Paul Wengert

Sitzungen

17/9 17/11 17/12 17/13 17/15 17/18 17/20 17/21 17/23 17/25 17/26 17/34 17/35 17/45 17/49 17/57 17/61 17/66 17/73 17/77 17/79 17/85 17/86 17/89 17/95 17/98 17/106 17/116 17/124

Letzte Beiträge

Lieber Kollege Dünkel, Ziel unseres Gesetzentwurfs ist es, bestehende Fragen zu beantworten. Insofern kann ich überhaupt nicht nachvollziehen, warum Sie behaupten, der Gesetzentwurf werfe mehr Fragen auf, als er Antworten gebe. Das stimmt auch nicht damit überein, dass Sie festgestellt haben, dass das, was in diesem Gesetzentwurf geregelt werden soll, schon in großem Umfang gängige Praxis ist. Wenn das, was in der psychosozialen Notfallversorgung gemacht wird, die gute, gängige Praxis ist, frage ich mich wirklich, warum ein so wichtiger Bereich dann nicht auch auf eine gesetzliche Grundlage gestellt wird, die dann auch die Kostentragung regelt.
Sie lassen all das auf dem Buckel der Ehrenamtlichen beruhen. Die Kosten entstehen dort, obwohl dort auch die Leistungen erbracht werden, das heißt: bei den Trägern. Das halten wir einfach nicht für richtig. Wir wollen eine gesetzliche Grundlage für diesen wichtigen Hilfebereich schaffen, insbesondere wollen wir die Finanzierung verbindlich regeln. Wenn Sie sagen, die Verbände wollten es so lassen, wie es bisher ist, frage ich Sie: Mit welchen Verbänden haben Sie gesprochen? Zumindest der Präsident des Arbeiter-Samariter-Bunds, Kollege Pfaffmann, der maßgebliche Verfasser des Gesetzentwurfs, teilt diese Auffassung nicht. Ich für meine Person als Vizepräsident des Bayerischen Roten Kreuzes kenne auch keine gegenteilige, negative Stellungnahme des Bayerischen Roten Kreuzes. Bitte beantworten Sie meine Frage. – Abschließend möchte ich feststellen: Bei einem so wichtigen Regelungsbereich von zusätzlicher Bürokratisierung zu sprechen, halte ich absolut nicht für angebracht.
Sehr verehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Heute geht es einmal mehr um die Rettungshelfergleichstellung. Dabei geht es um die Menschen, die beispielsweise bei den Bereitschaften des Bayerischen Roten Kreuzes ehrenamtlich Dienst tun und bei Unglücksfällen tätig werden. Es sind etwa die Schnelleinsatzgruppen, die für die Versorgung mit Verpflegung zuständig sind. Es sind diejenigen, die mit Hundestaffeln ausrücken, oder diejenigen, die zu einem Kriseninterventionsteam gehören.
Lieber Herr Kollege Tomaschko, Bayern mag Sicherheitsland Nummer eins sein in Deutschland, aber es hat des Anstoßes der SPD-Fraktion bedurft, dass wir zur Rettungshelferfreistellung gekommen sind.
Das, was Sie hier vorgetragen haben, ist 2013 nicht die Rettungshelfergleichstellung gewesen, sondern das war die Freistellung für die Menschen, die in zeitkritischen Notfällen im ersten Glied der Rettungskette tätig geworden sind. Das betrifft zum Beispiel ehrenamtliche Rettungsassistenten, die bei Notfalleinsätzen mit den Hauptberuflichen arbeiten. Das ist 2013 im Rettungsdienstgesetz durch die Einfügung des Artikels 33a geschehen. Heute reden wir aber über das zweite Glied in der Rettungskette, und da hat die SPD den parlamentarischen Anstoß gegeben, um diese Personen endlich gleichzustellen. Das war im März 2015.
Lieber Herr Kollege, das ist so. Das kann man nachlesen; wir haben eine lückenlose Dokumentation im Bayerischen Landtag.
Vor einem Dreivierteljahr ist es uns dann nach vielen Klimmzügen gelungen, einen ganz großen Schritt bei der Rettungshelfergleichstellung voranzukommen auf dem allerdings viel zu langen Weg, die Rettungshelfer ihren Kameradinnen und Kameraden bei der Feuerwehr gleichzustellen, was ihre Ansprüche auf Freistellung von der Arbeit bei Einsätzen und den Ersatz von Schäden betrifft, die sie eventuell persönlich bei Einsätzen erleiden.
Wir sind aber noch nicht am Ziel, wir haben noch nicht die vollständige Rettungshelfergleichstellung erreicht, auch wenn das Herr Kollege Tomaschko hier immer wieder behauptet. Im Hinblick auf die Beanspruchung von Rettungshelfern außerhalb von Einsätzen, insbesondere bei Aus- und Fortbildungsveranstaltungen, besteht noch immer eine Regelungslücke. Diese Lücke soll nun mit dem Gesetzentwurf der CSU-Fraktion geschlossen werden. Was zu lange währt, wird möglicherweise trotzdem am Ende nicht ganz gut; denn Ihr Gesetzentwurf, liebe Kolleginnen und Kollegen der CSU, krankt daran, dass es auch in Zukunft für Rettungshelferinnen und Rettungshelfer keinen gesetzlichen Freistellungsanspruch für die Teilnahme an notwendigen Fortbildungsveranstaltungen geben wird, ganz anders als bei der Feuerwehr, deren Aktive die Freistellung nicht nur für Fortbildungs-, sondern auch für notwendige Ausbildungsveranstaltungen erhalten, und darüber hinaus auch für weitere Dienste, wie beispielsweise Sicherheitswachen oder Bereitschaftsdienste, wie das in Artikel 9 Absatz 1 des Feuerwehrgesetzes geregelt ist. Das ist auch in Ordnung so, das ist auch absolut richtig.
Sie setzen auf die freiwillig bezahlte Freistellung durch die jeweiligen Arbeitgeber. Ob aber auf diese Weise Rettungshelfern geholfen ist, das ist sehr fraglich; denn die Rettungshelfer werden zu Bittstellern gegenüber ihren Arbeitgebern. Sie müssen fragen, ob sie freigestellt werden oder nicht. Es gibt viele Lebenssachverhalte, wo wir schon heute an einer Hand abzählen können, dass das nicht funktionieren wird. Viele werden erst gar nicht fragen, weil sie annehmen, sowieso nicht freigestellt zu werden. Sie enthalten den Rettungshelfern die gesetzliche Freistellung vor, im Gegensatz zu den Aktiven bei der Feuerwehr.
Das passt aber so gar nicht zu den Ausführungen, die Sie bei der Problembeschreibung Ihres Gesetzentwurfs machen. Dort heißt es: "Gerade die nichtpolizei
liche Gefahrenabwehr in Bayern basiert wesentlich auf der Hilfsbereitschaft und Selbstlosigkeit der Menschen." Weiter heißt es dort: "Das Ehrenamt ist eine fundamentale Stütze unserer Gesellschaftsordnung...". – Dazu passt es nicht, wenn die Menschen dann ungleich behandelt werden.
Eine weitere Ungleichbehandlung besteht im Hinblick auf den Umfang der Freistellung. Sie beschränkt sich auf Fortbildungsveranstaltungen, aber sie umfasst nicht die ebenfalls notwendigen Ausbildungsveranstaltungen, wie bei der Feuerwehr. Es gibt noch eine weitere Einschränkung. Die Fortbildungsveranstaltung muss vom Innenministerium anerkannt sein. Welche Veranstaltung geeignet ist, zu einer spürbaren Steigerung der Einsatz- und Verwendungsfähigkeit einer ehrenamtlichen Einsatzkraft zu führen – so die Begründung Ihres Gesetzentwurfs zur Neuregelung in Artikel 17 Absatz 3 Satz 1 des Bayerischen Katastrophenschutzgesetzes –, entscheidet das Innenministerium. Das mag man als Formalie abtun. Man könnte darin aber auch Misstrauen gegenüber den bayerischen Hilfsorganisationen sehen, für die die Rettungshelferinnen und Rettungshelfer aktiv sind. Warum muss das denn sein? Ist das Ministerium tatsächlich sach- und fachkundiger in seiner Bürokratie als diejenigen, die diese Dienste in den Hilfsorganisationen wirklich leisten, und wissen, wofür sie fortgebildet werden müssen?
Diese Frage muss man schon ernsthaft stellen dürfen. Rechtfertigt sich die weiterhin bestehende Ungleichbehandlung etwa aus dem Umstand, dass die Gemeinden die Träger der Feuerwehren sind und damit für die Erstattungsansprüche von Arbeitgebern und Aktiven zuständig sind, während es für die Rettungshelferinnen und Rettungshelfer ihre jeweilige Hilfsorganisation ist, die die Kosten dafür wiederum vom Freistaat erstattet bekommt? Wir müssen das im Ausschuss diskutieren, warum diese Ungleichbehandlung vorhanden ist, warum die Fortbildungsmaßnahmen von der Anerkennung durch das Ministerium abhängig sind.
Ich würde mir wünschen, dass zumindest einvernehmlich festgelegt wird, welche Veranstaltungen geeignet sind, den Einsatz zu verbessern, statt dies dem Diktat des Ministeriums zu
überlassen. Wir haben jedenfalls in den Ausschüssen noch einigen Beratungs- und Aufklärungsbedarf.
Sie können es jetzt von links, von rechts oder von hinten durch die Brust ins Auge versuchen. Ich kann selbstverständlich nicht bestätigen, welche Gespräche die CSU-Fraktion mit welchen Rettungsdienstorganisationen zu welchem Zeitpunkt über welche Regelungsbedürfnisse geführt hat. Sie wissen es offensichtlich selber nicht. Bestätigen kann ich allerdings dem Hohen Haus die Tatsache, dass Ihr Gesetzentwurf jedenfalls erst jetzt, am Freitag oder am Montag, den Hilfsorganisationen, zumindest dem Bayerischen Roten Kreuz, zugeleitet worden ist und dass vorher eine offizielle Beteiligung nicht stattgefunden hat. Zumindest ist das vom Landesgeschäftsführer so gesagt worden. Unsere Bereitschaften haben jedenfalls bis gestern Abend im Landesvorstand den Text nicht gehabt. Welche bilateralen Gespräche vorher stattgefunden haben, kann ich nicht bestätigen, weil ich es nicht weiß, ich war nicht dabei. Da müssen Sie selber in Ihrer Chronik nachschauen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit Beginn der Badesaison wird ein brisantes Thema einmal mehr besonders gegenwärtig: Bayern ist wie seit vielen Jahren nach wie vor das Land mit der höchsten Zahl an ertrunkenen Schwimmerinnen und Schwimmern, oder besser: Nichtschwimmerinnen und Nichtschwimmern. 2015 wurde mit 112 Toten im Freistaat ein trauriger Rekord erreicht. 2016 waren es immerhin noch 91. Das bevölkerungsreichste Land der Bundesrepublik, Nordrhein-Westfalen, mit 18 Millionen Einwohnern verzeichnete im Vergleich dazu 47 bzw. 76 Ertrunkene.
Unser Nachbarland Baden-Württemberg mit 11 Millionen Einwohnern verzeichnete 55 bzw. 54 Ertrunkene. Die Ursachen sind sicher vielfältig. Eine entscheidende Tatsache ist jedoch, dass das Schwimmenlernen in Deutschland und leider auch in Bayern seit Jahren rückläufig ist. Die Politik sollte dies nicht hinnehmen, sondern aktiv gegensteuern, um sich nicht an diesen hohen Zahlen Ertrunkener mitschuldig zu machen.
Die nachlassende Schwimmfähigkeit zeigt sich dramatisch in den Zahlen der aktuellen Forsa-Umfrage, die Anfang des Monats durch die DLRG vorgelegt wurde: 59 % der zehnjährigen Kinder sind keine sicheren Schwimmer. 2010 waren noch 64 % der Kinder sichere Schwimmer. Das ist ein deutlicher Rückgang. Nur circa 40 % der 6- bis 10-Jährigen in Deutschland besitzen ein Jugendschwimmabzeichen. Aber auch in den höheren Altersklassen gaben viele der Befragten an, nicht richtig schwimmen zu können. Zwar bezeichnen sich immerhin 61 % der 14- bis 29Jährigen als sichere Schwimmer. Bei den 30- bis 44Jährigen waren es aber nur noch 52 %. In der Personengruppe ab 60 Jahren gaben sogar nur noch 36 % an, sicher schwimmen zu können. Ähnliche Erfahrungen macht übrigens auch unsere BRK-Wasserwacht. Die Zahlen zeigen den dringenden Handlungsbedarf,
die Schwimmfähigkeit der Bevölkerung zu verbessern.
Noch weitere Zahlen unterstreichen diesen Handlungsbedarf. Laut zweier Schriftlicher Anfragen unseres Fraktionsvorsitzenden Markus Rinderspacher aus den Jahren 2014 und 2016 hat sich die Anzahl der öffentlichen Schwimmbäder seit 2005 um 63 verringert. Gleichzeitig sind derzeit 299 öffentliche Bäder sanierungsbedürftig oder dringend sanierungsbedürftig. 51 Schwimmbädern droht sogar die Schließung. Diese Zahlen belegen, dass hier Handeln dringend erforderlich ist. Darauf weisen wir als SPD-Fraktion seit Langem immer wieder hin. Zum einen verlangen wir mit unserem Dringlichkeitsantrag, dass der Freistaat sofort tätig wird und zusammen mit den Kommunen als Trägerinnen der öffentlichen Schwimmbäder und den Rettungsorganisationen wie zum Beispiel der Wasserwacht oder der DLRG ein umfassendes Sofortprogramm zur nachhaltigen Verbesserung der Schwimmfähigkeit der Bevölkerung auf den Weg bringt.
Hierzu gehört neben dem verpflichtenden Schwimmunterricht in allen Grundschuljahrgängen durch die Zurverfügungstellung der entsprechenden Lehrerstunden natürlich auch eine wirksame Unterstützung der Kommunen bei der Sanierung ihrer Schwimmbäder, um diesen Schwimmunterricht auch flächendeckend anbieten zu können; denn sehr oft scheitert der Schwimmunterricht, weil das nächste Hallenbad 20 oder 30 Kilometer entfernt ist und manche Schule nicht die organisatorische Kraft aufbringt, um es positiv zu formulieren, den Schwimmunterricht tatsächlich durchzuführen. Zudem sollen die Rettungsorganisationen in die Lage versetzt werden, auch den älteren Schülern und den erwachsenen Menschen flächendeckend Schwimmunterricht anbieten zu können. Wir brauchen darüber hinaus aber auch eine große, öffentlichkeitswirksame Kampagne, die die Menschen erreicht und ihnen bewusst macht, wie wichtig es ist, schwimmen zu können, und welche Lebensqualität damit verbunden ist. Ganz wichtig ist natürlich, diese Fähigkeit auch den Kindern und Enkeln zu vermitteln. Das ist nicht nur eine Aufgabe der Schule, sondern auch der Eltern und der Großeltern.
Die SPD-Fraktion hat daher in den vergangenen Jahren immer wieder Anträge zum Haushalt gestellt, um insbesondere die notleidenden Kommunen durch einen Härtefonds in die Lage zu versetzen, ihre Schwimmbäder zu erhalten und damit die Schwimmfähigkeit der Bevölkerung zu verbessern; denn ohne Wasser kann man natürlich nicht schwimmen und schon gar nicht schwimmen lernen.
Dieser dringenden Aufgabe hat sich die Mehrheitsfraktion bislang leider verweigert. Ihre Verweise auf bestehende Fördermöglichkeiten taugen nicht; denn Fördermittel für Bädersanierungen gibt es nur für entsprechende Einrichtungen in prädikatisierten Orten, also in unseren Heilbädern und Kur- und Erholungsorten. Das sind gerade mal 46 von 2.056 bayerischen Gemeinden. Wir bitten daher sehr, unserem Antrag zuzustimmen.
Mit dem Dringlichkeitsantrag der GRÜNEN haben wir das Problem, dass er in Nummer 1 von der unserer Meinung nach falschen Annahme ausgeht, dass mit dem "Seepferdchen" das Lernziel "Schwimmen können" am Ende der Grundschulzeit tatsächlich erreicht wird. Wichtig wäre, zum Ende der Grundschule wohl das Jugendschwimmabzeichen in Bronze zu fordern.
Vielleicht können Sie das in Ihrem Antrag noch ändern. Der Nummer 2 können wir zustimmen. Aber wenn die Nummer 1 nicht geändert wird, müssen wir uns hier enthalten.
Dem Dringlichkeitsantrag der FREIEN WÄHLER stimmen wir zu. Dem Nachzieher der CSU, der ein reiner Berichtsantrag ist, stimmen wir ebenfalls zu. Vielleicht gelingt es uns ja, das Problem heute durch entsprechende Abstimmungen ein Stück weit seiner Lösung näherzubringen, was wir uns sehr wünschen würden.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich denke, ich kann Ihnen und mir ersparen, nochmals auf den Gesetzentwurf im Detail einzugehen; denn angesichts der bisherigen Beratungen hier im Plenum zu den Anträgen der SPD-Fraktion vom vergangenen Jahr, die Rettungshelfergleichstellung endlich auf den Weg zu bringen, und der Beratung unseres Dringlichkeitsantrags vom 25. Oktober sowie der Ersten Lesung zum Gesetzentwurf im November 2016 darf ich den Sachverhalt als bekannt voraussetzen. Ich darf für die Öffentlichkeit nur noch einmal sagen: Es geht um die Gleichbehandlung von Rettungshelfern der Hilfsorganisationen, also zum Beispiel des Arbeiter-SamariterBundes oder des BRK, mit Feuerwehrleuten. Es geht darum – um mit einem Bild zu sprechen –: Wer als Rettungshelfer die durch einen Brand obdachlos gewordenen Hausbewohner in einem Zelt unterbringt und mit Essen und Trinken versorgt,
soll im Hinblick auf seine Freistellung von der Arbeit, die Fortzahlung seines Lohnes und eventuelle Schadensersatzansprüche nicht anders behandelt werden
als etwa ein Feuerwehrmann, der den Verkehr vor dem Brandort umleitet.
Für diese Selbstverständlichkeit hätten wir keine jahrelange Diskussion gebraucht, die dadurch entstanden ist, dass Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CSU, das Verfahren immer wieder verzögert haben. Ihr schlechtes Gewissen offenbart sich in einem fünfseitigen Informationspapier zur "umfassenden Erweiterung der Helfergleichstellung", das Sie in den letzten Wochen verteilt haben. Dieses Papier strotzt geradezu vor Eigenlob und versucht, den Gang der Dinge schönzuschreiben,
wie auch Sie, Herr Kollege Tomaschko, das heute schönreden wollen. Sie haben gesagt, die Helfergleichstellung von 2013 und ihre aktuelle Erweiterung seien von der CSU-Fraktion gemeinsam mit der Staatsregierung initiiert worden. So heißt es auch im Papier. Die Einführung dieser Freistellung im Rettungsdienst beruhe auf einer Initiative der CSU-Fraktion und der Staatsregierung und sei keine Erfindung der SPD. Diese namentliche Erwähnung unserer Partei ehrt uns ja fast schon. Tatsache ist aber, dass die CSU sowohl im Hinblick auf die Einführung des Artikels 33a des Rettungsdienstgesetzes vor vier Jahren als auch jetzt bei der Rettungshelfergleichstellung erst auf massiven Druck der Hilfsorganisationen hin, insbesondere des Bayerischen Roten Kreuzes, und, was die Rettungshelfergleichstellung betrifft, auf ebenso massiven Druck der SPD-Fraktion aktiv wurde.
Da können Sie lachen, solange Sie wollen, Herr Kollege Kreuzer. Schon in der abschließenden Plenardebatte zur Einführung des Artikels 33a im Jahr 2012 habe ich deutlich gemacht, dass das erst der erste Schritt sein kann und wir an der Rettungshelfergleichstellung festhalten und dafür kämpfen werden. Das hat die CSU wohl aus ihrem Gedächtnis verdrängt. Wir haben dann 2015 einen Antrag gestellt, dass die Staatsregierung einen Gesetzentwurf vorlegen soll. Dieser Antrag ist von der CSU als "Schnellschuss" abgeschmettert worden,
obwohl zwischenzeitlich drei Jahre vergangen waren. Im April 2016 haben wir mit einem weiteren Antrag endlich Bewegung in die Sache gebracht, was allerdings zunächst am Votum der CSU-Vertreter im Haushaltsausschuss zu scheitern drohte. Es war so, wie ich es in der Sitzung des Kommunal- und Innenausschusses am 25. Januar gesagt habe: Wir mussten die CSU zum Jagen tragen. Daher sollten Sie sich mit Kritik an der SPD vornehm zurückhalten.
Leider wurden zahlreiche Forderungen der Arbeitsgemeinschaft für Bevölkerungsschutz nicht umgesetzt. Die wichtigste Forderung – nur auf diese will ich heute noch mal eingehen –, nämlich die nach der Freistellung auch für Ausbildungsveranstaltungen, wird nach wie vor nicht umgesetzt. Da geht es nicht um jede beliebige Ausbildung oder Kochkurse, Herr Kollege Tomaschko. Das ist eine Beleidung für die Helferinnen und Helfer.
Die Gleichbehandlung mit Feuerwehrleuten ist absolut gerechtfertigt.
Warum sollten Helfer, die eine Pflichtausbildungsveranstaltung bei der Feuerwehrschule besuchen, anders behandelt werden als ihre Kameraden von der Feuerwehr? Hier fehlt jeder sachliche Unterscheidungsgrund. Worum geht es denn überhaupt bei diesen Ausbildungsveranstaltungen? – Beispielsweise geht es beim BRK um die verpflichtende Leitungskräfteausbildung der Bereitschaften und der Wasserwacht, die diese Leute an den staatlichen Feuerwehrschulen absolvieren müssen. Damit sind Örtliche Einsatzleiter, Organisatorische Leiter Rettungsdienst, Verbandsführer usw. gemeint. Dafür gibt es feste Ausbildungspläne. Die Ausbildung erfolgt in der Regel am Wochenende. Nur die Abschlusslehrgänge finden an staatlichen Schulen statt. Es geht dabei um vielleicht hundert oder zweihundert Leitungskräfte der Hilfsorganisationen im Jahr. Auch der zeitliche Umfang dieser zwingend erforderlichen, hier überhaupt relevanten Ausbildungsveranstaltungen beträgt etwa fünf Ausbildungstage. Wir reden also von 500 bis 1.000 Ausbildungstagen pro Jahr. Da ist die von Ihnen geradezu dämonisierte Kostenbelastung von völlig untergeordneter Bedeutung. Den Haushaltstitel hätten Sie längst schaffen können.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, dieser Mangel könnte mit einem kleinen Federstrich, so, wie wir es in unserem Änderungsantrag vorgesehen haben, beseitigt werden. Noch haben Sie die Chance, das zu tun.
Darum bitte ich um Zustimmung zu unserem Antrag. Dabei geht es uns ausschließlich um die Sache, Herr Kollege Tomaschko, sonst um gar nichts.
Wenn wir diesem Gesetzentwurf heute trotz seiner Mängel zustimmen, dann deshalb, damit wenigstens die Rettungshelfergleichstellung im Einsatzfall endlich zum Tragen kommt, und das mit möglichst breiter Zustimmung. Das geschieht auch als Zeichen der Wertschätzung gegenüber den vielen Helferinnen und Helfern der Hilfsorganisationen. Der Umfang des Änderungsantrags der CSU zeigt, dass es noch einer Reihe weiterer Änderungen bedarf. Das zeigt die Mangelhaftigkeit des ursprünglichen Entwurfs. Wir werden uns hier enthalten, weil das Wichtigste fehlt, nämlich die Freistellung für Ausbildungsveranstaltungen. Dem Dringlichkeitsantrag können wir ebenfalls nicht zustimmen. Wir werden uns auch hier enthalten, weil er zwar in die richtige Richtung geht, aber viel zu spät kommt.
Dem Änderungsantrag der GRÜNEN stimmen wir selbstverständlich zu. Es ist schade, dass das Ziel der umfassenden Rettungshelfergleichstellung, auch wenn Sie das gebetsmühlenhaft behaupten, jedenfalls mit diesem Gesetzentwurf verfehlt wird, sofern Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CSU, sich nicht zu einer Zustimmung zu unserem Änderungsantrag durchringen können.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Änderung des Baugesetzbuches dient der Anpassung des Städtebaurechts an die Vorgaben der EU-Richtlinie 2014/52 und der Stärkung des neuen Zusammenlebens in der Stadt, wozu auch die neue Baugebietskategorie "Urbane Gebiete" eingeführt wird, was wir sehr begrüßen. Ein Pferdefuß ist allerdings der beabsichtigte neue § 13b des Baugesetzbuches. Er normiert die Einbeziehung von Außenbereichsflächen in das beschleunigte Verfahren, wonach nun Bebauungspläne mit einer Grundfläche bis zu
10.000 m2 ebenfalls im beschleunigten Verfahren aufgestellt werden können. Es geht um Bebauungspläne, durch die die Zulässigkeit von Wohnnutzungen und Flächen begründet wird, die sich an im Zusammenhang bebaute Ortsteile anschließen, wie es im Gesetzestext heißt. Die Verfahrensbeschleunigung und vereinfachung wird dadurch erreicht, dass die Umweltverträglichkeitsprüfung ebenso entfällt wie die Verpflichtung, einen Ausgleich für die damit verbundenen Eingriffe in Natur und Landschaft zu schaffen.
Natürlich ist es völlig unbestritten, dass wir dringend für mehr, und zwar für sehr viel mehr Wohnraum sorgen müssen, und dies nicht nur in Ballungszentren, auch wenn der Bedarf dort wohl am größten ist, sondern im ganzen Land. Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, der Zweck heiligt natürlich nicht die Mittel. Nun scheint der Umgriff der hier in Betracht kommenden Flächen auf den ersten Blick überschaubar zu
sein – von weniger als 10.000 m2 Grundfläche ist da die Rede –; aber das entspricht je nach Erschließungs- und Grünlandkonzept tatsächlich einer Gesamtfläche vom Drei- bis Vierfachen. Wir sprechen
hier also von 30.000 bis 40.000 m2.
Dazu kommt, dass eine entsprechende Siedlungsentwicklung an mehreren Ortsrandgebieten ermöglicht wird, die vorhandene Bebauung damit ausfranst, wie es der Kollege Mistol schon gesagt hat, und es zu einer weiteren Zersiedelung der Landschaft kommt. Damit wird die sehr positive Absicht des § 13a des Baugesetzbuches geradezu konterkariert, wo es um die bevorzugte Förderung der Innenentwicklung geht. Die Befristung der 13b-Regelung auf drei Jahre, Herr Kollege Bernhard, macht es nicht viel besser und erweckt den Eindruck, die Auswirkungen würden sich schon in einem überschaubaren Rahmen halten. Das Gegenteil wird der Fall sein. Denn die Kommunen sehen sich dem Druck ausgesetzt, innerhalb dieser drei Jahre möglichst intensiv von der Neuregelung Gebrauch zu machen und die Innenentwicklung vorerst zurückzustellen. Damit wird die Innenentwicklung plötzlich gegenüber der Außenentwicklung nachrangig.
Einen ähnlichen Planungsbeschleunigungseffekt gab es auch im Hinblick auf die Einführung der Umweltverträglichkeitsprüfung in das Bauleitplanverfahren durch die Baugesetzbuchnovelle von 2004. Ja, auch wir haben großes Vertrauen in die Kommunen, deren Planungshoheit durch die Streichung von § 13b ja überhaupt nicht berührt wird. Im Gegenteil, ihre Flächennutzungsplanung wird durch diesen § 13b nicht über den Haufen geworfen. Dass das Flächensparziel, also das Ziel, bis 2020 die Inanspruchnahme neuer Flächen für Siedlungs- und Verkehrsprojekte in Deutschland auf 30 Hektar pro Tag zu reduzieren, damit noch ein Stück weiter in die Ferne rückt, brauche ich nicht näher zu erläutern. Das wird so sein.
§ 13b ist also mit heißer Nadel gestrickt, und dazu muss man wissen – Kollege Mistol hat darauf schon hingewiesen –, dass es sich bei der Novellierung des Baugesetzbuches um einen Kompromiss handelt und der im Referentenentwurf des Bundesbauministeriums noch nicht enthaltene § 13b erst auf Druck der CSU in den Entwurf eingefügt wurde. Während der Deutsche Städte- und Gemeindebund die Regelung im Hinblick auf den Wohnungsbedarf begrüßt, findet die Regelung beim Bayerischen Städtetag nur bedingt Zustimmung. Er möchte eine Beschränkung der Bebauung im Bereich des § 13b auf Geschosswohnungen. Ob dies allerdings im Hinblick auf die Ortsrandlagen und das Ziel einer abgestuften Bebauung von innen nach außen sinnvoll ist, ist meines Erachtens schon eher fraglich.
Der Bundesrat hat die Sprengkraft der 13b-Regelung offensichtlich erkannt. Im Ausschuss für Städtebau, Wohnungswesen und Raumordnung wurde dem Antrag, § 13b ersatzlos zu streichen, letzte Woche mit zehn zu vier Stimmen bei zwei Enthaltungen zugestimmt. Im Umweltausschuss fiel auf den gleichlautenden Antrag mehrerer Länder hin die Entscheidung sogar einstimmig, also auch mit der Stimme Bayerns. Damit dürfte sicher sein, dass das Plenum des Bundesrats in seiner morgigen Sitzung die Streichung von § 13b zumindest mit großer Mehrheit beschließen wird, und das ist auch gut so. Daher stimmen wir als SPD-Fraktion dem Antrag der GRÜNEN heute zu.
Herr Kollege Herrmann, so absurd, wie Sie dies jetzt darstellen, ist es nicht, was Sie an der Äußerung des Herrn Kollegen Mistol kritisieren. Lassen Sie sich das einfach einmal aus dem Erfahrungsschatz eines ehemaligen Bürgermeisters sagen.
Ich finde es schön, dass Sie heute gerade die Stellungnahmen der kommunalen Spitzenverbände auf Bundesebene so ultimativ zitiert haben. Ich würde mir wünschen, dass das vielleicht häufiger geschieht. Es ist jedenfalls kein durchgängiges Prinzip der Bayerischen Staatsregierung, sich den Stellungnahmen der kommunalen Spitzenverbände anzuschließen.
Sie haben die Tatsache übersprungen, dass der Bayerische Städtetag nicht ungeteilt dem § 13b zustimmt, sondern dass er davon spricht, dies müsse zumindest auf Geschosswohnungen beschränkt werden. Das ist genau das, was der Kollege Mistol gesagt hat und was Sie als absurd dargestellt haben, bzw. Sie haben die Situation nicht für realistisch gehalten.
Ich würde gerne von Ihnen wissen, wie Sie sich das unterschiedliche Abstimmungsverhalten Bayerns in den Ausschüssen des Bundesrates erklären. In einem Ausschuss hat man für die Streichung des § 13b gestimmt. In dem anderen Ausschuss hat man dagegen gestimmt. Gilt nun das, was Herrmann sagt oder was Scharf sagt, oder gibt es noch eine Ressortabstimmung, damit wir morgen wissen, was Sache ist?
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Wortmeldung des Kollegen Kreuzer, der gerade hinausgegangen ist, hat mich sehr betroffen gemacht.
Sie widerspricht völlig dem, wozu ich mich als Abgeordneter verpflichtet fühle, nämlich um die besten Lösungen von Problemen zu kämpfen und zu diskutieren. Aber noch mehr betroffen gemacht hat mich der Beifall, den er dafür sicher unbewusst von der Tribüne erhalten hat, mutmaßlich von Vertretern der AfD, da
runter ihr Landesvorsitzender Petr Bystron – ein Verhalten, das jeden Respekt vor dem Parlament vermissen lässt. Die Herrschaften haben Gott sei Dank das Hohe Haus zwischenzeitlich verlassen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die CSU schlägt vor, die herausragende Rolle der Kommunen im Integrationsprozess in einem eigenen Artikel, dem Artikel 9 neu, zu erwähnen, wie es in der Begründung heißt, und zwar noch vor Rundfunk und Wirtschaft. Beim oberflächlichen Lesen klingt das zunächst gar nicht so schlecht. Aber der Erwähnung folgen keine konkreten Regelungen. Es bleibt bei unverbindlichen Worthülsen. Dieser Artikel verhöhnt die Kommunen. Er lobt geradezu pharisäerhaft ihren unverzichtbaren Beitrag, lässt sie aber finanziell im Regen stehen. Das ist im beispielhaft schlechtesten Sinn ein Titel ohne Mittel.
Bei diesem nach dem Änderungsantrag der CSU neu einzufügenden Artikel handelt es sich um reine Gesetzeskosmetik. Der Artikel hat ohnehin, wie es in der Begründung heißt, nur deklaratorischen Charakter und verpflichtet den Staat nach wie vor zu nichts. Auf derartige Placebos können die Kommunen gut und gern verzichten, liebe Kolleginnen und Kollegen. Was sie bei der Aufnahme und Integration von Flüchtlingen geleistet haben und tagtäglich leisten, wissen die Kommunen selbst am besten. Ihre großartige Leistung beweist überdeutlich, in welch hohem Maß sie sich ihrer Mitverantwortung für die Integration bewusst sind. Natürlich vermeidet es die CSU in ihrem Vorschlag für einen neuen zusätzlichen Artikel 9 selbst, konnexitätsrechtlich relevante Wirkungen zu verankern; denn das geschieht versteckt an anderen Stellen des Integrationsgesetzes.
Der CSU-Antrag ändert also nichts an der generellen Kritik der kommunalen Spitzenverbände, vor allem an den durch dieses Gesetz zusätzlich entstehenden Kosten. Lassen Sie mich aus der Stellungnahme zitieren:
Die Kosten der Integration
als gesamtstaatliche Herausforderung –
dürfen nicht auf die Kommunen abgewälzt werden. Durch das vorliegende Bayerische Integrationsgesetz werden zusätzliche Standards festgesetzt und zum Teil neue Aufgaben auf die Kommunen übertragen bzw. bestehende Aufga
ben erweitert. Hierdurch wird das Konnexitätsprinzip tangiert …
Durch das Bayerische Integrationsgesetz entstehen den Kommunen entgegen den Ausführungen im Vorblatt Kosten …
die für die kommunalen Spitzenverbände konnexitätsrelevante Fragen aufwerfen.
Die Spitzenverbände haben dafür Beispiele genannt, wie den Artikel 5 Absatz 1 Satz 5, der Träger von Kindertageseinrichtungen verpflichtet, pädagogisches Personal vorzuhalten, das die notwendigen interkulturellen Kompetenzen im erforderlichen Umfang fortentwickelt. Dazu bedarf es aber der entsprechenden Zusatzausbildung, die mit deutlichen Mehrkosten im Personalbereich verbunden ist. Ähnliches gilt für die Festlegung, dass Gemeinden, Städte und Landkreise SPRINT-Klassen, integrative Gymnasialklassen, Berufsintegrationsklassen und Übergangsklassen bilden müssen. Das bedeutet unkalkulierbare Kosten für die Kommunen als Schulaufwandsträger.
Artikel 13 Absatz 3 begründet mit der Überprüfung der Teilnahme am Grundkurs Rechts- und Werteordnung sowie der Entscheidung über den Bußgeldtatbestand eine weitere Aufgabe für die Sicherheitsbehörden, die insbesondere Vollzugsaufwand und damit zusätzliche Personalkosten hervorruft. Die Umsetzung solcher Aufgaben wie eben genannt kostet selbstverständlich viel Geld. Genauso selbstverständlich sind diese Aufgabenzuweisungen konnexitätsrechtlich relevant. Da hilft es gar nichts, wenn Sie das in der Gesetzesbegründung verneinen. Papier ist bekanntlich geduldig.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, auch in Bezug auf die Kommunen wird deutlich, was sich wie ein roter Faden durch den Gesetzentwurf der Staatsregierung zieht und durch den Änderungsantrag Ihrer Fraktion, Herr Kollege Kreuzer, noch verstärkt wird. Es geht Ihnen nur ums Fordern, nicht aber ums Fördern. Wenn Sie schon glauben, die herausgehobene Rolle der Kommunen unterstreichen zu müssen, dann machen Sie doch bitte Nägel mit Köpfen, anstatt unseren Kolleginnen und Kollegen in den Kommunen Steine statt Brot zu geben.
Gesetze macht man, um Rechte und Pflichten festzulegen oder, um die kommunalen Spitzenverbände nochmals zu zitieren: "Gesetze enthalten in aller Regel klare Handlungsanweisungen und Verpflichtungen." – Genau das macht Ihr neuer Artikel 9 nicht. Er ist daher so überflüssig wie ein Kropf.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe bereits in der Zweiten Lesung erhebliche Mängel aufgezeigt, die der Gesetzentwurf der Staatsregierung im Hinblick auf die Kommunen enthält. Auf einen ganz grundsätzlichen Mangel und auf Versäumnisse dieses Gesetzes will ich nun eingehen. Dieser Mangel, den auch die kommunalen Spitzenverbände leider vergeblich kritisieren, besteht in der absoluten Unverbindlichkeit hinsichtlich der Förderung. Statt klarer Handlungsanweisungen einerseits und konkret formulierter Verpflichtungen andererseits enthält der Entwurf häufig bloße Programmsätze. Das bringt für die Kommunen große Unsicherheiten beim Vollzug, etwa bei der fehlenden Adressatendifferenzierung für die Verpflichtung, sich angemessen in Deutsch verständigen zu können. Denn "es besteht … auch für bereits länger in Deutschland lebende Zuwanderer zum Teil kein Zugang zu Deutschkursen", so die kommunalen Spitzenverbände.
Und wer entscheidet eigentlich darüber, was erwartbar oder angemessen ist und ob das Lernziel erreicht wurde oder nicht? Wie bereits in der laufenden Debatte kritisiert, ist auch aus kommunaler Sicht die Drohkulisse geradezu ärgerlich, die der Entwurf gegen Kindertagesstätten errichtet, die sich häufig in
kommunaler Trägerschaft befinden, indem ihnen Artikel 5 völlig überflüssigerweise Widerruf oder Rücknahme der Erlaubnis für ihren Betrieb androht, wenn sie nicht zentrale christlich-abendländische Kultur vermitteln, Achtung vor religiösen Werten entwickeln und Migranten und ihre Integrationsbereitschaft fördern. Nach dem BayKiBiG droht ihnen ja bereits heute der Entzug der Betriebserlaubnis, wenn sie sich nicht an die dort nahezu identischen Vorgaben halten.
Den Kommunen obliegt auch die Ahndung von Verstößen gegen Regelungen dieses Gesetzes. Zum einen werden die dafür entstehenden Kosten bei ihren Verwaltungen anfallen, zum anderen werden sie beim Vollzug viel Freude haben, weil die Verletzung des verfassungsrechtlichen Bestimmtheits- und Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes geradezu charakteristisch für dieses Gesetz ist und Sie sich bei den Gesetzesformulierungen in eine Vielzahl von unbestimmten Rechtsbegriffen flüchten, mit der Folge, dass der Vollzug der Vorschriften mit gewissen Schwierigkeiten verbunden sein wird, wie die kommunalen Spitzenverbände mit der ihnen eigenen vornehmen Zurückhaltung kritisieren.
Ein Musterbeispiel für einen solchen zweifelhaften unbestimmten Rechtsbegriff enthält etwa der neue Artikel 5a, der nach Artikel 17a des Entwurfs zur Vermeidung einseitiger Bewohnerstrukturen in das Wohnungsbindungsgesetz eingefügt werden soll. Wann ist denn eine Bewohnerstruktur einseitig? Liegt Einseitigkeit schon vor, wenn 30 % der Bewohner das gleiche Merkmal aufweisen, oder erst ab einem Anteil von 50 % oder 80 %? Die unverzügliche Verpflichtung des Verfügungsberechtigten, eine Wohnung nur an Wohnungssuchende zu vermieten, deren Zuzug die Gemeinde vorher zugestimmt hat, ist faktisch für die Kommunen nicht nachvollziehbar.
Was da auf unsere Kommunen zukommt, lässt die Stellungnahme des Vertreters des Innenministeriums im Kommunalausschuss zum Begriff der Beharrlichkeit erahnen. Die Sicherheitsbehörden müssten sich die Frage stellen, wie dieser Begriff zu deuten sei. Die Argumentation der CSU zu einem entsprechenden Vorhalt im Ausschuss ist so verblüffend wie juristisch unhaltbar. Kollege Reichhart sagte, das Integrationsgesetz lebe auch davon, dass es in vielen Bereichen nicht ganz, ganz konkret werde, sondern abstrakt bleibe und zum Teil unbestimmte Rechtsbegriffe verwende. Das sei in diesem Bereich sehr, sehr gut.
Ich muss hier auch noch mal auf das Thema Konnexität zu sprechen kommen, die Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CSU, ja nicht berührt sehen. Das sehen die kommunalen Spitzenverbände ganz anders. Ich darf aus deren Stellungnahme zitieren:
Erforderlich ist, dass der Freistaat die Förderungen, Angebote und Begünstigungen auskömmlich finanziert. Der Staat darf die Folgekosten der Integration nicht auf die Kommunen und Kommunalverbände abwälzen.
Der Vertreter des Innenministeriums sah im Kommunalausschuss die Konnexität erst dann tangiert, wenn sich eine tatsächliche Mehrbelastung ergebe. Unwesentliche Mehrbelastungen seien nicht ausgleichspflichtig. Es bleibe abzuwarten, wie oft solche Fälle vorkommen. Gemeint waren die beharrlichen Regelverstöße nach Artikel 18. Ausgleichsverpflichtungen bestünden nur bei nicht unerheblichen Mehrbelastungen. Ob dieser Rahmen erreicht werde, bleibe abzuwarten.
Wenn das zweifelhaft ist, frage ich mich schon, welche Relevanz und daraus folgend welche Berechtigung diese Bestimmung dann überhaupt hat und ob sie nicht tatsächlich nur Popanz ist. Aber ganz unabhängig davon: Was hindert die Staatsregierung eigentlich daran, eine Bestimmung aufzunehmen, die im Erheblichkeitsfall die Konnexität anerkennt? So müssen die Kommunen später ihren Ansprüchen einmal mehr hinterherlaufen.
Ich könnte diese Mängelliste noch weiter fortführen, etwa weil dieser Gesetzentwurf die kommunalen Integrationsbeiräte überhaupt nicht erwähnt, obwohl sie auf kommunaler Ebene eine ganz wichtige Rolle spielen, oder weil dieser Gesetzentwurf wichtige gesellschaftspolitische Erfordernisse schlichtweg nicht zur Kenntnis nimmt, wie etwa die interkulturelle Öffnung der öffentlichen Verwaltung oder die Förderung von Integrationsmaßnahmen freier Träger zur Entlastung der Kommunen.
Ich komme zum Schluss. Dieser Gesetzentwurf stellt nicht nur für Migranten ein umfangreiches Pflichtenheft dar. Nein, auch die Kommunen bekommen ein solches Pflichtenheft in die Hand gedrückt, werden damit in den ungewissen Vollzug entlassen und mit nicht unerheblichen Kostenrisiken, zusätzlichem Personalaufwand und drohenden Prozessen konfrontiert. Durch Drohkulissen, den eindeutig repressiven Charakter und den falschen Geist
der Abschottung und Ausgrenzung, den dieses Gesetz verbreitet,
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Anlass für diese Gesetzesvorlage ist die von den Rettungsdiensten seit Jahren beklagte Ungleichbehandlung ehrenamtlicher Rettungshelfer, die zwar von der Integrierten Leitstelle alarmiert werden, aber unterhalb der Schwelle eines Massenanfalls von Verletzten Unterstützung leisten. Ich möchte mich deshalb auf diesen Punkt des Gesetzentwurfs konzentrieren; das Übrige ist unstrittig.
Im Gegensatz zu den ehrenamtlichen Einsatzkräften im Rettungsdienst, die sogenannte zeitkritische Einsätze leisten, und im Gegensatz zu den ehrenamtlichen Feuerwehrdienstleistenden haben diese Unterstützungskräfte bisher keine Freistellungs-, Entgeltfortzahlungs- oder Entlastungsansprüche. Für den betroffenen Personenkreis ist das nicht nachvollziehbar. Nach bisheriger Rechtslage drohen daher den ehrenamtlichen Mitgliedern von sogenannten Schnell-Einsatz-Gruppen der Hilfsorganisationen und privater Organisationen unterhalb des Massenanfalls von Verletzten deutliche Nachteile aus ihrem ehrenamtlichen Dienst, obwohl sie zu einer dringend erforderlichen Unterstützungsleistung bei einem der Abwehr einer konkreten Gefahr dienenden Einsatz alarmiert wurden und ehrenamtlich Hilfe leisten, wie es in der Problembeschreibung zum vorliegenden Gesetzentwurf, Buchstabe A Nummer 1, zutreffend heißt.
Diesem Missstand soll nun endlich abgeholfen werden. Das ist gut so; denn gerade die nichtpolizeiliche Gefahrenabwehr in unserem Land basiert ganz wesentlich auf der Hilfsbereitschaft und der Selbstlosigkeit seiner Bürgerinnen und Bürger. Ich möchte aber an dieser Stelle betonen, damit keine Missverständnisse aufkommen: Diese Selbstlosigkeit soll durch die Rettungshelfergleichstellung in keiner Weise infrage gestellt werden. Es geht nicht um Bezahlung oder Entschädigung für den durch den Einsatz getätigten Aufwand. Nein, es geht ausschließlich darum, dass den Rettungshelfern nicht auch noch materielle Nachteile aus ihrer Hilfsbereitschaft entstehen. Herr Staatssekretär Eck hat bereits darauf hingewiesen.
Auf Dauer könnte dies nämlich dazu führen, dass immer weniger Menschen bereit sind, sich in Notfällen
ehrenamtlich für andere zu engagieren. Die zentrale Bestimmung ist der neue Artikel 17 Absatz 2 des Katastrophenschutzgesetzes, der für diese ehrenamtlichen Helfer auf den künftig geltenden Artikel 33a des Bayerischen Rettungsdienstgesetzes verweist, der seit dem Jahr 2013 für die ehrenamtlichen Einsatzkräfte in zeitkritischen Bereichen gilt und ebenfalls neu gefasst werden soll.
Allerdings sollen nur die Helferinnen und Helfer erfasst werden, die in einer Schnell-Einsatz-Gruppe organisiert sind, wie sie zum Beispiel für Transport, Betreuung, Verpflegung und psychosoziale Notfallversorgung eingesetzt wird. In Übereinstimmung mit den Rettungsdiensten sehen wir hier Nachbesserungsbedarf, weil, so der Wortlaut in der Stellungnahme der Arbeitsgemeinschaft Bevölkerungsschutz, damit die Dynamik von Einsatzlagen nicht ausreichend berücksichtigt wird. Alarmierte Einzelpersonen wie Fachberater oder Angehörige von Einsatzstäben wären nämlich von der Neuregelung ausgeschlossen. Auch die enumerative Aufzählung der Schnell-Einsatz-Gruppen in der Begründung kann zu Problemen führen, wenn nämlich aufgrund bestimmter Veränderungen künftig neue oder andere Schnell-Einsatz-Gruppen gebildet werden müssen.
Ein weiterer Kritikpunkt betrifft die Festlegung, dass Voraussetzung für das Entstehen von Freistellungsansprüchen die Alarmierung durch die Integrierte Leitstelle sein soll. Die Alarmierung bestimmter Einheiten ist durch eine einzelne Integrierte Leitstelle oft nicht möglich, da sich bestimmte Schnell-Einsatz-Gruppen aus Einzelpersonen formieren und aus unterschiedlichen Orten, unterschiedlichen Landkreisen und unterschiedlichen Zuständigkeitsbereichen von Leitstellen, die demnach separat alarmiert werden müssen.
Zudem kommen schon heute Einsatzkräfte ohne die Alarmierung durch die ILS zum Einsatz, zum Beispiel auf Aufforderung durch kommunale Behörden der Feuerwehr oder der Polizei. Als klassisches Beispiel trägt die Arbeitsgemeinschaft die Verpflegung von Feuerwehreinsatzkräften vor. Herr Staatssekretär, hier darf keine Regelungslücke entstehen.
Eine weitere gravierende Regelungslücke ergibt sich durch die Beschränkung der Freistellung von der Arbeitsleistung im neu zu fassenden Artikel 33a Absatz 1 Satz 2 des Bayerischen Rettungsdienstgesetzes auf die Teilnahme am Einsatz und für einen angemessenen Zeitraum danach sowie durch die Verweisung auf die entsprechende Geltung von Artikel 9 Absatz 1 Satz 3 und 4 des Bayerischen Feuerwehrgesetzes. Dort ist etwas ganz anderes geregelt als die Retterfreistellung; denn dort geht es um die Pflicht des Arbeitnehmers, seine Abwesenheit nach Möglich
keit dem Arbeitgeber rechtzeitig mitzuteilen, und um die Pflicht des Arbeitgebers, dem Arbeitnehmer das Arbeitsgeld fortzuzahlen. Das ist alles in Ordnung. Aber wenn Rettungshelfern tatsächlich keine Nachteile aus ihrem Ehrenamt entstehen sollen, dann muss hier auch Artikel 9 Absatz 1 Satz 2 des Bayerischen Feuerwehrgesetzes für sie entsprechend gelten. Danach wären sie während der Teilnahme an Einsätzen, aber auch an Ausbildungsveranstaltungen, an Sicherheitswachen oder Bereitschaftsdiensten zur Arbeitsleistung nicht verpflichtet. Oder man verzichtet auf diese Verweisung gänzlich, nimmt aber dafür in Artikel 33a Absatz 1 Satz 2 des Bayerischen Rettungsdienstgesetzes zumindest Ausbildungsveranstaltungen mit auf.
Wir begrüßen diesen Gesetzentwurf, den wir schon vor mehr als eineinhalb Jahren eingefordert haben, sehen aber für die Ausschussberatungen noch einigen Beratungs-, Klärungs- und Verbesserungsbedarf. Das hat beispielsweise auch der Präsident des Bayerischen Roten Kreuzes dem Ministerpräsidenten und dem Innenminister mitgeteilt, weil die Forderungen der Arge Bevölkerungsschutz möglicherweise zwar abgewogen worden sind, aber nicht Eingang in das neue Gesetz finden sollen.
Auch im Hinblick auf ein paar weitere Punkte gibt es Haken und Ösen, auf die ich heute nicht eingehen möchte. Das werden wir in der Beratung in den Ausschüssen tun.
Herr Kollege Mistol, Sie haben aus einer Pressemitteilung des Bayerischen Roten Kreuzes zitiert, die mir als Vizepräsident natürlich bekannt ist. Ich frage mich allerdings, warum Sie nur einen Teil davon zitieren. Darin steht nämlich auch, dass es Ergänzungswünsche und Anregungen vor allem bei so schwierigen Themen wie der Alarmierung von Einsatzkräften gibt; ich hatte das angesprochen. Dann heißt es wörtlich: "Deshalb hofft das BRK nach wie vor darauf, dass der Gesetzentwurf noch an einigen Stellen nachgebessert wird."
Des Weiteren führt unser Präsident in einem Schreiben an den Herrn Ministerpräsidenten aus: "Die Berücksichtigung von Ausbildungs- und Trainingszeiten in einem definierten Umfang sollte entweder im Gesetz selbst oder in einer Ausführungsverordnung noch zusätzlich ebenso geregelt werden wie die Behandlung von bestimmten ILS-alarmierten Einsatzkräften, die keiner SEG angehören." Genau das habe ich heute wiederholt, Sie haben es leider nur nicht mit zitiert.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Eigentlich sollte ich hier gar nicht stehen müssen;
denn ich hatte geglaubt, dass gilt, was in diesem Hohen Haus beschlossen wird, und zwar auch für die Staatsregierung.
Der Gesetzentwurf zur Änderung des Katastrophenschutzgesetzes mit dem Ziel der Rettungshelfer
gleichstellung hat mich eines Schlechteren belehrt. Der Ausdruck "eines Besseren" wäre hier unangebracht. Die Durchführenden des Rettungsdienstes kämpfen seit Jahren um diese Gleichstellung. Was eigentlich etwas Selbstverständliches sein sollte, erweist sich mehr als anstrengender Hindernislauf.
Initiativen der SPD-Fraktion wurden abgeblockt. Ein Antrag vom 17.03.2015, endlich einen entsprechenden Gesetzentwurf vorzulegen, wurde von der CSUMehrheit mit der haarsträubenden Begründung kaltschnäuzig abgeschmettert, die SPD beantrage eine gesetzliche Regelung im Schnellschussverfahren. Erst ein erneuter Dringlichkeitsantrag der SPD-Fraktion vom 7. April diesen Jahres brachte den Durchbruch, als wir neben weiteren Punkten einen Zeitplan für eine Gesetzesvorlage zur Rettungshelfergleichstellung einforderten.
Nach dem einstimmigen Beschluss des federführenden Ausschusses für Kommunale Fragen, Innere Sicherheit und Sport schien der Weg zur Rettungshelfergleichstellung frei zu sein. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CSU, doch dann streuten Ihre Vertreter im Haushaltsausschuss Sand ins Getriebe, indem sie die Rettungshelfergleichstellung unter Haushaltsvorbehalt stellen wollten. Unsere Retter helfen aber immer, und zwar unabhängig von der Kassenlage des Freistaats und nicht nur, wenn es ihnen gerade gefällt.
Angesichts zu erwartender überschaubarer Kostenerstattungen durch den Freistaat von weniger als einer halben Million Euro im Jahr tun solche haushalterischen Überlegungen weh. Der Vorsitzende des Innenausschusses hat sich zum Glück durchgesetzt, sodass das Plenum unserem Antrag am 9. Juni einstimmig folgte.
Was gestern vom Kabinett als Gesetzentwurf beschlossen wurde, entspricht aber nicht dieser Entscheidung des Landtags; es sei denn, Sie hätten es über Nacht noch geändert. Dem Landtag ging es um eine Gesetzesvorlage zur Rettungshelfergleichstellung, und zwar unabhängig vom Vorliegen der Voraussetzungen nach § 44 Absatz 1 Satz 3 des Ausführungsgesetzes zum Bayerischen Rettungsdienstgesetz, wonach Voraussetzung für die Freistellung die Alarmierung durch die Integrierte Leitstelle ist.
Dem Anspruch der Rettungshelfergleichstellung entspricht der Gesetzentwurf auch deswegen nicht, weil
anders als bei Feuerwehrleuten Ausbildungs- und Übungszeiten von Rettungshelfern nicht zu Freistellungs- und Entgeltfortzahlungsansprüchen führen sollen. Warum eigentlich diese Ungleichbehandlung? Warum keine Gleichbehandlung mit den Feuerwehrleuten? Warum tun Sie sich damit ohne Not so schwer?
Die Arbeitsgemeinschaft Bevölkerungsschutz, in der sich Arbeiter-Samariter-Bund, BRK, DLRG, Johanniter-Unfall-Hilfe und Malteser Hilfsdienst einschließlich der assoziierten Mitgliedsverbände THW und MHW zusammengeschlossen haben, hat auf vier engzeilig beschriebenen Zeilen ihre Bedenken und Anregungen vorgetragen und die Mängel des Gesetzentwurfs aufgezeigt. So haben zwar künftig die Mitglieder von Schnelleinsatzgruppen Freistellungs- und Entgeltfortzahlungsansprüche, wobei jedoch die Dynamik von Einsätzen nicht ausreichend berücksichtigt wird. Im Einsatz befindliche Einzelpersonen wie Fachberater oder Angehörige von Fach- und Einsatzstäben sollen von der Regelung ausgeschlossen bleiben. Auch der Umstand, dass sich Einsatzeinheiten oft erst auf überregionaler Ebene formieren, bleibt im Gesetzentwurf unberücksichtigt. Ergänzungsmodule wie zum Beispiel die Besatzung des neuen Gerätewagens Logistik werden ebenso nicht von der Freistellung erfasst.
Herr Kollege Herrmann, in der Ausschusssitzung am 13. April haben Sie gesagt, dass das zentrale Kriterium wohl sei, wenn jemand alles liegen und stehen lassen müsse, um zum Einsatzort zu gelangen. Wenn das nach wie vor gelten soll, dann wird dieser Gesetzentwurf diesem Anspruch nicht gerecht.
Weil der Gesetzentwurf lückenhaft ist, neue Fragen aufwirft, ohne alte zu beantworten, und weil die Helfergleichstellung im Ergebnis nicht vollständig gewährleistet ist, bitten wir um Zustimmung zu unserem Antrag. Die Staatsregierung soll den Gesetzentwurf zurückziehen und eine Neufassung vorlegen, die die hier aufgezeigten Lücken und Mängel beseitigt und die vollständige Helfergleichstellung gewährleistet. Mit halben Sachen, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist unseren Rettungshelferinnen und –helfern nicht gedient.
Dem Antrag der FREIEN WÄHLER, der dasselbe Ziel verfolgt, werden wir selbstverständlich zustimmen.
Selbstverständlich, Frau Kollegin.
Frau Kollegin, wenn Sie den Pressespiegel vollständig gelesen haben, dann haben Sie vielleicht auch gelesen, dass Herr Stärk in der "Süddeutschen Zeitung" damit zitiert wird, dass der Gesetzentwurf leider nicht vollständig ist, weil er genau die Ausbildungs- und Übungszeiten nicht berücksichtigt. Im Übrigen hat Herr Stärk den vierseitigen Brief mit einer recht umfangreichen Mängel- und Vorschlagsliste unterschrieben.
Ich habe nicht zu beurteilen, ob Herr Stärk sich in verschiedenen Publikationen widerspricht oder nicht. Ich kann nur das sagen, was wir von dem Gesetz halten, wie es uns bisher bekannt ist.
Herr Kollege Tomaschko, ich frage Sie: War es der richtige Weg der CSU, vor über eineinhalb Jahren unseren Antrag abzulehnen, einen Gesetzentwurf vorzulegen? Ich finde es schon sehr gewagt, wenn Sie uns Verzögerung vorwerfen, nur weil wir einen Dringlichkeitsantrag gestellt haben. Die SPD hat das Verfahren in Gang gesetzt, und zwar durch den zweiten Antrag vom April dieses Jahres. Das ist ein merkwürdiges Zeitverständnis. Ich bitte Sie, auch in Facebook zu korrigieren, dass wir das Verfahren verzögert hätten. Sie sind mit keinem Wort auf die Argumente eingegangen, die in dem Schreiben der zehn Verbände enthalten sind. Stattdessen haben Sie sich auf eine Belehrung über die Geschäftsordnung des Landtags beschränkt. Das hätten wir alle in diesem Hohen Haus überhaupt nicht gebraucht. Im Übrigen verbietet die Geschäftsordnung nicht, Dringlichkeitsanträge zu jedem Thema und zu jeder beliebigen Zeit zu stellen.
Wir säen keinen Unfrieden. Wir wollen nicht weniger und nicht mehr als die volle Rettungshelfergleichstellung. Ich kann das nur gebetsmühlenartig wiederholen.
Hoffentlich verstehen Sie das auch irgendwann. Vielleicht haben Sie auch zu wenig mit Rettungshelfern zu tun. Ich erhalte ständig E-Mails, in denen ich gebeten werde, mich dafür einzusetzen. Was den Landesgeschäftsführer des BRK betrifft, so ist von einer Zustimmung ohne Wenn und Aber nicht die Rede. Ich kann mich nicht erinnern, dass er das irgendwann gesagt hätte.
Frau Präsidentin, wenn Sie das erlauben, kann ich aus dem Brief der "Arbeitsgemeinschaft Bevölkerungsschutz" vom 18.08.2016 zitieren. Dahinter stehen zehn Organisationen, zwei mit einer kleinen Einschränkung, was die Privaten angeht. Da steht: Von einer Helfergleichstellung kann bei den vorgelegten Änderungen des Bayerischen Katastrophenschutzgesetzes und des Bayerischen Rettungsdienstgesetzes noch nicht gesprochen werden, weil dafür noch zu viele Ungleichheiten in der Behandlung von ehrenamtlichen Einsatzkräften der freiwilligen Hilfsorganisationen im Vergleich zu den Kräften der Freiwilligen Feuerwehren festgeschrieben werden. Unterschrift ist die von Herrn Leonhard Stärk. Was die Legitimation, für einen Verband zu sprechen, angeht: Ein Landes
geschäftsführer hat einen Anstellungsvertrag, ein Vizepräsident ist von einer Landesversammlung von Delegierten demokratisch gewählt. Sie können sich alle Ihren Reim darauf machen. Jedenfalls denke ich, dass es nicht die Absicht von Herrn Stärk war, mich irgendwie zu belehren, wie Sie das vorhin ausgedrückt haben, oder zu ermahnen. Das darf ich vielleicht auch in seinem Namen ausdrücklich zurückweisen. Das brauchen wir nicht.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zum wiederholten Mal legt die SPD-Fraktion einen Gesetzentwurf zur Beseitigung des diskriminierenden Ausschlusses von EU-Bürgerinnen und EU-Bürgern bei Kommunalwahlen vor. Damit nehmen wir den Ministerpräsidenten beim Wort; denn er hat in seiner Regierungserklärung am 12. November 2013 hier im Landtag gesagt:
Unsere Integrationspolitik orientiert sich an der Würde des Menschen. Integration gelingt in Bayern am besten von allen Ländern.
Die Realität lässt uns allerdings manchmal daran zweifeln. Tatsache ist jedenfalls: In Bayern dürfen EUBürgerinnen und EU-Bürger, die nicht deutsche Staatsangehörige sind, zwar die Mitglieder des Gemeinderates, des Stadtrates und des Kreistages wählen und sich in diese Kommunalgremien als Gemeinderäte, Stadträte und Kreisräte wählen lassen. Sie dürfen auch den Ersten Bürgermeister, den Oberbürgermeister und den Landrat mitwählen, aber leider nach wie vor nicht selbst Bürgermeister oder Landrat werden.
Sie dürfen auch nicht – darum geht es uns heute – an der Wahl des Bezirkstags mitwirken. Dieser Ausschluss ist nicht nur diskriminierend unseren EU-Mitbürgerinnen und EU-Mitbürgern gegenüber, sondern zeugt auch nicht gerade von einer ausgeprägten Willkommenskultur gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern aus den EU-Mitgliedstaaten.
Wir sind nach reiflicher Überlegung zu der Überzeugung gelangt: Das Europarecht lässt es zu, dass EUBürgerinnen und EU-Bürger den Bezirkstag wählen. Auch deutsches Verfassungsrecht steht dem nicht entgegen. Ich stehe dazu, dass wir in dieser Frage vor einigen Jahren in der Debatte über einen entsprechenden Gesetzentwurf der GRÜNEN noch Zurück
haltung geübt haben. Aber es ist ja nicht verboten, seine Rechtsposition zu ändern, wenn es dafür gute Argumente gibt. Es wäre erfreulich, wenn auch die Regierungsfraktion diesen Weg mitgehen würde.
Maßgebliche Rechtsgrundlage für das kommunale Wahlrecht von Unionsbürgern ist Artikel 22 Absatz 1 Satz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, wonach jeder Unionsbürger mit Wohnsitz in einem Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit er nicht besitzt, in dem Mitgliedstaat, in dem er seinen Wohnsitz hat, das aktive und das passive Wahlrecht bei Kommunalwahlen hat, wobei für ihn dieselben Bedingungen gelten wie für die Angehörigen des betreffenden Mitgliedstaates. Näheres regelt die Richtlinie 94/80 des Rates vom 19. Dezember 1994 über die Einzelheiten der Ausübung des aktiven und passiven Wahlrechts bei den Kommunalwahlen für Unionsbürgerinnen und Unionsbürger.
Nun mag eingewandt werden, dass der Anhang zu der oben genannten Richtlinie in Bezug auf Deutschland eine abschließende Aufzählung von Verwaltungseinheiten enthalte, in der zwar Stadt, Gemeinde oder Ortsbezirke genannt sind, nicht aber die Bezirke bayerischer Provenienz. Wir alle wissen aber, dass es die Bezirke, wie man sie in Bayern findet, nirgends sonst in Deutschland gibt. Es kann aber nicht sein, dass lediglich aufgrund einer fehlenden Mitaufzählung dieser bayerischen kommunalen Verwaltungsebene in der Anlage zu einer Richtlinie ein grundsätzliches und wichtiges Recht von EU-Bürgern eingeschränkt wird, nämlich ihre Teilnahme an den Wahlen auf der kommunalen Ebene.
Der Wille des EU-Gesetzgebers, dass alle Unionsbürger über das kommunale Wahlrecht verfügen sollen, kann und darf dadurch nicht ausgehebelt werden. Niemand hier im Hohen Hause wird bestreiten, dass die Bezirke zur kommunalen Ebene gehören. Sie werden von jeher als "dritte kommunale Ebene" bezeichnet und nehmen selbstverständlich kommunale Aufgaben wahr, die ihnen zugewiesen wurden, zum Beispiel weil Gemeinden und Landkreise mit deren Wahrnehmung überfordert wären.
Noch klarer wird es, wie selbstverständlich es ist, dass hier eine kommunale Ebene vorliegt und dort das Wahlrecht auch für EU-Bürgerinnen und EU-Bürger bestehen muss, wenn man sich die Frage stellt, wo sonst, wenn nicht auf der kommunalen Ebene, die Bezirke eingeordnet werden sollten. Zur Legislative gehören sie jedenfalls nicht, auch wenn die Wahl der Bezirkstage regelmäßig am Tag der Landtagswahl stattfindet und ihre Mitglieder nicht auf sechs Jahre, sondern aus technischen Gründen ebenso wie die
Landtagsabgeordneten auf fünf Jahre gewählt werden.
Diese Festlegungen haben jedoch keinen normativen Charakter für die Zuordnung der Bezirke zur Verwaltungsebene der Kommunen. Ich meine daher, dass es keine europarechtlichen Hindernisse gibt, durch eine relativ kleine redaktionelle Änderung des Bezirkswahlgesetzes EU-Ausländerinnen und -ausländern das Wahlrecht zu den Bezirkstagen einzuräumen, wie wir es mit unserem Gesetzentwurf vorschlagen. Lassen Sie uns diese Frage in den Ausschüssen bitte kreativ und zukunftsgerichtet beraten.
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Lorenz, es wäre schön gewesen, wenn Sie auf Argumente eingegangen wären, statt hier Polemik zu verbreiten. Sie haben sich leider nicht allzu viel Mühe gemacht, auf das Thema einzugehen.
Die Rechtslage ist nämlich keineswegs eindeutig. Wir reden in unserem Gesetzentwurf nicht von "Regierungsbezirken"; das zeigt einmal mehr, wie wenig Sie sich mit dem Thema beschäftigt haben und wie oberflächlich Sie damit umgehen. Es geht überhaupt nicht um die Regierungsbezirke als Verwaltungsebene unterhalb der Ministerialebene – die gibt es in anderen Bundesländern natürlich auch –, sondern es geht um den Bezirk bayerischer Prägung, und den gibt es eben sonst nirgends mehr.
Sie können doch nicht grundsätzliche Rechte wie das Recht zu wählen an technischen Fragen scheitern lassen, wie etwa der Stimmabgabe am Tag der Landtagswahl. Sie zitieren Artikel 20 des Grundgesetzes, den wir natürlich alle kennen und auch respektieren. In dem Zusammenhang darf ich doch noch einmal darauf eingehen, dass unserer Auffassung nach verfassungsrechtliche Bedenken, insbesondere aus dem Grundgesetz, unserem Bestreben, den in unserem Land lebenden Unionsbürgern das Wahlrecht zum Bezirkstag einzuräumen, nicht entgegenstehen.
Das gilt weder für Artikel 28 des Grundgesetzes noch für Artikel 20 des Grundgesetzes. Nach Artikel 28 Absatz 1 Satz 3 des Grundgesetzes sind bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats der Europäischen Gemeinschaft besitzen, wahlberechtigt und wählbar.
Die noch vorherrschende Meinung – ich betone: noch vorherrschende Meinung – macht es sich meines Erachtens zu einfach, wenn sie die Auffassung vertritt, dass EU-Ausländern dieses Recht deshalb nicht zustünde, weil in dieser Grundgesetzbestimmung die bayerischen Bezirke nicht ausdrücklich enthalten sind.
Aber lassen Sie uns doch bitte den Willen des Grundgesetzgebers erforschen. Lassen Sie uns die dortigen und die Regelungen der Bayerischen Verfassung zusammengehen. Artikel 10 Absatz 1 unserer Verfassung bestimmt, dass für das Gebiet jedes Kreises, jedes Bezirks, ein Gemeindeverband als Selbstverwaltungskörper besteht. Nach Artikel 9 Absatz 1 gliedert sich das Staatsgebiet in Kreise, womit die Regierungsbezirke gemeint sind, die wiederum nach Artikel 9 Absatz 2 Satz 1 in Bezirke eingeteilt sind. Unter Bezirken sind wiederum die Landkreise zu verstehen. Das ist etwas kompliziert von der Begrifflichkeit her, aber es ist eben so. Die Bezirke im hier diskutierten Sinn tauchen dabei gar nicht auf. Sie sind aber unter den Begriff "Gemeindeverband" zu subsumieren. Sie sind allerdings keine ursprünglichen Gebietskörperschaften wie die Gemeinden, sondern zu Verwaltungszwecken zusammengefasste Gebiete, denen die Selbstverwaltung nur institutionell und nicht wie den Gemeinden auch als grundrechtsähnliches Recht von der Verfassung wegen gewährleistet ist. Die bayerischen Bezirke sind zweifellos ein bayerisches Spezifikum, aber sie sind eben ohne jeden Zweifel neben Gemeinden und Landkreisen eine kommunale Gliederungsebene, nämlich die dritte in Bayern.
Der Gemeinschaftswille in der EU ist auch klar. Auf der kommunalen Ebene sollen alle EU-Bürgerinnen und -Bürger wählen dürfen.
Ich halte solche politischen Partizipationsmöglichkeiten gerade aus Gründen der Integration für dringend geboten. Wer sich integrieren will und soll, muss politische Mitwirkungsmöglichkeiten bekommen. Das hat auch das Bundesverfassungsgericht festgestellt.
In den Erwägungsgründen der Richtlinie 94/80 der Europäischen Gemeinschaft – ich habe es vorhin schon angesprochen – wird ausgeführt, dass Artikel 8b Absatz 1 des Vertrags über die Europäische Union darauf abzielt, dass alle Unionsbürger, unabhängig davon, ob sie Staatsangehörige des Wohnsitzmitgliedstaates sind oder nicht, dort ihr aktives und passives Wahlrecht bei den Kommunalwahlen unter den gleichen Bedingungen ausüben können und dass Unionsbürger, die keine Staatsangehörigen des betreffenden Mitgliedstaates sind, keinen besonderen Voraussetzungen unterworfen sein dürfen, es sei denn, die unterschiedliche Behandlung von in- und ausländischen Staatsangehörigen wäre durch besondere Umstände Letzterer gerechtfertigt, die sie von Ersteren unterscheiden. Aber gerade solche besonderen Umstände haben wir nicht, und Sie haben auch
keine solchen vorgetragen. Sie konnten auch keine vortragen; denn worin sollten die eigentlich zwischen einem Deutschen und einem Franzosen, der an der Kommunalwahl teilnimmt, bestehen?
Es kann nicht sein, dass durch das Festklammern an einer offenbar unvollständigen Liste in einer Anlage zu einer Richtlinie zu einem EU-Vertrag die Ende 1992 erfolgte Öffnung des Grundgesetzes durch Aufnahme des EU-Ausländerwahlrechts in Artikel 28 Absatz 1 Satz 3 für eine wichtige kommunale Ebene, nämlich die Bezirke, unterlaufen wird und EU-Bürgerinnen und -Bürger in Bayern damit nur ein eingeschränktes kommunales Wahlrecht haben. Deswegen halte ich das für diskriminierend und für EU-rechtswidrig.
Bei der Richtlinie 94/80 handelt es sich im Vergleich zum Vertrag über die Arbeitsweise der Union als primärem EU-Recht nur um Sekundärrecht, dem gerade keine abschließende Definitionsmacht zukommt. Daher ist der Ausschluss von EU-Bürgerinnen und EU-Bürgern vom Bezirkswahlrecht als kommunalem Wahlrecht eindeutig rechtswidrig. Sie werden sehen, dass sich die Rechtsprechung ändern wird. Die Lehrmeinung ist bereits dabei, sich zu ändern. Wenn Sie einschlägige Kommentare nachlesen, können Sie sich selbst davon überzeugen.
Dieser rechtswidrige und diskriminierende Zustand muss schnellstmöglich beendet werden.
Daran anschließend wird es darum gehen, einem weiteren Reformbedarf im kommunalen Wahlrecht nachzugehen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Erstarken nationalistischer Kräfte in ganz Europa ist für alle Demokratinnen und Demokraten in höchstem Maße besorgniserregend und erfordert unsere größte Aufmerksamkeit. Fällt die vergiftete Saat auf fruchtbaren Boden, ist es bis zu rechtsextremistischen Aktivitäten, die sich gegen unsere Verfassungsgrundsätze richten, nur noch ein kleiner Schritt. Das Internet ist längst zu einer Brutstätte extremistischen Gedankenguts geworden. Es verkommt oftmals vom sozialen Netzwerk zum asozialen Hetzwerk.
Es ist nur eine Frage der Zeit, wann virtuelle Bewegungen in der Realwelt ankommen werden. Hier gilt es, den Anfängen rechtzeitig zu wehren, nachdem wir leider in den zurückliegenden Jahrzehnten zur Kenntnis nehmen mussten, dass rechtsextremes Gedankengut in unserer Gesellschaft zu oft verharmlost wurde und staatliche Behörden eine auffallend geringe Sensibilität in der Beobachtung und Verfolgung von Rechtsextremen erkennen ließen, um es einmal zurückhaltend auszudrücken.
Mit unserem Dringlichkeitsantrag möchten wir erreichen, dass die Staatsregierung dem Innenausschuss über die neuesten Erkenntnisse im Zusammenhang mit der sogenannten Identitären Bewegung berichtet. Diese Angelegenheit ist dringlich, weil es eine aktuelle Warnung des Verfassungsschutzes vor diesen Rechtsextremen in Bad Tölz gibt, wie die "Süddeutsche" in ihrer Online-Ausgabe vom 26. Juni berichtet hat. Dort ist die Identitäre Bewegung ganz offensichtlich wie bereits in Rosenheim in der realen Welt angekommen, und zwar mit einem "erheblichen Expansionsdrang", so ein Sprecher des Verfassungsschutzes.
Wir wollen wissen, ob sich gegenüber dem Zeitpunkt der Beantwortung der Schriftlichen Anfrage unserer Kollegen Dr. Rabenstein und Ritter vom 15. September 2014 signifikante Änderungen der Einschätzung seitens des Verfassungsschutzes ergeben haben. Seinerzeit wurde die IB "noch nicht als extremistisch" bewertet, und es hieß, die Bewegung könne, Zitat, zum jetzigen Zeitpunkt als überwiegend virtuell und auf die sozialen Netzwerke fixiert beschrieben werden.
Was steckt überhaupt hinter den Identitären? – Die Identitäre Bewegung in Deutschland entwickelte sich etwa im Jahre 2012 nach dem Muster der Gruppierung Bloc identitaire in Frankreich und greift deren Ideologie für eine Separierung der Menschen nach ihrer ethnischen und kulturellen Herkunft auf. Wie der Ethnopluralismus steche aus den Profilen auch die Ablehnung der aktuellen politischen und gesellschaftlichen Entwicklung und Verhältnisse hervor, so die damalige Antwort der Staatsregierung.
Die IB hat auch in den Verfassungsschutzbericht 2015 Eingang gefunden, wenn auch nur im abschließenden Ausblick. Allerdings lässt die Formulierung, bei der IB habe es sich zunächst um eine überwiegend virtuell agierende Organisation gehandelt – also unter der Verwendung der Vergangenheitsform –, ebenso aufhorchen wie der Hinweis auf Aktivitäten ihrer Anhänger in rechtsextremistischen Organisationen sowie die Feststellung, dass seit Anfang 2015 der IB zurechenbare Aktivisten in Bayern über den Raum des Internets hinaus mehr und mehr auch realweltliche Aktivitäten entfalten, wie jetzt offensichtlich in Bad Tölz und Rosenheim.
Die Identitären drangen übrigens schon im Jahr 2014 mit Stickern in den öffentlichen Raum ein, die Aufschriften trugen wie "ISLAMISIERUNG? NICHT MIT UNS!". Außerdem griffen sie Parteizentralen der SPD und der GRÜNEN an. Im September 2015 stürmten Aktivisten mit einem Transparent gegen den sogenannten Genderwahn die Bühne des Ander Art Festivals am Odeonsplatz, wie die "SZ-Online" berichtete.
Sehr beunruhigend ist aber auch die Tatsache, dass die Zahlen der Likes, etwa bei Facebook, steil nach oben geht. Hatte die IB Deutschland zum Stand September 2014 10.400 Anhänger, sind es, Stand heute, bereits fast 26.000, was einer Steigerung um rund 250 % entspricht. In Bayern hat sich die Zahl der Sympathisanten in derselben Zeit sogar mehr als versechsfacht, nämlich von 400 auf 2.506. Bei der IB Franken nahm die Zahl der Likes von 1.300 auf 2.122 zu, immerhin auch noch eine Steigerung von 160 %. Dies spiegelt auch die Gefährlichkeit dieser Bewegung für die junge Generation wider, die vor allem zu ihrer Zielgruppe zählt.
Wir möchten von der Staatsregierung zum Beispiel wissen, inwieweit nach deren Erkenntnissen die Identitären in der Realwelt angekommen sind und ob es im Gegensatz zu 2014 inzwischen hinreichend wichtige und zurechenbare tatsächliche Anhaltspunkte für die Annahme extremistischer Zielsetzungen gibt. Wir wollen wissen, welche Beziehungen zu Rechtsextremen erkannt wurden und ob die Prüfung von Profilen, etwa in den sozialen Netzwerken, zwischenzeitlich
einen Beobachtungsauftrag für das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz rechtfertigen.
Letztlich geht es um die Aufklärung, ob sich die IB von einem Internetphänomen mit besonderer Jugendaffinität zu einer real existierenden und agierenden rechtsextremistischen Gruppierung entwickelt hat und gegebenenfalls, welche Konsequenzen die Staatsregierung daraus zu ziehen beabsichtigt. Ich bitte Sie um Ihre Zustimmung.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Problem Salafismus zu beschreiben und seine fatalen Wirkungen und Folgen zu beklagen reicht nicht aus, lieber Kollege Reichhart.
Sie haben viel geredet, aber nur von repressiven Maßnahmen gesprochen und im Übrigen WikipediaWissen zum Besten gegeben.
Mit Allgemeinplätzen lässt sich das Problem leider nicht lösen.
Eigentlich sollten wir über diese beiden Anträge überhaupt nicht im Plenum diskutieren müssen. Mich hat schon die Begründung der Ablehnung seitens der CSU im Innenausschuss irritiert, wonach die Anträge das Handeln der Exekutive beträfen, in das sich der Landtag nicht so detailliert einmischen sollte.
Es ist aber unser Auftrag, der Exekutive dort, wo es nötig ist, Vorgaben zu machen und ihr zu sagen, was sie tun soll, wo wir Handlungsbedarf sehen.
Das zweite Argument war genauso wenig überzeugend, ein Deradikalisierungsprogramm müsse immer individuell sein und dürfe sich nicht nur auf eine Gruppe beziehen, die dadurch stigmatisierend herausgegriffen werde.
Mit ihrem Antrag zur Salafismusprävention möchten die GRÜNEN ein bayerisches Präventions- und Deradikalisierungsprogramm für den Bereich des Salafismus und gewaltbereiten Islamismus anstoßen, das sich speziell an Mädchen und junge Frauen wendet. Das hat mit Stigmatisierung nichts, aber rein gar nichts zu tun,
zumal es sich nicht um ein Angebot in aller Öffentlichkeit handelt, wo jemand bloßgestellt oder an den Pranger gestellt wird, sondern um ein diskretes Zugehen auf die gefährdeten jungen Menschen und die Familien, in denen sie noch leben.
Spätestens seit unserer Anhörung im Oktober wissen wir, dass Aussteigerprogramme und Deradikalisierungsprogramme langwierige Prozesse sind und dass man drei, vier oder gar fünf Jahre arbeiten muss, um Erfolge zu erzielen. Das heißt im Umkehrschluss, dass wir schnell handeln müssen. Die Zahl der Radikalisierten und der Gefährdeten wächst täglich. Als Sicherheitsbehörden 2010 begonnen haben, sich mit dem Salafismus zu beschäftigen, ist man von einer Zahl von rund 3.000 Salafisten in Deutschland ausgegangen. Diese Zahl hat sich bundesweit mittlerweile
verdreifacht, in Bayern von 130 auf über 600 mehr als vervierfacht. Das ist ein rasanter Anstieg.
Warum wächst diese Bewegung so schnell? – Auch darauf gab es in der Anhörung klare Antworten durch die Sachverständigen. Lieber Kollege, ein Faktor ist demnach, dass sich der Salafismus in gewisser Hinsicht als Jugendkultur verstehe, als eine gewisse Rebellion gegenüber der Mehrheit der Gesellschaft und gegenüber den Eltern. Der Salafismus biete sich als Problemlösungsstrategie an. Er biete gerade Jugendlichen, die Probleme haben, ob nun sozial, beruflich, ökonomisch oder auch psychisch, einfache Lösungen auf ihre Fragen. Dabei würden die jungen Menschen auf der Gefühlsebene angesprochen. Sie seien vollkommen davon überzeugt, dass sie sich für eine gute Sache einsetzten. – Ich zitiere:
Sie haben von den entsprechenden Vertretern des Extremismus ein Rundum-sorglos-Paket erhalten, das es ganz schwierig macht, diesen Panzer zu durchbrechen, wenn man sie erreichen möchte.
Das führte eine Sachverständige aus dem Ministerium für Inneres und Kommunales des Landes NordrheinWestfalen aus.
Die Gefühlsebene ist bei Mädchen und jungen Frauen eben eine andere als bei Jungen und jungen Männern. Es gibt zum Beispiel Mädchen aus sehr konservativ-traditionellen, sehr patriarchalischen Familien, wo der Vater sein Patriarchat nur auf den Islam zurückführt. Der Junge darf alles, das Mädchen darf nichts. Die Mädchen werden vom koedukativen Unterricht abgemeldet und dürfen nicht mit auf Klassenfahrten, Jungen aber schon. Innerhalb dieser Familienstruktur können sich Mädchen nur bis zu einem bestimmten Grad entwickeln. Der Bruder und der Vater werden immer über ihnen stehen. Für diese Mädchen sind der politische Salafismus und vor allem der Dschihadismus eine vermeintliche Möglichkeit der "Emanzipation". Während junge Männer im Krieg Abenteuer erleben, ihre Männlichkeit im Kampf zu zelebrieren suchen – man geht in den Krieg, fährt Panzer, läuft durch den Dreck und grillt am Abend – oder ihre sehr oft krankhaften Kriegsphantasien ausleben wollen, ist das bei jungen Frauen eben anders, so die Sachverständigen. Sie glauben, im Kalifat Geschichte schreiben zu können als Zweit- oder Drittfrau eines Gotteskriegers. Sie sind die erste Generation des neuen Weltreiches. Sie bekommen Anerkennung in ihrer klassischen Frauenrolle. Und insbesondere Mädchen, vierzehn-, fünfzehn-, sechzehnjährige Mädchen, haben tatsächlich diesen romantischen Traum von "Ich finde meinen Dschihadisten". Da drängt es sich geradezu auf, für diese jungen Frauen eigene
Präventions- und Deradikalisierungsprogramme zu entwickeln.
Der zweite Antrag betreffend "Ausbau der Forschungsförderung im Themenbereich Salafismus" greift die eben dargestellte Problematik auf. Da wir es mit einem laufenden Prozess zu tun haben, nicht mit einem einmaligen Ereignis, entstehen immer wieder neue Wissenslücken bei der Frage nach den Faktoren der Radikalisierung junger Menschen, insbesondere auch von Frauen, und der Frage nach geeigneten Gegenmaßnahmen. Ohne fundierte Untersuchungen und Analysen auf der Basis zuverlässiger empirischer Studien werden wir uns sehr schwertun, Erfolg versprechende Präventionsstrategien zu entwickeln. Diese brauchen wir aber ganz dringend, um der Radikalisierung junger Menschen wirksam begegnen zu können.
Liebe Kolleginnen und Kollegen der CSU, da lasse ich das Argument, das in der Mitberatung im Haushaltsausschuss von Ihrer Seite kam, nicht gelten, dass Forschungsarbeiten dazu mit großem Aufwand und hohen Kosten verbunden seien. Es geht hier um Menschenleben, sowohl um das Leben der jungen Leute, die für den Salafismus angeworben und für den Dschihad begeistert werden sollen, als auch um das Leben der Menschen, die diesen radikalisierten und fanatischen Kämpfern zum Opfer fallen, ob in Syrien oder hier in Europa. Daher werden wir auch diesem zweiten Antrag zustimmen.
Ich mache es auch kurz, Herr Staatsminister. Ich darf nur daran erinnern, dass
es die SPD-Fraktion war, die aufgrund des herumwabernden Unwohlseins in den Gemeinden – so ähnlich haben Sie sich ausgedrückt – bereits im Dezember beantragt hat, eine Expertenanhörung durchzuführen. Wir sind dann in einer kleinen Arbeitsgruppe die Themen, die Möglichkeit eines interfraktionellen Gesetzentwurfs und die Frage durchgegangen, ob der Kreis der Experten noch um den einen oder anderen ergänzt werden soll.
Natürlich mussten wir einen Gesetzentwurf vorlegen. Aber ich darf daran erinnern, dass – das ist auch protokolliert – in der Sitzung vom 27. Januar – –
Ja. Halten Sie Ihre Bemerkung aufrecht, dass die SPD nicht an einer gemeinsamen Lösung interessiert war, obwohl ich am 27. Januar im Ausschuss ausdrücklich gesagt habe, lasst uns noch einmal 14 Tage Zeit nehmen und eine interfraktionelle Arbeitsgruppe bilden und die Ecken und Kanten abschleifen, die auch aufgrund der Schreiben der kommunalen Spitzenverbände noch da sind, damit wir alle miteinander einen Gesetzentwurf einreichen können? Halten Sie Ihre Bemerkung dennoch aufrecht?
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit dem Gesetz zur Änderung des Bayerischen Rettungsdienstgesetzes und der Verordnung zur Ausführung dieses Gesetzes schließen wir – gerade noch rechtzeitig – eine Regelungslücke für die Notfallrettung in Bayern. Ab Frühjahr dieses Jahres stehen nämlich die ersten Notfallsanitäter und Notfallsanitäterinnen zur Verfügung. Sie lösen die bisherigen Rettungsassistentinnen und assistenten ab. Der Bundesgesetzgeber hat mit dem Notfallsanitätergesetz bereits zum 1. Januar 2014 einen neuen Gesundheitsfachberuf geschaffen mit dem Ziel, die Qualifikation des nichtärztlichen medizinischen Personals im Rettungsdienst durch eine deutliche Veränderung der Ausbildungsinhalte und der Ausbildungsstruktur zu erhöhen und damit die präklinische Versorgung in Notfällen nochmals zu verbessern.
Um dieses Ziel zu erreichen, wurde die Ausbildungsdauer von zwei auf drei Jahre verlängert und die Zahl der Ausbildungsstunden mit einer Erhöhung auf 4.600 fast verdoppelt. Die neuen Notfallsanitäter und -sanitäterinnen sollen damit befähigt werden, heilkundliche Maßnahmen eigenständig durchzuführen. Damit soll erreicht werden, dass Patienten unverzüglich, also noch vor Eintreffen des Notarztes, medikamentös und invasiv behandelt werden können oder sogar unnötige Notarzteinsätze vermieden werden; denn Bayern hat unter den Flächenländern mit Abstand die höchste Anzahl von Notarzteinsätzen.
Mit der Neuregelung erlangen die künftigen Notfallsanitäterinnen und -sanitäter allerdings keine Befugnis zur selbstständigen Ausübung von Heilkunde; das muss hier ganz deutlich gesagt werden.
Vielmehr unterliegen sie der Vorgabe, Überprüfung und Verantwortung des Notarztes, werden also auf ärztliche Veranlassung im Rahmen der Delegation ärztlicher Leistungen auf nichtärztliches Personal tätig. Auf den dazu im Rahmen der Verbändeanhörung zu den Begrifflichkeiten "Delegation" und "Substitution" entbrannten Streit möchte ich an dieser Stelle nicht mehr eingehen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ein ganz entscheidender Fortschritt gegenüber der bisherigen Situation ist die einheitliche Handhabung der Kompetenzen der künftigen Notfallsanitäter. Da es bisher keine einheitlichen und in allen Rettungsdienstbezirken gültigen Regelungen dafür gab, kam es immer wieder zu Problemen. Das führte zum Beispiel bei der einsatzbedingten Überschreitung der Grenzen des jeweiligen Rettungsdienstbezirkes immer wieder zu Unsicherheiten. Was die bisherigen Rettungsassistenten aufgrund entsprechender Vorgaben der Ärztlichen Leiter des Rettungsdienstes in einem Bezirk tun durften – sie durften etwa bestimmte Medikamente verabreichen –, war ihren Kollegen des benachbarten Bezirks nicht erlaubt. Das Nachsehen hatten die Patienten, denen gelegentlich nicht einmal schmerzstillende Medikamente verabreicht werden durften, da der Notarzt sich dies vorbehalten hatte, oder auch die Rettungsassistenten, die unter Umständen gegen verbindliche Anweisungen verstießen. Künftig werden für ganz Bayern standardisierte heilkundliche Maßnahmen einschließlich der entsprechenden Medikamentengabe für notfallmedizinische Zustandsbilder festgelegt werden, die für eine eigenständige Durchführung durch den Notfallsanitäter geeignet sind.
Dem Umstand, dass die Regierungsfraktion anstelle der Staatsregierung den Gesetzentwurf eingebracht hat, waren denn auch die Holprigkeiten im Verfahrensgang geschuldet. So musste der Gesetzentwurf zweimal nachgebessert werden, um Bedenken der angehörten Verbände Rechnung zu tragen, deren Anhörung wir erst mal beantragen mussten; auch die Liste der anzuhörenden Verbände musste verlängert werden, damit Irritationen und Missverständnisse ausgeräumt werden konnten. Der vermeintliche Ausschluss von Fachärzten für Allgemeinmedizin gehörte dazu, ebenso die befürchtete Weisungsgebundenheit des behandelnden Notarztes, die damit verbundene Missachtung der Berufsordnung der Ärzte, der Datenschutz, die Inkompatibilität der Ärztlichen Leiter Rettungsdienst, der Umfang des Arbeitseinsatzes für den Ärztlichen Leiter Rettungsdienst und dessen Entschädigung. Wir haben uns letztlich zusammengerauft, auch wenn Defizite bleiben, zum Beispiel dass der Vorsitzende des Rettungsdienstausschusses nicht gewählt, sondern vom Innenministerium bestellt wird. Aber daran wollen wir die Gesetzesänderung nicht
scheitern lassen. Zu wichtig ist es, dass die Notfallsanitäter ab dem 1. April auf gesicherter rechtlicher Grundlage zum Wohl der Menschen, die in großer Not ihre Hilfe in Anspruch nehmen, ihre Arbeit aufnehmen können.
An dieser Stelle sei einmal mehr den Tausenden von Rettungsassistentinnen und -assistenten und Rettungssanitäterinnen und -sanitätern gedankt, die jeden Tag rund um die Uhr, 24 Stunden im Einsatz sind oder in Bereitschaft stehen und zusammen mit Notärztinnen und Notärzten dafür sorgen, dass Menschen in lebensbedrohlichen Lagen bestmöglich versorgt und gerettet werden, wie dies auch das Funktionieren der Rettungskette in Bad Aibling nachhaltig bewiesen hat. Viele dieser Fachkräfte der alten Schule wollen und müssen freilich nachqualifiziert werden; denn ab 1. Januar 2024 müssen auf allen Rettungsmitteln Notfallsanitäterinnen und -sanitäter eingesetzt werden, und die Sieben-Jahres-Frist für die Nachqualifizierung wird nicht ausreichen. Deswegen müssen wir uns damit befassen, dass wir den Bundesgesetzgeber zu einer Verlängerung der Sieben-Jahres-Frist auffordern müssen.
Die SPD-Fraktion wird dem Gesetzentwurf in der geänderten Fassung zustimmen. Beim Änderungsantrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN werden wir uns der Stimme enthalten, da sich die dortigen Forderungen entweder erledigt haben oder von uns nicht mit Überzeugung mitgetragen werden können. Dem Änderungsantrag der FREIEN WÄHLER werden wir nicht zustimmen können, da den dort beantragten Änderungen entweder bereits Rechnung getragen wurde bzw. diese in anderer Weise erledigt wurden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir hoffen, mit den Neuregelungen die notfallmedizinische Versorgung der Menschen in Bayern nochmals ein gutes Stück verbessern zu können. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Kollege Tomaschko, ich weise Ihre Unterstellungen mit Nachdruck zurück, die SPD sei weit von der Wirklichkeit entfernt, insbesondere von der Feuerwehr. Sie haben es bei den Antragstellern mit gestandenen Bürgermeistern zu tun, die zum Teil 24 Jahre lang die obersten Chefs der Feuerwehr gewesen sind.
Wir sind auch nicht auf der Brennsuppe daher geschwommen, da fehlt Ihnen noch jede Menge Erfahrung. Sie sollten deshalb nicht bei jeder Ihrer Reden erst einmal die Suppe ausschütten und über die anderen irgendwelche Unterstellungen verbreiten. Sie sollten stattdessen Argumente bringen. Argumente haben Sie jetzt aber überhaupt keine gebracht, beispielsweise auch nicht im Hinblick darauf,
weshalb die Kinderabteilung nicht in den Schutz der gemeindlichen Unfallversicherung kommen soll. Sie haben auch nicht mitbekommen, dass es nicht darum geht, Zehnjährige in den Brand oder zum Verkehrsunfall zu schicken. Es geht vielmehr darum, ihnen zu ermöglichen, nach Entscheidung des Kommandanten, in die Jugendabteilung einzutreten. Sie verkennen die
Situation auch insoweit, als wir intensive Kontakte zur Feuerwehr pflegen - allerdings nicht nur zum Landesfeuerwehrverband, sondern auch zur Basis, nämlich zu den einzelnen Freiwilligen Feuerwehren. Auf dieser Ebene ist dieser Antrag zustande gekommen.
Ich weise ausdrücklich zurück, dass wir mit, wie Sie es bezeichnen, Aktionismus, das ehrenamtliche Engagement beschädigen. Das ist eine bodenlose Unverschämtheit. Lieber Herr Kollege Tomaschko, nehmen Sie das zur Kenntnis.
Wie lange wollen Sie, und das ist meine konkrete Frage, uns und die Feuerwehren eigentlich noch hinhalten, bis endlich die Novellierung des Bayerischen Feuerwehrgesetzes kommt? Sind Sie souveräner Abgeordneter, machen Sie die Gesetze oder lassen Sie sich die Direktiven aus dem Innenministerium und aus der Staatsregierung vorgeben, wonach wir so lange mit den Händen an der Hosennaht zu warten haben, bis wir dann endlich tätig werden dürfen?
Sie können versichert sein, dass wir auch das, was der Landesfeuerwehrverband an uns heranträgt, würdigen. Wir würdigen aber auch das, was die Freiwilligen Feuerwehren an uns herantragen. Im Übrigen schätzen wir deren Arbeit außerordentlich. Viele von uns sind Fördermitglieder oder aktive Mitglieder der Feuerwehren. Im Übrigen haben wir einen Berufsfeuerwehrmann in unseren Reihen, das haben Sie beispielsweise gar nicht. Wir brauchen uns von Ihnen nicht den Verlust der Basiswirklichkeit vorwerfen zu lassen. Da sind Sie - mit Verlaub – noch ein bisschen grün hinter den Ohren. Lassen Sie sich das von einem Senior sagen.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir verfügen in Deutschland und speziell in Bayern über ein ausgezeichnetes Rettungswesen. Das verdanken wir in erster Linie den Tausenden hauptamtlich und ehrenamtlich tätigen Einsatzkräften der Durchführenden im Rettungsdienst. Um die Dimension dieser Aufgabe einmal zu verdeutlichen, darf ich Ihnen Zahlen des Bayerischen Roten Kreuzes nennen, das als größter Durchführender des Rettungsdienstes in Bayern mit 4,9 Millionen Vorhaltestunden und fast 4.900 Personalnormalstellen rund 82 % der rettungsdienstlichen Vorhaltungen in Bayern abdeckt.
Unsere 1.900 hauptamtlichen Rettungsassistentinnen und Rettungsassistenten und fast 3.000 Rettungssa
nitäterinnen und Rettungssanitäter sowie weitere 3.800 ehrenamtliche Rettungsassistenten und Rettungssanitäter stellen zusammen mit ihren Kolleginnen und Kollegen der anderen Leistungserbringer im Rettungsdienst die rettungsdienstliche Versorgung in Bayern sicher. An dieser Stelle soll all diesen Frauen und Männern im Rettungsdienst einmal mehr herzlich gedankt werden.
Als Vizepräsident des Bayerischen Roten Kreuzes danke ich natürlich allen in diesem Bereich Aktiven.
Zum anderen sind es die rechtlichen Grundlagen, die die Qualität der rettungsdienstlichen Versorgung sichern. Das neue, bundesweit geltende Notfallsanitätergesetz ist die Grundlage dafür, die unselige Notkompetenzregelung der Rettungsassistenten in eine rechtlich saubere Regelkompetenz für Notfallsanitäter zu überführen. Herr Kollege Tomaschko hat dazu im Rahmen der Begründung des Gesetzentwurfs schon im Einzelnen ausgeführt.
Die auf dieser Basis geregelte und mit den Ärztlichen Leitern Rettungsdienst abgestimmte Freigabe bestimmter heilkundlicher und invasiver Maßnahmen sichert auch in Zukunft die flächendeckende notfallmedizinische Versorgung. Angesichts des erkennbaren Mangels an Haus- und Fachärzten und der ausgedünnten Kliniklandschaft ist dies besonders für die ländlichen Regionen von großer Bedeutung.