Protokoll der Sitzung vom 20.05.2014

(Inge Aures (SPD): Warum? – Volkmar Halbleib (SPD): Was machen die Verwaltungsratsmitglieder? Die machen das Gleiche!)

Dass die Belegschaft ihren zukünftigen Vorsitzenden selbst mit wählt und mitbestimmt, ist völlig widersinnig.

(Inge Aures (SPD): Wie in der Partei! Die suchen sich auch ihren Vorsitzenden!)

Wir werden dem Entwurf, wie Sie ihn vorgelegt haben, ohnehin nicht zustimmen, in diesem Wortlaut natürlich auch nicht.

Wir sind der Meinung – und dafür steht "Näher am Menschen" im Logo der CSU –: Wir werden keine Politik machen,

(Volkmar Halbleib (SPD): Näher an den Mitarbeitern?)

die an den Menschen, den Verbänden und den Kommunen vorbeigeht.

(Volkmar Halbleib (SPD): Politik für die Vorstände! – Inge Aures (SPD): Das hat man bei den Sparkassen gesehen! Dr. Naser hat das Geld versenkt!)

Es gibt aktuell eine ganz klare, eindeutige Stellungnahme der kommunalen Spitzenverbände, die besagt: Lasst alles genau so, wie es ist.

Bekanntermaßen gab es jetzt Neuwahlen. Der Städtetagspräsident – er ist Mitglied der SPD – und die kommunalen Spitzenverbände können in ihrer neuen Zusammensetzung darüber beraten, ob sie in diese Richtung gehen möchten, ob sie im Sinne des Wortlauts des Gesetzentwurfs vorgehen wollen.

(Volkmar Halbleib (SPD): Aber Gesetzgeber sind wir! – Inge Aures (SPD): Das wissen Sie schon?)

Wir werden uns das ansehen und darüber befinden, ob wir die Verbände übergehen, wie Sie das nach gegenwärtigem Stand tun.

Kolleginnen und Kollegen, wir sind der Meinung, dass dem Entwurf in dieser Fassung nicht zugestimmt werden soll. Deshalb lehnen wir ihn ab.

(Beifall bei der CSU)

Herr Kollege, bleiben Sie bitte noch einen Moment am Rednerpult. Wir haben hier heute eine Erste Lesung. Bitte, Herr Kollege Schindler, Sie dürfen.

Herr Kollege, ich bin etwas erstaunt über Ihre Fundamentalkritik an einem Wesenskern der Unternehmensmitbestimmung, wie sie seit 60 Jahren in der Bundesrepublik Deutschland zum Vorteil der deutschen Wirtschaft gang und gäbe ist.

(Beifall bei der SPD)

Sie vertreten hier eine Minderheitenmeinung.

(Zurufe von der CSU: Oh!)

Was Sie sagen, gilt in keinem anderen Bundesland in dieser Rigidität. In allen anderen Bundesländern wird das genauso gesehen, wie es die SPD beantragt hat. Ihr Argument, Mitarbeitervertreter sollen bei der Auswahl von Vorständen nicht mitreden dürfen, ist genau der Wesenskern der Unternehmensmitbestimmung.

(Beifall bei der SPD)

Kann es sein, dass Sie die Absicht unseres Gesetzentwurfs nicht verinnerlicht haben?

Herr Kollege, bitte.

Wir vertreten die Linie, die auch der Städtetag und der Gemeindetag vertreten, im Übrigen auch der Bayerische Landkreistag.

(Zuruf: Haben Sie keine eigene Meinung, Herr Kollege?)

Das ist die Lage, die wir im Augenblick in Bayern in den Verbänden haben.

Natürlich haben wir fundamentale Grundsätze der Unternehmensbeteiligung zu berücksichtigen und tun dies auch. Das ist es aber nicht ausschließlich, was Sie hier einfordern. Wir haben Jour-fixe-Termine, wir haben Klausurtagungen, wir haben gemeinsame Unternehmensentwicklungsgespräche, auch in den Sparkassen, und wir haben seit Jahrzehnten eine breite Einbindung der Personalvertretung.

Ich glaube, das ist ein guter Weg. Im Übrigen – ich wiederhole mich – werden wir abwarten, wie sich die Verbände nach der Neukonstituierung aufstellen und wie sie zu dem von der SPD-Fraktion vorgelegten Entwurf stehen werden. Dann werden wir uns sicherlich noch einmal mit der Sache befassen.

(Beifall bei der CSU – Volkmar Halbleib (SPD): Und bei unserer eigenen Bank sitzt die Personalvertretung im Verwaltungsrat!)

Jetzt hat der Kollege Muthmann das Wort. – Bitte schön.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Mich hat erstaunt, was Kollege Dünkel von sich gegeben hat, dass es ein Unding wäre, wenn ein Vertreter der Mitarbeiter bei strategischen Unternehmensentscheidungen oder bei der Auswahl des Vorstandes dabei wäre. In vielen Unternehmen funktioniert das bestens und ist selbstverständlich. Das ist auch bei den Sparkassen möglich.

Eingangs möchte ich darauf hinweisen, dass der Betrieb der Sparkasse als öffentliche Aufgabe und als ein Dienst an der Daseinsvorsorge in unseren Regionen Wohltaten verbreitet und Ausfluss der Selbstverwaltung der Träger der Sparkassen ist.

Wie uns der Bayerische Verfassungsgerichtshof 2011 bestätigt hat, gibt es wohl eine Möglichkeit, eine Unternehmensmitbestimmung auch bei den Sparkassen einzurichten, wiewohl es in Bayern dazu keine Verpflichtung gibt.

Lieber Kollege Wengert, das Argument, in allen anderen Bundesländern gibt es das, deswegen muss Bayern das auch machen, verfängt nicht. Ich habe von dir schon stärkere Argumente gehört.

Wir haben für diese Idee bekanntermaßen große Sympathie. Wir haben Ende des Jahres 2010 selbst einen Gesetzentwurf eingebracht, allerdings in etwas anderer Form. Der Gesetzentwurf sah vor, eine Öffnungsklausel für Mitbestimmung in die Entscheidung der kommunalen Träger zu legen. Das ist eine spezifische Sichtweise der FREIEN WÄHLER, die kommunale Selbstverwaltung in besonderer Weise zu achten. Wir beraten jetzt darüber, ob wir einen Schritt weiter gehen sollen, um das obligatorisch einzuführen, und wägen das Für und Wider gegeneinander ab. Ob der Fall Miesbach mit dieser Kompetenzverbreiterung des Verwaltungsrats hätte verhindert werden können, ist durchaus offen; das wissen wir nicht. Wenn aber Mitarbeiter ein Stück weit kritisch in dieser Runde mitberaten, wäre das eher zu erwarten gewesen als negative Auswirkungen.

Wir werden uns in den weiteren Beratungen genauer anschauen, welche Qualitätszuwächse dadurch zu erwarten sind, was das im Spannungsfeld der kommunalen Selbstverwaltung bedeutet und ob das in diesem Zusammenhang vertretbar ist. Wir alle wissen, worüber im Verwaltungsrat entschieden wird: Das sind natürlich auch Personalfragen; das sind strategische Grundsatzdebatten. Ich denke, dass eine Vertretung der Mitarbeiter in diesem Bereich sicherlich einen Mehrwert haben kann und wird. Ob wir das mit Respekt vor der kommunalen Selbstverwaltung obligatorisch machen wollen, wird die weitere Beratung ergeben.

Vielen Dank. Herr Kollege Dr. Wengert zu einer Zwischenbemerkung.

Lieber Kollege Muthmann, die Gesetzeslage in anderen Ländern mag nicht zwingend dafür stehen, dass auch wir unsere Gesetze in dieselbe Richtung ändern müssen. Dass in zwölf Ländern Unternehmensmitbestimmung in den öffentlichrechtlichen Sparkassen stattfindet, ist aber zumindest

ein sehr starkes Indiz dafür, dass das nicht falsch sein kann. Es verstößt zumindest nicht gegen Recht und Verfassung. Das hat der Bayerische Verfassungsgerichtshof festgestellt.

Meine Frage geht dahin: Was unterscheidet eigentlich ein Stadtwerk, das sich um Energieversorgung, Verkehr und Wasserversorgung kümmert und in der Trägerschaft einer Kommune steht und einen Verwaltungsrat hat, in dem die Mitarbeiterschaft im Rahmen der Unternehmensmitbestimmung vertreten ist, von einer Sparkasse in der Trägerschaft einer Kommune, die sich um die Finanzen der Mitbürgerinnen und Mitbürger kümmert? Warum dürfen die einen über die wichtigen Ziele und Geschäfte des Unternehmens mitbestimmen, die anderen sollen davon aber ausgeschlossen bleiben? Das erschließt sich mir nicht.

Herr Kollege Wengert, strukturell gibt es da wenig Unterschiede. Die Aufgabe als solche ist natürlich unterschiedlich. Der Blick in andere Bundesländer hilft nicht weiter. Auch bei der Beratung des Nachtragshaushalts hat es das immer mal wieder gegeben. Je nach Befindlichkeit und Argumentation wird das genutzt oder auch verworfen. Ich glaube nicht, dass wir mit dem Blick in andere Bundesländer das Problem lösen können. Der Zustand der Sparkassen und die Bewertung der Arbeit der Sparkassen ist auch in der Finanzkrise sehr positiv gewesen. Die Sparkassen haben sich nicht als Teil des Problems, sondern als Teil der Lösung erwiesen. Es besteht unter diesem Gesichtspunkt kein dringender Handlungsbedarf, aber es besteht sicherlich die Möglichkeit dazu. Ich habe auch gesagt, dass wir für diesen Entwurf Sympathien haben und noch ein Stück weit in den weiteren Beratungen überzeugt werden wollen, dass diese Entscheidung auch vor dem Hintergrund der kommunalen Eigenverantwortlichkeit und Autonomie ein richtiger Weg wäre. Wir werden sehen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Das Wort hat jetzt der Kollege Mistol.

Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Wir GRÜNE begrüßen es, dass die SPD-Fraktion heute mit ihrem Gesetzentwurf erneut einen Anlauf unternimmt, die Aufsicht in den Verwaltungsräten der Sparkassen zu verbessern und eine Mitarbeitermitbestimmung in den Sparkassen einzuführen.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Herr Kollege Dünkel, auch mich hat es sehr erstaunt, dass Sie es vom Grundsatz her ablehnen, dass auch

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Unternehmensstrategien überwachen. Das ist nichts Außergewöhnliches. Das gibt es in vielen Kommunen, bei denen in städtischen Gesellschaften auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in solchen Aufsichtsgremien vertreten sind. Ich gehöre selber einem solchen Aufsichtsgremium an, und ich kann Ihnen sagen: Wir haben vor Ort sehr gute Erfahrungen gemacht.

Angesichts der Ereignisse in Miesbach finde ich es geradezu beschämend, dass wir uns zum wiederholten Male mit dieser Frage beschäftigen müssen. Herr Kollege Muthmann hat zu Recht die Frage gestellt, ob es Auswirkungen gehabt hätte, wenn wir dort schon eine Mitarbeitermitbestimmung gehabt hätten. Die Frage kann man mit Ja oder Nein beantworten. Ich sage nur: Gesunder Menschenverstand ist manchmal ganz gut, weil er einem sagt, was zu tun ist oder was man lassen soll, egal, ob es erlaubt ist oder nicht.

Auch wir GRÜNEN – darauf möchte ich hinweisen – hatten schon 2009 im Rahmen der Änderung des Landesbank-Gesetzes entsprechende Anträge eingebracht, die jedoch am Widerstand der damaligen Regierungskoalition gescheitert sind. Verehrte Kolleginnen und Kollegen von der CSU, nehmen Sie doch einmal den Artikel 175 der Bayerischen Verfassung ernst. Die Bayerische Verfassung verhindert nicht, sondern bejaht ausdrücklich eine umfassende Mitbestimmung und Mitwirkung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Auch da ist das dokumentiert, und den Geist dieses Artikels kann man gut auf die Sparkassen übertragen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wieso sollte das also nicht für die Sparkassen gelten, zumal das in 15 von 16 Bundesländern längst Realität ist? Aus unserer Sicht ist es auch in Bayern an der Zeit, eine neue Ära der Mitbestimmung bei den Sparkassen einzuläuten.