Umverteilung funktioniert nur, solange es etwas zu verteilen gibt. Deswegen sollten wir uns dringend auf den Weg machen und in die Zukunft investieren. Das ist der bayerische Weg. Ich möchte Sie an dieser Stelle nicht über Gebühr strapazieren. Wir werden das im Rahmen des Haushalts noch miteinander diskutieren. Was der Freistaat Bayern zusammen mit der Bundesregierung in den letzten Jahren auf den Weg gebracht hat, ist der bayerische Weg in die Zukunft. Wir gestalten den Wandel, aber nicht gegen die Wirtschaft, sondern mit der Wirtschaft. Wir verbessern die Lebensqualität. Die Luftreinhaltung ist ohne Frage ein
wichtiges Ziel. Das darf aber nicht durch Verbote, sondern muss durch Anreize im Rahmen eines wirksamen Gesamtpakets geschehen.
Meine Damen und Herren, Bayern steht für ein Automobilland. Wir stehen für das Automobilland Bayern. Wir stehen für automobilen Fortschritt. Wir stehen nicht für Verbote von Automobilen.
(Vom Redner nicht auto- risiert) Herr Blume, ich frage mich, wo Sie im Dezember waren. Sie geben Ihre eigene Ministerin, wenn sie es ernst gemeint hat, heute klimapolitisch auf und fallen ihr in den Rücken. Ihre Ministerin hat an der Stelle, wo Sie jetzt stehen, erklärt, dass die Temperatur durch den Klimawandel um über vier Grad Celsius steigen werde. Sie hat die ganze Palette des Klimawandels dargelegt. Mittlerweile schaue ich immer nach, was alles passieren wird, wenn man nichts tut. Ich lese dazu die Rede von Ministerin Scharf. Das rate ich auch Ihnen. Tun Sie endlich etwas! Bemühen Sie sich, den Umweltschutz aufzunehmen! Sie und wir haben in der Bundesregierung gesagt, dass wir Paris ernst nehmen. Wir wollen bis zum Jahr 2050 zwischen 80 und 90 % der CO2-Emissionen einsparen. Wie wollen Sie das im Hinblick auf den Verkehr und den Hausbrand umsetzen?
Sie weinen Krokodilstränen. Sagen Sie doch die Wahrheit: Sie werden im Jahr 2050 im Hinblick auf die CO2-Emissionen immer noch bei einer Einsparung von vielleicht 25 oder 30 % liegen. Das müssen Sie sagen. Sie müssen nachdenken; rechnen können Sie. Sie bezeichnen sich als Industriepolitiker. Die Automobilindustrie will Sicherheit. Die Automobilindustrie will wissen, wie es mit der Elektromobilität weitergeht.
Das ist eine ganz einfache Rechnung. Wenn Sie im Jahr 2030 das letzte Fahrzeug mit Verbrennungsmotor zulassen und alle alten Fahrzeuge weiterfahren, wird es erst im Jahre 2050 keine Verbrennungsmotoren mehr geben. Sie haben gesagt, ab dem Jahr 2030 gebe es keine Verbrennungsmotoren mehr. Das bedeutet, dass die alten Fahrzeuge weiterlaufen. Außerdem besteht immer noch das Problem des Hausbrands. Die CO2-Emissionen aus der Landwirtschaft wurden bereits genannt. Denken Sie darüber nicht nach? Das ist Industriepolitik. Sie fallen unserer Bun
desregierung in den Rücken, weil Sie die Klimaziele von Paris mit Füßen treten. Wenn Sie das nicht wollen, sagen Sie es hier.
Herr Kollege Scheuenstuhl, ich versuche, Ihnen ruhiger zu antworten, als Sie mir die Frage gestellt haben. Das ist ein großes Thema. Die Automobilindustrie und insbesondere unsere bayerischen Automobilhersteller begreifen es nicht als Kür, sondern als Teil verantwortungsvoller Unternehmensführung als Pflicht, den Umstieg auf Elektromobilität rechtzeitig zu gestalten.
Es gibt gewaltige Vorinvestitionen in bestimmte Verfahren. In den vorgelagerten und nachgelagerten Bereichen des Mittelstands, von der Zulieferindustrie bis zum Handwerksbetrieb, sind Kompetenzen vorhanden, die zur alten Welt mit Verbrennungsmotorentechnologie und nur in sehr geringem Maße zur neuen Welt passen.
Wir haben zwei Möglichkeiten. Wir können versuchen, das Land zu deindustrialisieren und die Umstiegsperiode so kurz zu gestalten, dass der Anpassungsdruck für die Automobilindustrie nicht zu bewältigen ist. Das ist eine andere Frage als beim Katalysator, sondern da geht es um das Gesamtmobil. Wir können den Prozess auch klug gestalten, indem wir Ökonomie und Ökologie zusammenbringen.
(Zuruf des Abgeordneten Harry Scheuenstuhl (SPD) – Florian von Brunn (SPD): Keine Ahnung von Klimaschutz!)
Herr Scheuenstuhl, Sie wollen eine Abwrackprämie für unsere Industrie. Diese Abwrackprämie wird es mit uns nicht geben; denn wir wollen den Weg mit der Industrie und nicht gegen die Industrie gehen. Das werden wir auch schaffen.
Herr Kollege Scheuenstuhl, Ihre Zwischenbemerkung und die Antwort darauf sind beendet. Vielen Dank, Herr Kollege
(Vom Redner nicht autori- siert) Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Diskussionen im Haus erwecken den Eindruck, dass Sie ein Entweder-oder postulieren wollen. Darum geht es nicht. Lieber Kollege Markus Blume, wir sind beide Industriepolitiker. Du hast darauf hingewiesen, dass es viele Unternehmen gibt, um die wir uns kümmern müssen. Wir beide wollen sowohl den bisherigen Bestand erhalten als auch die Zukunftsfähigkeit der bayerischen Industrie gestalten. Das ist kein Entweder-oder. Wenn wir die Beschlüsse von Paris umsetzen wollen, können wir nicht ausschließlich das eine oder das andere machen. Wir müssen die Mobilitätsindustrie und damit die Mobilität unserer Bürgerinnen und Bürger in die kommenden Jahrzehnte tragen.
Die Erhaltung der Mobilität ist die zentrale Herausforderung. In diesem Zusammenhang geht es nicht um die Frage: Verbrenner – ja oder nein? Ich plädiere auch dafür, dieser Motorentechnologie eine lange Übergangszeit zu geben. Im Zentrum steht jedoch die Umsetzung der Beschlüsse von Paris. Ministerin Ulrike Scharf hat durchaus die richtigen Worte gesprochen.
Wir sollten nicht sklavisch sagen, dass ab dem Jahr 2030 überhaupt nichts mehr geht. Die CSU-Fraktion lehnt ein Verbot von Verbrennungsmotoren ab. Was ist mit einem emissionsfreien Verbrennungsmotor? Was ist mit einem E-Gas-Mobil, das von Powerto-Gas profitiert? Erneut stellt sich die zentrale Frage: Woher kommt der Strom? Die Primärenergie ist entscheidend. Liebe Frau Wirtschaftsministerin Aigner, weder unsere Netze noch unsere Kraftwerke sind dazu in der Lage, diese Energie bereitzustellen. Das können wir nicht stemmen. Für die vollständige Umstellung des Verkehrs auf Elektromobilität wären acht zusätzliche Atomkraftwerke in ganz Deutschland erforderlich, davon zwei in Bayern. Das wollen wir nicht. Wir müssen bis zum Jahr 2022 – das sind die Zahlen von Ministerin Ilse Aigner – 50 % der Stromproduktion substituieren. Die CSU-Fraktion muss zugeben, dass wir diesen Strom zukaufen werden. Die Leitungen, um sauberen Windkraftstrom von Nord nach Süd zu transportieren, habt ihr sabotiert. Diese Voraussetzung müssen wir schaffen.
Wir müssen nach Temelín gehen und uns bei den Tschechen lieb Kind machen, damit wir überhaupt noch Strom bekommen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir verweigern uns nicht der Investitionssicherheit. Die Automobilindustrie und ihre Beschäftigten brauchen sie. Sie brauchen auch ein Arbeitnehmerweiterbildungsgesetz, um sich auf Digitalisierung und Elektromobilität vorzubereiten.
Zu dem Ehrgeiz, lieber Kollege Markus Blume, den du als Retter der bayerischen Automobilindustrie an den Tag legst, sage ich: Ich bin froh, dass BMW bisher frei von jeglichem Verdacht ist und dass VW jetzt mehr Realitätssinn an den Tag legt. Dort sagt man jetzt freiwillig: Wir trimmen unsere CO2-Verbräuche nicht mehr nach unten, sondern wir senken sie in der Realität und geben das realitätsnah wieder.
Bei euch wie auch bei den GRÜNEN vermisse ich einen Hinweis auf Stickoxid. Da gilt genau das Gleiche. Wir müssen beim Feinstaub etwas tun. Wir haben Probleme in Stuttgart und auch hier in München. Es ist doch aberwitzig, wenn ihr euch hier zum Retter aufschwingt, ohne die grundlegenden Gesundheitsprobleme ins Auge zu fassen. Die CSU legt keinen Ehrgeiz an den Tag, Grenzwerte einzuhalten und den Wachstumspfad der bayerischen Automobilindustrie zu begleiten. Die GRÜNEN sagen, sie wollen ab sofort die blaue Plakette. Das ist aberwitzig und unsozial und würde Millionen von Menschen enteignen.
(Vom Redner nicht autori- siert) Mein Redezeitkontingent ist aufgebraucht? – Dann sage ich, wie wir abstimmen werden: Wir lehnen den Dringlichkeitsantrag der CSU ab, und beim Dringlichkeitsantrag der GRÜNEN werden wir uns enthalten.
Danke schön. – Damit kommen wir zum Wortbeitrag des Kollegen Ganserer für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Bitte.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich würde euch gerne auf eine gedankliche Reise mitnehmen. Beginnen wir in Fischerdorf, wo am 4. Juni 2013 der Isardeich gebrochen ist. Das war bereits die vierte Jahrhundertflut, die innerhalb von vierzehn Jahren über Bayern hinweggeschwappt ist. Damals galt sie als die teuerste Naturkatastrophe in der Geschichte Deutschlands.
Die Reise geht weiter quer durch Bayern. Im letzten Jahr 2015 haben unsere bayerischen Landwirte, Bauern und Waldbesitzer bereits die zweite Jahrhundertdürre in diesem Jahrhundert erleiden müssen; diese Dürre hat allein in den bayerischen Wäldern einen wirtschaftlichen Schaden von einer halben Milliarde Euro verursacht, wie die grobe Abschätzung ergeben hat, die der bayerische Landwirtschaftsminister in Auftrag gegeben hatte. Ich wage, zu prognostizieren, dass der Schaden sich als sogar noch größer erweist, wenn man heuer die Waldinventur anschaut, Stichwort Borkenkäfer etc.
Die lokalen Sturzflutereignisse dieses Jahres sind Ihnen noch gut in Erinnerung. Die Reise endet im Jahr 2050. Um Schlimmeres zu verhindern, müssen wir bis dahin unsere CO2-Emissionen um 80 bis 95 % reduzieren. Derzeit gehen aber 40 % der energiebedingten CO2-Emissionen in Bayern auf den Verkehr zurück. Deswegen wird kein Weg an einem möglichst schnellen und vollständigen Umstieg auf abgasfreie Fahrzeuge vorbeiführen. Wir müssen der Automobilindustrie klar sagen, wohin die Reise geht, und ihr den Weg aufzeigen. Wir brauchen einen Routenplan mit einem klaren Zwischenziel, der weiteren Reduktion der Obergrenze an CO2-Emissionen bis 2025. Wir brauchen auch ein klares Ausstiegsdatum für die Verbrennertechnologie.
Sehr geehrter Kollege Blume, Ihr Antrag offenbart: Sie wollen sich nicht bewegen. Wer sich nicht bewegt, der bleibt stehen, und wer stehen bleibt, der bleibt irgendwann zurück. Genau damit gefährden Sie die Zukunft des Automobilstandorts Bayern.
Wir wollen Kaufanreize schaffen, die für die öffentliche Hand aufkommensneutral sind. Die jährlich anfallende Kfz-Steuer ist bei der Kaufentscheidung für ein neues Auto nicht relevant. In Norwegen und in den Niederlanden gibt es Erstzulassungssteuern. Sie werden bei der Erstzulassung fällig und machen teilweise 50 % des Kaufpreises aus. Emissionsfreie Fahrzeuge sind von der Steuer ausgenommen; das macht einen Preisunterschied von mehreren Tausend Euro. Deswegen fordern wir, die Kfz-Steuer in Deutschland in eine CO2-abhängige Kfz-Zulassungssteuer umzuwandeln, die emissionsfreie Fahrzeuge steuerfrei stellt.
Verbrennungsmotoren verursachen aber nicht nur den Klimakiller CO2, sondern sie stoßen auch für den Menschen giftige Abgase aus. Meine sehr geehrten Damen und Herren Kolleginnen und Kollegen von der CSU, Sie verstoßen seit Jahren gegen europäisches
Recht, weil Sie die Grenzwerte, die seit 2010 für Luftschadstoffe gelten, nicht einhalten können. Sie verlieren seit Jahren einen Prozess nach dem anderen, und mittlerweile hat deswegen auch die EU-Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eingeleitet. Giftige Luftschadstoffe verursachen in Deutschland bis zu 10.000 vorzeitige Todesfälle, über die wir nicht hinwegsehen dürfen. Deswegen brauchen wir so schnell wie möglich eine Rechtsgrundlage für die blaue Plakette.
Auch das vermisse ich bei Ihnen: Wir werden nicht alle Verkehrsprobleme unter der Motorhaube lösen. Deshalb brauchen wir schnellstmöglich eine Verkehrswende. Wir müssen alternative und umweltfreundliche Verkehrsträger stärken. Fangen Sie am besten bei der Debatte über den Doppelhaushalt damit an; beenden Sie Ihre Straßenbauorgie, und schichten Sie das Geld zur Förderung von umweltfreundlicher Mobilität und zum weiteren Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs um.