Protokoll der Sitzung vom 17.02.2016

(Namentliche Abstimmung von 15.22 bis 15.27 Uhr)

Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen, die fünf Minuten sind um. Ich schließe den ersten Abstimmungsvorgang. Das Ergebnis wird außerhalb des Saales ausgezählt und dann hier zu gegebener Zeit bekannt gegeben.

Ich eröffne den nächsten Abstimmungsvorgang. Abgestimmt wird über den Dringlichkeitsantrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 17/10028.

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Ich eröffne die Abstimmung. Dafür sind drei Minuten vorgesehen.

(Namentliche Abstimmung von 15.28 bis 15.31 Uhr)

Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen, die drei Minuten sind um. Ich bitte, das Ergebnis außerhalb des Saales festzustellen. Es wird zu gegebener Zeit bekannt gegeben.

Ich eröffne den nächsten Abstimmungsvorgang. Abgestimmt wird über den Dringlichkeitsantrag der SPDFraktion auf Drucksache 17/10029. Die Abstimmung ist eröffnet. Auch dafür sind drei Minuten vorgesehen.

(Namentliche Abstimmung von 15.32 bis 15.35 Uhr)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, die drei Minuten sind um. Damit ist die Abstimmung geschlossen. Das Abstimmungsergebnis wird zu gegebener Zeit nicht nur ermittelt, sondern auch hier bekannt gegeben. – Bevor ich mit der nächsten Dringlichkeit fortfahre, habe ich noch zwei Bemerkungen zu machen.

(Unruhe)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich bitte, die Plätze wieder einzunehmen, damit wir zu einem geordneten Beratungsgang kommen. – Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich darf Sie noch über die Ergebnisse der turnusmäßigen Vorstandswahlen bei der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN informieren. Als stellvertretende Vorsitzende wurde Frau Kollegin Gisela Sengl neu gewählt. In ihren Ämtern bestätigt wurden die beiden Fraktionsvorsitzenden Margarete Bause und Ludwig Hartmann, die stellvertretende Vorsitzende Katharina Schulze sowie der Parlamentari

sche Geschäftsführer Thomas Gehring. Ich wünsche ihnen allen im Namen des gesamten Hauses und persönlich alles Gute und weiterhin viel Erfolg für ihre parlamentarische Arbeit. Herr Kollege Hartmann, bitte übermitteln Sie das den übrigen Kollegen, die jetzt gemeint waren.

(Allgemeiner Beifall)

Dann habe ich noch einen zweiten Tatbestand mitzuteilen. Ich begrüße auf der Besuchertribüne den Vorsitzenden des Bayerischen Trachtenverbandes Max Bertl mit seiner Delegation. Herzlich willkommen hier im Bayerischen Landtag!

(Allgemeiner Beifall)

Zur gemeinsamen Beratung rufe ich auf:

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Margarete Bause, Ludwig Hartmann, Thomas Mütze u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Geldwäsche wirksam bekämpfen statt Nutzung von Bargeld beschränken (Drs. 17/10004)

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Hubert Aiwanger, Florian Streibl, Nikolaus Kraus u. a. und Fraktion (FREIE WÄHLER) Barzahler sind keine Verbrecher (Drs. 17/10007)

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Thomas Kreuzer, Karl Freller, Dr. Harald Schwartz u. a. und Fraktion (CSU) Keine Obergrenzen bei Bargeld-Zahlungen (Drs. 17/10030)

Ich eröffne die gemeinsame Aussprache. Erster Redner ist der Kollege Mütze von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. – Bitte schön, Herr Kollege, Sie haben das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist schön, dass der Ministerpräsident auch zugegen ist. Das zeigt, wie wichtig ihm das Bargeld in den Händen der Bürgerinnen und Bürger ist.

(Allgemeine Heiterkeit)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Dostojewski hat mal gesagt: "Geld ist geprägte Freiheit." Das hat er gesagt, als er aus dem Gefängnis gekommen ist und gespürt hat, was für eine Macht in seiner Hand war. Er konnte wieder selbst mit Bargeld bezahlen, er konnte selbst über sein Leben entscheiden. Er konnte kaufen, was er wollte, möglicherweise noch nicht, wann

er wollte – das war eine andere Zeit –, aber er konnte dies tun, ohne überwacht zu werden.

Bargeld heißt also, die Freiheit zu haben, eigene Entscheidungen mit seinem eigenen, ersparten, erwirtschafteten, erarbeiteten Geld, wie auch immer, treffen und tun zu können, was man will, wann man will, wo man will. Bargeld schützt Bürgerinnen und Bürger vor Entmündigung. Die Unternehmen stehen schon lange bereit. Kartenunternehmen träumen von der Cashless Society. Banken wollen Smart Data. Händler wüssten gern noch mehr über ihre Kunden. In der Automobilbranche reden wir schon lange über Smart Cars. Schon lange wird hier die Brücke zu den Kundendaten gesucht.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Ausschussvorsitzende Huber ist jetzt nicht da. Er und ich erinnern uns noch an 1984. Wir sind in dem entsprechenden Alter. Einige hier sind zu jung dafür und waren damals noch kleiner. Karlsruhe hat damals, vor mehr als 30 Jahren bei der Volkszählung entschieden, dass Bürgerinnen und Bürger ein Recht auf informationelle Selbstbestimmung haben. Das heißt: Ohne konkreten Anlass darf der Staat seine Bürgerinnen und Bürger nicht überwachen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Plan der Europäischen Zentralbank und unseres deutschen Finanzministers, dass Bürgerinnen und Bürger ab 5.000 Euro eine Papierspur hinterlassen müssen, widerspricht diesem Rechtsgrundsatz grundlegend.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Der frühere Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Herr Papier, hält die Beschränkung des Bargeldeinsatzes sogar für verfassungswidrig. Sie wäre, so sagt er, ein Eingriff in die Vertragsfreiheit und die Privatautonomie. Eine Bargeldobergrenze stellt die Bürgerinnen und Bürger sozusagen unter Generalverdacht: Wenn du irgendetwas, das mehr als 5.000 Euro kostet, bar bezahlst, stimmt etwas mit dir nicht; wo hast du denn dieses viele Geld her? – Das kann nicht sein. Das ist eine unfassbare allgemeine Kriminalisierung der Bevölkerung, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Bargeld funktioniert immer, egal, ob Sie dem Bettler oder der Bettlerin einen Euro geben, ob Sie sich ein Eis kaufen, ob Sie sich ein Auto kaufen. Das funktioniert immer. Aber funktioniert es auch ohne Strom? Funktionieren Kreditkarten, Online-Banking und Bitcoins auch so? – Lesen wir nicht allwöchentlich, dass irgendwo Online-Konten geknackt werden, Bitcoins sowieso nichts wert sind und Kreditkartenkonten gehackt wurden? – Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie können es sich selber ausmalen, was sicher ist,

das Bargeld in Ihrer Hand oder das, was die Unternehmen gerne für Sie hätten.

Was sind denn die Begründungen dafür, dass man jetzt Bargeldobergrenzen einführen und zum Beispiel den 500-Euro-Schein abschaffen will? – Sie lauten: Es geht um die Bekämpfung des Terrorismus und der Geldwäsche. Gibt es jedoch einen Beweis dafür, dass wir dadurch davor geschützt werden? – Liebe Kolleginnen und Kollegen, nein, den gibt es nicht. Das Gegenteil ist der Fall. Wir wissen gar nichts über Verbindungen und einen Informationsaustausch, weil es diese nicht gibt.

Unsere Kollegen im EU-Parlament und im Bundestag haben bei der Bundesregierung nachgefragt: Wie sieht es aus? In wie vielen Fällen wurden Gelder hinterzogen? Wie viele eingefrorene Guthaben aufgrund des Verdachts auf Terrorismus oder Geldwäsche gibt es? – Liebe Kolleginnen und Kollegen, sie wissen es nicht. Wie hoch ist die Summe, die man wegen möglicher Geldwäsche eingefroren hat? – Es geht um 5.800 Euro. Sie können die Anfrage gerne bei uns einholen. Bis jetzt sind 5.800 Euro wegen Geldwäsche oder Terrorismusverdacht in Deutschland eingefroren worden. Ich dachte, wir bewegen uns im Milliardenbereich. Die Katze beißt sich hier aber in den Schwanz: Man weiß überhaupt nicht, worum es geht, beschränkt aber die Freiheit von Bürgerinnen und Bürgern. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das kann es nicht sein.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Zudem ist es nicht so, dass wir noch keine Bargeldobergrenzen haben. Sobald Sie 10.000 Euro auf das Konto Ihrer Bank einzahlen, müssen Sie sagen, woher Sie das Geld haben. Sobald Sie mit 10.000 Euro in der Tasche in die EU einreisen, müssen Sie sagen, woher Sie das Geld haben. Es gibt also schon diese Bargeldobergrenzen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich appelliere an Sie: Geben Sie den Handelnden, der EZB, der Europäischen Kommission und der Staatsregierung in Verbindung mit Ihrer Vertretung in Berlin – schließlich arbeitet Minister Schäuble auch daran –, einen klaren Hinweis: Wir wollen das nicht. Ich hoffe, wir stimmen überein und ziehen an einem Strang. Ich bin guter Hoffnung; denn Finanzminister Söder hat das getan. Sein Statement in der "Bild" konnte man nicht übersehen. Deshalb sage ich: Lassen Sie die Finger von Bargeldobergrenzen! Kümmern Sie sich lieber um eine bessere Vernetzung derjenigen, die an der Terrorismusbekämpfung arbeiten. Lassen Sie die Finger weg vom Bargeld. Bargeld bedeutet Freiheit. Die Bürgerinnen und Bürger wollen sich diese Freiheit nicht nehmen lassen. Wir wollen sie darin auch nicht beschränken.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke schön, Herr Kollege. – Als Nächster hat Herr Kollege Kraus von den FREIEN WÄHLERN das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.

Herr Präsident, Herr Ministerpräsident! Nun fordert die Bundesregierung also doch eine Obergrenze. Unter dem Begriff "Obergrenze" kann man sich momentan Verschiedenes denken. Für was fordert die Bundesregierung eine Obergrenze? – Eine Obergrenze für den Bargeldzahlungsverkehr. So ähnlich stand es vor Kurzem in einer großen Münchner Zeitung. Aus unserer Sicht ist die Obergrenze von 5.000 Euro, von der man momentan spricht, nur der Anfang des Problems. Wieso der Anfang? – Wahrscheinlich handelt es sich nicht um das große Ziel, sondern um ein Etappenziel, um uns lang- und mittelfristig in eine bargeldlose Welt zu führen.

Fraglich ist, ob eine bargeldlose Gesellschaft gut ist oder nicht. Ich denke an die Zeit zurück, als ich ein kleiner Bub war. Viele in diesem Haus sind schon ein wenig älter als ich und wissen das auch noch. Was hatten wir damals an Bargeld in den Taschen? – Das waren Münzen: Fünferl, Zehnerl und Fuchzgerl. Als kleiner Kerl war man stolz, wenn man mit einem Zehnerl zum Kaugummiautomaten gegangen ist und sich etwas herausgeschmissen hat, nach dem Motto: Wenn du Geld hast, kannst du dir was kaufen. Wenn du kein Geld hast, kannst du dir nichts kaufen. Zu meiner Zeit war das die erste Heranführung der jungen Leute an das Bargeld. Ist es angesichts dieser schönen Erinnerungen unser Ziel, den jungen Leuten das Bargeld zu nehmen?

Wir reden derzeit, auch wenn es nicht im Antrag steht, nicht nur über die Bargeldobergrenze, sondern auch von der leider wahrscheinlichen Abschaffung der 500Euro-Note. Vor Kurzem ist in einer Zeitung der Bundesbankpräsident Jens Weidmann mit der Frage zitiert worden: "Glauben Sie, dass kriminelle Handlungen deshalb unterbleiben, weil es den 500Euro-Schein nicht mehr gibt?" Wer glaubt das wirklich? Vorhin haben wir schon gehört, dass 5.800 Euro eingefroren worden sind – mehr nicht. Der Herr Präsident hat weiter gesagt, dass ein Bargeld-Aus für ihn fatal wäre. Laut einer Umfrage fordern fast 80 %, genauer 79 % unserer Bundesbürger, dass das Bargeld erhalten bleibt. Warum muss man das Geld erhalten? – Die Antwort habe ich am Ende meiner Rede als Zitat aufgeschrieben. Mein Vorredner, Thomas Mütze, hat es schon erwähnt: Geld ist geprägte Freiheit. Das sagte Dostojewski vor rund 200 Jahren. Mittlerweile bedeutet Geld geprägte und gedruckte Freiheit.

Dem Dringlichkeitsantrag der GRÜNEN werden wir zustimmen, weil die Kernaussage lautet: Die Staatsregierung und die Bundesregierung – die Union und die SPD haben wesentlich mehr Einfluss auf die Bundesregierung – werden aufgefordert, von diesen unsinnigen Plänen Abstand zu nehmen. Des Weiteren wird im Antrag der GRÜNEN gefragt, ob ein Geldwäschegesetz länderübergreifend etwas erreichen könnte. Das wäre unser Ziel. Allerdings wissen wir, dass nicht alle Länder denselben Standard haben – technisch oder weil sie nicht mögen. Das ist jedoch ein Ziel, das wir durchaus unterstützen.

Ich komme noch einmal auf das Bargeld zurück. Wenn kein Bargeld mehr da ist – das ist schon erwähnt worden –, ist die Frage: Was machen wir mit Trinkgeldern, Spenden an Obdachlose oder bei Stromausfall? Vielleicht steht man vor der Toilette und hat dann möglicherweise keine Münzen mehr zur Verfügung, damit diese funktionsfähig ist. Das kann wirklich nicht unser Ziel sein. Mich macht die Frage nachdenklich: Was passiert, wenn es überhaupt kein Bargeld mehr gibt, sondern alles elektronisch gezahlt wird? – Das ist natürlich der erste Schritt in eine totale Überwachung. Damit wären wir beim Thema Verbraucherschutz. Als Verbraucherschützer stehe ich hier. Die Daten über unser Konsumverhalten werden von irgendwem gespeichert. Wer hat Zugang zu diesen Daten? Wer weiß, was wir wann, wie und wo kaufen? Wenn jemand heute die berühmte Zahnpasta an der Kasse mit der Scheckkarte bezahlt, ist das seine persönliche Entscheidung. Viele Leute sind jedoch bereits Opfer von Kreditkartenbetrug oder bargeldlosem Zahlungsverkehr geworden. Diese Leute sind für dieses Thema sehr sensibilisiert und gehen wieder zurück zum Bargeld.

Wichtig ist, dass die Freiheit des Einzelnen gewahrt bleibt. Ich habe vorhin das Konsumverhalten genannt. Deshalb müssen wir uns alle zusammen mit der Bayerischen Staatsregierung dafür einsetzen, dass das Bargeld für unsere Verbraucher erhalten bleibt. Die Freiheit der Bürger muss geschützt werden. Außerdem müssen die jungen Leute noch einen Bezug zu dem Geld haben, das sie bar in der Tasche haben. Sie sollen nicht auf fiktive Zahlen hereinfallen.

Ich bitte um Zustimmung zu unserem Dringlichkeitsantrag. Liebe CSU-Kollegen, unsere Anträge sind fast wortgleich. Deshalb gehe ich davon aus, dass Sie unserem Antrag auch zustimmen werden. Wir werden allen drei Anträgen zustimmen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Danke schön, Herr Kollege. – Als Nächster hat Herr Kollege

Weidenbusch für die CSU-Fraktion das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Alles, was Herr Kollege Thomas Mütze und Herr Kollege Nikolaus Kraus gesagt haben, trifft auch aus Sicht der CSU in vollem Umfang zu.