Protokoll der Sitzung vom 09.06.2016

Wir vergeuden Energie und Wasser, obwohl unser oberstes Ziel doch der sparsame Umgang mit diesen Ressourcen sein muss. Die zu erwartenden klimatischen Veränderungen lassen auch die wirtschaftliche Sinnhaftigkeit dieser Förderung nicht mehr erkennen.

Unterschiedliche Studien des Deutschen Alpenvereins, des Wirtschaftsministeriums, des Skiverbands und der Tourismusverbände kommen letztlich, wenn auch nicht gleichlautend, zu dem Ergebnis, dass wir im Alpenraum mit einer Erwärmung zu rechnen haben, die mit vier Grad Celsius doppelt so hoch ausfällt wie das angestrebte Klimaziel einer Erwärmung um zwei Grad. Das heißt, die Schneefallgrenze wird kontinuierlich steigen, und damit wird nicht mehr gerechtfertigt sein, dass wir Geld für die Beschneiung aufwenden. Zugleich steigt das Risiko, dass uns beschneite Flächen wieder wegtauen. Ich erinnere bloß an diesen Winter: Wir haben Weihnachten ohne Schnee verbracht, und der Tourismus hat doch überlebt.

Das dümmste Argument für die Schneekanonen in Bayern besagt, es gebe eine Konkurrenz der bayerischen Skigebiete mit den österreichischen. Dazu einige Zahlen: In Österreich sind 327 Gipfel über 3.000 Meter hoch. Wir haben keinen einzigen Gipfel über 3.000 Meter. – In Österreich liegen 1.425 Berge, die höher als 2.000 Meter sind. In Deutschland sind es 155. Allein diese Zahlen zeigen deutlich, dass es Unsinn ist, über eine Konkurrenz der Skibetriebe in Österreich und Bayern zu reden.

Herr Kollege, bitte beachten Sie: Ihre Redezeit ist um.

Ja. – Fremdenverkehrsorte sind bei uns höchst erfolgreich und innovativ in alternativen Bemühungen. Nicht zuletzt zeigen auch die guten Übernachtungszahlen in diesem Winter diese Bemühungen.

Sie sollten sich schon an die Redezeit halten.

Deshalb fordern wir Sie dringend auf, unserem Antrag auf den Verzicht der weiteren Förderung von Beschneiungsanlagen zuzustimmen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke schön. – Herr Kollege Holetschek.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Uli Leiner, wir denken halt noch selbstständig.

(Florian von Brunn (SPD): Manchmal!)

Und wenn wir der Meinung sind, dass das Umweltministerium in irgendeiner Frage nicht recht hat, dann

nehme ich mir das Recht heraus, das darzustellen und zu kritisieren.

(Beifall bei der CSU)

Ich glaube, dass in dieser Frage nicht richtig recherchiert worden ist. Das habe ich auch gesagt, und ich wiederhole es hier im Hohen Hause. Ich bin der Meinung, dass wir nach wie vor gut daran tun, wenn wir ein Seilbahnförderprogramm haben und hier Anreize setzen. Letztendlich geht es natürlich auch um die Natur, aber auch um die Wirtschaft. Ich sage Ihnen: Viele Menschen leben vom Tourismus. Du solltest wissen, dass im Allgäu 40 % der Gäste im Winterhalbjahr kommen und wir dabei von einem Umsatz von zwei Milliarden reden.

(Florian von Brunn (SPD): Aber die gehen ja gar nicht alle zum Skifahren!)

Und du solltest wissen, dass es dabei auch um das Skifahren und den Schnee geht. Wenn man heute die "Allgäuer Zeitung" liest und dabei auf die Aussagen von Herrn Kröll stößt, sieht man das bestätigt. Am Ifen werden jetzt 30 Millionen in die Seilbahnen investiert. Wir tun gut daran, auch unsere Regionen nach vorne zu bringen und wettbewerbsfähig zu erhalten, weil dort viele Menschen vom Tourismus leben. In Deutschland entstanden allein im Winter 2012/2013 und im Sommer 2014 370 Millionen Euro an Einkommenseffekten durch die Seilbahnen. Das muss man schon würdigen und richtig in den Gesamtkontext stellen.

Beim Thema Seilbahnen ist auch wichtig, dass wir im Hinblick auf die demografische Entwicklung und im Sinne des gleichen Zugangs versuchen müssen, im Winter und im Sommer die Zugänge zu erhalten. Das wird übrigens bei der Förderung berücksichtigt. Auch der Umweltaspekt wird bei der Förderung berücksichtigt. Ich wehre mich gegen ihre dahin gehenden Äußerungen. Wir werden sicher beim nächsten Redebeitrag hören, dass wir eine ideologische Diskussion führen, meine Damen und Herren. Die Menschen, die vor Ort im Tourismus tätig sind, wissen sehr gut, was sie sich zutrauen können und wovon sie sprechen. Aber wir führen in den letzten Wochen immer nur ideologisierte Diskussionen, beim Klimaschutz, beim Thema Riedberger Horn und bei all den anderen Themen, die Sie ansprechen.

(Florian von Brunn (SPD): Sie sind doch Wirtschaftsideologen reinsten Wassers!)

Wir müssen uns bei Zielabweichungen auch einmal die Chance geben, über diese Themen reden zu dürfen, ohne dass man von vornherein sagt: Um Gottes

Willen, es gibt Denkverbote. Die darf es nicht geben. Wir müssen da etwas differenzierter herangehen.

(Beifall bei der CSU – Florian von Brunn (SPD): Denkverbote haben Sie sich doch selber auferlegt, weil Sie gar nicht über Klimaschutz nachdenken!)

Herr von Brunn, Sie werden als Nächstes wahrscheinlich die UN-Generalversammlung anrufen. Wenn Sie keine Chance mehr haben, Ihr Thema fortzuführen, gehen Sie, wahrscheinlich hoffend, immer so weit, bis Sie die von Ihnen gewünschten Antworten auf die nicht gestellten Fragen bekommen.

Ich will ganz deutlich sagen: Ich bedanke mich beim Wirtschaftsministerium – der Staatssekretär ist da – für dieses Seilbahnförderprogramm, weil es richtig und wichtig ist. Zumindest für die nächsten 20 bis 30 Jahre treffen diese Aussagen noch zu. Dazu gibt es ebenfalls Studien. Auch bei einer betriebswirtschaftlichen Betrachtungsweise der Seilbahnen können wir tatsächlich sagen, dass Förderungen hier richtig sind.

Ich möchte auch keine Festlegung der Förderhöhe. Ich glaube nicht, dass es uns guttut, wenn wir sie auf zwei Millionen begrenzen würden. Wir würden die Maßnahmen in kleinere Teile stückeln und uns damit keinen Gefallen tun. Auch der Höchstfördersatz von 20 % ist aus meiner Sicht falsch. Wir müssen Anreize setzen. Den größten Teil muss doch noch der Unternehmer tragen. Wir leisten ja keine Komplettförderung. Wir geben Anreize, dass andere investieren. Das ist doch Sinn und Zweck der Förderung.

Natürlich geht es auch um Nachhaltigkeit. Es geht auch um weitere Tourismuskonzepte. Gerade die Allgäuer sind doch gut aufgestellt. Ich meine das Wandern und andere Produktlinien. Es geht um eine gesamtheitliche Entwicklung. Dazu gehören doch auch der Winter und der Schnee als ganz wesentliche Bestandteile.

Wenn ich mir die Daten der BAYERN TOURISMUS Marketing GmbH anschaue, dann weiß ich, dass auch in andere Projekte investiert wird. Ich erinnere nur an die sehr wichtige Markenoffensive "Gesundes Bayern". Es ist ein Prozess angestoßen, der das Ziel hat, auch andere Vorhaben weiterzuentwickeln. Bayern ist Tourismusland Nummer eins; wir wollen es bleiben. Bayern soll für seine Gäste weiterhin attraktiv sein.

(Florian von Brunn (SPD): Dann müssen Sie endlich neue Konzepte vorlegen!)

Dazu brauchen wir Natur und Landschaft. Wir alle müssen uns unserer Verantwortung bewusst sein. Wir von der CSU jedenfalls sind uns unserer Verantwor

tung bewusst. Es bedarf einer Abwägung zwischen den wirtschaftlichen Interessen, die wir auch berücksichtigen müssen, und den Interessen des Landschafts- und Naturschutzes.

Ich freue mich auf die Ausführungen meines Nachredners. Da ich noch etwas Redezeit übrig habe, behalte ich mir vor, im weiteren Verlauf der Debatte noch das eine oder andere zu dem Thema zu sagen.

(Beifall bei der CSU)

Danke schön. – Nächster Redner ist Herr Kollege von Brunn.

Sehr verehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben schon häufig über den Klimawandel und seine Auswirkungen gesprochen. Die Staatsministerin hat vor nicht allzu langer Zeit eine Regierungserklärung abgegeben. Wir haben auch heute Morgen angesichts der schrecklichen Ereignisse über die Zusammenhänge mit dem Klimawandel gesprochen.

Aber wenn es um die konkrete Politik geht, tun Sie von Staatsregierung und CSU so, als ob es den Klimawandel überhaupt nicht gäbe. Das zeigt sich auch an Ihrer Handhabung der Seilbahnförderrichtlinie, die man eher "Schneekanonenförderrichtlinie" nennen sollte. Wir sind im Gegensatz zu Ihnen der Auffassung, dass Klimaschutz Vorrang haben muss. Klimaschutz ist eine Querschnittsaufgabe, die überall berücksichtigt werden muss.

(Beifall bei der SPD)

Was Sie mit der genannten Richtlinie praktizieren, ist klimapolitisch falsch, blockiert die richtigen Wege in die Zukunft und schadet der Natur in den Bergen, ob in den Alpen oder den Mittelgebirgen. Ihr Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz hat erst auf unseren Antrag hin – es ist schon angeklungen – in einem Bericht die Probleme beim Namen genannt. Das zentrale Problem ist die Zerstörung von Böden, die oft über Jahrzehnte, wenn nicht gar über Jahrhunderte gewachsen sind, durch schwere Baumaschinen. Der Verband Deutscher Seilbahnen und Schlepplifte hat dies natürlich eilfertig bestritten, und Sie, Herr Holetschek, sind dem Verband zur Seite gesprungen.

Man kann sicherlich konzedieren, dass es Bauarbeiten geben mag, bei denen schonend vorgegangen wird. Wer aber die Kehrseite der Medaille sehen will, der braucht sich nur die Fotos vom Bau der Beschneiungsanlagen am Sudelfeld anzuschauen. Dort sind der ganze Berg umgegraben und alte Almböden auf Dauer zerstört worden.

Der Bericht des Umweltministeriums geht noch weiter. Als gravierend wird der Einfluss auf die Vegetation in Lagen über 1.400 Metern eingeschätzt. Es werden also nicht nur gewachsene Böden zerstört, sondern auch die alpine Flora – und damit die von der CSU so oft beschworene Kulturlandschaft.

Und was ich Ihnen besonders an Herz legen will, verehrte Kolleginnen und Kollegen von der CSU, ist die Verschandelung der Landschaft. Ich zitiere wiederum aus dem Bericht der Staatsregierung:

Während die Schneekanonen oder Schneelanzen selbst vielfach außerhalb der Skisaison abgebaut werden, können oberirdisch fest installierte Anlagenteile das Landschaftsbild das ganze Jahr über beeinträchtigen und stehen oft im Kontrast zum traditionellen Landschaftsbild des alpinen Kultur- und Naturraums.

Ihr Ministerium!

Landschaftsschutz ist Ihnen doch sonst ein so wichtiges Thema – siehe 10-H-Reglung. In Wahrheit betreiben Sie Landschaftsschutz à la carte. Sie orientieren sich allein an wirtschaftlichen Interessen, nicht an objektiven Kriterien.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Das heißt in der Konsequenz: Staatsregierung und CSU nehmen es in Kauf, dass mit Steuergeldern die Zerstörung von Natur und Landschaft gefördert wird. Das Ganze wird durch die lasche und willfährige Genehmigungspraxis für solche Projekte in Bayern noch auf die Spitze getrieben.

Ich nehme Bezug auf meine Anfrage zum Plenum, die ich am 23. November 2015 gestellt habe. Die Staatsregierung hat in ihrer Antwort bestätigt, dass in Bayern seit zehn Jahren "keine Anträge auf Neu- oder Ausbau von künstlicher Beschneiung abgelehnt wurden." Das heißt, es wird einfach alles genehmigt – ohne Rücksicht auf Verluste. Diese Kombination – Steuergelder aus der Seilbahnförderrichtlinie für Schneekanonen und das offensichtliche Genehmigungsprinzip "Anything goes" – hat dazu geführt, dass sich in Bayern in den vergangenen zehn Jahren die beschneite Fläche auf über 800 Hektar erhöht und damit fast verdoppelt hat.

Deswegen ist es absurd, wenn das Wirtschaftsministerium – im Gegensatz zu der völlig überzogenen und falschen Förderung von Schneekanonen mit Steuergeldern – kein nennenswertes Programm zur Förderung von nachhaltigem und klimafreundlichem Tourismus im Angebot hat. Ich erwähne das auch deshalb, weil Sie, Herr Holetschek, so ausführlich die Zukunfts

fähigkeit des Tourismus thematisiert haben. Es wird Zeit, dass das Wirtschaftsministerium etwas liefert, um eine nachhaltige Politik für die Zukunft – dazu gehört der Klimaschutz – und Tourismus zusammenzubringen. Dafür wären Steuermillionen gut angelegt, nicht aber für den Ausbau einer Sackgasse namens "künstliche Beschneiung"; denn Letzteres geht auf Kosten unserer Landschaft, des Klimas und der zukünftigen Generationen; auch sie wollen ja noch die Vorzüge unserer Landschaft erleben.

Ich möchte Sie in diesem Zusammenhang noch einmal an den Bergwaldbeschluss des Bayerischen Landtags von 1984 erinnern. Darin wird unter Ziffer 3 ausgeführt, dass Rodungen im Bergwald für neue Freizeiteinrichtungen oder Infrastrukturmaßnahmen grundsätzlich nicht mehr zuzulassen sind. – Wie halten Sie von der CSU es damit?

Die CSU-Fraktion hat vor Kurzem ein Diskussionspapier zur Alpenpolitik vorgelegt, in dem sie sich ausdrücklich zum Bayerischen Alpenplan und zu den Schutzzonen bekennt. Auch spricht sie sich für Schutzgebiete in den Alpen aus. Papier ist bekanntlich geduldig. Uns drängt sich der Verdacht auf, dass das, was Sie zu Papier gebracht haben, mit dem, was Sie in der Praxis machen, herzlich wenig zu tun hat.

Deshalb möchte ich an dieser Stelle gern von Ihnen, von der CSU-Fraktion, wissen, ob der Bergwaldbeschluss, den der Bayerische Landtag einstimmig 1984 beschlossen hat, für Sie noch zählt. Ich möchte wissen, ob wir Ihr jüngstes Alpenpapier ernst nehmen dürfen und ob Sie zur Alpenkonvention stehen. Wenn Sie diese Fragen mit Ja beantworten, dann müssten Sie selbst zu dem Schluss kommen, dass Sie mit der bisherigen Art der Förderung nicht weitermachen können. Es ist vielmehr notwendig, dass Sie neue Ideen entwickeln – auch wenn es schwerfällt –, die in die Zukunft tragen.