einen gefühlten Jahrtausendwechsel, weil die Experten sagen, der Jahrtausendwechsel ist erst Ende dieses Jahres.
Wenn wir jetzt nach einem ersten Jahrtausendgefühl suchen, so landen wir bei der Medienrevolution, das hat auch die SPD an ihrem einhundertsten Geburtstag in der Bürgerschaft durch Herrn Peter Glotz festgestellt. Diese Revolution löst vielerorts Euphorie aus, auch in Bremen, beflügelt den Senat bei seiner Antwort, die in einigen Punkten sehr gut ist, aber in einigen Punkten muss ich der Kritik von Herrn Jäger schon Recht geben.
Die Informationswirtschaft hat im vergangenen Jahr erstmals die Automobilindustrie hinsichtlich der Beschäftigungszahlen überholt, und dieser Trend soll sich noch in den nächsten Jahren weiter verstärken. Frau Hövelmann hat ganz richtig bemerkt, alles wird sich in dieser Gesellschaft verändern, die Arbeitsplatzgestaltung, das Zusammenleben, nur wir vielleicht nicht. Ich denke, auch wir werden uns verändern. Selbst die Bundespost hat heute allen Abgeordneten ein Brieflein ins Fach gesteckt, worin steht, dass Briefmarken demnächst per Internet zu kaufen sind. Also, ich denke, das ist ein weitreichendes Zeichen, wenn schon die Bundespost Briefmarken über das Internet verschickt.
Es gibt aber Leute, die doch lieber persönlich einen Brief öffnen. Ich sage nur, es ist ein Zeichen dafür, dass die Gesellschaft sich verändert.
Den Jugendlichen ist das schon heute völlig klar, dass sie ohne PC, ohne Internet nicht auskommen, dass es eine wesentliche Voraussetzung ist für ihren späteren, auch beruflichen Erfolg im Leben. Sie spielen viel am Computer, sie lernen, sie konsumieren, und sie kommunizieren per E-Mail. Die Gesellschaft ist im Umbruch, und dieser Übergang von der Industrie- zur Informationsgesellschaft nimmt nicht automatisch jeden mit. Wenn wir uns einmal ein Bild von einer Reise vorstellen: Wohin diese Reise geht, das ist wirklich nicht vorhersehbar, und wir müssen als Politik und Gesellschaft darauf achten, dass Geld keine Rolle spielt, das hat Frau Hövelmann gesagt, aber ich finde, Geschlecht und Vitamin B sollen auf dieser Reise auch keine Rolle spielen.
(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen — Abg. Frau W a n g e n h e i m [SPD]: Wie ist das denn gemeint?)
Die Vokabeln dieser Revolution heißen „Beschleunigung“ und „Entschleunigung“. Da knüpfe ich doch wieder an das hervorragende Referat, „ADSL“,
„HTML“, „www“ von Herrn Peter Glotz an. Manch einer hier im Raum schneidet schon heute schlecht ab bei diesem Vokabeltest, aber uns muss klar sein, dass unsere Kinder und Kindeskinder diesen Test exzellent bestehen müssen, weil das eine wesentliche Voraussetzung für die zukünftige Gesellschaft ist.
Wir werden ganz schnell spüren, wer nicht in die Bildung investiert, kann später die Rendite nicht einfahren. Zur Zukunftsfähigkeit der Bremer und Bremerhavener schulischen und außerschulischen Bildung gehört eine ausreichende Ausstattung mit neuen Medien, und von entscheidender Bedeutung ist auch die gute Ausstattung mit Lern-Software mit einem ganz hohen fachlichen und didaktischen Standard.
1996 ist eine bundesweite Initiative gestartet, Schulen ans Netz, die heute bereits 12.500 Schulen ans Netz gebracht hat. Das Ziel dieser Initiative ist, im Jahr 2001 40.000 Schulen insgesamt in der Bundesrepublik ans Netz zu bringen. Ich bin wirklich begeistert gewesen bei der Antwort von Herrn Lemke, weil er hier toppt und sagt, bis Ende 2000 sind die Bremer Schulen am Netz. Auch die Große Anfrage der SPD und CDU hat mich eigentlich hoffnungsvoll gestimmt, es klang ganz viel versprechend und verheißungsvoll, mehr Computernetze knüpfen. Gibt es also im doppelten Sinne mehr Mäuse für die Schulen?
Ich habe einmal ein bisschen nachgesehen und habe ein paar Haushaltsstellen aufgeschlagen. Bei den 1,5 Millionen DM aus dem Sonderprogramm für neue Medien in die Schulen bin ich darauf gestoßen, dass diese aus einem Stadtreparaturfonds fließen, der 30 Millionen DM insgesamt hat. Ich habe gedacht, Herr Lemke, lassen Sie lieber die Schuldächer reparieren, lassen Sie die Schulen in Ordnung bringen, denn wenn es von oben hineinregnet, dann nützt auch die schönste Internet-Surf-Offensive in der Schule nichts!
Aber 30 Millionen DM sind zum Reparieren da und nicht für neue Medien! Es heißt Stadtreparaturfonds und nicht Schulcomputerfonds! Sie haben versäumt, in den Bildungsbereich zu investieren, Ihr Versäumnis versuchen Sie jetzt auf eklatante Weise wegzumogeln. Es rechnet sich auch schöner, 30 Millionen DM für Reparaturen, 1,5 Millionen DM für
Jetzt komme ich zu den Löwen. Stellen wir uns vor, Herr Lemke ist einer der Löwen, der andere Löwe vielleicht Herr Hattig! Wir haben in der Mitte das Landesprogramm für neue Medien. Auch Herr Lemke hat ein Recht darauf, seinen Bedarf für Bildung im Programm anzumelden, denn die Forderung ist fundiert und ist im Interesse der Gesellschaft von morgen. Ich weiß ja nicht, ob das jetzt schon hinter den Kulissen ausgekungelt ist, wer hier den Zugriff auf das neue Landesprogramm hat, aber ich finde, erst einmal müssen alle Bedarfe dort angemeldet werden und dann insgesamt geprüft und hier diskutiert werden.
Ausbildung ist ein Schlüsselfaktor. Heißt denn, mehr Rechner zu haben, man ist gleich automatisch medienkompetenter, man hat mehr Souveränität im Umgang mit den Informationstechniken? Ich glaube dies nicht, denn die einmalige Ausstattung mit Hardware garantiert keinen langfristigen Erfolg. Die umfassende Ausbildung von Schülerinnen, Schülern, Lehrerinnen und Lehrern im Umgang mit PC und Internet sind der entscheidende Schlüsselfaktor. Computer sind zu einem Medium herangereift, das das Wissen und das Lernen verändert. Ein PC-Raum ist auch noch keine Medienrevolution. Wir können uns hier nicht jubelnd hinstellen und sagen, hurra, 2600 Rechner in den Schulen. Ich frage, wie viele Schüler haben den Schlüssel zu diesem Computerraum und können ohne zu fragen an diese Rechner gehen!
Ja, die offenen Bereiche, da müssten aber dann ja mehr als ein Rechner stehen! Man kann auch nicht sagen, hurra, die Schule ist am Internet, das Sekretariat surft.
Dann noch einmal zu dem schönen Satz, einem geschenkten oder gesponserten Gaul schaut die große Koalition nicht ins Maul! „Aus der Kasse in die Klasse“, das ist medienwirksam, das ist auch nicht dumm für bestimmte Bereiche zur Textverarbeitung. Es ist eine gute Idee, aber in der Antwort des Senats
steht auch, dass damit nicht der durchschlagende Erfolg zu erreichen ist. In Berlin, wo ich unlängst bei einer großen Medienfirma zu Gast war, hat man gesagt, dass dies auch sehr kritisch gesehen werde und für manche Unternehmen eine preiswerte Möglichkeit sei, ihren alten Computerschrott zu entsorgen, so lange es noch keine Rücknahmegarantie der Industrie für Computer gibt. Wer trägt denn die Entsorgungskosten, der Bildungsbereich oder die Sponsoren? Alle Schülerinnen und Schüler müssen den Umgang mit Computern und dem Internet lernen, um auf dem zukünftigen Arbeitsmarkt eine gute Chance zu haben. Computer sind zu einem Medium herangereift, das die Welt des Wissens und Lernens neu strukturiert. Ich war in Neuss auf einer Messe, und dort haben die Schüler gezeigt, was man alles machen kann. Die Lehrer sind praktisch nur noch das Beiwerk, während die Schüler schon Hausarbeiten erstellen, die mit meiner Diplomarbeit vergleichbar sind. Ich muss das schamlos zugestehen. Das Internet hilft auch, Schule qualitativ zu verbessern, weil die Schüler einfach mehr Möglichkeiten haben. Ändert sich aber nicht der Unterricht, wie Frau Hövelmann gesagt hat, ganz tiefgreifend, dann bleiben die Computer nur Hightechtafeln für die Schüler, und das kann es letztendlich nicht gewesen sein. Dann sage ich noch einmal ganz schnell, weil Frau Wangenheim das vorhin nicht verstanden hat: Ich denke auch, es ist ganz wichtig, Mädchen mit auf die Reise zu nehmen, weil sie heute schon Bildungsverliererinnen sind, und dass wir ganz spezielle und geschlechtsspezifische Pläne machen müssen, das habe ich in der Antwort des Senats ganz schmerzlich vermisst.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir haben auch in diesem Bereich wiederum, und das freut mich natürlich, eine hohe Übereinstimmung im Haus erzielt. Wir wollen, ohne Frage ist dies ein ganz wichtiges Ziel, so schnell wie möglich die Ausstattung unserer Schulen mit möglichst modernen Geräten erreichen. Wir haben uns ein Ziel gesetzt, und ich habe auch die große Hoffnung, dass wir das erreichen für die Schulen, und zwar nicht nur für die Sekretärin zum Surfen, sondern für unsere Schülerinnen und Schüler zum Lernen und internationalen Kommunizieren. Ich halte das übrigens für sehr wichtig, auch für die Kinder in Osterholz-Tenever oder Gröpelingen, sagen zu können, ich habe die Möglichkeit an meiner Schule, auch mit meinen E-Mail-Kameraden in Neuseeland zu kommunizieren und dort meine ersten Englischkenntnisse umzusetzen.
Das wird die Kinder in diesen Stadtteilen fördern und motivieren, eine zweite oder dritte Fremdsprache zu erlernen. Sie sollen nicht hinten anstehen hinter den Kindern, die eben aufgrund eines reichen Elternhauses einen oder zwei Computer zu Hause haben und so lange surfen können, wie sie wollen. Ich denke, das ist ein sehr wichtiger Fakt.
Natürlich haben Sie Recht, Frau Stahmann, wenn Sie sagen, dass die Schulen geöffnet werden müssen. Nicht nur die Schulen müssen geöffnet werden, meine Damen und Herren, ich bin auch der Meinung, dass die Semesterferien, die ja in Deutschland, wie wir alle wissen, sehr lang sind, genutzt werden müssen, um die dort vorhandenen exzellenten Medienräume auch den Schülerinnen und Schülern, die sich vielleicht besonders hervorgetan haben, in den Semesterferien, in den Nachmittagsstunden oder in den Sommerferien zur Verfügung zu stellen, möglicherweise auch unter der Anleitung von Studenten, die sich dort in den Semesterferien, vielleicht lieber als in einer Kneipe, 3,50 DM hinzuverdienen.
Es ist viel sinnvoller, wenn wir die Studenten dann bitten, diese Kapazitäten, da liegt ja sonst ganz viel Kapital brach, zu nutzen. Entsprechende Gespräche sind übrigens mit den Rektoren der Hochschulen bereits geführt worden, und von dort ist signalisiert, dass man uns unterstützt. Ganz leer stehen die Räume leider nicht, weil dort eben auch Forschung betrieben wird. Aber ich habe die Zusage der Hochschule und der Universität, dass man kooperationsbereit ist.
Genauso gilt natürlich die Forderung von Frau Hövelmann, dass wir die Schulen unbedingt nachmittags öffnen müssen. Es kann nicht angehen, dass wir in einer zehnten Klasse hören, in der zehnten Klasse gibt es leider keinen Computerunterricht mehr. Ich sage, aber ihr habt doch so wunderbare Computerräume, warum nutzt ihr die denn nicht nachmittags? Ja, da kommen wir nicht an den Schlüssel heran, und Lehrer haben wir auch nicht, die sind schon so belastet, dass das nicht mehr geht. Aber auch hier denke ich, das mit dem Schlüssel muss hinzubekommen sein. Warum nimmt man für den Nachmittag nicht auch einen Studenten? Ich selbst kann mich ja outen, ich habe das nicht über einen Lehrer gelernt, sondern im hohen Alter von 50 Jahren hat mir das auch ein Student beigebracht.
Auf jeden Fall, denke ich, soll das die Schulen motivieren, auch solche alternativen Angebote anzunehmen und nicht die Schulen nachmittags zu schließen, sondern die vorhandenen Computerräume, die
ja in der Anschaffung auch sehr viel gekostet haben und die nach wenigen Jahren bereits überholt sind und dann ausgewechselt werden müssen, sollten wirklich vormittags und nachmittags in Betrieb sein. Beispiele gibt es an vielen Schulen, das habe ich auch gesehen, wo das schon selbst organisiert ist und entsprechende Listen ausliegen. Auch in den Pausen können dort die Schüler, wie ich es in Horn gesehen habe, die Computer nutzen. Ich finde, da müssen wir uns gegenseitig unterstützen, indem wir das, was wir dort zur Verfügung gestellt haben, optimal nutzen.
Was die Wirtschaft angeht, bin ich der Meinung, dass viel mehr geholfen werden kann. Ich bin ganz sicher, und es ist ja so, um im fußballerischen Vergleich zu sein, man muss Vorlagen geben, aber wenn man eine Vorlage bekommt, muss man sie auch verwandeln. Das Angebot der Dasa ist, uns nicht mit ausrangierten Computern auszustatten, sondern die haben zu uns gesagt, wir geben für sechs Schulen sechs top ausgerüstete, komplett ausgerüstete Medienräume, und zwar weil wir der Auffassung sind, dass unsere Arbeitnehmer, und ein Großteil der Arbeitnehmer der Dasa kommt ja aus Bremen, an modernen Geräten ausgebildet sein sollen. Deshalb bin ich sehr dankbar für solche Initiativen. Ich werde, da können Sie auch sicher sein, nicht aufhören, weitere Möglichkeiten hier zu eruieren und weitere Firmen in Bremen dazu aufzufordern, uns mit besten Geräten zu unterstützen.
Die Wartung dieser Geräte ist übrigens ein großes Problem. Jede Firma, das stimmt ungefähr, geht davon aus, dass sie auf jede angeschaffte Mark im EDV-Bereich 30 Pfennig für die Wartung und Erhaltung, Software et cetera, ausgibt. Wenn wir das jetzt schon hätten, hätte ich überhaupt nicht den Mut, nachher in die Diskussion um die verlässliche Grundschule zu gehen. Dann würden wir ein Vielfaches von dem ausgeben, nur um die Computer, die wir demnächst an den Schulen haben werden, zu unterhalten. Das ist ein großes Problem, das auf uns zukommt, und auch da bitte ich um Zustimmung zu diesem Modell, das so läuft, dass die Firma Messerknecht, die ja schon erwähnt worden ist, Auszubildende als Paten diesen Schulen zuordnet, die jederzeit auf Anruf vorbeikommen und das dann ganz unbürokratisch und ohne Rechnungslegung an den Bildungssenator oder an die Schule machen, weil es da eine besonders gute Partnerschaft gibt.
Ich finde, es ist ein gutes Beispiel der Kooperation, dass wir nicht immer nur nach dem Staat rufen und nach dem Bildungssenator, wenn irgendetwas nicht läuft, sondern dass man sagt, hier gibt es auch kreative Möglichkeiten, vorhandene Ressourcen im Interesse unserer Kinder, denn das ist unsere Zukunft, zu nutzen. — Vielen Dank!
Die Bürgerschaft (Landtag) nimmt von der Antwort des Senats, Drucksache 15/174, auf die Große Anfrage der Fraktionen der SPD und der CDU Kenntnis.
Meine Damen und Herren, interfraktionell wurde vereinbart, dass die Tagesordnungspunkte 19 und 21 ausgesetzt werden.