Protokoll der Sitzung vom 14.06.2018

Aussprache geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Dazu werden die Tagesordnungspunkte wieder getrennt.

Ich lasse zunächst über den Initiativgesetzentwurf der Fraktion der FREIEN WÄHLER auf der Drucksache 17/20811 abstimmen. Der federführende Ausschuss für Fragen des öffentlichen Dienstes empfiehlt die Ablehnung des Gesetzentwurfs. Wer dagegen dem Gesetzentwurf zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – SPD, FREIE WÄHLER und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Ich bitte, Gegenstimmen anzuzeigen. – CSU-Fraktion. Stimmenthaltungen? – Keine. Damit ist der Gesetzentwurf abgelehnt.

Jetzt folgt die Abstimmung über den Initiativgesetzentwurf der SPD-Fraktion auf der Drucksache 17/20847. Der federführende Ausschuss für Fragen des öffentlichen Dienstes empfiehlt auch hier die Ablehnung des Gesetzentwurfs. Wer dagegen dem Gesetzentwurf zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – SPD, FREIE WÄHLER und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Gegenstimmen! – CSU-Fraktion. Stimmenthaltungen? – Keine. Damit ist auch dieser Gesetzentwurf abgelehnt. Damit sind die Tagesordnungspunkte 7 und 8 erledigt.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 9 auf:

Gesetzentwurf der Abgeordneten Markus Rinderspacher, Ruth Waldmann, Ruth Müller u. a. und Fraktion (SPD) zur Änderung des Bayerischen Krankenhausgesetzes (Drs. 17/21463) - Zweite Lesung

Ich eröffne die Aussprache. Die Gesamtredezeit der Fraktionen beträgt nach der Vereinbarung im Ältestenrat 48 Minuten. Ich darf Frau Kollegin Petersen als erster Rednerin für die SPD-Fraktion das Wort erteilen. Bitte schön, Frau Kollegin.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Bei der Ersten Lesung unseres Gesetzentwurfs und im Ausschuss haben auch die anderen Fraktionen unserer Aussage zugestimmt, dass die Sicherstellung der stationären medizinischen Versorgung in allen Regionen ein drängendes Problem ist, das wir im Interesse der Menschen in unserem Lande verlässlich lösen müssen. Wir müssen uns in Bayern um unsere Krankenhäuser kümmern und können unsere Verantwortung weder auf den Bund noch auf die Kommunen schieben. Die SPD-Fraktion hält es nicht länger für hinnehmbar, dass immer mehr Krankenhäuser rote Zahlen schreiben. Wer das nicht glaubt, braucht sich nur einmal in den Krankenhäusern umzuhören; die dort Arbeitenden werden Ihnen bestätigen, dass Geburtsstationen

schließen und das Personal hoffnungslos überlastet ist.

Gestern erst war eine Meldung zu lesen, dass der Krankenstand beim Pflegepersonal um die Hälfte höher ist als bei den übrigen Beschäftigten in Bayern. Das darf nicht sein; da sind wir politisch gefordert.

(Beifall bei der SPD)

Ein überzeugendes Engagement der Staatsregierung können wir in dieser Hinsicht jedoch leider nicht erkennen. Vielmehr zieht sie sich darauf zurück, die Landkreise und die kreisfreien Städte seien für die Krankenhausversorgung als Teil der Daseinsvorsorge zuständig. Das ist grundsätzlich richtig, aber keineswegs ein hinreichendes Argument für eine extrem zurückhaltende Krankenhauspolitik, die ihre planerischen und gesetzgeberischen Möglichkeiten kaum nutzt.

Dabei hätte das Land diese durchaus; denn es gibt ein duales System bei der Krankenhausfinanzierung. Für die Betriebskosten sind die Krankenkassen über die Fallpauschalen zuständig und für die Investitionskosten im Wesentlichen Land und Kommunen.

Bayern zahlt zu wenig für Investitionen. Küchen und Apotheken zum Beispiel in Krankenhäusern werden überhaupt nicht gefördert. Ein Krankenhaus ohne Küche kann man sich schlecht vorstellen. Das bedeutet für die Krankenhäuser, dass sie Investitionen zu einem erheblichen Teil über die Betriebskosten finanzieren müssen. Das heißt: Geld fehlt in der Pflege. Darunter müssen die Patienten und Patientinnen leiden und auch die Pflegekräfte selbst, weil sie zu wenige sind.

Wir wollen, dass der Freistaat seinen finanziellen Verpflichtungen gegenüber den Krankenhäusern endlich nachkommt.

(Beifall bei der SPD)

Wir wollen auch, dass Bayern, wenn es die vom Gemeinsamen Bundesausschuss entwickelten Qualitätsindikatoren nicht übernehmen will, seine Kompetenzen nutzt, um Qualität und regionale Versorgung zu sichern. Deshalb haben wir diesen Gesetzentwurf vorgelegt. Uns geht es dabei um eine wesentlich ambitioniertere Krankenhauspolitik in Bayern mit einer deutlich erweiterten Zielsetzung. Diese betrifft vier Bereiche.

Erstens wollen wir eine patientenorientierte Krankenhauspolitik. Die alltäglichen Abläufe im Krankenhaus sollen möglichst patientenfreundlich gestaltet werden. Die Patienten erhalten ein Informations- und Be

schwerderecht und überall unabhängige Patientenfürsprecher. Ein professionelles Entlassungsmanagement ist notwendig und ebenso der Anspruch von Patientinnen und Patienten auf soziale und seelsorgerliche Betreuung. Außerdem halten wir es für notwendig, dass die besonderen Bedürfnisse von Kindern, von Menschen mit Behinderung, von Menschen mit Migrationshintergrund und von älteren Menschen im Krankenhaus berücksichtigt werden.

Ein zweiter wesentlicher Punkt ist die Qualitätssicherung. Wir wollen – das schlagen wir im Gesetzentwurf vor – Regelungen zu Personalmindestzahlen, und zwar auf allen Stationen. Man muss in diesem Zusammenhang bedenken, dass in keinem anderen europäischen Land eine Pflegekraft so viele Patienten betreuen muss wie in Deutschland. Das kann in einem reichen Land wie Deutschland eigentlich nicht sein. Diese Personalmindestzahlen sollen auch für Hebammen gelten. Wir möchten ferner eine kollegiale Leitung in Krankenhäusern: Ärztliche Leitung, Pflegedienstleitung und kaufmännische Geschäftsführung müssen gleichberechtigt sein. Für notwendig halten wir Konzepte zum Umgang mit berufsbezogenen Belastungen. Auf den hohen Krankenstand habe ich eben schon hingewiesen. Ferner brauchen wir wirksame Konzepte auch zum Umgang mit antibiotikaresistenten Erregern – ein zunehmendes Problem in Krankenhäusern – zum Schutz der Patienten.

Ein dritter Bereich ist eine transparente und qualitätsorientierte Krankenhausplanung. Auf die Defizite in diesem Bereich habe ich eben schon hingewiesen. Wir möchten Bedarfsgutachten erstellen lassen, eine Beteiligung des Landtages bei der Erstellung des Krankenhausplans, ein erweitertes Anhörungsrecht von Interessengruppen und mehr Kompetenzen für den Krankenhausplanungsausschuss. Natürlich müssen die Notfallversorgung und generell eine regional ausgeglichene und wohnortnahe stationäre Versorgung gewährleistet sein. Nicht umsonst steht die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse als Forderung in der Bayerischen Verfassung.

Zuletzt – ganz wichtig! – geht es um eine deutliche Erhöhung der staatlichen Investitionsförderung. Das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus beziffert den jährlichen Investitionsbedarf auf aktuell 999 Millionen Euro. Das heißt – ohne dass man ein Rechenkünstler sein müsste –, dass die 643 Millionen Euro, die dieses Jahr zur Verfügung gestellt werden, um ein Drittel zu niedrig sind. Nicht nachvollziehbar ist für mich, dass, wie in der Ersten Lesung geschehen, vom Vertreter der CSU die Zahlen dieses Instituts bezweifelt wurden, obwohl dieses Institut doch genau für eine solche Bedarfsanalyse zuständig ist. Wenn Sie sich allerdings lieber an den von Krankenkassen be

nannten erforderlichen Investitionskosten orientieren, bitte sehr: dann müsste die Förderung noch höher ausfallen. Die von Ministerpräsident Söder in seiner Regierungserklärung in Aussicht gestellten 3 Milliarden Euro für die nächsten fünf Jahre werden nicht genügen. Sie bedeuten übrigens keine Erhöhung im Vergleich zu heuer, sondern eine Reduzierung der Förderung.

Zusammenfassend möchte ich sagen: Krankenhäuser sind keine Wirtschaftsbetriebe. Wir wollen Krankenhäuser, in denen die Patientinnen und Patienten gut versorgt und betreut werden und in denen Ärzte und Pflegekräfte gerne und gut arbeiten können.

(Beifall bei der SPD)

Deshalb bitte ich um Zustimmung zu unserem Gesetzentwurf.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank. – Für die CSU-Fraktion: Herr Kollege Radlmeier. Bitte schön.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen! Wir behandeln heute in Zweiter Lesung den Gesetzentwurf der SPD zur Änderung des Bayerischen Krankenhausgesetzes, den wir, die CSU-Fraktion, aus gutem Grund ablehnen müssen und werden. Die Ziele des Gesetzentwurfs sind zwar anerkennenswert. Dies darf aber nicht über gewisse handwerkliche Fehler hinwegtäuschen. Wir brauchen keine Nachhilfe à la SPD;

(Kathi Petersen (SPD): Doch, aber dringend! – Margit Wild (SPD): Unbedingt!)

denn, meine sehr geehrten Damen und Herren: Viele der vorgeschlagenen Änderungen, die die Kollegin gerade angeführt hat, sind schlicht überflüssig. Nahezu alles ist bereits geregelt, sei es auf Landes- oder auf Bundesebene, oder könnte von Länderseite gar nicht gesetzlich geregelt werden. Sie fordern zum Beispiel, einen Sicherstellungsauftrag in das Krankenhausgesetz aufzunehmen. Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, das ist bereits in der Landkreisordnung verankert. Im Übrigen kommt der Freistaat Bayern seiner Verpflichtung zur Daseinsvorsorge vorbildlich nach. Wir haben hier im Hohen Haus erst vor Kurzem mit dem Nachtragshaushalt – Sie haben es angesprochen – den Krankenhaus-Etat für 2018 auf 643,4 Millionen Euro erhöht. Das ist ein laufender Prozess: Wir werden diesen Etat auch in Zukunft in die richtige Richtung nach oben schrauben, liebe Kollegin von der SPD.

(Kathi Petersen (SPD): Da bin ich gespannt!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Bayern ist ein Flächenstaat. Auch wir – das ist selbstverständlich – wollen eine bestmögliche, flächendeckende medizinische Versorgung auf einem hohen Niveau. Bayern – das lassen wir uns nicht schlechtreden – kommt seiner Finanzierungsverantwortung nach.

(Beifall bei der CSU)

Die bayerischen Kliniken können auf den Freistaat als starken und verlässlichen Finanzierungspartner bauen. 2017 waren Vorhaben mit einem Gesamtvolumen von über 2,5 Milliarden Euro zur Finanzierung eingeplant, 60 % davon für den ländlichen Raum. Ich wiederhole: 60 % aller Förderungen gehen nicht in die Ballungszentren; das wird von der Opposition immer bemängelt. 60 % gehen in den ländlichen Raum. Das kann sich sehen lassen und ist eine gute Zahl.

(Beifall bei der CSU)

In seiner Regierungserklärung hat Bayerns Ministerpräsident Markus Söder am 18. April angekündigt – Sie haben es auch gesagt –, in den kommenden Legislaturperioden über 3 Milliarden Euro für den Krankenhausbau zur Verfügung zu stellen. Das ist ein Plus von 23 % gegenüber der aktuellen Situation. Damit nimmt unser Freistaat Bayern eine Spitzenposition im Bundesvergleich ein. Einen Investitionsstau wie in anderen Bundesländern gibt es bei uns in Bayern de facto nicht, liebe Freunde.

(Beifall bei der CSU – Georg Rosenthal (SPD): Ach nee!)

Die Budgetverantwortung muss deshalb bei uns bleiben. An dieser Stelle danke ich den bayerischen Kommunen, die dieser Erhöhung im Rahmen – Sie wissen es – der dualen Finanzierung zugestimmt haben. Das ist von Ihrer Seite nicht angesprochen worden.

Bundesrecht geht vor Landesrecht. Meine verehrten Damen und Herren, landesrechtliche Regelungen von Sachverhalten, die Auswirkungen auf die Betriebskosten der Krankenhäuser haben, sind nicht möglich, da das Vergütungsrecht in der ausschließlichen Kompetenz des Bundes liegt. Dies ist in Artikel 74 Absatz 1 Nummer 19a des Grundgesetzes geregelt. Es gilt der Grundsatz "Bundesrecht bricht Landesrecht".

(Hans Herold (CSU): So ist es!)

Das gilt zum Beispiel für die von Ihnen geforderten Personalmindestregelungen. Das hört sich zwar gut an, geht aber nicht. Das gilt auch für das Entlassmanagement. Aber auch das gibt es bereits. Es ist geregelt, wie es nach einem Krankenhausaufenthalt wei

tergeht. Der Rahmenvertrag für ein Entlassmanagement zwischen dem GKV-Spitzenverband und der Deutschen Krankenhausgesellschaft ist – das wissen Sie – seit 01.10.2017 in Kraft. Bestandteil des Entlassmanagements ist auch die Verordnung von Arzneimitteln, Verbands-, Heil- und Hilfsmitteln oder von Krankenpflege. Ziel ist es, eine nahtlose Versorgung für einen Zeitraum von bis zu sieben Tagen zu erreichen.

Sie fordern zudem eine Patientenorientierung. Durch das Patientenrechtegesetz auf Bundesebene, an dem Bayern keinen unwesentlichen Anteil hat, ist das BGB um einen eigenen Abschnitt ergänzt worden, welcher Regelungen über den medizinischen Behandlungsvertrag und die Rechte und Pflichten im Rahmen der Behandlung enthält.

Nach dem Patientenrechtegesetz sind die Krankenhäuser verpflichtet, ein patientenorientiertes Beschwerdemanagement einzuführen, wobei die Struktur des Beschwerdemanagements dem Klinikum selbst überlassen ist. Die Hoheit liegt bei den einzelnen Häusern. Auf Bundesebene ist auch bereits geregelt – Sie haben es vorher angesprochen –, dass Eltern ihre Kinder im Krankenhaus begleiten sollen. Die Erfahrungen auch bei uns in Landshut zeigen: Das ist bereits gelebte Praxis. Hier brauchen wir wirklich keinen zusätzlichen bayerischen Paragrafen, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der CSU)

Gleiches gilt für die Versorgung von Migrantinnen und Migranten. Für Menschen mit Migrationshintergrund gibt es zum einen bereits das erfolgreiche bayerische Integrationsprojekt "MiMi – Mit Migranten für Migranten", das für interkulturelle Gesundheitsförderung und Prävention steht. Zum anderen besteht laut Bürgerlichem Gesetzbuch ganz klar der Rechtsanspruch auf einen Dolmetscher, wenn es zu sprachlichen Barrieren im Krankenhaus kommt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, im Übrigen hat sich auch schon zum Beispiel das Gemeinsame Landesgremium für Bayern zu Fragen der medizinischen Versorgung nach § 90a SGB V genau mit dieser Frage befasst.

Weiter fordern Sie, die Krankenhausseelsorge – das wurde explizit angesprochen – im Krankenhausgesetz festzuschreiben. Auch dieses Recht wird bereits durch Artikel 140 des Grundgesetzes geregelt. Hier sind aber insbesondere – das möchte ich betonen – die Religionsgemeinschaften aufgefordert, in Zusammenarbeit mit dem jeweiligen Krankenhausträger entsprechende Angebote zu schaffen. Fakt ist: Im Rahmen der staatlichen Krankenhausförderung werden

grundsätzlich multikonfessionelle Andachts- und Seelsorgeräume gefördert.

Ich komme zum bestehenden Landesrecht. Sie wollen einiges aufnehmen, was landesrechtlich regelbar ist. Allerdings will ich auch hier einige Beispiele aufführen, was bereits Gesetz ist. Sie wollen das Thema Krankenhaushygiene ins Gesetz aufnehmen: Artikel 17 des SPD-Gesetzentwurfs ist aber bereits in der Bayerischen Medizinhygieneverordnung geregelt.

Sie wollen die Antibiotikaresistenzen bekämpfen. An dieser Stelle, liebe Kollegin, sind wir uns einig. Nur darf man nicht vergessen: Das darf nicht auf die Krankenhäuser begrenzt werden. Deshalb sind die Regelungen nach Meinung der CSU in der Medizinhygieneverordnung besser aufgehoben, die auch – das ist gut so – für den niedergelassenen Bereich Gültigkeit besitzt.