Protokoll der Sitzung vom 07.05.2014

Frau Präsidentin, geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Es ist nicht das erste Mal und wahrscheinlich auch nicht das letzte Mal, dass der Landtag über das Thema kalte Progression diskutiert. Die letzte intensive Debatte hatten wir am 11. April 2013, also vor einem Jahr. Ich habe damals sinngemäß ausgeführt – ich kann mich darauf berufen -, dass die Progression selbst, also der Anstieg des Steuertarifs mit steigendem Einkommen, eine Frage der Steuergerechtigkeit ist. Ich glaube, das wird von Ihnen nicht infrage gestellt. Es ist ein wichtiger Baustein der Steuergerechtigkeit, dass die starken Schultern mehr tragen müssen. Das ist der erste Punkt.

Der zweite Punkt beim Thema kalte Progression betrifft die Frage eines progressiven Tarifs. Wie verhält sich der progressive Tarif zur Entwicklung der Inflationsrate und zur Entwicklung der Löhne? Das Verhältnis von progressivem Steuertarif zur Inflationsrate und zur Lohnentwicklung muss man kritisch betrachten.

Ich glaube, die SPD hat immer unter Beweis gestellt, dass sie das tut. Wir haben in rot-grüner Zeit am meisten gegen die kalte Progression unternommen, und zwar durch die Steuertarifänderungen, die Senkung des Eingangssteuersatzes und viele andere Maßnahmen. Dabei ist viel von der kalten Progression herausgenommen worden; im Übrigen auch unter der Großen Koalition 2005 bis 2009. Für uns war das immer ein Thema, und es wird auch ein Thema bleiben.

Wenn ich mir allerdings die Lohnentwicklung und insbesondere die Inflationsentwicklung der letzten Jahre ansehe, dann muss ich natürlich sagen – auch das gehört zur Bewertung und zur Wahrheit dazu -, dass wir bei der Temperatur der kalten Progression eher bei über null Grad als unter null Grad liegen. Gleichwohl können auch Temperaturen über null Grad unangenehme Kältegefühle erzeugen. Ich räume das ein. Insofern waren wir immer bereit, das Thema kalte Progression anzugehen, auch im letzten Jahr vor der Bundestagswahl. Insofern erinnere ich an die klare

Positionierung des rheinland-pfälzischen Finanzministers Carsten Kühl, bei dem Thema weiterzugehen. Klar ist aber: Ein Abbau der kalten Progression bzw. eine Abmilderung der kalten Progression muss solide und perspektivisch finanziert werden. Darin sollten wir uns, insbesondere unter Haushaltspolitikern, einig sein. Es war das Problem der bisherigen Debatte, dass es auf diese Finanzierungsfrage keine solide oder seriöse Antwort – zumindest nicht aus unserer Sicht – gab bzw. von einem perspektivischen, ganzheitlichen, durchhaltbaren steuerpolitischen Gesamtkonzept keine Rede war.

Insofern bleibt die kalte Progression ein wichtiges Thema. Sie hat ungerechte Effekte, die auch benannt worden sind. Sie wird insbesondere als ungerecht empfunden. Insbesondere trifft dies für die mittleren Einkommen zu. Wir müssen uns alle stärker oder wiederholt mit den mittleren Einkommen befassen.

(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und den FREIEN WÄHLERN)

Dies gilt abgesehen von Aspekten der Stärkung der Binnenkaufkraft, was auch ein volkswirtschaftlicher Faktor ist. Wir stellen den Abbau der kalten Progression nicht in Gegensatz zu anderen Fragen der Steuergerechtigkeit, zum Beispiel den Fragen des Steuervollzugs, insbesondere der Bekämpfung der Steuerhinterziehung, und zwar auch der internationalen, oder dem Tarif bei Spitzenverdienern. Auch das sind Fragen der Steuergerechtigkeit. Dazu gehört auch die Frage, wie stark sich Vermögende an der Finanzierung des Staates beteiligen.

Wir glauben allerdings, dass die Debatte jetzt an einem spannenden Punkt angekommen ist. Es ist richtig, es war viel Rhetorik enthalten. Insofern würde ich Ihnen gar nicht widersprechen, Herr Kollege Pohl. Jetzt sind wir durch die Entwicklung im Bundeshaushalt so weit, dass wir uns konkret damit befassen können. Auch das hat der Bundeswirtschaftsminister und SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel im Blick gehabt, als er sich entsprechend erstmals geäußert hat. Insofern gibt es auch gute ökonomische Gründe, sich damit zu befassen.

Nur die Einigkeit in der Zielsetzung, die kalte Progression abzubauen oder abzumildern, reicht nicht aus. Wir brauchen auch eine Einigkeit bei den Rahmenbedingungen, und wir brauchen auch Einigkeit darüber, dass der Abbau der kalten Progression nur seriös, ehrlich und steuergerecht erfolgen kann. Das sind einige Punkte, bei denen ich Ihnen, Herr Kollege Pohl, widersprechen muss. Das betrifft die Fragen der Finanzierbarkeit oder die Gefährdung anderer finanzpolitischer Ziele, wobei ich die Reduzierung der Netto

neuverschuldung auf null oder die Finanzierung von Zukunftsinvestitionen nenne. Als Haushaltspolitiker und in der Gesamtverantwortung muss man sagen, dass das wichtige Ziele sind, die nicht gefährdet werden dürfen.

Auch die Steuereinnahmen, die derzeit auf einem sehr hohen Niveau sind, sind von der Konjunktur und den Perspektiven in der Weltwirtschaft abhängig. Man muss insofern einen Blick voraus wagen; auch das historisch niedrige Zinsniveau muss man sehen. Das betrifft auch die unterschiedlichen Betroffenheiten der verschiedenen Bundesländer. Auch diese müssen in den Blick genommen werden. Wir müssen auch sehen, dass die Entlastung der mittleren Einkommen nicht nur bei der Steuerpolitik im Vordergrund stehen muss. Wir haben bei der Sozialversicherung – Stichwort Finanzierung der Mütterrente oder Entnahme aus der gesetzlichen Krankenversicherung, Verzicht auf Elemente der Bürgerversicherung – nämlich auch Punkte, die die mittleren Einkommen über die Sozialversicherungsbeiträge überproportional belasten. Auch diese Ungerechtigkeit, muss man im Gesamtblick haben. Steuergerechtigkeit muss man ernst nehmen, und man darf keine falschen Erwartungen in der Bevölkerung wecken, die dann nicht erfüllt werden können. Das unterscheidet diejenigen, die in der Regierungsverantwortung stehen, von denjenigen, die Anträge stellen.

Ministerpräsident Seehofer war ich für seine Äußerung dankbar, weil sie zeigt, wie schwierig diese Herausforderung ist. Ich glaube aber, dass man sie gemeinsam meistern kann. Der Effekt muss im Blick behalten werden und muss abgebaut werden, sobald es möglich ist. Es geht darum, seriöse Rahmenbedingungen zu finden. Klare Aussage von uns: Wenn sich die Möglichkeit eröffnet, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer fiskalisch und solide bei der kalten Progression zu entlasten, dann wollen wir diese Chance ergreifen. Deswegen werden wir auch dem CSU-Antrag zustimmen und den Antrag der FREIEN WÄHLER, weil er nicht die Solidität im Blick hat und nicht ehrlich ist, ablehnen.

(Beifall bei der SPD)

Nächste Wortmeldung: Herr Kollege Mütze.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und liebe Kollegen! Lieber Herr Kollege Halbleib, der Eiertanz, den Sie eben abgeliefert haben, war körperlich mit erlebbar.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich kann es nachvollziehen: Wie kann ich die Große Koalition nicht zu stark angreifen und aber gleichzeitig einen eigenen Standpunkt vertreten? Das ist schwierig, und das weiß ich. Ich komme später noch einmal dazu.

Der Handlungsbedarf bei der Verteilung der Lasten der steuerlichen Abgaben ist allen Beteiligten klar. Ob jetzt die kalte Progression das größte Problem ist, ist Geschmackssache. Sie bleibt aber ein Ärgernis. Die Bundesregierung selbst, also die Große Koalition, schreibt in einer Antwort auf eine aktuelle Anfrage der GRÜNEN-Bundestagsfraktion: Durch die mehrfachen Senkungen des Einkommensteuertarifs seit dem Jahre 1998 wurde dem Effekt der kalten Progression entgegengewirkt. Herr Kollege Halbleib hat dankenswerterweise darauf hingewiesen, dass dies unter RotGrün geschehen ist. Vielen Dank für die Erinnerung.

Die Entlastung von kleinen und mittleren Einkommen ist ein Gebot der Steuergerechtigkeit. Auch das haben wir heute gehört. Die Entlastung sollte unserer Meinung nach von den Spitzeneinkommen getragen werden, die seit Jahren von der Abgeltungsteuer und dem gesunkenen Spitzensteuersatz profitieren. Damit wäre auch eine Finanzierung gesichert. Eigentlich hatte auch die SPD dieses Konzept. Davon will sie aber in Person ihres Wirtschaftsministers nichts mehr wissen. Herr Finanzminister, leider hat sich die Große Koalition in Berlin auf steuerpolitischen Stillstand verständigt. Was wir im Moment erleben, ist daher nicht mehr als heiße Luft.

Der Generalsekretär der CDU meint, die Entfernung der kalten Progression habe keine Priorität. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn Sie die Medien in den letzten Wochen verfolgt haben, konnten Sie hören, dass jetzt die Umsatzbesteuerung bzw. der Mehrwertsteuersatz für Hörbücher und E-Books gesenkt wird. Das hat Priorität. Hier sieht man, wo die Schwerpunkte dieser Regierung liegen. Das Thema ist nicht die kalte Progression, also die Entlastung des Mittelstands und der Bürgerinnen und Bürger, sondern EBooks und Hörbücher. Es ist offensichtlich, worum es hier geht. Wir haben in den letzten Wochen über die systematische Veränderung des Umsatzsteuerrechts gesprochen. Dabei ging es um die Frage, was unter einen reduzierten Steuersatz zu fassen ist und wofür der volle Mehrwertsteuersatz zu zahlen ist. Wir sehen also lauter Baustellen, aber keine Lösungen von dieser Koalition.

(Beifall bei den GRÜNEN und den FREIEN WÄH- LERN)

Die CSU hat die Änderung des Einkommensteuertarifs in weite Ferne gerückt. Minister Söder sagte, wir

müssten bei dieser Sache Schrittmacher bleiben. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich komme nicht aus der Medizin, aber ein Schrittmacher hilft sofort. Wenn der Schrittmacher erst im Jahr 2018 helfen soll, wie das Herr Minister Söder sagt, ist der Patient tot, das heißt steuerlich gesehen pleite.

(Beifall bei den GRÜNEN und den FREIEN WÄH- LERN)

Was hat die CSU in Person des Ministers bei der Bundestags- und der Landtagswahl nicht alles versprochen: Abbau der kalten Progression, Erhöhung des Grundfreibetrags, Hightech-Bonus für Betriebe, Halbierung oder völlige Abschaffung der Erbschaftsteuer und die Regionalisierung der Einkommensteuer, um sie dann, natürlich nur in Bayern, senken zu können. Liebe Kolleginnen und Kollegen, was ist davon übrig geblieben? Nichts, nada. Lieber Herr Minister, jetzt setzen Sie noch einen drauf und sagen, ein Einstieg in den Abbau der kalten Progression sei erst ab dem Jahr 2018 möglich. Wie peinlich ist das? Haben Sie erst jetzt, dank dem ORH-Bericht, gemerkt, dass Ihr Haushalt unterfinanziert ist? - Damit noch kein Ende, der Gipfel ist noch nicht erreicht. Jetzt kommt der heutige Dringlichkeitsantrag der CSU-Fraktion. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CSU, wenn Sie diesem Antrag heute tatsächlich zustimmen sollten, manifestieren Sie den Wahlbetrug an den Bürgerinnen und den Bürgern bei der Bundestagswahl und der Landtagswahl.

(Beifall bei den GRÜNEN und den FREIEN WÄH- LERN)

Der Minister hat mit diesen Ankündigungen um Stimmen geworben und sagt uns jetzt, es gehe alles nicht, oder er sagt gar nichts dazu. Anders als einen Betrug kann ich das nicht nennen. Wir GRÜNE fordern eine aufkommensneutrale Reform des Einkommensteuertarifs zur Entlastung der kleinen und mittleren Einkommen. Das ist jederzeit möglich und behindert den dringend notwendigen Schuldenabbau in Bund, Ländern und Kommunen nicht. Dazu wären Mut und Fantasie nötig. Das ist aus einer Überschrift der "SZ", das gebe ich zu. Dieser Mut und diese Fantasie gehen aber leider der Großen Koalition und der CSU völlig ab.

Vorschläge liegen auf dem Tisch. Ich zitiere Herrn Professor Sinn nicht oft, eigentlich nie. Jetzt will ich es aber tun. Er spricht von einem "Tarif auf Rädern", bei dem der Eingangssteuersatz und der Spitzensteuersatz jedes Jahr angepasst werden könnten. Aber nein, keine Bewegung, nirgendwo. Sie vertrösten die betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer lieber auf die nächste Regierung. Liebe Kolleginnen und

Kollegen, rechnen Sie einmal nach. Im Jahr 2018 darf die nächste Regierung entscheiden. Bis dahin wird steuerpolitisch nichts passieren. Eine solche Regierung braucht kein Mensch, eine Steuerreform dagegen wohl.

(Beifall bei den GRÜNEN und den FREIEN WÄH- LERN)

Vielen Dank, Herr Kollege. Auch die CSU-Fraktion beantragt für ihren Dringlichkeitsantrag namentliche Abstimmung. Für die Staatsregierung hat jetzt Herr Staatsminister Dr. Söder ums Wort gebeten. Bitte schön, Herr Staatsminister.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst einmal möchte ich darauf hinweisen, dass ich mich über den ersten Dringlichkeitsantrag gewundert habe. Hier handelt es sich nach wie vor um eine Sache des Bundestages und nicht primär des Bayerischen Landtages. Wir haben hier unsere eigenen Aufgaben zu erfüllen und sind kein Ersatzparlament für Deutschland. Trotzdem gibt es eine Antwort darauf.

Was hat Deutschland in den letzten Jahren in Europa stark gemacht? Was war im Rahmen der Finanzkrise und der Euro-Krise in der letzten Großen Koalition das Entscheidende? - Das war der Umstand, dass Deutschland ein Stabilitätsanker in Europa war. Solide saubere Haushaltspolitik ist die Grundlage für wirtschaftliches Überleben. Deshalb steht an erster Stelle, vor jeder Entlastung, immer die Seriosität des Haushalts. Meine sehr verehrten Damen und Herren, Solidität geht vor Versprechen.

(Beifall bei der CSU)

Deswegen haben wir uns in der Großen Koalition in Berlin, ebenso wie lange vorher in Bayern, primär auf diese Ziele verpflichtet. Wir werden auch in Berlin Haushalte ohne neue Schulden und ohne Steuererhöhungen aufstellen. Dies war ein zentraler Bestandteil der Debatte mit den GRÜNEN bei der Frage, ob sie sich eine Regierungsbeteiligung überhaupt vorstellen können. Letztlich war dies einer der Knackpunkte, der dazu geführt hat, dass Deutschland diese Regierung und keine andere bekommen hat. Damals haben Trittin und andere gesagt, es gehe nicht anders als mit Steuererhöhungen um 20 oder 30 Milliarden Euro. Meine Damen und Herren, in Zeiten der höchsten Steuereinnahmen ist es geradezu absurd, zusätzliche Steuererhöhungen zu fordern. Wir sagen: Der Staat muss endlich lernen, mit seinem Geld auszukommen, ohne den Bürgern ständig weiter in die Taschen zu greifen.

(Beifall bei der CSU)

In Bayern wie in Berlin ist die Basis relativ einfach: Erstens soll es keine weitere Neuverschuldung geben. Zweitens wollen wir keine Steuererhöhungen. Darunter verstehen wir nicht nur direkte, sondern auch indirekte Steuererhöhungen.

(Bernhard Pohl (FREIE WÄHLER): Ist die kalte Progression keine Steuererhöhung?)

Zu sagen, wir bauen diese oder jene Steuervergünstigung ab, ist ein semantisches Spiel. Herr Pohl, ich kenne eine Fülle von Gegenfinanzierungsvorschlägen, die nichts anderes sind als Steuererhöhungen. Deswegen sagen wir: Solide Haushaltspolitik bedeutet, keine Schulden zu machen und keine Steuererhöhungen vorzunehmen. In dieser Hinsicht sind wir in Europa ein Vorbild.

Meine Damen und Herren, wie könnten wir bei der weiteren Entwicklung der Euro-Stabilisierung ernsthaft auftreten und den Partnern in Griechenland, Spanien und Portugal sagen, saniert eure Haushalte, wenn wir gleichzeitig bei der ersten Möglichkeit den Wachstums- und den Soliditätspfad verlassen würden? Darum ist unsere erste Priorität die Sicherung der Haushaltsstabilität.

Ich muss dazu sagen, dass der Bund im nächsten Jahr das erste Mal einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen kann. Dies war seit Urzeiten nicht mehr der Fall. Das letzte Mal geschah dies zu der Zeit, als Franz Josef Strauß Finanzminister war. Dies ist ein bemerkenswertes Signal, das zeigt, dass Deutschland in Europa seiner Rolle als Vorbild für solide Finanzen gerecht wird. Bei allen Debatten, die wir noch führen müssen, ist klar: Damit hat Deutschland ein Markenzeichen in ganz Europa. Dies ist ein starkes Signal der Regierung in Berlin.

Wir schaffen die Basis für finanzielle Solidität. Aber wir wollen auch weiteres Wachstum; denn wir wissen, dass die Weltwirtschaft vor großen Herausforderungen steht. Ein Element dieses Wachstums ist die Stärkung der Infrastruktur. Die Infrastruktur beschäftigt uns in diesem Hause sehr stark; Herr Pohl, auch Ihre Partei, die sich tatsächlich sehr stark für die Kommunen einsetzt. Die Kommunen sollen über das Bundesleistungsgesetz um fünf Milliarden Euro entlastet werden. Die Länder sollen bei den Leistungen für Familien, Schulen, Hochschulen und Universitäten mit sechs Milliarden Euro eine deutliche Entlastung erhalten. Wir wollen außerdem für die Verbesserung der Infrastruktur, zum Beispiel für die Sanierung und den Neubau von Straßen, Entlastungen schaffen, weil wir einen dringenden Investitionsbedarf in Deutschland haben, vor allem im Westen unseres Landes.

Neben der Solidität setzen wir also den zweiten großen Schwerpunkt bei der Infrastruktur. Wir stärken damit das Land, um es so wettbewerbsfähig zu machen, dass auf Dauer Wirtschaft und wirtschaftlicher Erfolg möglich sind.

Der dritte Schritt ist der Abbau der kalten Progression. Ich finde es wichtig, dass hier etwas getan wird. Ich teile Ihre Auffassung, dass es unfair und ungerecht ist, die kleineren Einkommen stärker zu belasten. Zu der Frage, was man gemacht hat, sage ich Ihnen aber auch: Man hat schon etwas gemacht. Damals haben Bund und Länder gemeinsam – Sie haben es selber angesprochen – den Grundfreibetrag von 8.004 auf 8.354 Euro erhöht und damit eine Entlastung um 2,6 Milliarden Euro erreicht.

Das alles geht uns noch nicht weit genug. Man muss aber fairerweise sagen, warum man in den zwei vorhergehenden Perioden keine weitere grundlegende Entlastung gemacht hat. Das hatte den ganz einfachen Grund, dass wir eine Finanz- und Eurokrise hatten. Damals eine zusätzliche Debatte zu führen, war uns einfach nicht sicher genug. Wir haben nicht auf das Prinzip Hoffnung, sondern auf das Prinzip Sicherheit gesetzt, und das hat, denke ich, Deutschland gut getan.

Wir glauben – der Bundesfinanzminister hat das auch gesagt -, dass es möglicherweise ab 2016/17 Spielräume gibt. Dann wird neben der Haushaltssolidität und der Infrastruktur als dritter Bereich die kalte Progression zu thematisieren sein. Deswegen hat das Finanzministerium auch den Auftrag erhalten, einmal einen Gesetzentwurf zu erarbeiten. Wir werden ihn in den nächsten Tagen fertigstellen und werden das, Herr Mütze, im Endeffekt in einen Zusammenhang mit den anderen steuerlichen Fragen bringen, die wir haben.

Übrigens ist das für 2018/19 schon wichtig. Denn im Jahr 2019 laufen drei zentrale Finanzstränge aus oder werden neu justiert, die auch für das Land Bayern wichtig sind, nämlich der Solidarpakt, die Regionalisierungsmittel – wir werden hier im Parlament darüber diskutieren, was mit der degressiven Entwicklung der Regionalisierung bei uns passiert und was wir da vielleicht ersatzweise finanzieren müssen – und natürlich der Länderfinanzausgleich, der für den Freistaat Bayern das größte Haushaltsrisiko darstellt. Das gehört zusammen. Also müssen wir das auch miteinander in Verbindung setzen. Auch andere steuerliche Fragen wie die Förderung von Start-up-Unternehmen im Technologiebereich, die Regionalisierung von Steuern sowie die Grund- und die Erbschaftsteuer spielen da eine Rolle.

Deswegen ist eine Gesamtarchitektur der Steuerpolitik durchaus sinnvoll. Aus unserer Sicht ist klar: ein Abbau der kalten Progression ja, aber nicht mit neuen Schulden oder Steuererhöhungen. Der Fahrplan ist ebenfalls klar; wir haben ihn in der Großen Koalition vereinbart, und er sollte eingehalten werden: Wir machen keine Schulden mehr, und es wäre gut, wenn man irgendwann wie Bayern Schulden tilgen kann. Aber das erste Ziel ist, keine Schulden und keine Steuererhöhungen zu machen, die Infrastruktur zu stärken und dann die kalte Progression in Angriff zu nehmen. Ich denke, das ist ein kluges und maßvolles, aber auch ehrliches Vorgehen. An diesem Vorgehen wollen wir gemeinsam festhalten.

(Beifall bei der CSU)

Herr Staatsminister, Kollege Pohl hat sich zu einer Intervention gemeldet. Bitte schön, Herr Kollege.