Protokoll der Sitzung vom 10.05.2000

Drittens: Wie ist aus Sicht des Senats sichergestellt, dass diese Neuordnung nicht zur Verschlechterung der kinderärztlichen Versorgung führt?

Die Anfrage wird beantwortet durch Frau Senatorin Adolf.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Für den Senat beantworte ich die Anfrage wie folgt:

Zu eins: Eine Novellierung des Krankenpflegegesetzes wird seit Mitte der neunziger Jahre von ver

schiedenen Pflegeverbänden und Ministerien angestrebt. Ziele sind unter anderen eine Angleichung an EU-Richtlinien und eine Berücksichtigung der immer stärker werdenden umfassenden Anforderungen an alle in der Pflege Beschäftigten. Die Gesundheitsministerkonferenz hat den Ländern bereits 1997 in diesem Zusammenhang eine modellhafte Erprobung gemeinsamer Ausbildungselemente in der Pflege empfohlen.

Ein entsprechender Modellversuch wird in diesem Jahr im Rahmen der geltenden Gesetze in Bremen beginnen, gefördert durch den Senator für Arbeit, Frauen, Gesundheit, Jugend und Soziales.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Von diesem Modellversuch werden weitere positive Impulse und Erkenntnisse für eine Neuordnung der Pflegeberufe erwartet.

Das Bundesministerium für Gesundheit beabsichtigt ohne Einbeziehung der Altenpflegeausbildung eine Novellierung des Krankenpflegegesetzes, in dem in Zukunft nicht mehr zwischen dem Beruf der Krankenschwester/des Krankenpflegers und dem der Kinderkrankenschwester/des Kinderkrankenpflegers unterschieden wird. Bisher liegt kein entsprechender Referentenentwurf vor, der eine genauere Beurteilung zuließe.

Hauptziel des zu novellierenden Krankenpflegegesetzes ist es, eine Pflegefachkraft auszubilden, die auf die Bedürfnisse von Kindern und Erwachsenen gleichermaßen eingehen kann, unabhängig vom Ort, an dem die Pflege stattfindet. Es ist dabei ein besonderes Bestreben, die ganz eigenen patienten- und angehörigenorientierten Standards, wie sie in der Kinderkrankenpflege üblich sind, in einem hohen Maße in diese neue, umfassende Ausbildung aufzunehmen. Stärker als bisher sollen psychosoziale Kompetenzen von Pflegenden in der Ausbildung gefördert und unterstützt werden. Dies kann in drei Jahren gleichermaßen für die Pflege von Menschen aller Altersgruppen erreicht werden. Der Senat unterstützt grundsätzlich diese Entwicklung zu einer vertieften Qualifizierung der Pflegeberufe. Zudem werden von der angestrebten Neustrukturierung der Pflegeausbildung breitere und flexiblere Einsatzmöglichkeiten für die Beschäftigten auf einem sich ausweitenden und verändernden Arbeitsmarkt erwartet.

Zu zwei: Der Senat teilt die Sorgen der Gesellschaft nicht. Die geplante Novellierung des Krankenpflegegesetzes soll nicht zur Aufgabe bewährter Spezialisierungen für verschiedene Altersgruppen führen. Es ist im Gegenteil beabsichtigt, Spezialwissen aus der Kinderkrankenpflege und der Erwachsenenkrankenpflege in einem neuen Ausbildungsgesetz zusammenzuführen. Sowohl im stationären als auch im ambulanten Bereich müssen Pflegende in der Lage sein, Kinder, Jugendliche, Er

wachsene und alte Menschen situations- und bedürfnisorientiert zu versorgen. Wissen und Fähigkeiten, die für besondere Einsatzgebiete notwendig sind, müssen auch heute schon in speziellen Weiterbildungen erworben werden. Dies ist wie in anderen europäischen Ländern ebenfalls für Spezialgebiete der Pädiatrie in Zukunft anzustreben.

Die fachlichen Anforderungen für eine gemeinsame Ausbildung müssen nach dem Entwurf der Novelle des Krankenpflegegesetzes in einer Ausbildungs- und Prüfungsverordnung definiert werden. Der Senat wird sich dafür einsetzen, dass eine neue Ausbildung der Pflegeberufe nicht zu Lasten von Patienten und besonders nicht von kranken Kindern erfolgt. Er erwartet vielmehr zukünftig eine noch bessere Versorgung aller Patienten.

Zu drei: Aus Sicht des Senats wird eine Neustrukturierung der Pflegeberufe nicht zu einer Verschlechterung der kinderärztlichen Versorgung führen, da diese davon unberührt bleibt. — Soweit die Antwort des Senats!

Zusatzfrage? — Bitte sehr!

Frau Senatorin, Sie sprachen von dem Modellversuch, den Bremen jetzt einführen will. Können Sie dem Haus sagen, wie Sie diesen Modellversuch finanzieren wollen? Dann habe ich eine Bitte! Können Sie einen ausführlichen Bericht an die entsprechenden beiden Deputationen möglichst bald, weil es ja von allgemeinem Interesse ist, geben?

Bitte, Frau Senatorin!

Wir bereiten eine Deputationsvorlage für die Sitzung im Juni vor, also noch vor der Sommerpause, und die Finanzierung ist aus meiner Sicht auch geklärt. Die sich beteiligenden Einrichtungen leisten sehr hohe Eigenanteile, die Universität Bremen leistet einen Anteil, 50 000 DM werden durch die Robert-Bosch-Stiftung beigesteuert, und wir beabsichtigen, der Deputation vorzuschlagen, 300000 DM über den Europäischen Sozialfonds beizusteuern.

Haben Sie noch eine weitere Zusatzfrage?

(Abg. Frau H a m m e r s t r ö m [SPD]: Nein, danke!)

Eine weitere Zusatzfrage? — Bitte, Herr Zachau!

Frau Senatorin, teilen Sie meine Auffassung, dass es neben der Zusammenführung von verschiedenen Pflegeberufen in der Ausbildung darauf ankommt, ein System der Ausbildung der Gesundheitsberufe insge

samt anzustreben, um damit auch eine Grundlage zu haben, systematische Fort-, Weiterbildungs- und Qualifizierungswege zu schaffen?

Bitte, Frau Senatorin!

Dem kann ich mich anschließen!

(Abg. Z a c h a u [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Vielen Dank!)

Weitere Zusatzfragen liegen nicht vor.

Die zweite Anfrage trägt den Titel „Esoterischrechtsextremistisches Gedankengut im Offenen Kanal“. Die Anfrage ist unterschrieben von den Abgeordneten Bürger, Eckhoff und Fraktion der CDU.

Ich bitte den Fragesteller, die Anfrage vorzutragen!

Wir fragen den Senat:

Welche Erkenntnisse hat der Senat über Werbung für esoterisch-rechtsextremistisches Gedankengut und entsprechende Publikationen im Offenen Kanal von Bremen, und wie bewertet der Senat solche Ausstrahlungen auch vor dem Hintergrund, dass der Offene Kanal sich im Wesentlichen aus dem Gebührenaufkommen finanziert?

Welche Personen, Personengruppen oder Weltanschauungsgemeinschaften stehen hinter diesen Veröffentlichungen und Sendungen, und wie werden diese nach Kenntnis des Senats zum Beispiel durch den Weltanschauungsbeauftragten der evangelischlutherischen Landeskirche in Bayern beurteilt?

Hält der Senat das gesetzliche Instrumentarium für ausreichend, um gegen solche Sendungen im Offenen Kanal vorzugehen, und welche Maßnahmen des Senats und der zuständigen Landesmedienanstalt wären gegebenenfalls möglich und erforderlich, um solche Beiträge zukünftig zu verhindern?

Zur Beantwortung erhält das Wort Herr Bürgermeister Dr. Scherf.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Bürger, für den Senat beantworte ich Ihre Anfrage wie folgt:

Dem Senat liegen keine Erkenntnisse über die Nutzung der Offenen Kanäle in Bremen und Bremerhaven als Forum für Werbung von esoterischrechtsextremem Gedankengut oder entsprechende Werbung für sonstige Veröffentlichungen dieser Art vor. Soweit in einem Fernsehbeitrag der Sendung „Report“ des Bayerischen Rundfunks vom 20. März dieses Jahres über eine Person berichtet wurde, die der rechtsextrem-esoterischen Szene zuzurechnen sei und mit entsprechenden Beiträgen im nieder

sächsischen „Offenen Kanal Umland von Bremen e. V.“ mit rechtsextremistischem Charakter auftrete, haben die Landesmedienanstalten Bremen und Niedersachsen keine rechtsextremen Bezüge dieser dortigen Beiträge festgestellt.

Vollständigkeitshalber ist jedoch anzufügen, dass im Jahr 1996 diese Person im „Offenen Kanal Umland von Bremen e. V.“ in einem Hörfunkbeitrag mit rechtsextremistischem Charakter aufgetreten ist. Die Bremische Landesmedienanstalt, die im Rahmen eines Kooperationsabkommens mit der Niedersächsischen Landesmedienanstalt den „Offenen Kanal Umland von Bremen e. V.“ technisch betreut und die Beiträge mit beobachtet, übergab das Sendeband damals unverzüglich an die Staatsanwaltschaft Bremen. Das nachfolgende Strafverfahren wurde gegen diese Person nach Zahlung einer Geldbuße eingestellt. Diese Person hat daraufhin mehrere Jahre ihre Sendetätigkeit unterbrochen. Aus den Offenen Kanälen Bremen und Bremerhaven sind vergleichbare Vorkommnisse nicht bekannt.

Zum zweiten Absatz der Anfrage der CDU-Fraktion können keine näheren Aussagen getroffen werden. In der oben genannten Sendung „Report“ ist der Weltanschauungsbeauftragte der evangelischlutherischen Landeskirche Bayern zitiert worden. Dieser hat nach eigenen Angaben aber nur allgemeine Aussagen über den von der entsprechenden Person verbreiteten Internetauftritt, nicht über die Aktivitäten im Offenen Kanal gemacht.

Zum dritten Teil der Anfrage: Der Senat hält das Aufsichtsinstrumentarium für ausreichend, um gegen Sendungen, die gegen gesetzliche oder satzungsrechtliche Bestimmungen verstoßen, vorzugehen. Verstöße gegen Bestimmungen sind insbesondere das Einfügen von Werbung, die missbräuchliche Nutzung von Produktionsmitteln oder die wirtschaftliche Verwertung eines Beitrages.

Die Sanktionsmöglichkeit ist in der Regel ein temporärer, bei schwer wiegenden Verstößen auch ein dauerhafter Ausschluss als Nutzer des Offenen Kanals. Soweit ein Beitrag gegen die geltenden Gesetze oder die Satzung des Offenen Kanals verstößt, kann die Verbreitung der Sendung untersagt oder abgebrochen werden. Unbeschadet davon ist der Nutzer für seine Handlungen vollständig strafrechtlich verantwortlich.

Die Praxis der vergangenen Jahre hat gezeigt, dass weniger als drei von 1000 Sendungen zu beanstanden sind. Die Mehrzahl der Verstöße sind solche gegen das Gebot der Werbefreiheit der Sendungen.

Zusatzfrage? — Bitte, Herr Bürger!

Wenn Sie ausführen, dass die gesetzliche Grundlage ausreichend sei, dann ist das

ja die eine Seite. Wir wissen aber, dass rechtsextremistisches Gedankengut im Moment auf vielfältige Weise verbreitet wird. Die Realität kann also durchaus eine andere sein. Deshalb frage ich Sie: Wie kann, jetzt unabhängig von diesem vorliegenden Fall, durch die Landesmedienanstalt sichergestellt werden, dass nicht zukünftig doch rechtsextremistisches Gedankengut im Offenen Kanal verbreitet wird, der ja immerhin im Wesentlichen durch Gebührenzahler finanziert wird?

Bitte, Herr Bürgermeister!

Ich beobachte, aber nun bin ich kein ständiger Begleiter dieses Offenen-Kanal-Produkts, dass das nicht das Hauptproblem ist, sondern ich beobachte, dass die Rechtsextremen das Internet entdeckt haben und dass es im Internet, wenn man damit umgehen kann, inzwischen jede Menge rechtsextremistischer Produktionen gibt, und das ist, zugegeben, kompliziert.

Ich glaube nicht, dass wir mit dem Offenen Kanal ein echtes Problem haben, aber im Internet braucht es eine richtig internationale Anstrengung. Ich bin da interessiert, aber ich bin nicht derjenige, der das Patentrezept hat. Wir müssen eine internationale Anstrengung machen, um diese Gefahr einzugrenzen. Das sehe ich. Ich glaube, im Offenen Kanal, Herr Bürger, haben wir kein wirklich bedrohliches Problem in dieser Richtung. Die Sache läuft manchmal, denke ich, eher zu harmlos. Ich würde denen eher wünschen, dass sie einmal Produktionen mit mehr Zuschauerzahlen machen könnten, aber dafür haben sie eben auch wenig Geld, das wissen Sie aber besser als ich.

Ich glaube, unser Problem ist das Internet, und da gibt es zurzeit keinen richtigen überzeugenden Ansatz, das gebe ich zu. Das schaffen wir aber auch nicht über Landesmedienanstalten. Da muss etwas Internationales her, weil das ein internationales Medium ist. Da kommt jeder hinein, und wir haben noch nicht die Kontrolle, überhaupt noch nicht einmal den Zugang dazu, wie man versuchen kann, das vor Rassistischem, Rechtsextremistischem, auch aggressiv Pornographischem zu schützen. Das ist unappetitlich und zum Teil richtig ärgerlich und Besorgnis erregend.

Haben Sie noch eine Zusatzfrage?

(Abg. B ü r g e r [CDU]: Nein, danke!)