Protokoll der Sitzung vom 23.03.2000

Ich sage immer zu diesen Menschen, Herr Pietrzok wird das bestätigen — wir hatten gestern ja die ASB gehabt, leider war von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen keine Abgeordnete oder kein Abgeordneter anwesend, aber das muss ich nicht bewerten, das müssen andere tun —, jedenfalls habe ich gestern Folgendes zu den Senioren gesagt: Sagt nicht immer gleich und zu oft danke schön, sagt auch den Mitmenschen einmal eure Meinung! Sagt auch denen die Meinung, die in der Öffentlichkeit über Abwertung der Alten, Altenplage und anderes reden! Ja, mit Selbstbewusstsein auftreten, dann kann vieles erreicht werden! Das habe ich ihnen empfohlen.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, alt werden wollen alle Menschen, alt sein will keiner.

(Glocke)

Ich bin gleich am Ende, Herr Präsident!

Meinen bereits erklärten Dank an die ehrenamtlichen Kräfte möchte ich erweitern, indem ich den vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Begegnungsstätten, Altenpflegeheimen und in anderen Seniorenheimen meine Bewunderung ausspreche. Für diese Leistungen möchte ich abschließend meinen besonderen Dank aussprechen. Ich glaube, dass ich das auch im Namen aller Kolleginnen und Kollegen sagen darf. — Ich danke auch!

(Beifall bei der CDU)

Als Nächste hat das Wort Frau Senatorin Adolf.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wenn man über Seniorenpolitik redet, dann geht es natürlich um Würdigung von Lebensleistungen, natürlich auch darum, Lebenserfahrungen einzubringen, aber in allen Gesprächen, die ich mit Seniorinnen und Senioren hatte, ging es ihnen in erster Linie darum, ein gesellschaftliches Miteinander organisiert sehen zu wollen, ein Miteinander der Generationen, und vor diesem Hintergrund, glaube ich, können Seniorinnen und Senioren Teile der Debatte, die hier heute gelaufen ist, Herr Tittmann, überhaupt nicht nachvollziehen. Vor dem Hintergrund der Lebenserfahrungen, gerade der Seniorinnen und Senioren, glaube ich, ist vielen in dieser Altersgruppe klar, was nie wieder passieren darf und welche Äußerungen auch eigentlich nicht mehr fallen sollten.

(Beifall bei der SPD)

Ich glaube, dass es darum gehen muss, nachdenklich mit diesem Thema umzugehen. Es eignet sich aus meiner Sicht nicht für parteipolitische Auseinandersetzungen, das sehe ich auch so. Ehrenamtliches Engagement oder gesellschaftliche Mitwirkung älterer Menschen stellt sich ja durchaus in sehr unterschiedlicher Form dar, als Freiwilligentätigkeit in Selbsthilfeinitiativen, als klassisch verstandenes Ehrenamt, Vorstand in Vereinen, oder auch als bürgerschaftliche Mitwirkung zum Beispiel in der Seniorenvertretung oder auch in den Parteien und den Gewerkschaften.

Für unsere Gesellschaft ist dies insgesamt eine positiv besetzte Leistung, weil sich dadurch Beteiligung, Verantwortung und Mitgestaltung am Gemeinwohl, am Interesse aller ausdrücken, und in dem Engagement der älteren Menschen liegt für sie selbst zugleich die Chance des persönlichen Ge

winns und der erweiterten Handlungsmöglichkeiten, möglicherweise auch neue Einsichten und neue Erfahrungen. Vor diesem Hintergrund ist bürgerschaftliches Engagement älterer Menschen sicherlich zu befürworten und auch deutlich zu unterstützen. Allerdings gibt es natürlich auch skeptische Stimmen, insbesondere wenn der Ruf nach Bürgerengagement gerade in Zeiten finanzieller Engpässe lauter wird, das will ich überhaupt nicht verschweigen, und es gibt hohen Anlass zur Nachdenklichkeit. Ich glaube aber, wir sind uns darüber einig, dass in modernen Großstädten eine allen Bedürfnissen gerecht werdende Sozialpolitik, Sozialleistungen, die in jeder Lebenslage Hilfestellung bieten, wie sie gebraucht wird, nicht finanzierbar ist, wenn sie ausschließlich professionellen Kräften vorbehalten bleibt. Deswegen, glaube ich, sind wir alle gemeinsam auch auf bürgerschaftliches Engagement angewiesen. Für mich macht auch Lebensqualität in einer Gesellschaft aus, wie stark sich Menschen für andere einsetzen, bereit sind, für andere Verantwortung zu übernehmen und sich selbst zurückzunehmen und ehrenamtlich aktiv zu werden. Von daher ist auch das bei aller Ambivalenz und bei aller Nachdenklichkeit für mich ein ganz starker Punkt, ehrenamtliches Engagement zu fördern, und dies auch mit gutem Gewissen vor dem Hintergrund meiner möglicherweise kleiner werdenden Kasse. Die Ambivalenz des Themas müssen wir alle gemeinsam immer im Auge behalten, und wir müssen darauf achten, dass die Funktion des Ehrenamts nicht darin besteht, staatliche Tätigkeit vollständig zu ersetzen. Ehrenamtliches Engagement kann aber staatliches Handeln ergänzen und damit ganz wesentlich zur Qualität beitragen. Die Bereitschaft zur Übernahme eines ehrenamtlichen Engagements wird zugleich immer durch persönliche Motive, Bedürfnisse und Interessen der Bürgerinnen und Bürger bestimmt. Wir müssen deshalb dafür sorgen, dass die strukturellen Rahmenbedingungen für die Menschen passend sind, die bereit sind, ehrenamtlich tätig zu sein. Ich möchte in dieser Debatte noch einmal drei Aspekte besonders hervorheben: Das ist zum einen, differenzierte Angaben über das Ausmaß, über den Umfang ehrenamtlichen Engagements von Seniorinnen und Senioren sowie über das zeitliche Volumen ihrer Einsätze können wir für Bremen nur ganz begrenzt machen. Die Beantwortung dieser Fragen in unserer Mitteilung mussten aus einer Studie abgeleitet werden, die für das Bundesgebiet erstellt wurde. Die Angaben, die die Bremer und Bremerhavener Verhältnisse beleuchten, weisen aber darauf hin, dass rund ein Viertel aller Senioren ehrenamtlich tätig ist. Das ist ein sehr beachtlicher Anteil, auch gemessen an den übrigen Altersgruppen in unserer Gesellschaft.

(Beifall bei der SPD)

Das sind viele, die freiwillig und unbezahlt, unbefristet und ohne arbeitsvertragliche Bindung zugunsten anderer tätig werden. Besonders viele dieser ehrenamtlich aktiven Menschen engagieren sich für die Sozial- und Kirchenarbeit, und gerade in diesen Aufgabenfeldern dominiert dann ganz deutlich der Anteil der älteren Frauen. Diese Angaben verdeutlichen für das Land Bremen einen erheblichen Umfang und eine außerordentliche Variationsbreite der durch ältere Menschen wahrgenommenen Aufgaben. Fest steht, die aktive Mitwirkung der freiwillig tätigen Seniorinnen und Senioren stabilisiert manche Angebotsform und trägt entscheidend zu deren Qualität und zur persönlichen Ausgestaltung bei. Da dürfen wir überhaupt nicht diskutieren, das ist Fakt!

Zweitens: Das Solidarität praktizierende ehrenamtliche Engagement älterer Menschen ist einerseits auf die Unterstützung durch professionelle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter angewiesen und ergänzt zugleich deren Arbeit durch individuelle Ausgestaltung von Angeboten. Ohne das ehrenamtliche Engagement älterer Menschen sind manche Aufgaben nicht mehr realisierbar oder überhaupt nicht realisierbar. Das gilt zum Beispiel für die ambulante Sterbebegleitung von Schwerstkranken, die weitgehend von Ehrenamtlichen unter Koordination, Supervision und Fortbildung durch Professionelle wahrgenommen wird. Auch die Auswertung zu den neuen methodischen Ansätzen in den Begegnungsstätten in Form der Erprobung aktiver Mitwirkung und Verantwortungsübernahme durch Besucherinnen und Besucher verweist auf die Notwendigkeit der verbindlichen Kooperation zwischen ehren- und hauptamtlichen Mitarbeitern.

Durch die Beteiligung von Ehrenamtlichen erhöht sich die Chance des Wandels und des bedarfsgerechten Zuschnitts von Leistungen. Ein Beleg hierfür sind phantasievolle Selbsthilfeinitiativen, die den Aufbau von Rezeptionsdiensten in Einrichtungen der stationären Altenhilfe betreiben. Wenn wir Chancen geben, sich einzubringen, dann haben wir auch immer die Chance, die wirklichen Bedürfnisse und Bedarfslagen kennen zu lernen, und das müssen wir auch staatlicherseits nutzen, ohne natürlich den staatlichen Knebel anlegen zu wollen und nur zu fördern, was sich auch unter die staatliche Aufsicht stellt, da gebe ich Ihnen sehr Recht, Frau Linnert.

Drittens: Von zentraler Bedeutung sind unterstützende Rahmenbedingungen für den Einsatz von Ehrenamtlichen, einerseits durch die Initiativen selbst, andererseits durch öffentliche Förderung. Vor allem müssen die Menschen auf die vielfältigen Möglichkeiten des Bürgerengagements hingewiesen werden. Ich bin überzeugt, dass die zunehmende und verbreitete Klage über schwindenden Bürgersinn überhaupt nicht zutrifft, dass das Problem eher darin besteht, dass die bestehende Solidaritätsbereitschaft der Bürgerinnen und Bürger durch die Insti

tutionen, durch die Einrichtungen, durch die Projekte möglicherweise noch nicht vollständig erschlossen wird.

Mit der Einrichtung der Freiwilligenagentur als Informations-, Clearing- und Unterstützungsstelle für Bürgerengagement ist sicher ein richtiger Weg beschritten worden, diese Gefahren abzuwenden und die Förderinfrastruktur für gesellschaftliches Engagement zu verbessern.

Das ist ein Weg, es gibt viele andere. Es gibt auch welche, die schon weiter fortgeschritten sind, bei denen auch überhaupt keine Absicht besteht, wenn hier zum Beispiel das Netzwerk genannt worden ist, da Einschnitte zu machen. Meine Linie politischen Handelns soll sein, Selbsthilfe zu unterstützen und da, wo Selbsthilfe motiviert und gelockt wird, auch finanziell weiter so zu unterstützen, zu fördern, wie wir das in der Vergangenheit getan haben, weil die Selbsthilfe ein ganz starker Bestandteil unseres Hilfesystems insgesamt ist.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Was die Beteiligung von Seniorinnen und Senioren angeht, so ist es in meiner Fachdeputation so, dass die Seniorenvertretung seit langem ständiger Gast dort ist, auch ständig die Möglichkeit hat, sich einzubringen, wenn sie berichten möchte. Ich habe überhaupt keine Skepsis, dass wir das nicht in Zukunft auch weiter pflegen und dass die Mitwirkung auf diesem Weg gesichert ist.

Was das Büro der Seniorenvertretung angeht, ist es in der Vergangenheit über befristete Maßnahmen, über Wechsel auch in den Personen sicherlich nicht ganz befriedigend gelöst gewesen. Ich bin im Moment im Gespräch mit der Seniorenvertretung, damit wir da eine längerfristige Lösung finden. Ich hoffe, das gelingt uns. Ich würde auch auf die Unterstützung der Deputation angewiesen sein, um eine solche Lösung dann durchzuführen, aber ich setze nach der heutigen Debatte darauf, dass das sicherlich kein Problem sein dürfte.

(Abg. Karl Uwe O p p e r m a n n [CDU]: Das dürfen Sie, Frau Senatorin!)

Wir haben im Bereich, das ist hier angesprochen worden, auch der Senioren Kürzungen vorzunehmen, aber auch in diesem Bereich sind wir in sehr engen Gesprächen mit allen, die zum Beispiel in den Dienstleistungszentren, in den Altenbegegnungsstätten aktiv sind, die diese Arbeit organisieren. Es ist wichtig, gerade für diesen Bereich, langfristige Planungssicherheit zu gewährleisten. Auf eine solche Planungssicherheit arbeiten wir in unseren Haushaltsvorlagen hin. Auch da, da das Parlament ja an diesem Haushalt ganz wesentlich noch arbeiten wird, um am Ende dann die Vorgaben zu beschließen, setze ich darauf, dass wir auch in puncto

Planungssicherheit für den Bereich der Senioren und Seniorinnen, aber auch für alle anderen Bereiche, von Ihnen kräftige Unterstützung bekommen werden. — Danke schön!

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Damit ist die Aussprache geschlossen.

Die Bürgerschaft (Landtag) nimmt von der Antwort des Senats, Drucksache 15/215, auf die Große Anfrage der Fraktionen der CDU und der SPD Kenntnis.

Aktuelle Stunde

Für die Aktuelle Stunde ist von den Fraktionen kein Thema beantragt worden.

Bekämpfung illegaler Beschäftigung und Schwarzarbeit

Große Anfrage der Fraktionen der CDU und der SPD vom 23. Dezember 1999 (Drucksache 15/157)

D a z u

Mitteilung des Senats vom 14. März 2000

(Drucksache 15/242)

Wir verbinden hiermit:

Illegale Beschäftigung wirkungsvoll bekämpfen — Vergabe öffentlicher Aufträge effektiv organisieren

Antrag der Fraktionen der SPD und der CDU vom 21. März 2000 (Drucksache 15/251)

Dazu als Vertreter des Senats Frau Senatorin Adolf, ihr beigeordnet Staatsrat Dr. Knigge.

Ich darf auch hier voraussetzen, dass Frau Senatorin Adolf die Große Anfrage nicht mündlich vortragen möchte.

(Senatorin A d o l f : Sie dürfen!)

Dann kommen wir zur Aussprache.

Die Aussprache ist eröffnet.

Als Erste hat das Wort die Abgeordnete Frau Dreyer.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die CDU hat die Große Anfrage zur Bekämpfung illegaler Beschäftigung und Schwarzarbeit im Dezember des letzten Jahres gestellt, weil sich uns der Eindruck vermittelte, dass das Thema ein wenig nachhaltiger und auch konsequenter angegangen werden könnte. Unsere Vermutung hat sich teilweise bestätigt, und ich komme für die CDU-Fraktion zu der Feststellung: Die Aktivitäten der verschiedenen Ressorts müssen gebündelt, verstärkt und das Konzept zur Bekämpfung der Schwarzarbeit und der illegalen Beschäftigung muss konsequent angewandt und umgesetzt werden. Nur so, meine Damen und Herren, kann Schwarzarbeit systematisch bekämpft werden, und um diese Systematik geht es uns.

(Beifall bei der CDU — Vizepräsident R a v e n s übernimmt den Vorsitz.)

Lassen Sie uns kurz auf das Jahr 1998 zurückblicken, da haben wir zu diesem Thema hier im Haus diskutiert! Meine Damen und Herren, der Senat hat damals ein Konzept vorgelegt, das wir hier auch verabschiedet haben. Die wichtigsten Passagen aus diesem Konzept und aus unserer Debatte haben wir als CDU in die Große Anfrage eingearbeitet und nach dem aktuellen Stand der Umsetzung gefragt. Da ist zum einen der EDV-gestützte Informationsverbund, den wir dringend benötigen, meine Damen und Herren, um einen Datenabgleich erst einmal zu ermöglichen. Die Antwort des Senats zu diesem Thema macht uns Folgendes deutlich: Der Senator für Justiz prüft, der Senator für Inneres prüft ebenfalls, genauso wie das Hauptzollamt. Die Arbeitsämter Bremen und Bremerhaven denken nach. Einigung wurde mit dem Senator für Finanzen hergestellt, genauso wie mit der Landesversicherungsanstalt Oldenburg-Bremen, bei den beiden bedanke ich mich. Die Letztere, nämlich die Landesversicherungsanstalt Oldenburg-Bremen, muss noch auf das Votum des Niedersächsischen Landesbeauftragten für den Datenschutz warten, der sich aber leider noch nicht geäußert hat. Sie sehen, es ist schwierig! Wir, die CDU-Fraktion, meine Damen und Herren, akzeptieren ausdrücklich die genaue Prüfung aller Beteiligten beim Austausch und beim Abgleich der entsprechenden Daten. Aber auch für die Datenschutzbeauftragten der Länder gilt: Illegal ist unsozial!

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)