Protokoll der Sitzung vom 07.04.2016

(Beifall bei der CSU)

Meine Damen und Herren, der Hinweis allein auf Europa wäre an dieser Stelle aber zu wenig. Ich finde, man kann und soll auch in Deutschland etwas versuchen.

Es wurde gefragt: Warum machen wir Pressekonferenzen? – Weil wir initiativ und aktiv geworden sind. Meine Damen und Herren, heute haben wir durch einstimmigen Beschluss der Länderfinanzministerkonferenz, also aller Bundesländer, auch der SPD-regierten Länder, insbesondere Nordrhein-Westfalen, einen Katalog beschlossen, wie wir die Situation für unser

Land noch verbessern können. Ich finde nämlich, dass es zu wenig ist, sich dauerhaft exkulpieren zu wollen, indem man auf das Internationale verweist. Ich finde daher, dass Sie ehrlicherweise etwas Lob zollen sollten, so wie das andere auch machen.

Bayern ist in dieser Woche mit den anderen Ländern Schrittmacher gewesen, um die Situation zu verbessern. Meine Damen und Herren, ich meine, das ist ein Gewinn und ein Mehr an Steuergerechtigkeit für unser Land. Das sollten wir unterstützen.

(Beifall bei der CSU)

Ich nenne dazu zwei, drei Beispiele. Das oberste Ziel ist Transparenz und eine Offenlegungspflicht für alle einschlägigen Beziehungen zu Briefkastenfirmen. Die Gründung einer solchen Briefkastenfirma in Panama oder sonst wo ist übrigens per se schwer zu verbieten. Sigmar Gabriel hat gesagt, man müsse dies auch per se verbieten. Wenn die Gründung im Ausland stattfindet, ist dies eine rechtlich kaum zu lösende Aufgabe. Wir sollten aber vor allem prüfen – dass sie sich in einem solchen Land befindet, ist zunächst wertneutral zu beurteilen –, ob sie rechtsmissbräuchlich eingesetzt und genutzt wird und welche rechtliche Gestaltung es gibt, um Steuerhinterziehung oder sogar Geldwäsche zu betreiben.

Meine Damen und Herren, deswegen setzen wir nicht in Panama an, sondern wollen in Deutschland ansetzen. Es geht um die Verpflichtung des Steuerpflichtigen selbst. Deswegen wollen wir gemeinsam mit den anderen Ländern erreichen, dass diesbezüglich eine erhöhte Offenlegungspflicht des Steuerpflichtigen notwendig ist. Dazu werden wir die Abgabenordnung ändern. Das bedeutet, Steuerinländer müssen künftig jede Beteiligung, jede wirtschaftliche Beziehung, jede tatsächliche Beherrschung von Unternehmen in Offshore- und Oasenstaaten den Steuerbehörden nicht nur anzeigen, sondern sollen und müssen dann auch darlegen, um welche Art von Beteiligung oder Unternehmen es sich handelt. Nur dann können umfassende und nachprüfbare Informationen gewonnen werden, die dann auch geklärt werden können. Vor allem kann dann nachvollziehbar dargelegt werden, ob und inwieweit eine Briefkastenfirma zwischengeschaltet ist.

Dies wird durch Sanktionen ergänzt. Wir brauchen bei der Verletzung von Meldepflichten wirksame, deutlich spürbare finanzielle Sanktionen; denn hier geht es nicht um kleine Beträge. Bei groben Verstößen geht es in dem einen oder anderen Fall auch um berufsoder standesrechtliche Konsequenzen. Neu ist: Wenn erkennbar ist, dass eine Steuerschuld nicht abgeführt wurde, der Vorsatz aber schlecht nachzuweisen ist,

und wenn eine Briefkastenfirma beteiligt war, gehen wir davon aus, dass es möglich sein soll, den Betreffenden für entgangene Steuern in Anspruch zu nehmen. Dies ist neu. Selbst wenn in Panama kein Vorsatz nachweisbar wäre, kann die Möglichkeit bestehen, dass der Betreffende für die Steuerschuld bei uns in Anspruch genommen wird. Meine Damen und Herren, dies hat aus meiner Sicht eine erheblich abschreckende Wirkung und wird das Risiko an dieser Stelle deutlich reduzieren.

(Beifall bei der CSU)

Es geht auch um die Beseitigung bestehender Hemmnisse für effektive Betriebsprüfungen. Über die vielen Details werden wir noch reden. Mit den derzeitigen Abfragemöglichkeiten der Steuerverwaltung ist es schwer, alle Informationen zu verwerten. Das wird durch verfahrensrechtliche Vorschriften nicht erleichtert. Stand ist jetzt, dass im Rahmen einer Bankenprüfung zum Beispiel systematische Zahlungen an Briefkastenfirmen festgestellt werden oder sogar die Vermittlung von Briefkastenfirmen konstatiert wird. Die Betriebsprüfer dürfen diese Erkenntnisse nicht ohne Weiteres im Wege von Kontrollmitteilungen weitergeben. Das wollen wir ändern. Es muss möglich sein, dass auch Fragen zur Beteiligung an Briefkastenfirmen im Rahmen einer kompletten Betriebsprüfung untersucht werden. Meine Damen und Herren, dies und noch weitere Anzeigepflichten auch von Banken und anderen Vermittlern gibt die Möglichkeit, das Risiko einzudämmen und den Steuerpflichtigen darauf hinzuweisen, dass er sich nicht auf das Ausland verlassen kann, sondern dass er hier vor Ort, bei uns im Land, den zuständigen Behörden Rede und Antwort stehen muss.

Sie sagen, das ist irgendwie hektisch. Dazu sage ich: Wir sollten die grundlegende Debatte um die Panama Papers nutzen, um auch in unserem Land eine vorbildliche Politik zu machen, die besagt: Wir dulden keine Steuerhinterziehung.

Zur BayernLB: Zunächst weise ich darauf hin, dass die Bank am Montag in der Öffentlichkeit ausführlich Stellung genommen hat. Nach den Angaben der Bank bietet die BayernLB keine der umstrittenen Briefkastenfirmen an. Darauf bezog sich eine der Fragen in Ihrem Katalog, Herr Halbleib. Dies hat die "Süddeutsche Zeitung" in ihren Rechercheberichten auch nicht dargestellt. Vielmehr geht es hier um die frühere kleine Tochter in Luxemburg, die LBLux. Kollege Weidenbusch hat auf die zeitlichen Dimensionen hingewiesen: Seit 1973 war die BayernLB daran beteiligt. Meine Damen und Herren – ich wurde darauf angesprochen –: Als ich persönlich im Jahr 2011 die Aufgabe bei der Landesbank übernehmen durfte, wurde

schon eine Menge an Vorarbeit geleistet. Aber damals, im November 2011, war die Situation für die Bank – das wissen alle hier – eher risikobehaftet im Hinblick auf die Zukunft als irgendwie entspannt. Unzählige Fragen waren unbeantwortet. Hauptaufgabe war die Auseinandersetzung mit den Fragen: Gibt es überhaupt ein Okay, ein grünes Licht von der Europäischen Union, oder müssen wir mit Milliardenverlusten abwickeln wie die WestLB? Bestehen wir einen Stresstest der Europäischen Zentralbank, oder muss der Bayerische Landtag, müssen die bayerischen Steuerzahler erneut Kapital zuführen? Völlig ungeklärt war die Frage, was mit möglichen Milliardenverlusten passiert, die sich aus ABS-Papieren ergeben und die wir eigentlich, wie die Experten wissen, in den letzten Jahren hätten abfinanzieren müssen – von den Risiken von Hypo Alpe Adria und anderen ganz zu schweigen.

Meine Damen und Herren, wir haben damals eine fast unlösbare Aufgabe gemeinsam übernommen: Finanzministerium, Haushaltsausschuss und ausdrücklich die LBKom, die übrigens noch konkreter gefragt hat und auch mehr Fragemöglichkeiten in geheimer Sitzung hatte als in der öffentlichen Debatte im Parlament. Ich sage im Rückblick ausdrücklich: Die LBKom hat sich nie gescheut, Fragen zu stellen, wenn es nur ansatzweise einen Verdacht gab. Der Kollege Hallitzky hat damals zum Beispiel jedes einzelne Geschäft hinterfragt. In der Tat hat es zu dem Fragenkomplex, um den es geht, damals keine Debatte und keine Hinweise gegeben.

Mir war aber von Anfang eines wichtig. Wir haben bei der BayernLB eine Strategie entwickelt. Die Strategie war, die Bank zu verkleinern, Risiken abzubauen, die Bank bayerischer und deutscher zu machen und, meine Damen und Herren, Aktivitäten im Ausland zu verkaufen oder abzuschließen. Kurz: Das Motto war, die BayernLB muss kleiner, solider und bayerischer werden. Und all die Ziele, die ich angesprochen habe, haben wir gemeinsam erreicht: EU-Genehmigung bekommen, Stresstest bestanden, ABS mit einem Gewinn für den Freistaat Bayern verkauft, meine Damen und Herren, und alle Altlasten konsequent abgebaut. Deswegen darf ich bei der ganzen Diskussion, die wir natürlich führen müssen, schon sagen, dass das, was wir die letzten Jahre bei der BayernLB geleistet haben, ein sehr ordentliches und hartes Stück Arbeit war, mit dem die Steuerzahler zufrieden sein können.

(Beifall bei der CSU)

Ein Bestandteil davon waren insbesondere die Auslandsaktivitäten. Die Bank hat verkauft oder geschlossen: die LB Swiss, die MKB Bank in Ungarn, in Rumänien und Bulgarien und die Banque LBLux in

Luxemburg, über die wir gleich noch sprechen werden.

Zahlreiche Standorte und Niederlassungen wurden geschlossen: Peking, Tokio, Montreal, Mumbai, Kiew, Hongkong, Schanghai und auch Luxemburg – alles immer in Abstimmung und nach Beratung mit allen Gremien. Die LBLux selbst, eine kleine Tochter, hat – das ist jetzt wichtig – als eigenständige Bank mit eigenem Vorstand und eigenem Aufsichtsrat nach luxemburgischem Recht zu operieren und zu arbeiten.

(Volkmar Halbleib (SPD): Alle von der BayernLB gestellt!)

Zunächst aber muss ganz klar sein: Die Kernaufgabe muss im Aufsichtsrat in Luxemburg geleistet werden. Es war keine Kernaufgabe Bayerns, meine sehr verehrten Damen und Herren. Dafür hatte man einen eigenen Aufsichtsrat in Luxemburg.

Wenn ich noch einmal den Hinweis von Ernst Weidenbusch aufgreifen darf: Insgesamt tätigt ein Konzern wie die BayernLB rund zehn Millionen Einzelgeschäfte pro Jahr – zehn Millionen! Es ist selbst beim besten Willen für einen Konzernaufsichtsrat nicht möglich, jedes einzelne Geschäft zu kontrollieren oder zu hinterfragen. Gibt es Hinweise? – Ja. Aber wenn weder vonseiten des Vorstands noch von öffentlicher Seite eine Debatte darüber geführt wird, meine Damen und Herren, kann man nicht einfach etwas machen. Ich glaube, an der Stelle ist ordentlich gearbeitet worden.

(Beifall bei der CSU)

Ich sage auch ausdrücklich – ich habe es gestern gesagt –: In meiner Zeit als Verwaltungsratsvorsitzender, Herr Halbleib, war das nie ein Tagesordnungspunkt in einer Sitzung.

(Zuruf von der SPD: Wer macht denn da die Ta- gesordnung?)

Ich hatte in meiner Zeit als Verwaltungsratsvorsitzender auch keine Kenntnisse über Vorgänge, über die jetzt in der "Süddeutschen Zeitung" ausdrücklich berichtet wurde. Es gab auch keine Hinweise darauf. Deswegen bin ich der festen Überzeugung, dass es absolut in Ordnung ist, diese Dinge jetzt zu klären.

Meine Damen und Herren, eines muss auch klar sein: Klären bedeutet, wir brauchen Informationen zum Sachverhalt und müssen ermitteln, ob und wer sich in Luxemburg wie verhalten hat. Das ist die erste Frage, die wir zu stellen haben, und dann können wir über Politik fabulieren. Wir haben nach bestem Wissen und Gewissen gearbeitet, wenn ich das sagen darf.

(Beifall bei der CSU)

Um die LBLux abzuwickeln, Herr Mütze – nicht "lieber Herr Mütze", sondern "Herr Mütze", wenn es den Herrn Kollegen Magerl sonst stört –: Aufgabe war es, die LBLux abzuwickeln. Die Bank hat diese dann auch verkauft. Heute existiert die LBLux nicht mehr. Ich glaube, das ist schon ein wichtiger Hinweis, dass es diese Art von Geschäft und Geschäftstätigkeit nicht mehr gibt. Trotz allem aber haben wir die Bank aufgefordert, allen Verdachtsmomenten nachzugehen und sie auszuräumen, sie durch ein unabhängiges Gutachten zu überprüfen und gegebenenfalls Konsequenzen zu ziehen.

Lieber Herr Halbleib, auch wenn mir mancher Duktus nicht gefällt, auch wenn ich manchen Stil, den wir traditionell in unserer gemeinsamen parlamentarischen Zusammenarbeit pflegen, nicht okay finde,

(Volkmar Halbleib (SPD): Das sagen Sie! Stilfrage!)

habe ich kein Problem damit – ganz im Gegenteil – und bin dankbar dafür, wenn wir gemeinsam die Chance nutzen, ob im Ausschuss oder an anderer Stelle, maximale Transparenz herzustellen und jede einzelne Frage in Ruhe zu klären. Wir brauchen Zeit, um diese Fragen zu klären und zu beantworten. Diese Zeit müssen wir uns nehmen. Ich sage ganz offen: Ich glaube, maximale Transparenz erhöht am Ende auch das Vertrauen in die Sicherheit der Banken, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der CSU)

Zum Schluss bitte ich bei einer Sache um Verständnis. Bei aller gerechtfertigten Debatte lassen Sie uns eines bitte nicht tun: Unterstellungen betreiben, die gegenüber Bank und Staat unfair sind. Wir stehen als Freistaat Bayern für Nulltoleranz gegenüber Steuerbetrug und Geldwäsche. Wir stehen für maximale Aufklärung und Transparenz. Wir und auch ich persönlich haben die Bank saniert; wir haben sie ausreichend kapitalisiert; wir haben die Bilanzsumme halbiert, die BayernLB umstrukturiert. Und bitte vergessen Sie eines nicht: Seitdem wir hier arbeiten, haben wir über 4 Milliarden Euro an die Steuerzahler zurückgeführt, meine Damen und Herren. Welche Bank in Deutschland hat das bisher erreicht? – Deswegen: Aufklärung, ja; aber bitte schön auch etwas Akzeptanz und Respekt vor der Arbeit, die in der Bank und hier im Landtag geleistet wurde.

(Anhaltender Beifall bei der CSU)

Vielen Dank, Herr Staatsminister. – Jetzt hat der Herr Kollege Halbleib

noch einmal um das Wort gebeten. Bitte schön, Herr Kollege.

(Vom Redner nicht autori- siert) Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrter Herr Finanzminister! Sie haben jetzt eine Vielzahl politischer Nebelkerzen geworfen, auf die ich nicht im Detail eingehen will.

(Dr. Florian Herrmann (CSU): Nebelkerzen?)

Aber ein paar Punkte muss man klarstellen.

(Zuruf des Abgeordneten Peter Winter (CSU))

Bayern und die Bayerische Staatsregierung werden jetzt als Hort des Kampfes gegen Steuerhinterziehung dargestellt. Ich darf Sie erinnern, dass viele andere Länderfinanzminister, insbesondere sozialdemokratische, bisher selber konkrete Vorschläge gemacht haben. Sie haben sie erst gemacht, als Panama Papers Sie aufgeschreckt und die Presse auch Sie beleuchtet hat. Erst dann sind Sie aktiv geworden. Das muss man an dieser Stelle feststellen.

(Beifall bei der SPD)

Dann haben Sie über Ihre grundsätzliche Haltung zur Bekämpfung der Steuerhinterziehung gesprochen. Ich erinnere heute an Ihre Haltung, Herr Finanzminister. Da haben Sie heute zwei Nebelkerzen geworfen. Da bringen wir Licht in das Dunkel. Sie hätten mit dem deutsch-schweizerischen Steuerabkommen die Steuerhinterziehung in der Dunkelheit der Anonymität belassen. Das ist Fakt. Dafür sind Sie damals eingetreten. Sie wollten keinen automatischen Informationsaustausch, wie er jetzt international als Standard diskutiert wird. Sie wollten keine klare Regelabfrage ermöglichen, sondern für jedes Finanzamt in der ganzen Bundesrepublik umgerechnet nur eine pro Jahr.

(Ernst Weidenbusch (CSU): Bisher haben wir null!)

Das war Ihre Transparenz. Das war das Gegenteil von dem, was Sie heute behaupten. Sie haben sich in diesem Landtag im Zuge der Debatten um das schweizerische Abkommen dezidiert geweigert, Steuerdaten-CDs aufzukaufen.

(Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD): So ist es! – Zuruf des Abgeordneten Peter Winter (CSU))

Jetzt zeigen Sie mit dem Finger auf die Presse. Das war Ihre Verantwortung und Ihr Verhalten als Landesfinanzminister. Sie haben bei diesem Punkt keine Glaubwürdigkeit. Das ist heute deutlich geworden.

(Beifall bei der SPD – Prof. Dr. Peter Paul Gantzer (SPD): Bravo! – Peter Winter (CSU): Bloße Spekulationen!)