Ich wiederhole hier zwei Zahlen, die Sie schon öfter gehört haben: 150.000 Betriebskontrollen und 70.000 Lebensmittelproben jährlich sorgen für ein sehr hohes Niveau beim Verbraucherschutz. Das ist gut für die Menschen in unserem Land. Die Frage ist jetzt: Was empfiehlt der ORH? – Der ORH schlägt kurzfristige Maßnahmen und darauf aufbauend Änderungen der Organisation vor. Die kurzfristigen Maßnahmen befassen sich zum Beispiel mit der Frage, wie wir die Arbeit der Behörden vor Ort leichter und effizienter gestalten können. Darüber hinaus stellt der ORH verschiedene Modelle für eine bessere Aufbauorganisation vor. Dabei bevorzugt er ein Modell, bei dem die Aufgaben auf zwei Schwerpunktregierungen in Nordbayern und in Südbayern mit Außenstellen übertragen und dort gebündelt werden sollen.
Wir werden uns nun intensiv und vor allem ohne Vorbehalte mit dem Gutachten auseinandersetzen. Wir haben uns bereits gestern im Kabinett damit beschäftigt. Ich habe dem Ministerrat vorgeschlagen, eine interministerielle Arbeitsgruppe einzurichten. Sie wird fundierte Vorschläge erarbeiten, wie wir die Aufbauorganisation reformieren können. Wir entwickeln gemeinsam einen Masterplan für das weitere Vorgehen auf der Basis dieses Gutachtens.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir handeln. Bereits am Montag habe ich nach Erscheinen des Gutachtens erste Maßnahmen ergriffen. Ich habe eine interne Projektgruppe eingesetzt. Wir verbessern die Anweisungen für die Behörden vor Ort. Wir schaffen eine noch effektivere Dokumentation und entwickeln das Controlling weiter.
Außerdem nenne ich unser Drei-Säulen-Programm "Gute Lebensmittel aus Bayern", das ich bereits vor Weihnachten vorgestellt habe. Das Drei-Säulen-Programm steht für bessere und vor allem wirksame Kontrollen von Geflügelgroßbetrieben. Sie können unser Vorgehen zwar hundertmal als Aktionismus abqualifizieren, Kolleginnen und Kollegen von der SPD. Tatsache ist aber: Sie kritisieren, wir handeln; Sie suchen den Erfolg im Verfälschen der Vergangenheit, wir suchen ihn im Gestalten der Zukunft.
(Beifall bei der CSU – Harry Scheuenstuhl (SPD): Sie zeigen gar nichts! Sie werden von uns getrieben! Wir treiben Sie vor uns her!)
Der ORH sagt auch, dass wir uns einige Ergebnisse genauer anschauen müssen. Das betrifft zum Beispiel die Kontrollhäufigkeit, bei der es offenbar Defizite gibt, und die Dauer der Untersuchung von Proben am LGL. Deshalb prüfen wir, wie wir die Abläufe in den Labors zusätzlich beschleunigen können. Wir müssen auch bei der Kontrollfrequenz besser werden. Es kann aber nicht pauschal die Rede davon sein, dass die Kontrollen nicht den gesetzlichen Vorgaben entsprechen. Die Kontrollen erfolgen risikoorientiert, wie es auch die EU fordert. Das heißt, ein Betrieb mit geringerem Risiko kann später kontrolliert werden. Aufgeschoben heißt aber nicht aufgehoben. Die Kontrollen müssen nachgeholt werden. Ich füge hinzu: Selbstverständlich erfolgen die Kontrollen in aller Regel unangemeldet. Das hat der ORH auch ausdrücklich festgestellt und so im Gutachten formuliert.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Bewertung des ORH-Gutachtens durch die Opposition geht in weiten Teilen fehl. Ich bitte Sie daher, den vorliegenden Antrag der SPD abzulehnen. Der Antrag der GRÜNEN greift zum Teil die Vorschläge des ORH auf, fordert aber eine sofortige Umsetzung ohne vorherige Prüfung. Deshalb verweise ich Sie darauf, dass der ORH eine vorherige Prüfung und genaue Bewertung als zwingend notwendig vorschreibt. Deswegen bitte ich Sie, auch den Antrag der GRÜNEN abzulehnen. Den Anträgen der CSU und der FREIEN WÄHLER bitte ich Sie zuzustimmen.
Frau Staatsministerin, verbleiben Sie bitte am Rednerpult. Es gibt zwei Zwischenbemerkungen. Herr Kollege von Brunn, bitte.
Frau Staatsministerin, nach Ihrem Beitrag wissen wir eines sicher: Sie sind nicht die Richtige, um Verbesserungen im Verbraucherschutz in Bayern durchzusetzen.
Das, was Sie über unser Rechtsgutachten gesagt haben, stimmt überhaupt nicht. Sie wollen doch jetzt die Information der Öffentlichkeit neu regeln – das steht im ORH-Gutachten –, und Sie wollen die Auswertungszeit bei Proben verkürzen. Beides steht in unserem Rechtsgutachten.
Dann habe ich noch drei Fragen an Sie. Nachdem Sie unserem Antrag nicht zustimmen, bekommen wir auch keinen Bericht. Haben Sie Bescheid gewusst,
dass die tatsächlichen Kontrollen nicht annähernd die Sollzahlen, die Sie selbst festgelegt haben, erreicht haben? Haben Sie – Sie persönlich – darüber Bescheid gewusst, und was haben Sie dagegen unternommen?
Wussten Sie Bescheid darüber, dass nur 17 % der Landratsämter eine eigene Organisationseinheit für Lebensmittelkontrolle, Veterinärwesen und Vollzug haben? Seit 15 Jahren steht dieses Thema im Raum. Wussten Sie Bescheid, und was haben Sie dagegen unternommen?
Die letzte Frage: Bis wann wollen Sie dem Landtag Ihre Veränderungsvorschläge vorlegen? Jeder Tag, der zu lange gewartet wird, bedeutet zusätzliche Gefahren für die Verbraucherinnen und Verbraucher.
Herr von Brunn, mit Ihrer Fragestellung wird wieder einmal klar, dass Ihnen politischer Landgewinn wichtiger ist als vernünftiger Verbraucherschutz.
(Beifall bei der CSU – Florian von Brunn (SPD): Was haben Sie gewusst? – Zuruf des Abgeordneten Harry Scheuenstuhl (SPD))
Es wird auch nicht besser, wenn Sie mich anschreien. Ich höre Sie ganz gut. Meine Ohren sind ganz in Ordnung.
Ich wiederhole noch einmal, dass dieses Gutachten für uns sehr wichtig ist und dass ich es sehr ernst nehme. Ich habe das Kabinett gebeten, die interministerielle Arbeitsgruppe einrichten zu dürfen. Ich habe mit der Einsetzung einer Projektgruppe einen internen Prüfauftrag gegeben. Wir werden uns intensiv mit diesen Fragen beschäftigen, um danach unsere Schlüsse daraus zu ziehen. Übrigens steht das explizit auch im Gutachten des ORH, der am Schluss sagt, wir müssen genau und intensiv bewerten und danach die erforderlichen Schlüsse daraus ziehen.
Sie haben gefragt, ob ich wusste, dass nur 17 % der Landratsämter ihre Organisation so strukturiert haben, wie es erforderlich ist. Ich habe mit allen Landräten und auch Oberbürgermeistern gesprochen. Sie haben offenbar aber noch nie etwas davon gehört, dass die Organisationshoheit dem Landrat obliegt.
(Florian von Brunn (SPD): Sie brauchen nur einen neuen Sündenbock! – Dr. Paul Wengert (SPD): Sie sind doch die Chefin! – Weitere Zurufe von der SPD – Reinhold Bocklet (CSU): Es gibt auch SPD-Landräte!)
Die Organisationshoheit für die Landratsämter liegt beim Landrat. In der Verwaltung gibt es unterschiedliche Strukturen. Ich persönlich halte es auch für zielführend, wenn Lebensmittelüberwachung, Veterinärwesen und Vollzug in einer Abteilung zu finden sind. Das machen einige Landratsämter, aber noch nicht alle. Alle weiteren Fragen werden wir im Zuge der Auswertung der Ergebnisse der Projektgruppe und der interministeriellen Arbeitsgruppe klären und die Ergebnisse selbstverständlich dem Kabinett und auch dem Landtag vorstellen.
(Beifall bei der CSU – Florian von Brunn (SPD): Und was ist mit der unzureichenden Zahl der Kontrollen?)
Wenn Sie meinen Ausführungen zugehört hätten, Herr von Brunn, wüssten Sie – das habe ich Ihnen auch gesagt –, dass die Kontrollen rechtmäßig durchgeführt worden sind und dass es eine klare Vorgabe der EU gibt, nach der eine Prioritätenliste abgearbeitet werden kann.
Nächste Zwischenbemerkung: Frau Kollegin Steinberger, bitte. Frau Staatsministerin, bitte verbleiben Sie noch am Rednerpult.
Frau Ministerin, Sie haben uns vorher erklärt, dass der Bericht des Obersten Rechnungshofs überhaupt nichts mit dem Bayern-Ei-Skandal zu tun hätte. Dem muss ich vehement widersprechen; denn wenn es den Bayern-Ei-Skandal nicht gegeben hätte, hätte es auch den Bericht des Obersten Rechnungshofs nicht gegeben.
Wir begrüßen es sehr, dass das System der Lebensmittelkontrollen in Bayern insgesamt begutachtet worden ist. Ein Satz steht aber in diesem Gutachten, und den möchte ich Ihnen vorlesen, denn er beschäftigt sich genau mit dem Bayern-Ei-Skandal. Der Satz lautet:
Sollte sich bei dieser amtlichen Untersuchung der Verdacht auf eine Infektion mit Salmonellen der Kategorie 1 durch tatsächlichen Nachweis bestä
tigt haben, dürfen ab dem Zeitpunkt dieser amtlichen Feststellung und solange die Infektion mit Salmonellen fortbesteht, die Eier nur eingeschränkt verwertet und nicht unmittelbar an den Verbraucher weitergegeben werden.
Genau das ist aber im August 2014 passiert, Frau Ministerin. Zwischen dem 5. August und dem 1. September 2014 wurden Eier aus Straubing mit immer noch positivem Salmonellenbefund an die Endverbraucher abgegeben. Ich würde Sie bitten, das zu kommentieren; denn genau das war der Ausgangspunkt unserer Kritik. Daran sieht man, dass es tatsächlich Missstände gegeben hat. Deshalb bitte ich Sie darum, diesen einen Satz in Verbindung mit dem Bayern-Ei-Skandal noch zu kommentieren.
Frau Steinberger, im Gutachten steht explizit – und das habe ich am Anfang meiner Ausführungen gesagt –, dass der ORH nicht beauftragt war, den Fall Bayern-Ei zu untersuchen, sondern dass er ein strukturelles Gutachten zu erstellen hatte. Außerdem bin ich der Meinung, dass wir nach drei Ausschusssitzungen von jeweils drei bis vier Stunden hinreichend über die Vorfälle diskutiert haben und ich Ihnen dabei alles dargestellt habe. Jetzt bitte ich Sie, nach vorne zu schauen und uns dabei zu unterstützen und zu begleiten, dass wir die Reformvorschläge des ORH prüfen und bewerten, um nachher zu einer Neuaufstellung unserer Lebensmittelüberwachung und unseres Veterinärwesens zu kommen.
Vielen Dank, Frau Staatsministerin. Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit ist die Aussprache geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung, und hierzu werden die Anträge wieder getrennt.
Ich lasse zunächst über den Dringlichkeitsantrag der SPD-Fraktion auf Drucksache 17/10002 abstimmen. Wer diesem Dringlichkeitsantrag seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die SPD-Fraktion und die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Gegenstimmen bitte ich anzuzeigen. – CSU-Fraktion und die Fraktion der FREIEN WÄHLER. Stimmenthaltungen? – Keine. Damit ist dieser Dringlichkeitsantrag abgelehnt.
Jetzt lasse ich über den Dringlichkeitsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf der Drucksache 17/10008 abstimmen. Wer diesem Antrag seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die SPD und die Fraktion
des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Gegenstimmen? – Das ist die CSU. Stimmenthaltungen? – Das ist die Fraktion der FREIEN WÄHLER. Damit ist auch dieser Dringlichkeitsantrag abgelehnt.
Ich lasse jetzt abstimmen über den Dringlichkeitsantrag der Fraktion der FREIEN WÄHLER auf der Drucksache 17/10026. Wer diesem Antrag seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die CSU, die SPD, die FREIEN WÄHLER und das BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Ich bitte Gegenstimmen anzuzeigen. – Keine. Stimmenthaltungen? – Keine. Damit ist dieser Dringlichkeitsantrag angenommen.
Jetzt lasse ich über den Dringlichkeitsantrag der CSUFraktion abstimmen auf der Drucksache 17/10027. Wer diesem Antrag seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – CSU und Fraktion der FREIEN WÄHLER. Ich bitte Gegenstimmen anzuzeigen. – Das ist die SPD-Fraktion. Stimmenthaltungen? – BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Damit ist dieser Dringlichkeitsantrag angenommen.
Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Hubert Aiwanger, Florian Streibl, Johann Häusler u. a. und Fraktion (FREIE WÄHLER) Volksbefragung zu Freihandelsabkommen - Keine Zustimmung Bayerns im Bundesrat zu TTIP, CETA und TiSA ohne Zustimmung der bayerischen Bevölkerung! (Drs. 17/10003)
Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Margarete Bause, Ludwig Hartmann, Thomas Mütze u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) TTIP, CETA, TiSA ablehnen (Drs. 17/10028)