Protokoll der Sitzung vom 20.07.2016

(Sandro Kirchner (CSU): Dann soll er doch aufschreiben, wie das getan werden kann!)

Das hat er doch getan. Auch in dem Antrag steht es drin.

(Sandro Kirchner (CSU): Nein!)

Es steht drin; dort wird auf die Neuanlagenquote verwiesen. Sie aber haben nur auf Nordrhein-Westfalen Bezug genommen. Das Interessante ist übrigens, dass der Hauptteil des Ökostroms für NordrheinWestfalen aus München kommt. Das finde ich durchaus spannend.

(Sandro Kirchner (CSU): Von den Stadtwerken!)

Von den Stadtwerken München, exakt. Hier mogelt niemand. Wollen Sie den Münchner Stadtwerken unterstellen, sie bezögen Strom nur aus dem Ausland?

(Sandro Kirchner (CSU): Nein!)

Eben! Dann würde ich einfach die Bremse betätigen, wenn es um solche Unterstellungen geht. München gehört zu Bayern. Wenn Nordrhein-Westfalen etwas aus Bayern bezieht, ist das interessant.

Sie haben kein Wort über Rheinland-Pfalz bzw. über die dort gemachten Erfahrungen verloren. Wenn Sie schon von einem Brief sprechen, dann schreiben Sie doch einmal dorthin!

(Sandro Kirchner (CSU): Ich habe Sie aufgefordert!)

Anderenfalls schreiben wir nach Rheinland-Pfalz und fragen dort nach. Die Antwort geben wir Ihnen weiter.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin. – Nächste Wortmeldung: Kollege Häusler für die Fraktion der FREIEN WÄHLER, bitte.

(Unruhe)

Herr Kollege Häusler hat das Wort.

Frau Präsidentin, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! "Echter Ökostrom für die staatlichen Gebäude", so lautet der Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Dass der Bezug von Ökostrom für die staatlichen Liegenschaften Bayerns künftig nach den Maßgaben des Umweltbundesamtes ausgeschrieben wird, ist ein vernünftiger, innovativer Ansatz. Ich schließe mich insoweit meinen Vorrednern an. Eine Maßgabe vonseiten des Landtags hat durchaus Sinn. Das wesentliche Argument ist – wir haben es in der Debatte schon gehört – die Neuanlagenquote. Diesen entscheidenden Begriff sollten wir uns genauer anschauen.

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Das Umweltbundesamt definiert "Neuanlagen" je nach Kraftwerkstyp differenziert; das Alter der Anlagen liegt demnach zwischen vier und sechs Jahren. Aber was ist der Hintergrund der Neuanlagenquote? – Hintergrund ist, dass mit neuen Anlagen der Ausbau der regenerativen Energien vorangetrieben werden soll. Dieser wesentliche Faktor liegt auch dem Antrag der GRÜNEN zugrunde.

Der Antrag geht sehr ins Detail und ist dennoch sinnvoll; denn erstmals wird der Nachweis der physikalischen Lieferung und der netztechnischen Verbindung gefordert. Bei anderen Ausschreibungsmodellen ist das nicht der Fall. Ferner wird explizit gefordert, Kollege Kirchner, dass die Treibhausgasminderung als zusätzliches Zuschlagskriterium anerkannt werden soll. Das ist eine wichtige Forderung; denn das Ziel der Treibhausgasminderung wollen wir doch alle erreichen.

Wenn wir uns die Stromverbrauchsmengen anschauen, stellen wir fest, dass wir es beim Kohlendioxidausstoß mit horrenden Zahlen zu tun haben. Allein in Bayern setzt der Verbrauch von Strom aus fossilen Energieträgern jährlich rund 12 Millionen Tonnen Kohlendioxid frei. Das ist ein sehr hoher Wert. Der Gesamtstromverbrauch der staatlichen Liegenschaften in Bayern erreicht fast 1.000 Gigawattstunden; die Zahl ist mehrmals genannt worden. Das sind immerhin rund 1,2 % des bayerischen Gesamtverbrauchs.

Es ist richtig, dass in Bayern bei Neuausschreibungen der Bezug von 100 % erneuerbaren Energien gefordert wird. Das ist ein guter Ansatz, ein erster, richtiger Schritt. Das Problem liegt darin, dass Stromanbieter aus dem bestehenden Strommix heraus diese Menge definieren können. Dadurch kommen wir in eine Situation, die wir vermeiden wollten. Wir erzielen nämlich keinen zusätzlichen positiven Klimaeffekt. Eine markante Treibhausgasminderung wird nicht bewirkt. Ich halte es aber für wichtig, dass die öffentliche Hand – sprich: der Staat – auch in dieser Frage beispielgebend vorangeht und klare Zeichen setzt.

Den Hinweis auf Nordrhein-Westfalen muss man sehr differenziert betrachten. Zwar wird von Einsparungen

von 8 Millionen Euro gesprochen. Dieser Wert ist aber nicht das Maß aller Dinge, weil wir nicht genau wissen, wie hoch die Reduktion tatsächlich ist. Diese Einsparung könnte auch daher rühren, dass an den Strombörsen Strom zu Dumpingpreisen gehandelt wird. Insoweit benötigen wir noch viele weitere Erkenntnisse. Wichtig ist noch der Hinweis, dass durch das neue Ausschreibungsmodell in Nordrhein-Westfalen 200.000 Tonnen CO2-Ersparnis pro Jahr, 2016 beginnend, erzielt werden.

Kollege Kirchner, Sie haben zu Recht gesagt, dass die Neuanlagenquote für 2016 in Nordrhein-Westfalen 33 % beträgt. Das ist klar; das muss sich erst entsprechend entwickeln. Im Jahr 2018 werden es bereits 50 % sein. Dieser höhere Prozentsatz bietet durchaus einen Anreiz für erneuerbare Energien.

Wir sehen, dass der Ausbau der Windkraft, sicherlich auch durch die 10-H-Regelung bedingt, ein Stück weit zum Erliegen gekommen und auch der Ausbau von Biogasanlagen rückläufig ist. Wir haben also entsprechenden Bedarf und sollten auch in Bayern diese Chance nutzen. Deshalb wird die Fraktion der FREIEN WÄHLER dem vorliegenden Antrag zustimmen. Wir bitten auch die Mehrheitsfraktion, sich ein wenig zu bewegen und diesen innovativen Ansatz zu unterstützen. Es handelt sich zwar nur um ein kleines Segment. Dennoch sollten wir dieser Entwicklung eine Chance geben.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Vielen Dank. – Für die Staatsregierung hat Herr Staatssekretär Eck um das Wort gebeten. Bitte schön, Herr Staatssekretär.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte nur noch einige Klarstellungen anbringen, weil die Tatsachen etwas verwaschen worden sind.

Lieber Herr Häusler, Sie haben noch einmal versucht, Nordrhein-Westfalen zu beschönigen. Darüber brauchen wir aber nicht zu diskutieren; denn die Fakten haben wir schriftlich: Nordrhein-Westfalen hat für 2016 als Ziel eine Neuanlagenquote von 33 %, für 2017 von 40 % und für 2018 von 50 % definiert. Wir in Bayern – das will ich dagegenstellen – liegen bei 100 %. Angesichts dessen bitte ich darum, die Diskussion nicht immer wieder umzudrehen. Das sind Fakten – Punkt!

(Beifall bei der CSU)

Ich will ein Weiteres ansprechen: Hier ist versucht worden, einen Sturm loszutreten. Das ist jedoch voll

kommen überflüssig. 85 % des Stroms, den wir in Bayern staatlich organisieren, managen, ausschreiben und kaufen, beziehen wir aus der Wasserkraftnutzung. Wer hier mitdiskutieren will, der sollte wissen, dass Wasserkraft im Hinblick auf den Kohlendioxidausstoß die beste Stromproduktion ist, die es gibt.

Jetzt reden wir noch über 15 %. Wir wissen, dass wir zahlreiche kleine und mittelständische Stromproduzenten haben, die vor Ort, in der Region Arbeitsplätze und vieles Weitere zur Verfügung stellen. Wenn wir dem Antrag der GRÜNEN zustimmten, wäre die Gefahr sehr, sehr hoch, dass uns alle diese Anbieter wegbrechen, das heißt, dass sie aus dem Wettbewerberkreis herausfallen. Das wollen wir vermeiden.

Letzter Punkt: Vorhin habe ich auf die 15 % verwiesen. Unter den kleinen und mittelständischen Anbietern ist der Anteil derjenigen, die mit Wasserkraft produzieren, sehr hoch. Jetzt müssen wir uns überlegen, wovon wir reden. Im Rahmen des Erneuerbare-Energie-Gesetzes zahlen wir einen Betrag von 60 Millionen Euro. Das ist eine tolle, mächtige Summe. Wenn wir dem Antrag der GRÜNEN folgen würden, müssten wir zusätzlich bezahlen. Das wäre absolut unsinnig. Deshalb bitte ich darum, den vorliegenden Antrag der GRÜNEN abzulehnen.

(Beifall bei der CSU)

Vielen Dank. Herr Staatssekretär, bitte bleiben Sie da. Zwischenbemerkung: Herr Kollege Stümpfig, bitte.

Herr Staatssekretär Eck, ich finde es schade, dass wir so sehr aneinander vorbeireden. Sie sprachen von der Ökostromquote von 100 % in Bayern. Wir haben aber in der vergangenen halben Stunde meistens über die Neuanlagenquote gesprochen. Wir haben zwar in Bayern 100 % Wasserkraftstrom; dieser wird aber in alten, das heißt bestehenden Anlagen erzeugt. Unter dem Strich bringt das keinen Mehrwert, ob wir oder andere den Strom beziehen.

Wir sind der Auffassung, dass der Freistaat mit seinen Liegenschaften eine Vorbildfunktion wahrnehmen sollte. Wir wollen Ökostrom beziehen, aber unter Beachtung der Neuanlagenquote. Es geht uns darum, dass neue Anlagen gebaut werden. Das wäre auch marktwirtschaftlich sinnvoll. Sie von der CSU beklagen immer die EEG-Umlage. Wenn wir Strom zu den genannten Konditionen direkt beziehen, dann sind die Erneuerbaren richtig im Markt. Das muss doch das Ziel sein.

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Wir beschönigen hier nicht Nordrhein-Westfalen. Dort macht man es uns sehr positiv vor, dass es geht.

Dann zu der Behauptung, wir würden die bayerischen Wasserkraftanlagen aus dem Markt drängen: Das stimmt nicht, das ist vollkommen falsch! Das verstehe ich nicht. Wir haben es gerade ausgeführt. Das ist zwar relativ kompliziert; aber wir können in Deutschland und Bayern Strom von Anlagen beziehen, die diese Kriterien erfüllen. Die Direktvermarkter müssen das in dem Portfolio so zusammenstellen. Ich finde es schade, dass Sie diese Argumente überhaupt nicht aufgreifen, sondern einfach darüber hinweggehen und sagen, der Antrag sei Blödsinn. Der Antrag ist kein Blödsinn. Andere Länder machen es vor.

(Sandro Kirchner (CSU): Beispiele!)

Ich finde es schade, dass wir in Bayern in solchen Dingen immer die rote Laterne haben.

Lieber Herr Stümpfig, erstens habe ich nicht gesagt, dass das Blödsinn ist. Dieses Wort kommt von Ihnen. Ich habe gesagt, es ist überflüssig. Zwischen "Blödsinn" und "überflüssig" liegt ein großer Unterschied.

(Beifall bei der CSU)

Zweitens meine ich – das will ich ganz besonders deutlich in den Raum stellen –, dass wir sehr wohl vorbildlich sind. Da müssen Sie mir erst mal ein anderes Bundesland zeigen. Wir haben bereits 180 Photovoltaikanlagen in Betrieb genommen. Wir prüfen bei jedem Gebäude die energetische Situation. Wir schauen, wie wir unsere Energiewirtschaft in den einzelnen Gebäulichkeiten am günstigsten, am wirtschaftlichsten und vor allen Dingen am umweltfreundlichsten betreiben können. Das Thema, über das wir bei diesem Antrag letztlich reden, bezieht sich auf einen Anteil von 15 %, der nicht aus Wasserkraft bezogen wird. Ich meine, da sollten wir, wie es die Frau Kohnen vorgeschlagen hat, versuchen, keinen Sturm zu entfachen, der niemals einer werden kann, sondern konstruktiv versuchen, zuliebe der Umwelt und der Bürgerinnen und Bürger in die gleiche Richtung zu diskutieren.

(Beifall bei der CSU)

Vielen Dank, Herr Staatssekretär. – Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit ist die Aussprache geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung.

Der federführende Ausschuss für Wirtschaft und Medien, Infrastruktur, Bau und Verkehr, Energie und Technologie empfiehlt die Ablehnung des Antrags.

Wer dem Antrag entgegen dem Ausschussvotum zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – SPD-Fraktion, Fraktion der FREIEN WÄHLER, Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Ich bitte, Gegenstimmen anzuzeigen. – CSU. Stimmenthaltungen? – Keine. Damit ist der Antrag abgelehnt.