Protokoll der Sitzung vom 23.06.2015

Wir haben uns in den letzten Plenarsitzungen sehr in tensiv mit der Frage der Grundwasserverschmutzung beschäftigt. Wir haben uns zweifelsohne nicht zu Un recht mit der Landwirtschaft auseinandergesetzt.

Wenn man draußen unterwegs ist, werden in den Dis kussionen zum Thema Wasserrahmenrichtlinie immer auch die Fragen gestellt: Was tut ihr in der Stadt mit den Kanälen? Was gelangt aus den defekten und ma roden Kanälen an belastetem Wasser und Abwasser in unser Grundwasser? – Wie gesagt: Zum Schutz des Grundwassers sind wir gefordert zu handeln, und zwar nicht nur in der Fläche, sondern auch bei diesen punktuellen Verschmutzern.

Wie in den Ausschüssen werden wir diesem Antrag zustimmen; denn er macht Sinn, er geht in die richtige Richtung. Es ist schon angesprochen worden: Man kann den ländlichen Raum damit nicht allein lassen; man kann die Kommunen, die unter dem demografi schen Wandel leiden, Regionen, die unter schrumpf ender Bevölkerung leiden, nicht damit alleine lassen. Das gilt insbesondere dann – das wissen wir von vie len Untersuchungen , wenn die Wassermengen weni ger werden. Dann wird es nicht leichter mit dem Ka nalsystem, sondern deutlich schwieriger, weil man dann öfter spülen muss usw. Deshalb werden wir die sem Antrag zustimmen.

Noch ein Appell in Richtung CSU: Schließen Sie sich in dem Fall im Interesse der bayerischen Bürgerinnen und Bürger der Opposition an, und stimmen auch Sie zu!

(Beifall bei den GRÜNEN und Abgeordneten der SPD)

Danke schön, Herr Kollege. – Als Letzte hat nun Frau Staats ministerin Ulrike Scharf das Wort. Bitte schön, Frau Staatsministerin.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Wir können auf die Wasserqualität in Bayern stolz sein: Bei uns wird in den Seen gebadet, und unser Grundwasser dient auch der Trinkwasserversorgung. Zu unserer guten Wasserqualität leisten die Kommunen in Bayern einen ganz wichtigen Beitrag. Meine Damen und Her ren, ich kann Ihnen auch sagen: Die kommunale Ab wasserreinigung entspricht flächendeckend dem Stand der Technik.

Die Städte und Gemeinden haben in den letzten Jahr zehnten sehr viel in ihre Anlagen investiert: 46 Milliar den Euro. Der Staat hat diese Investitionen zusätzlich mit 12,4 Milliarden Euro unterstützt.

Ich sage aber auch ganz klar: Beim Grundwasser und beim Gewässerschutz dürfen wir nicht nachlas sen. Kläranlagen müssen dauerhaft funktionieren, Ka näle müssen dicht sein, und sie müssen funktionsfähig sein.

Der Antrag der Kollegen von der SPD mit der Begrün dung, dass die Förderung eines Erstanschlusses an öffentliche Abwasseranlagen zu langsam und zu unef fektiv sei, läuft ins Leere. Die Ersterschließung in Bay ern ist nahezu abgeschlossen. Man kann doch bei einem Anschlussgrad von 97 % nicht ernsthaft von In effektivität sprechen.

(Beifall bei der CSU)

97 von 100 Haushalten sind also angeschlossen. Ein höherer Anschlussgrad als 97 % ist mit wirtschaftlich vertretbarem Aufwand nicht erreichbar. Ich muss da raus folgern, meine Damen und Herren von der SPD, dass Ihr Antrag auf die Sanierungsförderung für Lei tungen und Kanäle abzielt. Vielen Dank für die Erinne rung! Wir sind längst dabei, das zu erarbeiten und Re gelungen für den Härtefall auszuarbeiten.

(Beifall bei der CSU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, dichte Kanäle sind wichtig für unseren Grundwasserschutz; sie sind eine gesetzliche Pflichtaufgabe der Kommunen. Der Be trieb und Erhalt der Anlagen ist ganz klar Zukunftsauf gabe. Uns allen ist das bewusst. Mit zunehmendem Alter wird eine wirkungsvolle Erhaltungsstrategie immer wichtiger. Zur Wahrheit gehört aber auch: Im Gesetz steht ganz klar, dass die Kommunen zunächst kostendeckende Entgelte erheben müssen. So ist es gesetzlich formuliert.

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Zehn Euro pro Kubikmeter in Oberfranken!)

Langsam, Herr Aiwanger, warten Sie erst einmal! – Um die Höhe der Gebühren anzugleichen, wurden die Möglichkeiten zur Rücklagenbildung im Jahr 2013 er weitert und noch flexibler gestaltet. Eine vorausschau ende Finanzierungsplanung ist bei jeder Kommune ein absolutes Muss. Erst wenn die kommunalen Un ternehmensträger all ihre Möglichkeiten ausgeschöpft haben, erst wenn eine unzumutbare Belastung – jetzt sind wir an Ihrem Punkt – für Bürgerinnen und Bürger droht, also erst als letzter Schritt ist es gerechtfertigt, dass der Staat eine Kommune gezielt unterstützt. Eine flächendeckende Sanierungsförderung wäre un ausgewogen und auch ungerecht. Für die Sanie rungsförderung im Härtefall setze ich mich ganz klar ein. Unser Konzept ist auf dem Weg.

Sie und die Ausschussmitglieder wissen, wenn Sie mir zugehört haben: Mein Haus hat dem Landtag be reits über die Möglichkeiten für eine Härtefallregelung berichtet. Für die Vorzugslösung erarbeiten wir jetzt die Details; da bitte ich noch um etwas Geduld.

Ich fasse zusammen: Der Antrag der SPD ist in zwei facher Hinsicht überflüssig; zum einen ist der Erstan schluss zu 97 % erledigt, und zum anderen ist eine Sanierungsförderung längst in Arbeit.

(Beifall bei der CSU)

Frau Staatsministerin, bleiben Sie bitte am Rednerpult. Kol lege Scheuenstuhl hat sich zu einer Zwischenbemer kung gemeldet. Bitte schön, Herr Kollege.

Frau Ministerin, mich verwundert Ihre Aussage etwas. Wie ich aus meiner Heimatzeitung weiß und wie ich gerade von anderen Kolleginnen und Kollegen gehört habe, gibt es vor allem im ländlichen Bereich sehr viele Klagen über die Anforderungen an den Stand der Technik, bei Kläran lagen, wie Sie das bezeichnet haben. Dieser Antrag kommt also nicht von ungefähr. Wir haben ihn nicht gestellt, weil uns die Lust gepackt hat, mal schnell Geld vom Freistaat Bayern zu fordern, sondern weil die Not groß ist. Sehen Sie das doch endlich einmal ein! Gehen Sie zu den Leuten und fragen Sie sie, ob sie noch in der Lage sind, das zu bezahlen!

Wenn Sie "Stand der Technik" sagen, muss ich Ihnen als Techniker sagen: Stand der Technik ist etwas an deres als das, was Sie hier vorgetragen haben. Mir fällt übrigens auf, dass Sie öfter Begriffe, die eigent lich gängig sind, verwechseln. Der Stand der Technik ist etwas ganz anderes, nämlich das Neueste vom Neuen.

Es gibt besonders viele Klagen in den Gemeinden. Meine Frage an Sie: Sind Sie der Meinung, dass der ländliche Bereich diese Auflagen, die wir zum Schutz der Umwelt machen – der Freistaat Bayern macht das ja auch nicht aus Jux und Tollerei – in Zukunft noch erfüllen kann? Ich frage Sie auch, wie eine kleine Ge meinde noch Rücklagen bilden soll, die dann reichen, um die Anforderungen zu erfüllen. Zu den privaten Kanälen haben Sie überhaupt nichts gesagt; das würde mich auch mal interessieren.

(Beifall bei der SPD und den FREIEN WÄH LERN)

Lieber Herr Kollege Scheuenstuhl, Sie haben offenbar weder im Ausschuss noch mir eben zugehört. Ich habe ganz klar dargestellt, was uns wichtig ist: der Schutz unserer Gewässer. Ich habe dargestellt, was der Freistaat und die Kommunen bisher investiert haben. Ich habe klargestellt, wer für die Gebührenfi nanzierung zuständig ist. Ich habe auch dargestellt, dass unser Konzept für die Härtefallregelung kurz vor

der Fertigstellung steht. Ich glaube, wir können das Gespräch jetzt hier beenden.

(Beifall bei der CSU – HansUlrich Pfaffmann (SPD): Keine einzige Frage beantwortet! – Harry Scheuenstuhl (SPD): Das macht Sie immer so! – HansUlrich Pfaffmann (SPD): Eine Luftnummer!)

Danke schön, Frau Staatsministerin. Weitere Wortmeldun gen liegen mir nicht vor. Damit ist die Aussprache ge schlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Der feder führende Ausschuss für Umwelt und Verbraucherschutz empfiehlt die Ablehnung des An trags. Wer entgegen dem Ausschussvotum dem An trag zustimmen möchte, den bitte ich um das Hand zeichen. – Das sind die Fraktionen der SPD, der FREIEN WÄHLER und von BÜNDNIS 90/DIE GRÜ NEN. Gegenstimmen? – Das ist die Fraktion der CSU. Stimmenthaltungen? – Ich sehe keine. Damit ist der Antrag abgelehnt.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 7 und 8 gemeinsam auf:

Antrag der Abgeordneten Margarete Bause, Ludwig Hartmann, Thomas Gehring u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Optimierung der inklusiven Unterrichtsbedingungen durch Zweitlehrkräfte (Drs. 17/3092)

Antrag der Abgeordneten Margit Wild, Dr. Simone Strohmayr, Kathi Petersen u. a. (SPD) Inklusion jetzt: Inklusive Schullaufbahn ermöglichen (Drs. 17/3691)

Ich eröffne die gemeinsame Aussprache. Die Gesamt redezeit der Fraktionen beträgt nach der Geschäfts ordnung 24 Minuten. Die Redezeit der Staatsregie rung orientiert sich an der Redezeit der stärksten Fraktion. – Erster Redner ist der Kollege Gehring vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Bitte schön, Herr Kolle ge, Sie haben das Wort.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Jahr 2009 ist von der Bundesrepublik die UNBehindertenrechtskonvention unterschrieben worden. Dem haben sich alle Bundes länder, die ja für Bildung zuständig sind, angeschlos sen. Wir haben das zum Anlass genommen, in einer interfraktionellen Arbeitsgruppe zusammenzuarbeiten, und haben im Jahr 2011 einen gemeinsamen Gesetz entwurf hier eingebracht und verabschiedet. Das ist damals als Sternstunde des Parlaments bezeichnet worden. Ich finde auch, dass es gut war, dass wir die

sen gemeinsamen Weg gegangen sind und erste Schritte in Richtung Inklusion unternommen haben. Aber jetzt ist es notwendig, weitere Schritte folgen zu lassen; denn ein Stern am Himmel erhellt das Firma ment noch nicht besonders. Wir haben mit dem Ge setz erste Schritte gemacht und gesagt, Inklusion ist Aufgabe aller Schulen. Wir haben auch Schulen mit dem Profil Inklusion geschaffen, an denen ständig Sonderpädagogen arbeiten.

Wir haben jetzt die Aufgabe, weitere Schritte folgen zu lassen. Da stelle ich mir schon die Frage, inwiefern die Arbeit in der interfraktionellen Arbeitsgruppe noch Sinn hat, wenn wir nicht in nächster Zeit weitere Schritte erreichen. Ich sage das auch, weil wir und die SPDFraktion einige Anträge eingebracht haben, die wir auch in der interfraktionellen Arbeitsgruppe be sprochen haben. Sie sind aber allesamt abgelehnt worden. Ja, noch mehr: Es gab auch keine Hinweise, wie man in Einzelpunkten vielleicht ein Stück weiter kommen kann.

Wir haben uns mit dem Thema Schulbegleitung be schäftigt. Seit Jahren befasst sich eine Arbeitsgruppe zwischen den Bezirken und dem Kultusministerium mit diesem Thema. Wir hatten gemeinsame Anhörun gen von Sozialausschuss und Bildungsausschuss. Aber leider hat sich weder bei der Finanzierungssitua tion noch bei der pädagogischen Situation der Schul begleitung etwas bewegt. Wir haben den Antrag ge stellt, zumindest einen Modellversuch zu machen, an dessen Kosten sich das Land beteiligt und bei dem Pools gebildet werden, sodass sich Schulbegleiter um mehrere Schülerinnen und Schüler kümmern können, und bei dem Schulbegleiterinnen und Schulbegleiter aus und fortgebildet werden. Auch da gab es keine Bewegung.

Ebenso ist es bei dem Thema einer zweiten Lehrkraft im Klassenzimmer, zu dem wir einen Antrag einge bracht haben. Alle sagen und bestätigen, dass Inklu sion nur gelingen kann, wenn nicht nur eine Lehrkraft die ganze Zeit in der Klasse ist, sondern wenn zumin dest zeitweise eine zweite pädagogische Kraft im Klassenzimmer ist, die sich um einzelne Schülerinnen und Schüler kümmern und eingreifen kann, zum Bei spiel bei Kindern mit einer besonderen Behinderung oder Kindern mit Verhaltensauffälligkeiten, die jeman den brauchen, der schnell zur Stelle ist. Auch dieser Antrag hat keinerlei Zustimmung gefunden.

Wir brauchen jetzt unbedingt ein Modell für Zweitlehr kräfte. Man muss darüber sprechen, welche Ausbil dung diese Leute haben, wie sie im Unterricht einge setzt werden und vor allem wie und von wem sie bezahlt werden. Die Antwort ist ganz klar: Sie müssen aus dem Landeshaushalt, aus dem Etat des Kultusmi

nisteriums finanziert und bezahlt werden. Es gibt aber keine Schritte in diese Richtung.

Ähnlich ist es beim Antrag der SPD, den ich sehr wichtig finde. Wir haben jetzt Grundschulen mit dem Profil Inklusion. Sie sind erfolgreich, und alle sagen: Man hat sehr schön zusammen gelernt; aber nach Klasse vier ist es damit vorbei, und es ist unklar, wie es weitergeht. Das kann nicht sein. Inklusion als Basis allein in der Grundschule kann es nicht sein. Das ist nicht die Umsetzung der UNBehindertenrechtskon vention.

(Beifall bei den GRÜNEN und des Abgeordneten HansUlrich Pfaffmann (SPD))

Deswegen müssen wir wirklich überlegen, wie wir weitermachen. Uns ist diese Frage sehr ernst. Um sie zu thematisieren, haben wir die Anträge hochgezo gen. Es stellt sich schon die Frage, ob die interfraktio nelle Arbeitsgruppe noch eine Arbeitsgrundlage hat und ob sie sich noch Ziele setzen kann, die sie ge meinsam erreichen will, oder ob das nicht mehr der Fall ist.

Der Kollege Waschler vergleicht Inklusion mit einem Marathonlauf.

(Zuruf des Abgeordneten Prof. Dr. Gerhard Wa schler (CSU))

Meine Erfahrung aus meinem einzigen Marathonlauf – ich bin euch gegenüber ein kleines Licht, das weiß ich – war

(Prof. Dr. Gerhard Waschler (CSU): Nicht zu schnell anfangen, Herr Kollege!)

Hören Sie auf meine Erfahrung, Herr Kollege. Die Erfahrung aus meinem Marathonlauf war: Man muss ziemlich schnell sein Tempo haben, mit dem man durchlaufen will, und der größte Fehler ist, stehen zu bleiben oder langsamer zu werden. Es ist auch falsch, wenn man nicht den richtigen Kurs hat und Umwege macht. Wir müssen also das Tempo halten und müs sen weitermachen. Dazu sind in nächster Zeit not wendige Schritte zu machen. Unser Antrag soll ganz deutlich machen: Wir müssen bei dem Thema der Zweitlehrkräfte wie bei vielen anderen Themen auch weiterkommen. Deswegen bitte ich nachdrücklich um Zustimmung zu unserem Antrag.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke schön, Herr Kollege. Bevor ich der nächsten Redne rin das Wort erteile, darf ich Sie davon in Kenntnis setzen, dass die SPDFraktion zu ihrem Antrag auf

Drucksache 17/3691 namentliche Abstimmung bean tragt hat. Ich denke, wir bekommen es zeitlich so hin, dass wir unmittelbar im Anschluss an die Beratung die namentliche Abstimmung durchführen können. – Jetzt hat Frau Kollegin Wild von der SPDFraktion das Wort. Bitte schön.