Protokoll der Sitzung vom 02.02.2016

Seehofer hat sich durchgesetzt. Gabriel hat sich nicht durchgesetzt. Das ist durch die Änderungswünsche der SPD drei Monate lang blockiert worden. Von der CSU gab es keinen Änderungswunsch. Das ist die historische Wahrheit.

(Beifall bei der CSU)

Da können Sie hier noch so viel erzählen. Es kann keiner, auch keiner von den Medien, ernsthaft bestreiten, dass das der Ablauf war.

(Christine Kamm (GRÜNE): Da sind Sie stolz darauf!)

Meine Damen und Herren, bei dem Thema Familiennachzug geht es in der Tat ganz einfach um die Frage, dass geltendes Recht der Europäischen Union und der Bundesrepublik Deutschland angewandt wird. Um nichts anderes geht es: geltendes Recht. Es heißt dort ganz klar: Diejenigen, die keinen Anspruch auf Schutz und politisches Asyl haben – nach Artikel 16a des Grundgesetzes oder nach der Genfer Flüchtlingskonvention - können den subsidiären Schutz nach EU-Recht erhalten. Dieser subsidiäre Schutz nach

EU-Recht besagt zum einen, dass solche Personen, wenn die Krise, wegen derer sie ihr Heimatland verlassen haben, vorbei ist, in ihre Heimat zurückzukehren haben. Er besagt, dass genau diese Personen kein Anrecht auf Familiennachzug haben. Das ist geltendes EU-Recht. Das ist weder die Erfindung der CSU noch der Bayerischen Staatsregierung, sondern geltendes EU-Recht.

(Beifall bei der CSU)

Das ist das Thema der Aktuellen Stunde, nämlich die Wiederherstellung des geltenden Rechts in unserem Land. Sie haben erklärt, dafür sei der Landtag eigentlich gar nicht zuständig; wir würden über Dinge reden, für die der Landtag gar nicht zuständig sei. Dazu sage ich Ihnen: Wir können dieses EU-Recht nicht verändern. Wir wollen es in diesem Punkt auch gar nicht verändern. Wir wollen nur, dass die Bundesregierung das EU-Recht anwendet.

(Beifall bei der CSU)

Herr Kollege Rinderspacher, was derzeit läuft oder in den letzten Monaten gelaufen ist, betrifft massiv die Interessen des bayerischen Volkes.

(Beifall bei der CSU)

Das sind alles Entscheidungen, die auf Kosten der Länder und Kommunen vollzogen werden. Großherzig wurde beschlossen: Ja, zur Verwaltungsvereinfachung kann man allen den Schutz nach der Genfer Flüchtlingskonvention statt des subsidiären EU-Schutzes zusprechen. Wer bezahlt das? – Die Länder.

(Zuruf der Abgeordneten Angelika Weikert (SPD))

Wer hat das im Hinblick auf die Unterbringung auszubaden? – Die Kommunen. Das ist die Realität. Selbstverständlich liegt es in der Zuständigkeit des Bayerischen Landtags, sich mit solchen Fragen zu beschäftigen. Herr Kollege Rinderspacher, wer in einer solchen Situation sagt, dass wir über Dinge reden, die nicht in die Zuständigkeit des Landtags fallen, braucht sich nicht zu wundern, wenn er inzwischen bei 16 % angekommen ist.

(Beifall bei der CSU)

Darüber hinaus haben wir im Bundesrat die Initiative eingebracht, eine Reihe weiterer Länder in die Liste der sicheren Herkunftsländer aufzunehmen.

(Zuruf der Abgeordneten Christine Kamm (GRÜNE))

Dabei handelt es sich um Länder, die in anderen EUStaaten bereits als sichere Herkunftsländer eingestuft worden sind.

(Christine Kamm (GRÜNE): Nigeria!)

Dazu zählt kein Land, das wir freischöpferisch erfunden hätten. Wir haben uns angesehen, was andere EU-Länder machen. Die Benennung der Länder deckt sich mit der bisherigen Entscheidungspraxis des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge. Die Länder sind nicht nur als sicher eingestuft, sondern deren Wahl ist auch durch die Entscheidungspraxis des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge bestätigt worden. Das Bundesamt bestätigt: Ja, aus diesen Ländern kommen in der Regel ganz überwiegend Menschen, die keinen Anspruch auf Schutz haben.

Man kann sich fragen: Warum kommt kein anderes Bundesland auf diese Idee? Warum kommt die Bundesregierung nicht auf die Idee, das auf den Weg zu bringen?

(Natascha Kohnen (SPD): Weil wir Soldaten hinschicken!)

In der Tat müssen wir das auf den Weg bringen. Ich freue mich, dass wenigstens hinsichtlich der drei Länder Algerien, Tunesien und Marokko in Berlin Konsens herrscht. Berlin sagt: Ja, diese drei Länder sollen jetzt möglichst schnell als sichere Herkunftsländer eingestuft werden.

Ich hoffe, dass sich nicht wieder bei irgendwem Bedenken ergeben. Das sollte im Bundestag und im Bundesrat möglichst schnell durchgezogen werden. Ich hoffe sehr, dass sich keine Sperrmehrheit durch das Treiben der GRÜNEN im Bundesrat ergibt. Letztendlich ist die Benennung der Länder Tunesien, Algerien und Marokko eine Konsequenz aus den Geschehnissen in der Silvesternacht in Köln.

(Zuruf des Abgeordneten Klaus Adelt (SPD))

Von allen möglichen klugen Leuten wird erklärt: Solche Leute müssen wir schneller wieder außer Landes bringen. Am besten ist es, wenn diejenigen, die aus solchen Ländern kommen, in die Schnellentscheidungszentren in Manching und Bamberg gebracht werden. Solche Zentren sollten auch in anderen Bundesländern eingerichtet werden. Inzwischen schaffen wir es in Manching und Bamberg, die Menschen innerhalb eines Zeitraums von durchschnittlich 35 Tagen in ihre Heimat zurückzuschicken. Dann brauchen wir uns mit weiteren Straftaten solcher Leute in unserem Land gar nicht mehr aufzuhalten. Das ist der schnellste und beste Weg.

(Beifall bei der CSU)

Meine Damen und Herren, Julia Klöckner hat vor zehn Tagen ein Papier veröffentlicht, in dem es heißt: Künftig muss die Aufnahmefähigkeit der Länder und Kommunen die Verteilung der Flüchtlinge in Deutschland bestimmen, nicht die Zahl der Flüchtlinge, die an der Grenze stehen. - Daran wird deutlich, dass wir uns an der Aufnahmefähigkeit unseres Landes orientieren müssen. Wir tun niemandem auf der Welt einen Gefallen, wenn wir die Aufnahmefähigkeit unseres Landes überstrapazieren. Damit belasten wir sowohl die Menschen im eigenen Land als auch die Menschen, die in unser Land kommen, da sie nicht vernünftig integriert werden können. Damit tun wir ihnen auch keinen Gefallen. Das sagt einem der gesunde Menschenverstand.

Das wollen wir durchsetzen. Wir haben eine konkrete Zahl für Obergrenzen benannt. Es ist sehr wichtig, das umzusetzen und dafür zu sorgen, dass in diesem Jahr nicht mehr Menschen, als dieses Land verträgt, in dieses Land kommen. Andere Länder können ihren Beitrag leisten. Wir wollen hinsichtlich der Entwicklungen in Afrika und Asien unseren Beitrag leisten. Wir wollen unser Land jedoch nicht über das hinaus belasten, was menschenmöglich ist. Dazu stehen wir. Das werden wir, so schnell es irgendwie geht, auch konsequent umsetzen. Ich bedanke mich für die Unterstützung der CSU-Landtagsfraktion bei diesem klaren Weg der Staatsregierung.

(Beifall bei der CSU)

Danke schön, Herr Staatsminister. – Nachdem die Redezeit der Staatsregierung von zehn Minuten um eineinhalb Minuten überschritten worden ist, bittet die Fraktion der FREIEN WÄHLER, von § 66 Absatz 2 der Geschäftsordnung für den Bayerischen Landtag Gebrauch zu machen. Damit haben die FREIEN WÄHLER noch einmal fünf Minuten Redezeit. Übrigens steht dieses Recht jeder anderen Fraktion ebenfalls zu. Bitte schön, Sie haben das Wort.

(Angelika Weikert (SPD): Muss das sein?)

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Nachdem wir uns diese Debatte seit einer Stunde angehört haben, haben wir uns veranlasst gesehen, uns noch einmal zu Wort zu melden. Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie führen uns Szenen einer zerrütteten Ehe zu dritt vor. Diese Bundesregierung, diese Koalition ist aufgerufen, dieses wichtige Problem gemeinsam zu lösen. Sie tun nichts anderes, als sich eine Dreiviertelstunde gegen

seitig zu beschimpfen, wer an der jetzigen Situation schuld ist. Das ist beschämend.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Das finde ich wirklich beschämend.

Der Vorschlag wäre – das haben Sie am letzten Wochenende getan, aber sonst nicht –, sich als Parteivorsitzende hinter verschlossenen Türen zusammenzusetzen, um mit konkreten Ergebnissen voranzukommen und an die Öffentlichkeit zu treten. Herr Ministerpräsident, in den letzten Monaten haben Sie die Bundesregierung, der Sie selbst mit Ihrer Partei angehören, in der Öffentlichkeit mit einem enormen Medienecho zerlegt. Das tut dieser Debatte nicht gut.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Sie haben für diese Aktuelle Stunde den Titel "Rückkehr zur Rechtsstaatlichkeit" gewählt. Ich frage mich, wer für die Rechtsstaatlichkeit oder den Erhalt der Rechtsstaatlichkeit in diesem Land verantwortlich ist. Das sind an allererster Stelle die Regierungen.

(Ministerpräsident Horst Seehofer: Ja!)

In der Bundesregierung sitzt auch die CSU. In der Landesregierung sitzt sie allein. Das bedeutet, der Titel, den Sie heute gewählt haben, ist eine Bankrotterklärung für Ihre Regierungsarbeit in München und Berlin.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Welches Zeichen senden Sie nach außen, wenn Sie sagen: Wir als Landesregierung und als Teil einer Bundesregierung vertreten die Auffassung, dass in der Bundesrepublik die Rechtsstaatlichkeit nicht mehr gilt? Übrigens haben Sie Ihren Amtseid darauf geleistet, die Verfassung zu schützen. Zu dieser Verfassung gehört auch die Rechtsstaatlichkeit. Wenn Sie konstatieren, dass die Rechtsstaatlichkeit nicht mehr gegeben ist, ist das ein Offenbarungseid von Regierungsarbeit. Als CSU-Fraktion sollten Sie überlegen, was Sie mit diesem Titel tun. Das ist im Grunde genommen ein Misstrauensvotum gegen die eigene Regierung.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Das haben Sie heute getan.

(Abgeordnete Christine Kamm (GRÜNE) geht zum Rednerpult)

Frau Kollegin Kamm, ich weise Sie darauf hin, dass Sie nach der Geschäftsordnung keine zweite Redezeit haben.

Was stand denn gerade oben unter "Aktuelle Rednerin"?

Das ist richtig. Aber das ist ein Irrtum. Entscheiden tut der Präsident und sonst niemand.

(Beifall bei der CSU)

Ich empfehle Ihnen § 66 Absatz 1 Satz 9 der Geschäftsordnung zur Lektüre: "Jede Rednerin und jeder Redner darf nur einmal sprechen".