Protokoll der Sitzung vom 22.11.2016

prinzip, deshalb auch unsere Zustimmung zum SPDAntrag.

Gestatten Sie mir, nachdem Herr Kollege Nussel eine Zwischenfrage gestellt und Herr Kollege Herz darauf abgehoben hat, festzustellen, dass hier ganz klar der Hauptverursacher festgemacht werden kann. Das ist leider Gottes nun mal der Stickstoff aus der Landwirtschaft, sei es per Handelsdünger oder Gülle. Das spielt letztendlich keine Rolle. Dieser Stickstoff stammt von dorther.

Ich habe die Zahlen auswendig im Kopf. Das Umweltbundesamt veröffentlicht regelmäßig die Statistik zum Stickoxid-Ausstoß in der Bundesrepublik Deutschland. Der Stickoxid-Ausstoß aus anderen Quellen – Industrie, Heizung, Automobil – liegt bei 1,5 bis 1,6 Millionen Tonnen. Dieser aktuelle Wert ist viel zu hoch; darüber brauchen wir uns überhaupt nicht zu unterhalten. Der Wert ist vor allem deshalb so hoch, weil Ihr Bundesverkehrsminister Dobrindt in den letzten Jahren bei den Stickoxiden kläglich versagt hat. Das sollten Sie nämlich dazusagen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Auch beim Diesel-Skandal hat das Bundesverkehrsministerium versagt und versagt heute noch. Da wäre wegen des Grundwassers, aber wesentlich mehr noch wegen der Luftreinhaltung in den Städten dringender Handlungsbedarf angesagt. Wenn Sie sich anschauen, wie viel Handelsdünger in Deutschland ausgebracht wird und dass 1,5 bis 1,6 Millionen Tonnen Stickoxid ausgestoßen werden, werden Sie feststellen, dass in der Relation Welten dazwischen liegen.

Wir sollten dies nicht vernachlässigen, dürfen aber auch nicht auf einen Nebenkriegsschauplatz ausweichen und sagen, das sind die Autos oder die undichten Kanalisationen. Nein, wir brauchen in Bayern und Deutschland eine andere Landwirtschaftspolitik. Wir brauchen hier eine deutliche Wende. Diese Wende sollte nach Möglichkeit mit den Landwirten passieren. Wenn dies nicht möglich ist, müssen wir über ordnungspolitische Maßnahmen reden. Ich verstehe nicht, dass wir in manchen Bereichen derartige Probleme haben, wenn man das Wort "Ordnung" in den Mund nimmt. Woanders hat man mit dem Begriff "Ordnung" kein Problem – oder, Herr Minister Herrmann?

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir brauchen, wie gesagt, eine ganz deutliche Änderung. Die Einzugsgebiete müssen in Bezug auf den Stickstoffausstoß saniert werden. Wir brauchen eine wirklich wirksame Düngeverordnung auf Bundesebene, sodass der Ausstoß entsprechend eingeschränkt

wird, damit die Werte endlich gesenkt werden; denn das ist dringend notwendig. Wir brauchen eine wesentlich umfassendere Förderung des Ökolandbaus; denn diese Form der Bewirtschaftung bedeutet, dass von dort keine Stickstoff-Probleme ausgehen. Mit diesen Maßnahmen können wir das Problem in den Griff bekommen.

Ich verweise auf unseren Antrag von vor fast 14 Tagen, wobei wir ein umfassendes Antragsbündel zusammengestellt haben. Die Forderungen liegen klar auf dem Tisch. Sie müssen ihnen nur folgen. Deshalb noch einmal meine Bitte auch in Richtung CSU und FREIE WÄHLER: Stimmen Sie dem SPD-Antrag zu. Er geht in die richtige Richtung.

(Beifall bei den GRÜNEN und Abgeordneten der SPD)

Danke schön. – Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Damit ist die Aussprache geschlossen. Wir kommen jetzt zur Abstimmung. Der federführende Ausschuss für Umwelt und Verbraucherschutz empfiehlt die Ablehnung des Antrags. Wer entgegen dem Ausschussvotum dem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um sein Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Gegenstimmen! – Das sind die Fraktionen der CSU und der FREIEN WÄHLER. Stimmenthaltungen? – Keine. Damit ist der Antrag abgelehnt.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 16 auf:

Antrag der Abgeordneten Bernhard Roos, Annette Karl, Natascha Kohnen u. a. (SPD) Förderung von erdgasangetriebenen Bussen im ÖPNV (Drs. 17/11922)

Ich eröffne die Aussprache und weise darauf hin, dass die Redezeit für die Fraktionen insgesamt 24 Minuten beträgt. Erster Redner ist Herr Kollege Roos.

Verehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich werde versuchen, ein bisschen an Zeit einzubringen.

Die Förderung von erdgasangetriebenen Bussen ist ein dringendes Anliegen meiner Fraktion. Wir stellen deren Ausstoß immer dem Ausstoß eines Dieselmotors und der damit verbundenen Umweltbelastung gegenüber. Busse mit Erdgasantrieb oder im besten Falle mit Biogasantrieb haben einen sehr geringen Ausstoß und schonen die Umwelt dramatisch. Schon bei CO2 hat man etwa 17 % weniger, bei NOX wäre es noch deutlich weniger Ausstoß. Genauso wäre es bei der Feinstaubbelastung. Gerade in den Metropolräumen und Großstädten wäre dies ein wesentlicher

Ansatz für eine notwendige Verbesserung. Ohne Moos nichts los, ohne Förderung kein Umsteuern. Das kennen wir aus mehreren Aspekten. Wenn wir jetzt schon zum Beispiel die Elektromobilität, etwa EAutomobile, fördern und hierfür Ankaufsprämien zahlen, dann sollten wir unsere kommunalen Freunde genauso einbeziehen – und zwar deutlich –; denn das betrifft in der Regel Kommunen.

Es geht hier nicht nur um den einzelnen Bus, der stärker gefördert werden muss, weil er von den Ankaufskosten her teurer ist als ein Dieselbus, die in größeren Stückzahlen und mit weitaus höheren Skaleneffekten vom Band laufen. Es geht vielmehr darum, dass wir die Kommunen in die Lage versetzen, die Infrastruktur mit Tanks für Erdgas auszubauen sowie im besten Falle wiederum durch Power-to-Gas, etwa mit Windrädern oder Photovoltaikanlagen, selbst künstliches Erdgas herzustellen. Ein solches Verfahren wäre ein Königsweg, wenn auch, wie ich eingestehe, nicht auf Dauer; denn wir müssen von den fossilen Brennstoffen generell wegkommen. Aber den Zeitraum, bis wir in der Tat eine rein elektrische Mobilität haben werden, setzen sowohl die Industrie als auch die Politik als noch sehr lange an. Es sind sicher noch etwa zwei Jahrzehnte, die wir unbedingt brauchen, bis das Ganze marktfähig und die Infrastruktur umgewandelt ist. Das geht nicht von heute auf morgen.

Natürlich könnte man sagen: Der Roos macht sich hier zum Lobbyisten eines Erdgasverbandes. Aber das tue ich sehr gerne. Davon bin ich überzeugt. Wir haben im Moment nicht die Kapazitäten, um generell auf Elektromobilität umzustellen. Wir bräuchten bundesweit entweder etwa acht zusätzliche Atomkraftwerke, was wir nicht wollen, oder hochleistungsfähige Gas-Dampf-Kraftwerke, was wir auch nicht wollen, weil das wiederum nur für eine Zeit des Übergangs wäre.

(Lachen des Abgeordneten Hans Ritt (CSU))

Kollege Hans Ritt, so wie ich dein Mienenspiel einschätze, stimmst du mir in dieser Frage zu.

(Eberhard Rotter (CSU): So kann man sich täuschen!)

So kann man sich täuschen. Eberhard, du lachst auch. Das werte ich als Zustimmung.

(Allgemeine Heiterkeit)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich will es kurz machen. Der Antrag wurde im Ausschuss schon negativ verbeschieden. Aber das Thema ist mir so wichtig, dass ich es hochgezogen habe, um das Hohe Haus in Gänze mit dem Sachverhalt vertraut zu machen und

dafür zu werben, dass man neue Wege geht. Ein neuer Weg wäre, die Infrastruktur von Diesel auf Erdgas umzustellen.

(Beifall bei der SPD)

Danke schön. – Nächster Redner ist der Kollege Rotter.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Geschätzter Herr Kollege Roos, ich habe im Ausschuss den Verdacht auf Lobbyismus geäußert, da Sie einen vergleichbaren Antrag zum wiederholten Male stellen. Wir mussten ihn jeweils ablehnen. Ich muss jetzt nicht weinen, weil ich diesen Antrag ablehne. Ich verstehe das Anliegen durchaus. Allerdings ist dieser Antrag terminlich gar nicht mehr zu erfüllen; denn Sie wollen, dass die Staatsregierung bereits im Entwurf für den Doppelhaushalt 2017/18 Mittel für eine zusätzliche Förderung von erdgasbetriebenen Bussen vorsieht. Der Entwurf ist schon lange durch.

(Bernhard Roos (SPD): "Entwurf" können wir streichen!)

Auch im Haushaltsausschuss ist der entsprechende Einzelplan bereits verabschiedet worden. Ich weiß nicht, ob Sie dort einen vergleichbaren Antrag gestellt haben, aber wenn, dann wäre er dort wohl auch abgelehnt worden.

(Volkmar Halbleib (SPD): Das ändern wir gern, wenn Sie zustimmen, Herr Kollege!)

Im Übrigen ist aus diesem Antrag nicht ersichtlich – auch das habe ich bereits im Ausschuss gesagt –, wie Sie zu dieser Senkung des CO2-Ausstoßes um 17 % kommen. Sie haben es heute wieder nicht gesagt. Fachleute haben mir erklärt, dass ein Dieselbus der Stufe EURO VI nur vergleichbar so viel CO2 ausstößt wie ein dieselbetriebener PKW. Daran sieht man, dass bereits mit entsprechenden Dieselbussen eine sehr hohe CO2-Einsparung erreicht werden kann, wenn die Busse voll besetzt sind, was wir uns natürlich alle wünschen, also dass das seitens der Fahrgäste angenommen wird.

Die Anschaffung von Erdgasbussen wird vom Freistaat Bayern aktuell im Rahmen der Busförderung bereits mit einer Technologiekomponente in einer Höhe von 10.000 Euro gefördert. Diese zusätzliche Komponente gilt im Übrigen auch für Wasserstoffantriebe, für hybridangetriebene Busse und für E-Busse. Dieses Förderprogramm steht sowohl kommunalen wie privaten Verkehrsunternehmen offen. Infolge dieser seit 1999, also seit immerhin 17 Jahren, bestehenden Fördermöglichkeit sind nach Stand 01.01.2016 aktuell

453 Linienomnibusse erdgasbetrieben. Das entspricht 4 % aller in Bayern betriebenen Linienomnibusse. Die Stadt Augsburg, immerhin die drittgrößte Stadt im Freistaat, setzt zu 100 % erdgasbetriebene Busse ein. Die Stadt Nürnberg, die zweitgrößte Stadt, setzt zu immerhin 50 % erdgasbetriebene Busse ein. Die seit nahezu unvordenklichen Zeiten SPD-regierte Großstadt München, im Übrigen die Landeshauptstadt, Herr Kollege, verwendet null erdgasbetriebene Busse. Vielleicht haben Sie nachgefragt, warum das so ist.

(Beifall bei der CSU)

Es kann sicherlich nicht daran liegen, dass sie nur mit 10.000 Euro zusätzlich gefördert werden; denn, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir müssen natürlich berücksichtigen, wie wir eine höhere Förderung rechtfertigen können. Es ist nun einmal so, dass die Mehrkosten für einen erdgasbetriebenen 12-MeterLinienomnibus durchschnittlich 30.000 bis 35.000 Euro betragen, ein Drittel davon wird bereits durch die bestehende Technologiekomponente durch den Freistaat finanziert. Auch ohne weitere Förderung amortisieren sich die Mehrkosten für den Erdgasantrieb innerhalb der förderrechtlichen Bindungsfrist von acht Jahren.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich glaube, daraus wird deutlich, warum wir diesen Antrag mit bestem Gewissen ebenso wie in den Ausschüssen – federführend war der Wirtschaftsausschuss, mitberatend war der Haushaltsausschuss – ablehnen werden.

Danke schön. – Nächster Redner ist der Kollege Kraus.

Wertes Präsidium, Kolleginnen und Kollegen! Wie war der letzte Satz? – "Mit gutem Gewissen diesen Antrag ablehnen". – Es ist keine Hellseherei zu sagen, dass dieser Antrag abgelehnt werden wird. Das hat sich zumindest so angehört. Aber ich bezweifle, ob dabei alle ein gutes Gewissen haben.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Wer kennt diese Situation nicht? Man steht am Straßenrand, meistens in einer Großstadt, und ein Bus fährt vorbei. Was für ein Gefühl hat man dann? – Man riecht Dieselruß, und man sieht sogar die Dieselfahne. Man riecht, schmeckt und sieht das. Diese Vorstellung sollte doch irgendwann einmal der Vergangenheit angehören. Wir wollen eine Förderung des öffentlichen Personennahverkehrs; aber sie sollte auch für die Umwelt in Ordnung sein. Seit Kurzem sprechen wir über die Blaue Plakette. Das ist schon eine Zeit her; aber irgendwie schwebt die Blaue Umweltplakette noch über unseren Köpfen. Wir wissen

es: Die Feinstaubbelastung in den meisten Großstädten ist leider relativ oft relativ hoch, überschreitet also die Grenzwerte. Jetzt hätten wir noch die Chance, freiwillig etwas zu regeln, weil ich befürchte, dass uns die Gerichte diese Entscheidung früher oder später abnehmen werden, das heißt, dass wir von den Gerichten Entscheidungen aufgedrängt bekommen. Wir müssen ganz schnell aktiv handeln.

Jeder von uns weiß, dass viele Dieselfahrzeuge unterwegs sind. Bei Baumaschinen usw. wird man nichts machen können. Aber auch Diesel-PKW sind bei den privaten Kunden sehr beliebt. Selbst die Fahrzeuge mit grünen Plaketten werden aus den Innenstädten und aus den Umweltzonen verbannt. Das kann nicht unser Ziel sein. Viele Pendler, Handwerker, Gewerbetreibende oder Leute, die in die Innenstadt müssen, weil sie dort liefern oder arbeiten müssen, sind darauf angewiesen. Deswegen muss der Staat dort mit gutem Beispiel vorangehen, wo er Einfluss nehmen kann. Gerade bei den Linienbussen wäre es möglich, mit dem beantragten Förderprogramm einen leichten, aber doch wegweisenden Einfluss zu nehmen. Daher wäre es gut, den Antrag zu unterstützen. Es geht nicht nur um die Feinstaub- und Stickoxidbelastung in den Städten, sondern auch die CO2-Emmissionen müssen mit Blick auf den Klimawandel deutlich reduziert werden. Wahrscheinlich war heute jeder von uns schon draußen auf einem der Balkone. Laut Kalender haben wir Ende November. Früher hätte man gesagt, diese Temperaturen entsprechen nicht Ende November, sondern Mitte September.

Aus unserer Sicht geht der SPD-Antrag in die richtige Richtung. Erdgasbetriebene Busse stoßen nun einmal deutlich weniger Feinstaub und Stickoxide aus als Dieselbusse, und zwar als selbst Dieselbusse der EURO-VI-Norm. Auch Hybridbusse sind angesprochen worden. Viele Landkreise verwenden solche Busse. Aber wir haben vom Vorredner gehört, dass schon ganze Städte ganz auf gasbetriebene Busse umgestellt haben. Warum ist das nicht auch für andere Städte möglich? – Ich möchte jetzt nicht darauf eingehen, was die Stadt München finanziell momentan macht oder was für eine Politik sie betreibt. Aber ich kann mir vorstellen, dass dieser finanzielle Anreiz für kleinere Städte durchaus interessant wäre und sie bei diesem Thema aktiv würden und mehr gasbetriebene Busse anschaffen würden. Wenn man die Busse mit Biogas betreiben könnte, wäre das die Vollendung, weil das eine super CO2-Bilanz ergäbe.

Um es kurz zu machen: Wir, die FREIEN WÄHLER, stimmen dem Antrag zu. Uns würde es sehr freuen, wenn dieser Antrag hier drinnen eine Mehrheit bekäme. Die Zahl der abstimmungsberechtigten Kolleginnen und Kollegen ist zwar überschaubar; aber ich ap

pelliere an diejenigen, die da sind. Es würde mich freuen, wenn der Antrag Erfolg hätte.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Danke schön. Bitte bleiben Sie am Rednerpult. Herr Kollege Rotter hat eine Zwischenbemerkung.

Herr Kollege Kraus, ich sehe Ihnen nach, dass Sie offensichtlich nicht wissen, was wir in den Ausschüssen, die diesen Antrag behandelt haben, dargelegt haben. Ich habe es vorhin übrigens auch gesagt; Sie haben wohl hier nicht zugehört. Es gibt bereits eine zusätzliche Förderung für erdgasbetriebene Busse. Die macht 10.000 Euro aus, also sprich ein Drittel der Mehrkosten, und innerhalb der acht Jahre, des üblichen Zeitraums, in denen diese Busse betriebsbedingt abgeschrieben werden, amortisiert sich das locker. Was Sie in Ihrem Redebeitrag also gefordert haben, das haben wir bereits. Ich würde es als sinnvoller ansehen – nachdem Sie zu Recht gefragt haben, warum andere Städte nicht dem Beispiel von Augsburg oder Nürnberg folgen –, dass Sie, nachdem sich die FREIEN WÄHLER doch immer als Partei der Kommunalpolitik sehen, in Ihren Stadtund Gemeinderäten sowie Kreistagen für die Anschaffung von erdgasbetriebenen Bussen plädieren und den Freistaat Bayern loben, weil er 10.000 Euro als zusätzliche Technologiekomponente gibt.