Protokoll der Sitzung vom 09.12.2015

(Beifall bei der SPD)

Um die Arbeitsmethode deutlich zu machen, mit der bei diesem Nachtragshaushalt gearbeitet wurde, möchte ich abschließend fünftens ausführen: Es bleibt festzustellen, dass die Staatsregierung an vielen Stellen ihrer Aufgabe nicht gerecht geworden ist, wichtige gesellschaftspolitische Aufgabenstellungen mit einer angemessenen Finanzierung auszustatten und diese Defizite erst im parlamentarischen Verfahren durch die CSU selbst korrigiert werden mussten. Es kann doch nicht richtig sein, dass die Staatsregierung und der Ministerpräsident zuallererst die Barrierefreiheit als ihr Ziel ausgeben, dies dann aber in ihrem Entwurf

des Nachtragshaushalts kaum auftaucht und die CSU dann als Regierungsfraktion diese Defizite im Rahmen von Haushaltsanträgen beseitigen muss. So ist es passiert bei der Barrierefreiheit. Das Gleiche gilt für Baumaßnahmen bei der Polizei.

Zu allen Dingen, die Kollege Winter stolz erzählt hat, darf ich nur sagen: Die CSU hat bei diesem Nachtragshaushalt Probleme gelöst, die wir ohne die CSUStaatsregierung gar nicht hätten; denn diese Beträge hätten schon in den Ansatz des Haushalts gemusst. Sie hätten schon drin sein müssen. Stattdessen gab es das Doppelspiel mit der sogenannten CSU-Fraktionsreserve. Wir erwarten, dass die Musikschulen, dass die Jugendarbeit und dass viele andere Bereiche, zum Beispiel Denkmalschutz und Barrierefreiheit, endlich auch von dieser Staatsregierung mit vernünftigen Haushaltsansätzen versehen werden. Das erwarten wir zu Recht.

(Beifall bei der SPD)

Dann darf ich noch ganz kurz klarstellen: Herr Kollege Winter: Sie als CSU-Fraktion ziehen einen Antrag zu unserem Antrag hinsichtlich der Musikschulen nach: Unserer hat die Drucksachennummer 17/8799, die Nummer des CSU-Antrags ist um 100 höher; es handelt sich um einen Nachzieher. Dann lehnen Sie mit Ihrer Mehrheit unsere Anträge, die höhere Mittel vorsahen, ab und jubeln Ihre eigenen Anträge, die sozusagen nur Fehler der Staatsregierung korrigieren, draußen hoch. Wir werden deutlich machen, welches Doppelspiel da getrieben wird und dass es letztendlich auch auf den Druck der Opposition und der SPDFraktion zurückzuführen ist, dass wir in diesen Bereichen zu Verbesserungen kommen. Das ist auch die Wahrheit, die politische Wahrheit, und die darf gesagt werden.

(Beifall bei der SPD – Zuruf von der CSU)

Abschließend: Wir haben viele Punkte angesprochen. Leider haben wir zu unseren Anträgen in fast allen Fragen, um nicht zu sagen, in allen Fragen Ablehnung erfahren. Es wäre schön gewesen, Herr Kollege Winter, wenn wir da mehr Gemeinsamkeiten entwickelt hätten. Wenn aber die CSU in diesem Sinn alle SPD-Anträge und alle anderen Anträge ablehnt, dann, glaube ich, kann man verstehen, dass dieser Haushalt trotz der positiven Ansätze, die wir würdigen, von uns mit gutem Grund insgesamt abgelehnt wird. Wir werden uns allerdings darum kümmern, dass wir auch zu einer zügigen Umsetzung kommen – das ist nämlich das Allerwichtigste bei diesem Haushalt –, dass wir nicht nur Mittel und Stellen im Haushalt haben, sondern diese möglichst rasch dort Hilfe leisten, wo sie Hilfe leisten sollen. - Danke schön.

(Anhaltender Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege. – Jetzt darf ich für die Staatsregierung Herrn Staatsminister Dr. Söder das Wort erteilen. Bitte schön, Herr Staatsminister.

Danke schön. – Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Etwas überrascht war ich jetzt bei der letzten Rede schon. Auf der einen Seite wird gesagt, alles, was im Haushalt stehe, sei ausschließlich der SPD zu verdanken. Auf der anderen Seite sagt Herr Halbleib gleichzeitig, dass alle Anträge der SPD abgelehnt worden sind.

(Volkmar Halbleib (SPD): Zuhören!)

Vielen Dank dafür;

(Beifall bei der CSU)

denn das wäre nämlich die falsche Weichenstellung für unser Land gewesen.

(Beifall bei der CSU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, dies ist nicht der Haushalt eines Ministers, sondern dies ist der Haushalt, den die Bayerische Staatsregierung mit dem Parlament, im Haushaltsausschuss von der Mehrheitsfraktion in stundenlangen Sitzungen intensiv beraten, erarbeitet hat. Deswegen ein Dankeschön an alle, die mitgeredet haben, aber vor allem Dankeschön an die Mehrheitsfraktion, lieber Peter Winter, für die Entscheidungen an dieser Stelle; denn in schwierigen Zeiten muss man gerade an dieser Stelle schwierige Entscheidungen treffen. Herzliches Dankeschön an die Mehrheitsfraktion für diese Entscheidungen.

(Beifall bei der CSU)

Ich finde, dass dies kein normaler Nachtragshaushalt ist. Wir haben immer wieder Nachtragshaushalte, weil es Preissteigerungen gibt, weil es ein neues Programm gibt oder weil an der einen oder anderen Stelle nachjustiert werden muss. Dieser Nachtragshaushalt ist etwas ganz anderes. Im Grunde genommen ist er ein eigener Haushalt zur Bewältigung einer der größten Herausforderungen unseres Landes überhaupt. Es mag das Argument kommen: Na ja, das hätten wir vielleicht schon im Juli oder im August sehen können. Herr Halbleib, das stimmt natürlich nicht.

(Volkmar Halbleib (SPD): Doch!)

Erst durch Entscheidungen im September und durch eine generelle Öffnung unserer Grenzen und die Zuwanderung hat sich in den letzten vier Monaten eine dramatisch veränderte Situation ergeben. Dass die Staatsregierung, dass die Mehrheitsfraktion, dass unser Land in der Lage sind, auf solch eine Herausforderung ernsthaft zu reagieren, meine Damen und Herren, ist ein beruhigendes Signal für die bayerische Bevölkerung.

(Beifall bei der CSU)

Liebe Frau Stamm, viele Menschen helfen. Aber mindestens genauso viele, wenn nicht mehr, sind verunsichert. Woche für Woche kommen Nachrichten, die die Bevölkerung noch mehr verunsichern, zum Beispiel über Entscheidungen, die getroffen wurden und eine Beteiligung Deutschlands an einem Krieg neu darstellen. Sie sind für die Menschen nicht Signale: Alles ist ok, alles ist in Ordnung, wir haben keine Probleme. Im Gegenteil werden wir noch eine lange Wegstrecke an großen Herausforderungen haben.

Deswegen darf man die Bevölkerung nicht ignorieren. Man muss die Sorgen der Menschen, die man in einer parlamentarischen Demokratie repräsentieren soll, ernst nehmen. Wenn man die Sorgen der Bevölkerung nicht ernst nimmt, spaltet man sie. Deswegen bitte ich Sie ganz herzlich: Akzeptieren Sie die Realität und kommen Sie endlich aus Ihrer Ideologieecke heraus! Sie nutzt Deutschland in dieser Situation nun wirklich nicht.

(Lebhafter Beifall bei der CSU)

Wie reagieren eigentlich die anderen Bundesländer? Die SPD sagt doch, wir sollen ihr oder den GRÜNEN folgen. In anderen Ländern haben sie aber die Option, das umzusetzen. In anderen Bundesländern regieren sie nämlich. Deswegen ist es schon in Ordnung, wenn man einmal fragt, was uns die anderen Bundesländer vormachen. Nordrhein-Westfalen reagiert wie in jeder Situation, nämlich mit 300 Millionen neuen Schulden. Bremen beschließt sofort alle möglichen Haushaltssperren und sagt: Es geht überhaupt nichts mehr. Bei der verwaltungsmäßigen Umsetzung erleben wir in der Bundeshauptstadt Berlin jeden Tag anscheinend chaotische Verhältnisse, obwohl man seit Wochen weiß, was passieren wird. Dagegen hat man in Bayern, mit der Situation unmittelbar konfrontiert, eine hervorragende Lösung gefunden hat. Das ist der Unterschied zwischen der Politik in Bayern und im Rest von Deutschland.

(Lebhafter Beifall bei der CSU)

Was machen wir? - Wir helfen den Menschen, und wir helfen den Kommunen. Heute wurde der Eindruck er

weckt, unsere Kommunen seien mit der Bayerischen Staatsregierung und dem Landtag tief unzufrieden. Mein Eindruck aufgrund von Hunderten von Gesprächen, die geführt werden, ist, dass die bayerischen Kommunen froh sind, dass es diese Staatsregierung und diese Mehrheit im Landtag gibt, weil der Freistaat Bayern gerade bei dem Thema Asyl von Anfang an ein verlässlicher Partner war, während sich andere Landesregierungen auf Kosten der Kommunen einen schlanken Fuß machen. Sie übertragen die Aufgabe, geben aber kein Geld. Wir haben von Anfang an gesagt, dass wir die Kommunen zu 100 % unterstützen. Das gibt es nirgendwo sonst. Ich habe den Eindruck, unsere Kommunen sind dafür sehr dankbar und froh, dass sie in Bayern und nicht wo anders sind.

Noch einmal: Wir machen keine Schulden. Auf die Flüchtlingskrise wird unterschiedlich reagiert. Die einen fordern, die Steuern zu erhöhen. Herr Ramelow sagt: Jetzt ist die Zeit für alle Steuererhöhungen gekommen, die seit Jahr und Tag vorgeschlagen, aber immer abgelehnt wurden, weil sie schädlich für die Bürger und die Wirtschaft sind. Andere sagen: Wir müssen automatisch die Schulden anheben. Es gibt sogar die Forderung, dass mit der ganzen Fiskalpolitik Schluss sein muss; die Zeit sei da, neue Schulden zu machen. – Ich sage immer eines: Wenn man in einer solchen Krise nur so reagiert, dass man Schulden macht oder Steuern erhöht, tut man etwas Falsches. Der Staat muss lernen, mit dem Geld auszukommen, das er hat, und zusätzliche Belastungen nicht immer auf den Bürger umzuwälzen.

(Beifall bei der CSU)

Was tun wir? - Wir helfen, und wir investieren. Gleichzeitig aber halten wir unsere Haushaltsziele ein. Welches Bundesland hat in diesem und auch im nächsten Jahr trotz einer so großen Herausforderung einen ausgeglichenen Haushalt? Welches Bundesland schafft es sogar, Schulden zu tilgen, meine Damen und Herren? - Über eine halbe Milliarde Euro stellen wir in den Haushalt ein, um erneut Schulden zu tilgen. Gleichzeitig behalten wir eine Rücklage von über 2 Milliarden Euro. Das ist kein Verdienst der SPD – das sowieso nicht – und auch kein Verdienst einer Institution, die mit der Staatsregierung überhaupt nichts zu tun hat. Die Menschen in Deutschland sind doch überall fleißig, und die Menschen in Deutschland wollen doch überall Erfolg. Aber die Rahmenbedingungen werden unterschiedlich gesetzt. Dies ist der langfristige Erfolg einer jahrzehntelangen Politik dieser Mehrheitsfraktion und nicht der SPD und anderer.

(Anhaltender Beifall bei der CSU – Dr. Paul Wen- gert (SPD): Mit vollen Hosen ist leicht stinken! – Weitere Zurufe von der SPD)

Das ist eine interessante Duftnote von Ihnen persönlich, Herr Wengert.

Wir haben jetzt die Situation, dass – am Anfang belief sich die Schätzung auf 200.000, 300.000 Menschen – über eine Million Menschen nach Deutschland kommen. Wir werden für dieses und nächstes Jahr – man muss die Dimension der Hilfe doch einmal herausstellen, weil immer der Eindruck entsteht, dass keiner hilft – 4,5 Milliarden Euro – hoffentlich nicht mehr – ausgeben. 4,5 Milliarden Euro sind mehr als die Etats einiger Minister der Staatsregierung. Für 4,5 Milliarden Euro könnten wir 700.000 neue Studienplätze oder 220.000 neue Kita-Plätze schaffen. Deswegen sage ich: Jeder, der sagt, der Freistaat Bayern hilft nicht und bietet nicht alles auf, was er kann, verkennt die Situation. Wir sind, weil wir in dieser Situation das leisten, was wir leisten können und leisten wollen, mit Abstand die humanitärste Union in ganz Europa. Niemand sonst wendet so viel auf und leistet so viel. Ein Dank an die vielen Helfer, ein Dank an die Ehrenamtlichen, ein Dank an die Hauptamtlichen und ein Dank diesem Landtag, der das Geld zur Verfügung stellt, damit wir das machen können.

(Beifall bei der CSU)

Wir wünschen uns übrigens sehr, dass die Anträge schneller bearbeitet werden. Ich hätte dazu nichts gesagt. Aber nachdem Herr Halbleib die herausragenden Verdienste der bayerischen SPD bei dieser Frage in den Mittelpunkt rücken wollte, muss ich doch eines anmerken: Lange vor der aktuellen Flüchtlingskrise, bei der wir merken, dass schon die Altfälle nicht gelöst sind und die Neufälle jetzt erst recht schwierig werden, haben die Staatsregierung und viele politische Kräfte in Deutschland angemahnt, dass das Bundesamt für Migration unterbesetzt sei. Dazu hat es in Zeiten, in denen die Lage noch lange nicht so herausfordernd war wie jetzt, immer wieder Beschlüsse der Staatsregierung und Mahnungen von Marcel Huber gegeben. Damals wurden wir in Berlin abgeschmettert:

(Markus Rinderspacher (SPD): Ein CSU-Minister? – Volkmar Halbleib (SPD): Märchenerzähler! – Weitere Zurufe von der SPD)

Sie ahnen Ihren Fehler.

(Beifall bei der CSU)

Damals hat man über 1.600 Leute eingestellt, um kleine Betriebe intensiv zu quälen, ob sie annähernd die Bedingungen für den Mindestlohn einhalten. Es wäre besser gewesen, meine Damen und Herren, wir hätten darauf von Anfang an verzichtet. Beim BAMF wären sie besser eingesetzt gewesen.

(Lebhafter Beifall bei der CSU – Volkmar Halbleib (SPD): Sie wissen selber, dass das nicht stimmt! – Dr. Paul Wengert (SPD): Ihr eigener Minister ist dafür verantwortlich! – Volkmar Halbleib (SPD): Märchenstunde Söder!)

Jetzt reicht es.

(Volkmar Halbleib (SPD): Aber es war eine Märchenstunde!)

Herr Wengert, man kann über manches streiten; aber das ist echt unbestritten.

(Zuruf von der SPD: Treten Sie doch aus der Koalition aus!)

Ich bitte, dass sich die Gemüter jetzt etwas beruhigen. Vielleicht kann man sich auch ein bisschen überlegen, welchen Inhalt die Zwischenrufe haben.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU)

Herr Staatsminister, bitte.

Meine Damen und Herren, noch einmal: Wir investieren Unmengen. Übrigens sage ich Ihnen voraus: Das kann man einmal machen; ein Nachtragshaushalt wie der jetzige muss singulär sein; denn wir können nicht unsere gesamte Finanzarchitektur auf Dauer so umbauen, dass wir nur noch Geld für diese Herausforderung haben.

Eines ist klar: Unabhängig von Schulden und höheren Steuern findet das Thema Integration, um das wir uns gemeinsam bemühen, in der Realität nicht in unserem Personenkreis statt. Es findet draußen vor allem in den Einkommensgruppen statt, die mit Flüchtlingen in Konkurrenz um Jobs und Wohnungen stehen.