdichtungsraum München einen Ausgleich für erhöhte Lebenshaltungskosten zu gewähren.
Neben der Ballungsraumzulage besteht auch beim Anwärtergrenzbetrag Handlungsbedarf. Die Abschaffung des Anwärtergrenzbetrags von 1.283 Euro halten wir wie die FREIEN WÄHLER für geboten. Der Grenzbetrag führt zur grotesken Situation, dass nicht alle Anwärter bzw. Dienstanfänger in den Genuss der Zulage kommen.
Die Anwärter benötigen den Zuschlag wegen der bescheidenen Vergütung dringend. Der Anwärtergrenzbetrag sollte daher gestrichen werden. Damit befasst sich insbesondere der Gesetzentwurf der FREIEN WÄHLER. Diesem Gesetzentwurf werden wir natürlich zustimmen. Ich bitte auch um Zustimmung zu unserem Gesetzentwurf.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Erfolg Bayerns ist untrennbar mit einem leistungsfähigen öffentlichen Dienst verbunden. Die Angehörigen des öffentlichen Dienstes in Bayern leisten Hervorragendes und verdienen daher zu Recht deutlich mehr als ihre Berufskollegen in anderen Teilen der Republik. Weil wir um die wirtschaftliche Herausforderung der Dienstverrichtung im Ballungsraum wissen, gewähren wir als einziges Bundesland seit 1990 den Beamten mit Hauptwohnsitz und Dienststellensitz im Verdichtungsraum München eine Ballungsraumzulage. Die Arbeitnehmer und Auszubildenden des Freistaats profitieren auf tarifvertraglicher Basis ebenfalls davon. Zum 1. Januar 2018 ist im Rahmen des Maßnahmenpakets zur weiteren Stärkung des öffentlichen Dienstes die Ballungsraumzulage um 50 % erhöht worden, sodass der Grundbetrag nunmehr 122,69 Euro im Monat beträgt. Seit der Anpassung der Bezüge im Jahr 2015/2016 nimmt die Ballungsraumzulage überdies an der Dynamisierung teil.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, wir haben die Ballungsraumzulage als Fürsorgeleistung in den letzten Jahren kontinuierlich weiterentwickelt und zu einem zentralen Bestandteil bayerischer Besoldungspolitik gemacht.
Die Forderung, die Ballungsraumzulage zu verdoppeln, schießt unserer Meinung nach über das Ziel hinaus. Ihr stehen aber vor allem auch systematische Erwägungen entgegen. Eine Verdoppelung würde sich vor allem in den unteren Besoldungsgruppen – Herr Kollege Meyer hat es erwähnt – wie eine Höhergruppierung auswirken. Ich möchte folgendes Beispiel anführen: Ein Beamter der Besoldungsgruppe A 5 mit Hauptwohnsitz und Dienststellensitz im Verdichtungsraum würde bei einer Verdoppelung der Ballungsraumzulage mehr als sein Berufskollege außerhalb des Verdichtungsraumes in der Besoldungsgruppe A 7 Erfahrungsstufe 1 verdienen. Das kann nicht wirklich gewollt sein. Das ist mit dem Leistungsprinzip nicht wirklich kompatibel.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, nun komme ich zur Forderung, den Anwärtergrenzbetrag zu streichen. Die Ausführungen zur Ist-Situation waren mit Sicherheit richtig. Anwärter mit Eingangsamt A 12 und höher haben keinen Anspruch auf eine Ballungsraumzulage. Dieser Personenkreis hat auch nach Abschluss der
Ausbildung und nach der Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe keinen Anspruch auf eine Ballungsraumzulage. Für diesen Mechanismus gibt es aus unserer Sicht eine tragfähige Erklärung. In der zweiten und dritten Qualifikationsebene bildet der Staat nach Bedarf aus. In der Regel werden die Anwärter der zweiten und dritten Qualifikationsebene in das Beamtenverhältnis auf Probe übernommen. Zum Zweck der frühzeitigen Bindung an den Dienstherrn und aus Gründen der Fürsorge ist es angezeigt, diesem Personenkreis mit Eingangsämtern unterhalb A 12 schon während der Ausbildung einen entsprechenden finanziellen Anreiz zuteil werden und ihn von der Ballungsraumzulage profitieren zu lassen. Bei den Studien- und Rechtsreferendaren, die angesprochen wurden, ist die Situation aus unserer Sicht eine andere. Hier fungiert der Freistaat Bayern als Ausbildungsstätte, sodass es keine Notwendigkeit gibt, die Ballungsraumzulage auf diesen Personenkreis auszuweiten.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, abschließend will ich festhalten: Wir stehen in Bayern zu unserem öffentlichen Dienst. Wir stehen zu einer leistungsgerechten und attraktiven Bezahlung sowohl der Beamten als auch der Tarifbeschäftigten. Ich bin der festen Überzeugung, dass auch die Beamten unsere Politik wertschätzen. Ich darf in diesem Zusammenhang an eine Veranstaltung des Bayerischen Beamtenbundes erinnern. Dort ist unserem heutigen Ministerpräsidenten Dr. Markus Söder aufgrund seiner Verdienste als früherer Finanzminister sogar ein Sondertaler geprägt worden. Das werten wir als Zeichen der Wertschätzung.
Vielen Dank. – Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Herr Kollege Ganserer das Wort. Bitte schön.
(Vom Redner nicht au- torisiert) Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Forderung nach einer Verdoppelung der Ballungsraumzulage haben die Oppositionsfraktionen im Bayerischen Landtag schon in der letzten Legislaturperiode und Anfang dieser Legislaturperiode erhoben. Die CSU ist dieser Forderung nicht nachgekommen. Erst mit dem Doppelhaushalt 2015/2016 wurde eine Anpassung vorgenommen. Diese Anpassung war jedoch nur prozentual, sodass die Erhöhung der Ballungsraumzulage nur wenige Dutzend Cent ausgemacht hat. Das ist nicht nur ein Tropfen auf den heißen Stein, sondern angesichts der
extrem hohen Lebenshaltungskosten im Ballungsraum München eher ein Hohn gewesen. Ich erkenne an, dass im Jahr 2018 die Ballungsraumzulage erhöht worden ist. Die CSU-Fraktion müsste jedoch auch anerkennen, dass die Mietpreise in den letzten Jahren im Ballungsraum München explodiert sind. Deshalb halten wir GRÜNE die Forderung für gerechtfertigt.
Die Argumente wurden auch im federführenden Ausschuss mehrfach ausgetauscht. Deshalb möchte ich mich an dieser Stelle kurzfassen. Wir werden die Gesetzentwürfe der SPD und der FREIEN WÄHLER unterstützen. Nachdem die CSU der berechtigten Forderung nach einer Verdoppelung der Ballungsraumzulage für die Staatsbediensteten nicht nachkommt, möchte ich zumindest den Beschäftigten in der Landtagsverwaltung ein paar Minuten Lebenszeit schenken, zumal wir mit Plenarsitzungen weit über Mitternacht hinaus oftmals unseren Beschäftigten hier im Hohen Haus Arbeitszeiten zumuten, die jenseits von Gut und Böse sind. Wir werden den Anträgen und Gesetzentwürfen der SPD und der FREIEN WÄHLER zustimmen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe SPD, ich bin schon etwas enttäuscht.
Ich hätte erwartet, dass Sie Ihren Gesetzentwurf umschreiben und nicht mehr von einer Verdoppelung, sondern von einer Erhöhung um 33 % sprechen. Die Forderung nach einer Verdoppelung – das sagen Sie selber – haben Sie mit den Anträgen aus dem Jahr 2013 und im Rahmen des Nachtragshaushalts 2018 schon mehrfach vorgetragen. Jetzt erhöht die Staatsregierung die Ballungsraumzulage um starke 50 %. Was macht die SPD? – Sie bleibt bei ihrer alten Forderung nach einer Verdoppelung. Das ist nichts Neues. Das ist eigentlich "copy and paste" und willkürlich, weil es nicht fundiert ist.
Außerdem müssen Sie berücksichtigen, dass Sie damit einen falschen Eindruck erwecken, und zwar in mehrfacher Hinsicht. Es geht darum, dass die Menschen mit der Ballungsraumzulage 123 Euro mehr haben oder nicht haben – jeden Monat. Das ist das Entscheidende. Die Staatsregierung hat die Ballungsraumzulage um 50 % erhöht. Das macht im Gesamthaushalt 11,5 Millionen Euro aus. Das wollen Sie mit Ihren Forderungen teilweise lächerlich machen. Na
türlich kann man immer sagen, dies sei ein Tropfen auf den heißen Stein. 123 Euro haben oder nicht haben – das ist das Entscheidende. Das ist nicht selbstverständlich; denn es handelt sich um eine freiwillige Leistung. Sie ist in Deutschland einzigartig. Für manche ist sie anscheinend so selbstverständlich, dass sie zu selbstverständlich geworden ist. Ansonsten würden Sie nicht solche Forderungen erheben. Man kann es nicht oft genug sagen: Bayern zahlt die Ballungsraumzulage freiwillig. Die Ballungsraumzulage ist keine Selbstverständlichkeit. Deshalb lehnen wir den vorgezogenen Wahlkampf, den Sie betreiben, ab.
Die Ballungsraumzulage ist nicht dazu da, die erhöhten Lebenshaltungskosten in München eins zu eins auszugleichen. Sie sprechen immer von einem eigentlichen Zweck. Damit erwecken Sie einen falschen Eindruck. Das sagt im Übrigen auch das Bundesverfassungsgericht. Die Ballungsraumzulage ist nicht dazu da, die Lebenshaltungskosten eins zu eins auszugleichen.
Sie sorgen dafür, dass eine Schieflage eintritt. Sie wollen es nicht kapieren. Das verstehe ich auch.
Das ist eine bewusste Fehlinterpretation. Das ist leere Effekthascherei. Sie machen leere Versprechungen mit Geldgeschenken. Normalerweise machen nur die FREIEN WÄHLER Geldgeschenke, jetzt aber auch schon die SPD.
Sie sehen die Realität nicht. Wir haben in den Jahren 2013 bis 2018 jedes Jahr die Besoldung erhöht. Kein Bundesland kann da mithalten. Selbiges gilt für die Ballungsraumzulage. Das müssen Sie würdigen. Der Freistaat Bayern und seine Beamten lassen sich von der Opposition nicht auseinanderdividieren. Wir lehnen die Gesetzentwürfe ab.
Aussprache geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Dazu werden die Tagesordnungspunkte wieder getrennt.