Protokoll der Sitzung vom 18.10.2016

Und Sie haben weder die Anträge dazu, die wir in diesem Haus gestellt haben, gelesen noch uns zugehört, sondern sie abgelehnt. Meine Frage in einer ähnlichen Konstellation an Sie war, was Ihr Konzept war. Ihre Antwort war: "Ich hab das im Kopf, aber ich sage Ihnen das jetzt nicht." Das war Ihr Beitrag zur Qualität des Länderfinanzausgleichs der Zukunft; nur, um mal die Verhältnisse klarzustellen.

Wir haben hier etwas erreicht. Ich glaube, der Herr Ministerpräsident hat ein paar Dinge deutlich gemacht. Es ist aber erst erreicht worden, als Bayern und die CSU bereit waren, mit den anderen Bundesländern vernünftig zu reden und deren Belange auch zu würdigen, eine Gesamtschau aller drei Elemente des Länderfinanzausgleichs anzustellen. Die CSU hat sich bisher immer nur auf die dritte Stufe des Länderfinanzausgleichs bezogen; dabei gehört doch alles zusammen, weil das eben die Gesamtsumme des Länderfinanzausgleichs darstellt. Dann kam das Argument: Da sind doch die neuen Bundesländer, die Ostländer. – Herr Ministerpräsident, Sie nicken zustimmend. Bisher gab es das in dieser Debatte nicht; vielmehr haben Sie immer mit dem Finger auf Berlin gezeigt; jetzt haben wir das Ergebnis, dass Berlin mehr entlastet wird als Bayern. Natürlich, weil die Ostkonstellation – Berlin, Sachsen und andere Bundesländer – einfach so ist, wie sie ist. Die haben Sie bisher immer negiert; in den Verhandlungen haben Sie sie dann akzeptiert. Letztlich ist der Kompromiss zustande gekommen, weil Bayern endlich bereit war, auch die berechtigten Belange der anderen Bundesländer zu akzeptieren, und gesagt hat: Der Bund muss seinen Beitrag leisten, damit – –

Herr Kollege, Ihre Redezeit ist zu Ende.

Und last, not least: Wir sprechen uns in 15 Jahren wieder;

(Zurufe von der CSU – Dr. Florian Herrmann (CSU): Redezeit!)

denn damals war das Argument das gleiche.

Herr Kollege, Sie haben Ihre Zeit überschritten.

(Das Mikrofon wird abgeschaltet – Volkmar Halb- leib (SPD): Und das Entsprechende wird es auch in der Zukunft wieder geben. – Beifall bei der SPD)

Herr Kollege Kreuzer, Sie haben das Wort.

Herr Kollege Halbleib, nach 2001, also zu dem Zeitpunkt, als dies ausgehandelt worden ist und als Faltlhauser dies gesagt hat, war es auch noch in Ordnung. Aber anschließend hat es sich auseinanderentwickelt, und dann musste man eben handeln.

(Volkmar Halbleib (SPD): Das ist Ihre Darstellung. Lesen Sie erst mal nach!)

Da habe ich von Ihnen nie große Unterstützung bekommen.

(Beifall bei der CSU – Volkmar Halbleib (SPD): Wenn Sie nicht lesen können! Lesen Sie die Anträge nach; Sie haben sie abgelehnt!)

Und insofern sage ich: Man muss immer zu der entsprechenden Zeit an die Dinge herangehen.

(Volkmar Halbleib (SPD): Aha, jetzt plötzlich!)

2001 war ein Fortschritt erreicht, aber der ist eben inzwischen überkompensiert worden.

(Volkmar Halbleib (SPD): Ende der 2000er-Jahre war das!)

Nie hat es daran gelegen, dass der Freistaat Bayern nicht verhandeln hätte wollen, dass er nicht gesprächsbereit gewesen wäre. Ich sage Ihnen noch mal: Es gab viele Länder, die – das ist auch verständlich – von dem jetzigen Länderfinanzausgleich massiv profitieren und keinen Gesprächsbedarf gesehen haben. Warum sollte Berlin Gesprächsbedarf sehen, um die Länderfinanzen anders zu verteilen?

(Volkmar Halbleib (SPD): Die werden jetzt doch mehr entlastet!)

Nur durch diese Klage ist Bewegung in die Angelegenheit gekommen. Selbstverständlich haben wir zunächst einmal unsere Interessen vertreten, weil wir den anderen zutrauen, dass sie ihre Interessen selber vertreten. Ich gehe doch nicht in Verhandlungen und vertrete in erster Linie die Interessen ostdeutscher Länder oder die Interessen von Ländern wie Nordrhein-Westfalen.

(Volkmar Halbleib (SPD): Berlin ist doch besser rausgekommen als Bayern!)

Dass man in den Verhandlungen natürlich zu einem Ausgleich der Interessen und zu einer Einigung kommt, ist selbstverständlich. Sie würden bei Verhandlungen anscheinend sagen: Wir haben in Bayern ein paar kleine Interessen, aber jetzt reden wir erst einmal über die Interessen aller anderen Länder.

(Volkmar Halbleib (SPD): Berlin ist doch besser rausgekommen!)

So führt man nicht Verhandlungen, meine Damen und Herren,

(Beifall bei der CSU)

sondern man muss schon auch die Interessen der eigenen Bürger im Blick haben. Dann kommt es am Ende zu einer Einigung, mit der allen geholfen ist. – Allein diese Nervosität in der ersten Reihe! Schauen Sie doch, wie ruhig wir bei der Rede von Herrn Rinderspacher geblieben sind!

(Hans Herold (CSU): Genau! – Volkmar Halbleib (SPD): Wir waren die Ersten; da haben Sie noch unsere Anträge abgelehnt!)

Das waren ungefährliche Äußerungen. Und Sie regen sich dermaßen auf; ich glaube nicht, dass das angemessen ist. Schonen Sie lieber Ihr Nervenkostüm.

(Beifall bei der CSU)

Danke schön, Herr Kollege. – Als Nächster hat der Kollege Pohl von den FREIEN WÄHLERN das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.

Herr Präsident, Herr Ministerpräsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Frau Präsidentin Stamm, auch von unserer Fraktion herzlichen Glückwunsch zu beeindruckenden 40 Jahren in diesem Parlament. Bei 40 Jahren denkt man normalerweise an fernöstliche Diktatoren; Sie aber, Frau Stamm, haben nun 40 Jahre im Parlament hinter sich, getragen von einer großen Mehrheit der Bevölkerung. Da kann man nur den Hut ziehen und Respekt zollen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und Abge- ordneten der SPD)

"Die Arbeit und die Politik der Staatsregierung der letzten Jahre haben sich als erfolgreich erwiesen. …

(Beifall bei der CSU)

Wir sind jetzt genau dort gelandet, wo wir hin wollten, nämlich bei mehr Wettbewerbsföderalismus."

(Volkmar Halbleib (SPD): Stimmt doch nicht!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, an dieser Stelle stand "Beifall" im Protokoll; ich zitiere nämlich gerade aus der Rede von Ministerpräsident Edmund Stoiber vom 26. Juni 2001. Geschichte wiederholt sich.

(Markus Rinderspacher (SPD): Herr Pohl, ich war der Einzige, der das verstanden hat!)

Der zweite Beifall wird in diesem Protokoll leider fehlen. Im Übrigen hat die SPD-Fraktion damals die ebenfalls von der Bayerischen Staatsregierung im Jahr 1997 auf den Weg gebrachte Klage gegen den Länderfinanzausgleich gemeinsam mit Hessen – damals war Baden-Württemberg noch im Boot – als Irrweg bekämpft. Der einzige Unterschied, Herr Ministerpräsident, ist: Die damalige Staatsregierung hat die Klage durchgezogen und zum großen Teil gewonnen.

(Volkmar Halbleib (SPD): Noch so ein Sieg, und wir sind verloren!)

Sie werden die Klage leider zurückziehen, und jetzt komme ich zu der Bewertung des Ergebnisses, das Sie geliefert haben. Ja, Sie haben mich zitiert und gesagt, eine Milliarde wäre eine ordentliche Sache. Damit haben Sie nicht die Kommunalmilliarde gemeint, die ebenfalls eine wichtige und ordentliche Sache wäre. Sie haben aber eine kleine Differenzierung übersehen: Ich sprach nicht von der künftigen Regelung der Bund-Länder-Beziehungen, sondern ich habe vom Ergebnis der Klage gesprochen. Und da wäre es in der Tat ein erfreuliches Ergebnis gewesen, wenn wir rückwirkend und bis 2019 um eine Milliarde entlastet worden wären. Ich habe vom bestehenden Vertrag gesprochen, nicht von der Zukunft.

Herr Ministerpräsident, Sie haben gesagt: Man kann nicht mit dem Kopf durch den Bundesrat. – Nachdem ich in meinem politischen Leben noch nie aktiv im Bundesrat war, kann ich das nicht beurteilen. Aber ich lege die Messlatte an Ihr Handeln an, die Ihre eigene Partei und Ihr eigener Finanzminister anlegen. Wenn ich das tue, bin ich fair; normalerweise müsste die Opposition noch einen drauflegen. Aber ich bin fair und orientiere mich an dem, was Staatsminister Söder gesagt hat. Der Herr Kollege Rinderspacher hat ihn zitiert: Wir zahlen doppelt so viel, wie eigentlich erforderlich und gerecht wäre. – Ich habe das übrigens in meiner Haushaltsrede letzte Woche auch genau so zitiert. Auch ich bin der Meinung: Wir sind 100 % über dem, was Bayern eigentlich fairerweise leisten müsste.

Und wenn der Finanzminister sagt, 2,7 Milliarden Euro zahlen wir zu viel, dann sind Sie genau 50 % unter seinen Erwartungen geblieben. 50 % ist gerade

noch ausreichend am Rande zu mangelhaft, wenn ich hier mal mit der Leidenschaft und in der Diktion eines Schulpolitikers sprechen darf, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Es ist die Messlatte, die Sie selber angelegt haben. Im Übrigen: Wenn man eine Klage erhebt und behauptet, dass die Geschäftsgrundlage für den Länderfinanzausgleich entfallen ist, muss man sich zumindest daran messen lassen, was die Rechtsprechung für einen Wegfall der Geschäftsgrundlage vorsieht. Da gibt es keine allgemeingültigen Prozentzahlen, aber ungefähr bei einem Verhältnis von zwei Dritteln zu einem Drittel, also wenn man ein Drittel zu viel leisten muss, kann man von einer Äquivalenzstörung sprechen. Ich gehe von einem Drittel aus: 5,4 Milliarden durch drei, also 1,8 Milliarden, wären erforderlich gewesen, um von einem Erfolg der Klage zu sprechen. Wenn Sie nur das herausverhandeln, was dazu führt, dass der Länderfinanzausgleich nach Ihren Worten und in Ihrer Vorstellung verfassungsmäßig ist, dann haben Sie nicht viel erreicht. Und deswegen meine ich – und das hatte ich vorhin angedeutet –: Zwei Milliarden wären die Messlatte gewesen, an der Sie sich hätten messen lassen müssen. Dann hätten wir Sie gelobt und gesagt: Ja, das war erfolgreich.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN – Alfred Sau- ter (CSU): Und, was hätte das geholfen?)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich sage nochmals: Diese zwei Milliarden Euro wären eine substanzielle Entlastung für unseren bayerischen Haushalt. Wir, die Fraktion der FREIEN WÄHLER, haben Ihre Klage vor dem Bundesverfassungsgericht unterstützt.

Wir haben mit Ihnen diese Klage für sinnvoll gehalten. Was aber ist das Ergebnis dieser Klage? – Sie wird zurückgezogen. Bis 2019 bleibt alles so, wie es ist.

(Lachen des Abgeordneten Markus Rinders- pacher (SPD))

Herr Kollege Kreuzer, Sie sagen, vor Gericht und auf hoher See ist man in Gottes Hand. Das mag sein, schlechter hätte das Urteil des Bundesverfassungsgerichts allerdings definitiv nicht ausfallen können.