Protokoll der Sitzung vom 04.06.2014

- der Nationalpark –

eine der Hauptattraktionen für den Fremdenverkehr in Bayern …

Anstatt einen weiteren Meilenstein zu setzen, sind Sie nach lautstarken Protesten einfach umgefallen. Das ist zwar bei Ihnen keine Ausnahme; das Schlimme in diesem Fall ist nur die Art und Weise, wie Sie umgefallen sind: Anstatt eine rechtlich einwandfreie, objektiv begründete Entscheidung zu unterstützen, für sie zu werben und die Bevölkerung zu informieren, anstatt für das Gemeinwohl einzutreten, setzen Sie sich – das ist schon angeklungen – über demokratisch getroffene Entscheidungen kommunaler Gremien hinweg. Sie greifen nachträglich in rechtsstaatlich einwandfreie Verfahren ein und machen sich zum Anwalt lautstark vertretener Einzelinteressen.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Mir drängt sich der Eindruck auf, dass bestimmte Interessengruppen nur laut genug schreien müssen, damit Sie alle Prinzipien über Bord werfen. Ich finde dieses Vorgehen beschämend – beschämend für die Politik in Bayern.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Das Weltnaturerbe Steigerwald wäre in den Worten des Ministerpräsidenten ein Meilenstein für den Naturschutz. Die uralten Buchenwälder mit ihrem enormen Artenreichtum sind ein Schatz, den man schützen und für künftige Generationen bewahren muss. Die Staatsregierung könnte mit einer anderen Haltung endlich auch ihren anderweitigen Verpflichtungen nachkommen, die sie – wie auch die Herren und Damen von der CSU – sehenden Auges eingegangen ist, zum Beispiel hinsichtlich der nationalen Biodiversitätsstrategie, die Sie 2010 maßgeblich mitgetragen haben. Die nationale Biodiversitätsstrategie ist umzusetzen. Das Problem ist: Bayern hinkt hinterher, obwohl die Staatsregierung selbst an der Formulierung der Ziele beteiligt war. Eines dieser Ziele lautet, 10 % der Staatswälder aus der Nutzung herauszunehmen.

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein; bitte nachher eine Zwischenbemerkung.

Danke schön.

Das Ziel, 10 % aus der Nutzung herauszunehmen, ist aus gutem Grund formuliert worden, und Sie von der CSU haben dem aus gutem Grund zugestimmt. Das zeigt schon, was Ihre Scheinalternativen wirklich wert sind. Deswegen werden wir Ihren Antrag und den ähnlichen Antrag der FREIEN WÄHLER ablehnen.

Ich finde es, ehrlich gesagt, lächerlich, wenn Sie auf die Jahrhunderte alte Tradition der Waldnutzung verweisen. Sie wollen doch nicht allen Ernstes behaupten, dass die Bayerischen Staatsforsten mit ihren Harvestern heute noch so traditionell arbeiten wie in den Jahrhunderten zuvor. Das ist eine sehr merkwürdig anmutende Argumentation von Ihnen, die ich nicht nachvollziehen kann.

(Beifall bei der SPD)

Ich erinnere an die Aussage des Herrn Ministerpräsidenten, der den Nationalpark Bayerischer Wald als "eine der Hauptattraktionen für den Fremdenverkehr in Bayern" bezeichnet hat. Das muss er allerdings seinem Innenstaatssekretär noch einmal erklären. Dieser bestreitet das nämlich und behauptet das Gegenteil, obwohl die Ergebnisse von Studien und die Tatsachen beweisen, dass dem so ist.

Wir jedenfalls sehen in der Einstufung als UNESCOWeltnaturerbe eine riesige Chance für die Region, die nicht durch Kurzsichtigkeit und Populismus zerstört werden darf. Voraussetzung dafür ist das Schutzgebiet, das Herr Denzler geschaffen hat und das Sie leider ins Visier nehmen. Ich betone: Das Schutzgebiet ist notwendig für das Weltnaturerbe.

Der nächste Schritt könnte aus unserer Sicht tatsächlich ein Nationalpark sein. Zumindest muss man diese Möglichkeit ernsthaft und objektiv untersuchen, anstatt Desinformation zu betreiben und dem geistigen Provinzialismus zu frönen.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN – Wider- spruch bei der CSU)

Abschließend möchte ich noch einmal aus dem Grußwort des Ministerpräsidenten zitieren, weil es so gut passt. Er schrieb 2010:

Es war eine ausgesprochen mutige und weitsichtige Entscheidung, mitten im Bayerischen Wald ein Gebiet zu schaffen, in dem die Natur zu sich selbst zurückkehren darf.

Wir stimmen Ihnen insoweit voll zu und würden es begrüßen, wenn Sie heute Ihren Holzweg verlassen würden. Sie sollten mit dem gleichen Mut und der gleichen Weitsicht, die Ihre Vorgänger an den Tag gelegt haben, im Steigerwald ein Gebiet zulassen, in dem die Natur zu sich selbst zurückkehren darf. Wir werden dem Antrag der GRÜNEN zustimmen.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Herzlichen Dank. Bitte verbleiben Sie noch am Rednerpult. Herr Kollege Steiner, bitte.

Herr Kollege, wenn Sie uns vorwerfen, wir seien, was das Thema angeht, auf dem Holzweg, dann muss ich Ihnen den Vorwurf machen: Sie haben ein Brett vor dem Kopf.

(Heiterkeit bei der CSU – Widerspruch bei der SPD – Markus Rinderspacher (SPD): Wir sind hier im Hohen Haus, nicht im Wirtshaus!)

Es geht um nachhaltige Waldbewirtschaftung, wie wir sie in Bayern seit über 300 Jahren betreiben. Das Ergebnis im Steigerwald ist genau das, was Kollege Hünnerkopf schon angesprochen hat. Durch nachhaltige Bewirtschaftung sind die Wälder erhalten worden; sie sind schützenswert. Wir wollen sie weiter pflegen.

Ich wehre mich dagegen, dass Sie vernünftige Waldbewirtschaftung so abtun. Es ist durchaus nicht so, dass im Wald mit dem Harvester alles zu Tode geerntet wird. Dies gilt übrigens sowohl für den Privatwald – ich weiß, wovon ich rede – als auch für die Staatsforsten.

Klar ist: Der Steigerwald ist schützenswert. Aber auch er bedarf der nachhaltigen Bewirtschaftung. Wir wollen das weiter so handhaben. Das, was Sie in diesem Zusammenhang zum Nationalpark gesagt haben, hat damit nichts zu tun. Also machen Sie sich nicht lächerlich! In Sachen nachhaltiger Waldbewirtschaftung brauchen wir keinen Nachhilfeunterricht.

(Beifall bei der CSU)

Wenn Sie sagen, dass Sie hier eine jahrhundertealte Tradition der Waldbewirtschaftung fortsetzen, dann klingt das so, als ob Sie behaupten wollten, schon die Zisterzienser hätten mit dem Harvester gearbeitet oder Sie wollten heute wieder mit Ross und Axt in den Wald einrücken. Es tut mir wirklich leid, aber diese Argumentation ist lächerlich.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der GRÜ- NEN)

Noch eine Anmerkung dazu: In Deutschland befinden sich 25 % der europäischen Buchenwälder dieser Art; diese müssen wir als Weltnaturerbe schützen. Sie haben in der Nationalen Biodiversitätsstrategie, die wir im Jahr 2010 gemeinsam verabschiedet haben, anerkannt, dass solche Wälder aus der Nutzung herauszunehmen sind. Heute aber reden Sie ganz anders.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Bitte verbleiben Sie weiterhin am Rednerpult, Herr Kollege. Jetzt erhält Frau Schmidt für eine Zwischenbemerkung das Wort.

Sie unterstellen den Waldbauern, sie zerstörten mit Harvestern die Wälder. Zum Vergleich: Man kann theoretisch auch eine Kanne Öl in das Kaminfeuer kippen; denn Öl ist auch ein fossiler Brennstoff. - Was sagen Sie eigentlich den Anrainern des Naturparks? Sie wollen keinen Nationalpark Steigerwald.

Eine Anmerkung zu den Buchenwäldern, die Sie genannt haben: Das sind Kulturwälder. Die Kronen sind durch Kulturpflege entstanden, durch Ausasten bis oben hin schon im Frühstadium des Wachstums. Wollen Sie dann den Anrainern ganz nebenbei auch den Borkenkäferbefall erklären?

Ich habe die Waldbauern in keiner Weise kritisiert. Ich habe auch nicht die Bayerischen Staatsforsten kritisiert. Meine Kritik bezog sich auf die Behauptung, heute werde im Wald noch so wie vor Jahrhunderten gewirtschaftet. Herr Magerl hat schon darauf hingewiesen, dass die Hiebziele der Bayerischen Staatsforsten auch im Steigerwald heraufgesetzt werden. So funktioniert das aber nicht.

Im Übrigen trifft es nicht zu, dass diese Buchenwälder erst durch die Bewirtschaftung entstanden seien. Das sind Reste uralter Wälder, die in Mitteleuropa schon immer existiert haben. Außerdem können Sie – das wiederhole ich – die Rahmenbedingungen und Anforderungen von vor Jahrzehnten oder Jahrhunderten nicht mit denen der heutigen Zeit gleichsetzen; ich verweise nur auf den Artenschutz. Insofern vergleichen Sie Äpfel mit Birnen.

(Beifall bei der SPD)

Herzlichen Dank. – Ich bitte den nächsten Redner an das Rednerpult. Herr Dr. Fahn, bitte.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich habe hier noch 18 Minuten 59 Sekunden Redezeit. Ich verspreche Ihnen aber, dass ich diese nicht ausnutzen werde.

(Zurufe: Schade! Oh!)

Ich kann meine Ausführungen auch in viel kürzerer Zeit machen.

(Markus Rinderspacher (SPD): Machen wir doch 17 Minuten 30 Sekunden!)

Ich bin seit 2008 im Bayerischen Landtag. Mindestens einmal im Jahr ist der Steigerwald Thema im Landtag. Zum ersten Mal habe ich davon 2009 gehört. Damals haben die GRÜNEN einen Antrag gestellt.

Vielleicht eine kurze Chronologie dessen, was in den letzten Monaten geschah. Am 16. Oktober kam der Antrag des Landratsamtes, § 29 anzuwenden. Bis zum 20. Dezember 2013 gab es noch eine Fristverlängerung. Ich habe auch verschiedene Schriftliche Anfragen gestellt – darauf komme ich gleich noch zurück. Schon am 17. Januar stand im "Bote vom Haßgau": Auch das Umweltministerium hat Zweifel. Im "Fränkischen Tag" war zu lesen: München unterstützt Rauhenebrach. Am 16. März fanden dann die Kommunalwahlen statt. Am 19. März wurde zum ersten Mal vom Alleingang Denzlers berichtet: Denzler will Waldnaturschutzgebiet erlassen; Staatsregierung dagegen. Es gibt den Verein "Unser Steigerwald e. V."; jedes Jahr findet eine Versammlung statt. Am 13. Mai wurde mit einer Klage gegen das Naturschutzgebiet gedroht. Am 23. Mai stand in der "Süddeutschen Zeitung": Wie die Axt im Walde. In der "Mainpost" vom 22.05. stand: Schutzgebiet im Steigerwald wird kassiert. In einer Pressemitteilung der GRÜNEN in der letzten Woche heißt es: Behördenwillkür heizt Konflikt im Steigerwald weiter an. Es stellt sich die Frage: Wer hat Recht? Wer hat etwas falsch gemacht?

Ich möchte vorab sagen, dass ich mich jedes Jahr im Steigerwald einige Male sachkundig mache, mit den Bürgern vor Ort Gespräche führe und auch sehr oft mit dem Verein "Unser Steigerwald e. V." Kontakt habe und somit konkret sehe, was die Bürger vor Ort wünschen.

Es ist tatsächlich so, dass gemäß der aktuellen Situation die Ausweisung des Gebietes von 757 Hektar rechtswidrig zu sein scheint. Ich habe am 27. Dezember 2013 als Antwort auf eine Schriftliche Anfrage vom Umweltministerium erfahren, dass man aufgrund der Größe des Gebiets in der bayerischen Vollzugspraxis rechtliches Neuland betreten würde. Konkret geht es nämlich um Einzelbäume; es geht um Hecken oder Baumgruppen, um mehr aber nicht. Nach Auffassung des Vereins "Unser Steigerwald e. V." – er hat übrigens heute Morgen eine Pressemitteilung verschickt – ist diese Maßnahme rechtswidrig. Der Verein behauptet nicht von ungefähr, dass dies rechtswidrig sei. Er hat ein wissenschaftliches Gutachten anfertigen lassen, und zwar von einem Professor Werner Schneider. Dieses 15-seitige Gutachten ist am 24. Januar veröffentlicht worden. In ihm steht ganz klar, dass die Verordnung, die erlassen wurde,

nach Ansicht dieses Professors rechtswidrig ist. Er bestätigt eigentlich die Auffassung, die schon der Verein "Unser Steigerwald e. V." geäußert hat.

Es geht um die Unterschutzstellung von Einzelelementen – darum muss es sich handeln –, aber nicht um eine so große Fläche von 757 Hektar. Das ist das Problem. Deswegen steht in diesem Gutachten auch ganz klar, dass man dagegen klagen kann. In dem Gutachten steht letztendlich auch, dass die Gemeinde Rauhenebrach die Möglichkeit hat, ihre formellen und materiellen Bedenken vorzutragen. Es gibt keine Fristen. Bei Zurückweisung der Bedenken durch das Landratsamt Bamberg hat die Gemeinde Rauhenebrach die Möglichkeit, im Rahmen einer Aufsichtsbeschwerde dagegen vorzugehen.

Meine Damen und Herren, das ist der aktuelle Stand. An der Ansicht, dass es möglicherweise rechtswidrig ist, ist also etwas dran. Wir meinen – das sagt auch der Verein "Unser Steigerwald e. V." –, dass es letztendlich Aufgabe der Regierung wäre, die Angelegenheit insgesamt zu begutachten. Dann hätten die Anlieger das Recht auf eine Stellungnahme. Herr Denzler hat als Leiter des staatlichen Landratsamtes eine Verordnung erlassen. Dadurch war es überhaupt nicht möglich, dass auch Anlieger konkret Bedenken äußern können. Deswegen meinen wir: Die rechtliche Überprüfung dieser Verordnung ist notwendig und richtig. Sie sollte Juristen überlassen werden – das ist ganz klar.

Außerdem möchte ich sagen, dass dieses angedachte Schutzgebiet von 757 Hektar bereits heute als FFH-Fläche ausgewiesen ist. Das bedeutet, dass in diesem Gebiet heute schon ein sogenanntes Verschlechterungsverbot gilt. Das heißt, in diesem Gebiet wird es nicht zu Abholzungen oder anderen Gefährdungen kommen. Die ausgewiesene Fläche von 757 Hektar ist ein relativ junger Wirtschaftswald, der seit vielen Jahren naturnah bewirtschaftet wird.