Ich bedauere das. Dabei spreche ich Sie an: Ich finde, Sie benehmen sich wie Schulbuben. Und das ist jetzt nicht sexistisch gemeint; ich weiß kein anderes Wort.
Nein. Überlegen Sie sich mal: Hier macht eine Dame ganz ernsthaft eine Zwischenbemerkung, und Sie sagen mehrfach: "Die Oberlehrerin, die Oberlehrerin!" Wenn das nicht sexistisch und anmaßend ist! Unmöglich!
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich sehe schon: Die Erwartungshaltung ist groß beim Kollegen Zellmeier. Ich finde, sie sollte groß sein, weil ich Sie mal loben muss. Es gibt in diesem Artikel einen Abschnitt von drei Zeilen Länge, bei dem man sagen muss: Vielleicht sind es die drei besten Zeilen dieses Gesetzentwurfs. Da steht: "Auf die interkulturelle und integrative Kompetenz soll im erforderlichen Umfang in der Ausund Fortbildung der Lehrkräfte besonderer Wert gelegt werden." – Ja, richtig. Wir haben immer schon interkulturelle Kompetenz in der Lehrerbildung gefordert, um die Lehrerinnen und Lehrer auf diese Aufgabe vorzubereiten. Da haben Sie mal etwas gelernt. Großartig!
Aber zum Rest des Artikels muss man sagen: Das ist ein Artikel, der in die Kategorie "Verpasste Chancen" gehört. Hier ist verpasst worden, ein Integrationsgesetz zum Thema Schule zu erstellen und zu formulieren, wo die Chancen sind, wo die Aufgaben sind und wie wir unser Schulsystem weiterentwickeln müssen, damit es tatsächlich ein integratives ist, ein Schulsys
tem, das die Kinder, die zu uns kommen, aufnimmt und angemessen fördert. Dazu ist in diesem Gesetzentwurf leider bis auf diesen einen Satz Fehlanzeige.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist interessant, dass Pflichtschulen erwähnt werden und dort Sonderklassen möglich sind, die es heute schon gibt. Ich weiß nicht, warum man das in das Gesetz reinschreiben muss. Hier wäre die Chance gewesen zu sagen: Integration ist Aufgabe nicht nur der Grund-, Mittelund Berufsschulen, die diese Aufgabe wirklich in großartiger Weise meistern, sondern aller Schularten. Das hätten Sie hier reinschreiben müssen. Das wäre etwas gewesen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, dann muss darüber gesprochen werden, dass wir unser Schulsystem auf Kinder mit nichtdeutscher Muttersprache und ganz unterschiedlichem sprachlichem Hintergrund vorbereiten müssen. Darauf sind unsere Schulen noch nicht vorbereitet. Wir brauchen die Strukturen. Wir brauchen Lehrkräfte für Deutsch als Zweitsprache. Wir brauchen Sprachbegleitung, weil wir, wenn wir schon beim Thema deutsche Sprache sind, alle gelernt haben, dass es nicht reicht, zu Anfang einen guten Unterricht zu machen, damit sich die Neuankömmlinge auf dem Schulhof gut auf Deutsch unterhalten können. Wir brauchen Sprachbegleitung über sechs, sieben, acht Jahre hinweg. Dafür brauchen wir Mittel. Das muss als Aufgabe der Schule definiert werden. Das fehlt in diesem Artikel. Das hätte hier reingeschrieben werden müssen. Da ist leider Fehlanzeige.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, in Absatz 1 wird auf den Erziehungsauftrag in der Verfassung und die in Artikel 1 genannten Integrationsziele verwiesen, wonach das Aufgabe der Schule sei. Damit sind wir, obwohl es hier nicht drinsteht, wieder beim Thema Leitkultur. In Artikel 1 sollen die Menschen auf die Leitkultur verpflichtet werden. Ich frage Sie: Was wollen Sie mit dem Thema Leitkultur in der Schule? – Alle Lehrerverbände haben sich ganz eindeutig dahin gehend geäußert, dass sie von dem Begriff der Leitkultur nichts halten. Deswegen hätten Sie das hier nicht reinschreiben sollen. Wenn Sie sich hier auf die Leitkultur berufen und das zur Aufgabe der Schule machen, dann bedeutet das Misstrauen gegenüber den Lehrerinnen und Lehrern, die an unseren Schulen in hervorragender Art und Weise Wertebildung vermitteln. Sie brauchen dazu keine Aufforderung durch ein solches Desintegrationsgesetz.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Wertebildung ist vor allem eine Sache zwischen Menschen. Sie ist Beziehungsarbeit. Sie hat vor allem damit zu tun, dass Leute eine Haltung haben, für diese Haltung stehen, Vorbild sind und dann damit arbeiten können. Das erreichen Sie nicht durch dieses Gesetz. Dieses Gesetz ist insgesamt von seiner Tonlage, Sprache, Ausrichtung her, von der Diskriminierung der Ausländerinnen und Ausländer her
ein Gesetz, das gegen diese Haltung ist. Wir brauchen Haltung, nicht dieses Gesetz; denn nur gemeinsam gewinnen wir.
Vielleicht darf ich darauf hinweisen: Wenn Sie unsere Reden verfolgen, dann werden Sie feststellen, dass wir am Ende immer sagen: Gemeinsam gewinnen wir. Das ist die Botschaft, die wir Ihnen heute vermitteln wollen. Ich denke, wir werden es bis heute Nacht noch schaffen, dass Sie das alle "fressen".
Dann ist es bei mir angekommen. – Jetzt hat der Kollege Scheuenstuhl Gelegenheit zu einer Zwischenbemerkung.
Herr Kollege Gehring, wir haben uns im Kommunal-, Innen- und Sportausschuss intensiv über die ganze Thematik der Finanzierung unterhalten. Sachaufwandsträger der Schulen und Kindergärten sind in der Regel Kommunen. Ich habe mich vorhin nicht zu Wort gemeldet, glaube aber, dass die Kommunen hier gefragt sind.
Nachdem wir jetzt von der CSU gehört haben, dass noch mehr Ressourcen verwendet werden müssen, gehe ich davon aus, dass sich das auf die baulichen Gegebenheiten bezieht bzw. auf die Ausstattung der Schulen und der Kindergärten sowie der Tagesbetreuungen. Ich stelle meine Frage an Sie: Meinen Sie, dass die vorhandenen Finanzmittel der Kommunen dafür ausreichen? – Sie haben dazu kein Wort gesagt. Deswegen spreche ich Sie jetzt einfach frisch,
fromm, fröhlich, frei an. Glauben Sie, dass man hier noch mehr tun müsste, um die Kommunen zu unterstützen, die Landkreise, die Gemeinden und Städte, damit wir hier nicht nur gute Lehrerinnen und Lehrer haben, sondern auch die entsprechende Ausstattung, damit man die Menschen auch transportieren kann? Das kommt noch dazu. Hier würde ich mir als Kommunalpolitiker wünschen, dass Sie etwas dazu sagen.
Vielen Dank, Herr Scheuenstuhl. Tatsächlich wird dieser Artikel 7 gar nicht der Tatsache gerecht, dass Schule bei uns eine Aufgabe zweier Ebenen ist, nämlich des Freistaates, der sich um die Lehrerinnen und Lehrer und die Bildungsinhalte kümmert, und der Kommunen, die sich um Gebäude und Schultransport kümmern. Tatsächlich haben wir momentan das Problem, dass es nun an wenigen Schulen die sogenannten InGym-Klassen gibt bzw. an Realschulen die Klassen für Jugendliche mit Migrationshintergrund oder für Flüchtlinge, aber in der Regel nicht die Schulbuskosten für diese Kinder übernommen werden. Das ist ein typisches Beispiel dafür, wie auf die neuen Gegebenheiten nicht eingegangen wird. Die Kommunen und Landkreise werden alleingelassen. Wir werden deswegen den Antrag einbringen, das Schulwegkostenfreiheitsgesetz so zu ändern, dass es auf die neuen Unterrichtsangebote anwendbar ist.
Es gelingt, Flüchtlinge an Gymnasien und Realschulen zu bringen, wo sie gefördert werden sollen. Aber die Schule ist natürlich oft nicht vor Ort. Wenn es dann nicht gelingt, die Fahrtkosten zu übernehmen, zeigt das, wie verantwortungslos der Freistaat gegenüber der kommunalen Ebene auftritt, indem er diese Aufgabe nicht erfüllt. Natürlich werden wir uns weiter um den Schulhausbau kümmern müssen. Wir werden demnächst im Landtag auf unseren Antrag hin einen Bericht bekommen. Da sind Hausaufgaben nicht gemacht. Ich sage generell: Schulhausbau wird zu 35 % vom Freistaat Bayern gefördert.
während der Straßenbau bis zu 90 % finanziert wird. Auch da gibt es ein großes Ungleichgewicht. – Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Danke schön, Herr Kollege Gehring. – Bevor ich dem Herrn Kollegen Pohl das Wort erteile, darf ich mir die Bemerkung erlauben, dass alle Fraktionen im Augenblick einen
sehr hohen Störfaktor gegenüber allen Rednerinnen und Rednern haben. Vielleicht könnte man sich wieder einmal mehr aufs Zuhören konzentrieren. Es ist erst drei viertel neun, meine Damen und Herren. Wir haben noch ein paar Stunden vor uns.
Lieber Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn man den Artikel 7 dieses Gesetzes liest, könnte man meinen, in Bayern herrschten Verhältnisse wie in Kreuzberg oder Neukölln. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CSU, was dort drinsteht, ist doch längst gelebte Realität in den Schulen. Darin steht, dass die Schulen die grundlegende Rechts- und Werteordnung der Verfassung vermitteln. Ja, was denn sonst? "Auf die interkulturelle und integrative Kompetenz soll... in der Aus- und Fortbildung der Lehrkräfte … Wert gelegt werden." – Sie stellen Ihrem Kultusminister völlig zu Unrecht ein denkbar schlechtes Zeugnis aus. Das passiert doch längst.
Ich war letzte Woche bei einer Einbürgerungsfeier von 52 Migranten, und Sie werden sich wundern: Da begegnete mir eine Brasilianerin, die in einer internationalen Anwaltskanzlei arbeitet. Ich würde sagen, der Prozentsatz an Akademikern unter diesen 52 Menschen ist durchaus repräsentativ in Bezug auf die Gesamtbevölkerung. Jeder von Ihnen weiß doch aus seinem Bekanntenkreis, dass gerade aus den Ländern Mitteleuropas, aber auch von weiter her, genügend Menschen mit guter Schulausbildung kommen.
Natürlich kann man immer mehr tun, aber dass Sie jetzt ausgerechnet in dem Integrationsgesetz mahnend den Zeigefinger heben und meinen, das Rad neu erfinden zu müssen, verstehe ich nicht. Auf diesen Artikel 7 hätte man eigentlich verzichten können. Wenn man ihn aber reinschreibt, dann sollte man ihn auch handwerklich gut machen. In Absatz 1 Satz 1 – liebe Kolleginnen und Kollegen, da muss ich mich schon sehr wundern – werden die Schulen dazu verpflichtet,
die Integrationsziele zu fördern. Gemäß Satz 2 sollen sie in diesem Zusammenhang auch die grundlegende Rechts- und Werteordnung der Verfassung vermitteln. Da meine ich, sind die Gewichte schon arg verschoben. Normalerweise müsste in Satz 1 das Bekenntnis zur Rechts- und Werteordnung des Grundgesetzes und der Bayerischen Verfassung kommen und meinetwegen in Satz 2 die Integrationsziele.
Der Begriff der Leitkultur ist für mich kein Schreckgespenst. Wenn Sie aber diesen Begriff zum Gegenstand der Unterrichtung in Schulen machen wollen, dann bitte in der Hierarchie unter der Rechts- und Verfassungsordnung. Ganz nebenbei: Ich denke auch nicht, dass Sie an den Unterrichtszielen aktuell so viel auszusetzen haben müssen; denn das, was Sie unter "Leitkultur" verstehen, ist doch zum großen Teil schon Bestandteil des derzeitigen Unterrichts. Sie haben den Religionsunterricht, das steht übrigens in der Bayerischen Verfassung. Das ist ein Teil dieser Leitkultur.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich verstehe nicht ganz, was Sie mit diesem Artikel 7 wollen. Es wirkt fast so, als sähen Sie Nachholbedarf im bayerischen Schulsystem. Ich sehe diesen in manchen Bereichen auch, aber bei dieser Pauschalkritik muss ich das Kultusministerium, die Schulen, die Lehrerinnen und Lehrer, die Eltern und die sonstigen am Unterricht beteiligten Personen deutlich in Schutz nehmen.