oder es gestattet hatten; sehr wohl, Herr Ministerpräsident –, oder dass Menschen sich gar deswegen strafbar machten, weil sie dem Eheversprechen nicht treu geblieben waren und nachgewiesenermaßen wegen Ehebruchs verurteilt wurden. Auch das sollte uns allen Anlass geben, unsere Positionierung zu überdenken und nicht so zu tun, als ob das in fernen Zeiten gewesen sei. Diese Urteile führten letztlich zur Vernichtung von Existenzen in der Gesellschaft. Grund war ein Verhalten, über das heute niemand mehr strafrechtlich nachdenken würde.
Nicht zuletzt deswegen können wir uns möglicherweise auf Entschädigungsleistungen verständigen, und seien sie nur symbolischer Art. Es genügt, wenn der Bundestag oder wir bekunden: Diese Verurteilung tut uns leid. Für dieses Leid, das im Namen des Volkes und im Namen des Gesetzes zugefügt wurde – wir sehen ein, dass es Unrecht war –, wird eine Entschädigung in dieser oder jener Höhe gewährt. – Das wäre Rehabilitation in concreto und kein Verweisen auf abstrakte juristische Theorien zu der Frage, ob Urteile aufgehoben werden können. Den Betroffenen wird dadurch geholfen, dass man sie anspricht und ihnen sagt: Damals ist Mist geschehen, wir wollen das gemeinsam aufarbeiten. Deswegen stimmen wir dem Antrag der GRÜNEN zu.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, werter Herr Ministerpräsident! Uns liegt ein Antrag vor, der - das muss man schon sagen - in die Tiefe geht und mit dem umzugehen schwierig ist, da er uns in unserer Moralität, unseren Wertvorstellungen und unserer Haltung zur Rechtsstaatlichkeit herausfordert.
Wer von politischer Rehabilitierung spricht, meint damit, dass Urteile, die ergangen sind, aufgehoben werden müssen. Aber wir sprechen hier von Richtern, die unabhängig waren und in einem demokratischen Rechtsstaat lebten. Wir sprechen von Gesetzen, die von einem demokratisch gewählten Parlament so verabschiedet oder bestätigt worden waren.
Insofern befinden wir uns im Grunde in einem Dilemma: Wir können von der politischen Seite her nicht mit unseren heutigen Moralvorstellungen Rechtsprechung aus der Vergangenheit in Frage stellen oder aufheben. Es wird schwierig, wenn wir unsere heutigen Moralvorstellungen rückwirkend auf die damalige Rechtsprechung anwenden. Wir müssen die Trennlinie klar ziehen: Die damaligen Richter waren dem Recht und dem Gesetz, das damals galt, gegenüber verantwortlich. Dieses Gesetz war Ausdruck der damaligen Wertvorstellungen.
Dass sich Wertvorstellungen in der Gesellschaft – und dann auch die Rechtsprechung – ändern, ist etwas Normales; Gott sei Dank haben sie sich in diesen Fällen geändert. Die Ex-post-Betrachtung entzieht sich jedoch unserer Wertung. Von daher sind wir in einem Dilemma. Wir wissen: Das, was den betroffenen Menschen damals passierte, verletzte sie in ihrer Menschenwürde und war, wenn man es moralisch betrachtet, schlecht. Von daher ist unsere Gesellschaft, unser Staat an diesen Menschen schuldig geworden. Wir müssen uns heute fragen, wie wir mit dieser Schuld umgehen.
Wenn wir aber nun hingehen und Gesetze und Rechtsprechung aufheben würden, widerspräche das unserer Rechtsordnung. Hier ist dann auch die Staatsräson gefragt. Wir müssen feststellen, dass wir letztlich in unserer Rechtsordnung gefangen sind und aus dieser nicht herauskommen. Von daher wäre es durchaus eine Aufgabe für den Bundesgesetzgeber, darüber nachzudenken, welche anderen Wege gefunden werden können, um auch diesen Menschen gerecht zu werden.
Kollege Arnold hat einen möglichen Weg angedeutet, die symbolische Entschädigung. Vielleicht kann es das Bekenntnis dazu geben, dass man in diesen Fällen schuldig geworden ist – das auch. Aber wir können, wie gesagt, nicht die Rechtsprechung rückwirkend verändern. Gingen wir diesen Weg, dann würden wir ein Tor öffnen, das wir nicht mehr zubekämen, da letztlich jede Rechtsprechung später politisch-moralisch infrage zu stellen wäre. Genau das wollen wir vermeiden. Wir wollen unabhängige Gerichte, die nicht von politischen Wertmaßstäben beeinflusst werden.
Ich fasse zusammen: Wir müssen versuchen, einen anderen Weg zu finden. Den Antrag verstehen wir so, dass vorgeschlagen wird, Rechtsprechung vonseiten des Gesetzgebers aufzuheben. Auf diesem Weg kön
nen wir nicht mitgehen. Deswegen habe ich die herzliche Bitte an die Parteien, die auch mit Fraktionen im Deutschen Bundestag vertreten sind: Sucht dort nach gangbaren Wegen, die unsere Rechtsordnung nicht in Frage stellen.
Vielen Dank, Herr Kollege. – Für die Staatsregierung hat Herr Staatsminister Professor Dr. Bausback um das Wort gebeten. Bitte schön, Herr Staatsminister.
Frau Präsidentin, Herr Ministerpräsident, Kolleginnen und Kollegen! Es besteht kein Zweifel: Tausenden von Männern ist in den ersten Jahrzehnten der Bundesrepublik Deutschland schweres Unrecht geschehen. Sie wurden wegen der Vornahme homosexueller Handlungen verfolgt, verurteilt und gebrandmarkt. Diese Verurteilungen widersprechen unseren heutigen Rechtsvorstellungen, unserem heutigen Rechtsverständnis; sie lassen uns beschämt auf ein dunkles Kapitel deutscher Strafrechtsgeschichte schauen.
Freilich ist das keine neue Erkenntnis, auch hier im Bayerischen Landtag nicht. Wir haben uns bereits vor zweieinhalb Jahren mit diesem Thema befasst, damals auf der Grundlage eines beinahe identischen Antrags der SPD-Fraktion, eingebracht von Herrn Kollegen Schindler.
Kolleginnen und Kollegen, auch nach dem neuerlichen Antrag der GRÜNEN soll sich die Staatsregierung auf Bundesebene für eine Rehabilitierung einsetzen. Wie diese aussehen soll, lässt der Antrag vollkommen im Dunkeln; vermutlich weiß man es bei den GRÜNEN selbst nicht so genau. Insoweit kann ich das, was Kollege Streibl dazu ausgeführt hat, teilen.
Festzuhalten bleibt: Dass die Strafvorschriften zur Homosexualität heutigen Rechtsanschauungen widersprechen, zeigt bereits deren Aufhebung durch den Bundesgesetzgeber. Sofern es darum gehen sollte, dass die heute politisch Verantwortlichen gegenüber den damals Verurteilten aussprechen, dass wir die Verurteilungen bedauern, so ist dies durch den Beschluss des Deutschen Bundestages aus dem Jahr 2000 bereits geschehen, Frau Kollegin Stamm.
Soll aber die Rehabilitierung in der Aufhebung von rechtskräftigen Gerichtsurteilen liegen – der Antrag geht sehr deutlich in diese Richtung –, so stehen dem unser Grundgesetz und das dort verankerte Gewaltenteilungsprinzip entgegen. Ich will den letzten Punkt kurz vertiefen; denn in der Forderung nach einer de
Herr Kollege Roos sprach vorhin, wenn auch in einem anderen Zusammenhang, von einer "Metaebene". Hier geht es um eine verfassungsdogmatische Metaebene. Das wird jetzt für den einen oder anderen sicherlich zu abstrakt werden, aber wir können die Metaebene nicht ausklammern.
Von Verfassung wegen ist dem Gesetzgeber ein Einbruch in den Kernbereich einer anderen Gewalt – wie den der Judikative – grundsätzlich verwehrt. Das Bundesverfassungsgericht – der Kollege Rieger hat dies exzellent ausgeführt – verlangt für die Aufhebung formell bestehender Strafurteile durch den Gesetzgeber daher zu Recht eine besondere Rechtfertigung. Sie sei möglich bei Urteilen, die zur Förderung eines Unrechtsregimes gegen die elementaren Grundgedanken der Gerechtigkeit verstießen - die sogenannte Radbruch’sche Formel -, sowie bei Urteilen, die nicht als Entscheidungen einer unabhängigen rechtsprechenden Gewalt anzusehen seien.
Diese Voraussetzungen für eine pauschale Aufhebung von Urteilen im Falle der Strafnorm zur Homosexualität sind erkennbar nicht erfüllt; denn die Gerichte der Bundesrepublik Deutschland haben Recht umgesetzt, das der Deutsche Bundestag und damit der demokratisch legitimierte Gesetzgeber der Bundesrepublik Deutschland nach 1945 – daran besteht leider kein Zweifel – bewusst in Geltung belassen und dessen Gültigkeit das Bundesverfassungsgericht – die entsprechende Entscheidung wurde schon genannt – selbst bekräftigt hatte.
Wollte man mit den nach 1945 ergangenen Urteilen ebenso verfahren wie mit denjenigen der nationalsozialistischen Justiz, so müsste man dazu unterstellen, dass auch die Gerichte der Bundesrepublik Deutschland bis 1969 Teil eines Unrechtsregimes gewesen sind und die Bezeichnung "Justiz" nicht verdienen. Es liegt auf der Hand, meine Kolleginnen und Kollegen, dass das nicht in Betracht kommen kann.
Was folgt daraus für die Verurteilung wegen homosexueller Handlungen nach 1945? - Der Gesetzgeber hat sich hierzu in der Vergangenheit bereits klar zu seiner geschichtlichen Verantwortung bekannt. Darüber hinaus besteht kein Anlass, hart erkämpfte rechtsstaatliche Grundsätze wieder über Bord zu werfen. Es ist eine Sache, Kolleginnen und Kollegen, Recht zu ändern, das wir heute und seit Langem für falsch halten. Die damals ergangenen Urteile aufzuheben, ist jedoch eine andere Sache.
Vielen Dank, Herr Staatsminister. – Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit ist die Aussprache geschlossen.
Wir kommen zur Abstimmung. Der federführende Ausschuss für Verfassung, Recht und Parlamentsfragen empfiehlt die Ablehnung des Antrags. Wer entgegen dem Ausschussvotum dem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Fraktion der SPD, Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Ich bitte, die Gegenstimmen anzuzeigen. – CSU-Fraktion und die Fraktion der FREIEN WÄHLER. Stimmenthaltungen? – Keine. Damit ist der Antrag abgelehnt.
Eingabe betreffend "Ablehnung der geplanten 3. Start- und Landebahn am Flughafen im Erdinger Moos" (WI. 0523.16)
Der Ausschuss für Wirtschaft und Medien, Infrastruktur, Bau und Verkehr, Energie und Technologie hat sich mit der Eingabe in seiner Sitzung am 4. Dezember 2014 befasst. Er hat beschlossen, die Eingabe gemäß § 80 Nummer 4 der Geschäftsordnung aufgrund der Stellungnahme der Staatsregierung für erledigt zu erklären; dem Petenten sind die Stellungnahme der Staatsregierung und ein Protokollauszug zu übersenden.
Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat gemäß Artikel 5 Absatz 2 Satz 2 des Bayerischen Petitionsgesetzes fristgerecht beantragt, die Eingabe auf die Tagesordnung des Plenums zu setzen.
Kolleginnen und Kollegen, ich darf gleich bekannt geben, dass die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zu diesem Tagesordnungspunkt namentliche Abstimmung beantragt hat.
Ich darf darauf hinweisen, dass die Gesamtredezeit nach der Geschäftsordnung insgesamt 24 Minuten beträgt, und zwar CSU acht, SPD sechs, FREIE WÄHLER fünf, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fünf und die Staatsregierung acht Minuten.
Ich eröffne die Aussprache und darf als Erstem Herrn Kollegen Magerl das Wort erteilen. Er steht schon bereit. Bitte schön, Herr Kollege.
Frau Präsidentin, Hohes Haus! Bei der Petition geht es darum, dass 82.000 Bürgerinnen und Bürger überwiegend aus der betroffenen Region rund um den Flughafen im Erdinger Moos, aber auch von außerhalb die Forderung erheben, dass der Freistaat Bayern alles daransetzen
Wir von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN haben von Anfang an, seit Beginn der Planungen im Jahr 2005, gesagt: Es besteht kein Bedarf für eine dritte Start- und Landebahn im Erdinger Moos. Die Planungen laufen seit fast zehn Jahren. Es zeigt sich klar und deutlich – das ist einer der Hauptgründe, warum die Petition eingereicht worden ist -: Es gibt keinen Bedarf für eine dritte Start- und Landebahn. Ich möchte dies auch begründen.
Im letzten Jahr, also 2014, wurden am Flughafen München 376.678 Flugbewegungen abgewickelt, das ergibt ein Minus von 1,4 %. Die Firma Intraplan hatte in dem Gutachten für das Raumordnungsverfahren im Jahr 2007 vorausgesagt, es würden 526.000 Bewegungen sein. Das ist ein Minus von 149.000. So falsch war noch selten eine Prognose in Bayern.
In der zweiten Prognose zum Planfeststellungsverfahren lag die Zahl bei 458.000 Flugbewegungen; erneut ein Minus, nämlich von 81.000. Auch hierzu wurde eine ganz klare Fehlprognose abgegeben.
- Das war die Flughafen München GmbH. Aber der Freistaat Bayern hat 51 % der Anteile an der Flughafen München GmbH. Da besteht schon ein gewisser Zusammenhang zwischen der Firma, dem Freistaat Bayern und der Bayerischen Staatsregierung.
Hintergrund ist, dass sich der Gutachter beim Sitzladefaktor – das heißt, wie viele Leute in einem Flugzeug sitzen – fürchterlich vertan hat. Mittlerweile gab Herr Schubert von der Firma Intraplan im Bayerischen Fernsehen am 22. Januar in der Fernsehsendung "Quer" klar und deutlich zu: Ich gebe Herrn Thießen – das ist ein anderer Gutachter – recht in dem Sinne, dass die Flugbewegungsentwicklung derzeit nicht so stattfindet, wie es in den Prognosen erwartet wird. – Das sagt der Gutachter der Flughafen München GmbH! Das sollten Sie zur Kenntnis nehmen. Verlassen Sie endlich die Traumwelt der Prognosen! Kommen Sie in der harten Realität an, und ziehen Sie daraus die entsprechenden Schlüsse!
Mittlerweile haben genügend andere Leute Prognosen abgegeben, zum Beispiel Herr Scheurle von der Deutschen Flugsicherung – das ist sicherlich ein guter Experte -, der sagt, in der Zukunft würden wir noch 1 bis 1,5 % Zuwachs haben. Herr Schubert von Intraplan sagt beispielsweise für Frankfurt, auch dort würden es in den nächsten zehn Jahren nur 1,5 bis 1,6 % sein. Wenn man das hochrechnet, dann stellt man fest, dass man deutlich unter dem Prognosenullwert von 480.000 Bewegungen bleibt, von dem die Flughafen GmbH selbst sagt, sie könnte das leicht abwickeln. Das heißt, es gibt keinen Bedarf, auch im neuen Jahr nicht.