Protokoll der Sitzung vom 07.04.2016

Bitte schön, Herr Kollege.

(Vom Redner nicht auto- risiert) Herr Kollege Halbleib, ich stelle fest, dass ich keinesfalls gesagt habe, dass dies alles legal sei.

(Volkmar Halbleib (SPD): Sie haben es versucht!)

Ich habe nur darum gebeten, sehr sorgfältig zwischen "legal" und "illegal" zu differenzieren. Das ist an dieser Stelle auch geboten.

(Beifall bei der CSU)

Was Sie mir in den Mund geschoben haben, ist eine Unterstellung, die ich an dieser Stelle nicht gelten lasse, weil sie geeignet ist, einen Eindruck zu erwecken, den ich beruflich nicht haben will. Erstens. Klipp und klar ist, dass es Offshore-Geschäfte gibt, die legal sind, und Offshore-Geschäfte, die illegal sind. Hier müssen wir sauber trennen.

Zweitens. Sie sagen, Sie hätten bis zum letzten Montag nicht gewusst, dass es solche Briefkastenfirmen gibt, und deshalb zu keinem Zeitpunkt nachgefragt, ob die BayernLB oder eine Tochter solche Firmen kenne. Ich nehme das zur Kenntnis. Für die BayernSPD können Sie das sicher sagen. Ich bin gespannt, ob die FREIEN WÄHLER und die GRÜNEN das auch so sehen.

(Prof. Dr. Peter Paul Gantzer (SPD): Hast du das gewusst?)

Was habe ich gewusst, Peter? – Dass es OffshoreFirmen gibt, habe ich gewusst. Dass es Briefkastenfirmen gibt, habe ich auch gewusst. Du lebst in einem Landkreis, in dem aufgrund der steuerlichen Verhältnisse viele Besitzer von Briefkastenfirmen leben. Insofern kann dir dieser Umstand genauso wenig neu sein wie mir.

(Heiterkeit und Beifall bei der CSU – Prof. Dr. Peter Paul Gantzer (SPD): Ich habe keine!)

Drittens. Wir gehen jetzt daran, diese Probleme in aller Entschiedenheit aufzuarbeiten. Dabei werden wir feststellen, was passiert ist. Im Zweifelsfall werden wir uns dabei auch nicht auf die Panama-Papiere oder auf Mossack Fonseca beschränken. Es wäre sehr hilfreich, wenn uns die Journalisten das Material, das sie haben, meinetwegen in anonymisierter Form, zur Verfügung stellen würden, damit man nachforschen kann; denn wenn nur gesagt wird, "es gibt 149 Kriminalfälle, tut doch etwas", tut man sich schwer.

(Beifall bei der CSU)

Vielen Dank. – Jetzt hat Herr Kollege Pohl für die Fraktion der FREIEN WÄHLER das Wort. Bitte schön.

Frau Präsidentin, Herr Staatsminister, liebe Kolleginnen und Kollegen! Momentan sind wir bei der Aufklärung des Panama-Komplexes in der ersten Stufe. Wir müssen aufklären. Aufklären heißt nicht beurteilen oder verurteilen. Aufklären heißt: Wir klären den Sachverhalt, um daraus zu einem späteren Zeitpunkt Schlüsse ziehen zu können.

Völlig klar ist: Sollten sich die Vermutungen bestätigen, dass hier ein Steuerbetrug in eklatantem Ausmaß begangen wurde, muss dies die entsprechenden Konsequenzen nach sich ziehen. Falls die Fragen nicht geklärt werden können, würde auch ein Untersuchungsausschuss im Raum stehen. So weit sind wir aber noch lange nicht. Momentan geht es darum, Fakten zu sammeln. Diese Fakten müssen sorgfältig und rasch zusammengetragen werden. Herr Staatsminister Dr. Söder, hier sind Sie und die Staatsregierung in der Pflicht.

Ich verstehe nicht ganz, warum gerade von Ihnen eine Diskussion über die Frage geführt wird, ob Sie verantwortlich sind. Sie sagen: Ich habe von diesen Geschäften nichts gewusst. – Momentan ist überhaupt noch nicht klar, ob es schädlich ist, von solchen Geschäften gewusst oder nicht gewusst zu haben; denn wir wissen noch gar nicht, ob diese Geschäfte illegal sind oder nicht. Deshalb kann diese Art der Vorwärtsverteidigung durchaus Anlass geben zu vermuten, dass da etwas dahintersteckt. Wir halten es aber so, dass wir erst bewerten, wenn der Sachverhalt komplett auf dem Tisch liegt.

Herr Kollege Weidenbusch, ich halte es ebenso wenig für richtig, darüber zu sinnieren, ob die LandesbankKontrollkommission hätte Fragen stellen müssen. Hierzu möchte ich Ihnen eine ganz eindeutige und einfache Antwort geben: Diese Kommission wurde zur Krisenbewältigung bei der BayernLB einberufen. Diese Kommission hat sich nicht mit Fragen befasst,

wie das Geschäftsgebaren war oder ob die Landesbank möglicherweise die Steuerhinterziehung begünstigt oder befördert hätte. Das war eine Kommission zur Bewältigung der Krise bei der BayernLB, da dieser Landtag am 3. Dezember 2008 10 Milliarden Euro zur Verfügung stellen musste, um diese Bank zu retten.

Im Übrigen kann man wirklich nicht behaupten, dass sich das, was wir am Geschäftsgebaren der BayernLB kritisiert haben, angefangen von der MKB Bank über die Hypo Alpe Adria bis hin zu den USA-Geschäften, in Luft aufgelöst hätte. Herr Kollege Halbleib hat zu Recht darauf hingewiesen. Ich zitiere den Finanzminister, der den Kauf der Hypo Alpe Adria als das größte wirtschaftspolitische Versagen der Nachkriegsgeschichte Bayerns bezeichnet hat. Mit dieser Aussage ist er mindestens so deutlich geworden wie die Vertreter der FREIEN WÄHLER, der SPD und der GRÜNEN. Daher brauchen wir diesen Vorwurf hier nicht zu erheben.

Wir befinden uns in der Phase der Aufklärung, und diese Aufklärung muss sorgfältig erfolgen. Wir haben in unserem Dringlichkeitsantrag angeregt, die Rolle der BayernLB durch eine unabhängige Kommission aufklären zu lassen. Die CSU-Fraktion hat mit dieser Formulierung "Bauchschmerzen". Wenn die CSUFraktion bereit wäre, diesem Antrag zuzustimmen, wären wir bereit, diese Formulierung aufzuweichen. Wir würden formulieren "die Rolle der BayernLB aufklären zu lassen, möglichst durch eine unabhängige Kommission". Damit wäre das keine Verpflichtung, sondern eine Empfehlung. Sie können sich nachher im Rahmen einer Zwischenbemerkung dazu äußern, ob dieser Dringlichkeitsantrag in dieser Fassung Ihre Zustimmung findet.

Neben der notwendigen Aufklärung müssen wir alles dafür tun, solchen Steuerparadiesen in Zukunft die Geschäftsgrundlage zu entziehen. Deswegen wollen wir, dass der Bayerische Landtag die Staatsregierung auffordert, sich auf Bundes- und Europaebene durch wirksame Maßnahmen dafür einzusetzen, diesen Steuerparadiesen die Grundlage zu entziehen. Ich brauche nicht näher zu betonen, dass es nicht sein kann, dass uns hier Milliardenbeträge für die Wahrnehmung wichtiger Aufgaben für die Bürger dieses Landes, aber auch für die Wirtschaft und für die Unternehmen entgehen.

Wir werden dem Dringlichkeitsantrag der SPD-Fraktion natürlich zustimmen. Mir ist zwar auch aufgefallen, dass an der einen oder anderen Stelle dieses Antrags nicht zwischen illegaler Steuerhinterziehung und legaler Steuervermeidung differenziert wird; aber ich glaube, hier handelt es sich um ein semantisches Pro

blem. Die SPD meint sicherlich ausschließlich illegale Praktiken. Ich halte diesen Antrag für sehr differenziert, für sehr umfangreich, für sehr tiefgehend und für sehr gut. Diesem Antrag muss unbedingt zugestimmt werden.

Wir werden auch dem Dringlichkeitsantrag der CSUFraktion zustimmen. Allerdings gestatten Sie mir einen Zusatz: Eine Partei, die seit dem Jahr 2005 an der Bundesregierung beteiligt ist, die im Bundestag mit den jeweiligen Koalitionspartnern über eine Mehrheit verfügt, hätte schon früher die Gelegenheit gehabt, tätig zu werden. Gleichwohl ist es natürlich richtig, diese Maßnahmen zu ergreifen. Wir werden deshalb diesem Dringlichkeitsantrag ebenfalls zustimmen.

Ich komme damit zum Dringlichkeitsantrag der GRÜNEN. Bedauerlicherweise müssen wir uns zu diesem Antrag der Stimme enthalten. Der erste Spiegelstrich ist natürlich richtig und zustimmungsfähig. Der erste Absatz des zweiten Spiegelstrichs, in dem die Vierte EU-Geldwäscherichtlinie genannt wird, ist auch okay. Problematisch ist aber, dass Sie im zweiten Absatz des zweiten Spiegelstrichs schreiben, die Staatsregierung sollte sich dafür einsetzen, strafrechtliche Sanktionen für Berufsgruppen zu initiieren, die mit Unternehmen Geschäfte machten, deren wirtschaftlich Berechtigte nicht bekannt seien. – Das geht nicht. Sie wissen nicht, wer wirtschaftlich berechtigt ist. Sie wissen nur, wer rechtlich berechtigt ist; denn das können Sie im Handelsregister oder ähnlichen Registern einsehen. Ob jedoch hinter dem Geschäftsführer ein faktischer Geschäftsführer steht, ein Geldgeber, der nirgendwo ersichtlich ist, kann zum Beispiel von einem Steuerberater nicht ermessen werden. Diese Berufsgruppen der Gefahr einer Kriminalisierung auszusetzen, geht nicht. Deswegen werden wir uns bei diesem Dringlichkeitsantrag der Stimme enthalten.

Ich bitte zu unserem Dringlichkeitsantrag um Zustimmung, gegebenenfalls in der geänderten Form. Ich warte jetzt darauf, ob eine entsprechende Zwischenbemerkung kommt. Ansonsten bedanke ich mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Vielen Dank, Herr Kollege. Eine Zwischenbemerkung kommt jetzt nicht. Das kann aber in der Zwischenzeit geklärt werden.

Ich darf jetzt für die Staatsregierung Herrn Staatsminister Dr. Söder das Wort erteilen. Bitte schön, Herr Staatsminister.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen

und Herren! Wir reden bei diesem Gesamtkomplex über ein ernstes Thema. Dieses ernste Thema erfordert aber auch einen ernsthaften Umgang. Es gibt Fragen – ja. Es gibt aber wenig Fakten. Deswegen sollten wir keine Unterstellungen und unbewiesenen Behauptungen machen; denn das schädigt ein Stück weit die Bayerische Landesbank, und das stellt Mitarbeiter unter Generalverdacht. Darum sage ich, meine Damen und Herren: Aufklärung ja, aber politische Spielchen nein. Das darf an dieser Stelle nicht passieren.

(Beifall bei der CSU)

Zum Sachverhalt. Die "Süddeutsche Zeitung" hat mit vielen anderen Journalisten in der Welt im Rahmen eines Verbundes die sogenannten Panama Papers öffentlich gemacht und dargestellt. Dass die Debatte um Briefkastenfirmen nötig ist, ist nicht neu. Die Dimension hat aber national und international eine große Wucht. Hierbei handelt es sich wohl um das bisher größte Datenleak bei Errichtung und Verwaltung solcher Briefkastenfirmen.

Lieber Herr Mütze, ich finde es schon angemessen zu hinterfragen, ob es denn nicht notwendig ist, dass diejenigen, die diese Informationen haben, diese Informationen mit denen teilen, die sie am Ende auch verwerten können. Meine Damen und Herren, dies hat nämlich schon einen Sinn, damit wir am Ende nicht nur spekulieren und dann möglicherweise sogar Verdunklungs- oder Verjährungsgefahr droht. In solchen Fällen ist es sinnvoll, die Informationen den Strafverfolgungsbehörden und den Steuerbehörden zuzuführen; denn diese können damit am besten etwas anfangen. Darum bitten wir noch einmal: keine Spekulation, sondern die Informationen an die zuständigen Behörden geben, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CSU)

Ich weise auch alle Vorwürfe zurück, die wiederholt gemacht wurden, der Freistaat Bayern sei quasi eine Steueroase, ein Steuerparadies; man würde hier Steuerhinterziehung tolerieren. Dies ist letztlich ein Anwurf gegen jeden anständigen Finanzbeamten in Bayern. Diesen weisen wir zurück, meine Damen und Herren. Das Gegenteil ist der Fall.

(Beifall bei der CSU)

Abgesehen davon haben wir uns bei jedem Kauf einer Steuer-CD beteiligt. Wenn wir selber ein Angebot einer CD bekommen hätten, die sich nach einem Prüfverfahren als valide erwiesen hätte, hätten wir das auch akzeptiert.

(Volkmar Halbleib (SPD): Das klang schon einmal ganz anders!)

Nach dem das deutsch-schweizerische Steuerabkommen nicht zustande gekommen ist, haben wir im Hohen Haus in der Amtszeit dieser Staatsregierung in den letzten Jahren ganz bewusst Prüfverfahren, aber vor allem auch Stellen ausgeweitet. Über 1.500 neue Stellen wurden vom Haushaltsausschuss, vom Parlament genehmigt. Wir haben die Steuerfahndung um 21 % gestärkt, meine Damen und Herren, und eine Sonderkommission Steuerbetrug für schwere Steuerfälle auf den Weg gebracht. Damit Sie entscheiden können, ob nichts gemacht wird oder etwas geleistet wird, nenne ich Ihnen die neuesten Zahlen. Allein im Jahr 2015 hat die SKS 101 Millionen Euro mehr an Steuereinnahmen und Freiheitsstrafen von insgesamt 74 Jahren erwirkt, die gesamte Steuerfahndung – man höre und staune – über 340 Millionen Euro mehr an Steuereinnahmen und insgesamt 353 Jahre an Freiheitsstrafen. Meine Damen und Herren, das ist alles andere als ein Steuerparadies.

(Beifall bei der CSU)

Wir haben jetzt für die Sonderkommission fünf Leute bereitgestellt, die sich um alle Fragen kümmern können, die sich mit Panama beschäftigen.

Zu Panama und dem Sachverhalt selbst. Ich glaube, Herr Pohl hat es angesprochen, Kollege Weidenbusch auch sehr klar und deutlich: Wenn wir über den gesamten Komplex sprechen, müssen wir schon unterscheiden. Offshore-Geschäft ist nicht gleich OffshoreGeschäft. Es gibt rechtmäßige und es gibt eindeutig rechtswidrige Offshore-Geschäfte. Rechtmäßige Offshore-Geschäfte werden übrigens auch marktüblicherweise genutzt, um Flugzeugfinanzierungen oder Schiffsfinanzierungen vorzunehmen. Diese Arten der Finanzierung – Herr Halbleib, wir werden ja miteinander über den Antrag diskutieren – werden bei solchen Offshore-Geschäften sogar gefördert. Offshore-Geschäfte rechtmäßiger Art werden gefördert. Wissen Sie, von wem? – Sie werden von der Bundesrepublik Deutschland mit sogenannten Hermes-Bürgschaften gefördert, beispielsweise beim Airbus.

(Volkmar Halbleib (SPD): Das ist bekannt! Das ist nicht der Kern des Problems!)

Sie wissen, wer diese Bürgschaften erteilt: das Bundeswirtschaftsministerium. Der Bundeswirtschaftsminister heißt Sigmar Gabriel, meine sehr verehrten Damen und Herren. Dies nur zur generellen Einordnung.

(Beifall bei der CSU – Volkmar Halbleib (SPD): Eine müde Nebelkerze macht auch nichts aus! Kommen Sie einmal zum Punkt!)

Das ist kein Vorwurf, Herr Halbleib. Wenn wir über die Dinge reden, müssen wir alle Sachverhalte beleuchten.

(Beifall bei der CSU – Volkmar Halbleib (SPD): Das Nebelkerzenwerfen ist vorbei! Es ist Klarheit angesagt!)

Es gibt auch rechtswidrige Offshore-Geschäfte. Vor allem geht es dabei um Briefkastenfirmen, über die wir sprechen. Das sind Firmen, die nicht zum Zwecke der Steuervermeidung errichtet werden, sondern zur bewussten Steuerhinterziehung. Übrigens beinhaltet die Wortwahl zwei verschiedene Dinge, nämlich ob versucht wird, Steuern zu sparen – was übrigens auch viele im Haus jeden Tag versuchen –, oder ob es darum geht, Steuerhinterziehung zu betreiben. Meine Damen und Herren, dies ist etwas, wogegen wir alle miteinander vorgehen wollen.

Übrigens muss auch klar sein: Die beste Möglichkeit, dagegen vorzugehen, besteht darin, Steueroasen zu begrenzen und auszutrocknen. Dies ist in erster Linie eine internationale oder eine europäische Aufgabe. Seien wir einmal ganz ehrlich: In den letzten Jahren ist auch viel passiert. Der Vorwurf der generellen Untätigkeit trifft nicht zu. Seit 2009 hat es 20 Einzelabkommen zum Austausch von Steuerinformationen gegeben. Die neuesten Abkommen setzen in der Tat neueste Standards. Eine Vielzahl von Staaten, darunter auch die Schweiz, wird dabei sein. Dieses Abkommen tritt 2017 in Kraft, sodass wir eine neue Qualität des Austauschs erreichen können. Meine Damen und Herren, wir sind aber noch nicht am Ende, und wir würden uns wünschen, dass auch die Europäische Union weiter Druck macht, generell für einheitliche Standards in der Welt zu sorgen und Steueroasen auszutrocknen; denn das ist der beste Weg, um solche Fälle zu verhindern.

(Beifall bei der CSU)