Die dritte Anfrage bezieht sich auf die Bekämpfung des Drogenhandels im Kleindealerbereich. Die Anfrage ist unterschrieben von den Abgeordneten Herderhorst, Eckhoff und Fraktion der CDU.
Welche Ergebnisse hatten die Gespräche zwischen Polizei und Staatsanwaltschaft zur Verfeinerung der Absprachen zwischen allen beteiligten Stellen und dem Ziel, die Bekämpfung von Massendelikten nach BTMG zu verbessern?
Wann werden die Hamburger Richtlinien zur Strafverfolgung von Kleindealern übernommen, da der Senator für Justiz und Verfassung die Hamburger Regelung positiv beurteilt und Bremen bisher über bloße Absprachen auf ministerieller Ebene nicht hinausgekommen ist?
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Herderhorst, Ihre Fragen beantworte ich für den Senat wie folgt:
Erstens: Die Verfahren gegen Betäubungsmittelhändler und -konsumenten werden der Staatsanwaltschaft getrennt vorgelegt. Dadurch ist gewährleistet, dass alle Verfahren gegen einen Dealer regelmäßig von demselben Dezernenten der Staatsanwaltschaft bearbeitet werden.
Zweitens: Die sichergestellten Betäubungsmittel werden nach Möglichkeit zu dem Verfahren gegen den Betäubungsmittelhändler genommen. Dies trägt maßgeblich zu einer zügigen Abwicklung der Verfahren bei.
Drittens: Bei Personen, die besonders häufig wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in Erscheinung getreten sind, werden die Voraussetzungen für einen Haftbefehl genau geprüft.
Einer „Übernahme“ der Hamburger Richtlinien bedarf es angesichts der bestehenden Absprachen zwischen Polizei und Staatsanwaltschaft nicht. Die Zusammenarbeit funktioniert reibungslos. Beispielsweise wurden am 30. März und 11. April 2000 drei Kleindealer, die schon mehrfach aufgefallen waren, wegen gewerbsmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in Untersuchungshaft genommen.
Herr Bürgermeister, Sie haben gesagt, wo besonders häufig Dealer in Erscheinung treten im Rahmen dieser Bagatelldelikte, weil ja das BTMG hier offenbar eine Lücke aufweist, werden dann die Haftbefehle genau geprüft. Da habe ich die Frage: Was verstehen Sie unter besonders häufig, wo ist da die Grenze, wenn er 30, 40
oder 50 Mal in Erscheinung getreten ist, möglicherweise auch am gleichen Ort, und werden dann die Haftbefehle geprüft anhand der Vielzahl der Anzeigen, die erstattet worden sind, oder werden jeweils die Einzelfälle im Hinblick auf Haftbefehle geprüft, denn das würde nach derzeitiger Rechtslage jedes Mal im Sand verlaufen?
Haftbefehle werden ja nicht nur geprüft, sondern Haftbefehle müssen erst einmal erstellt werden, darum geht es.
(Abg. H e r d e r h o r s t [CDU]: Sie ha- ben eben geantwortet, geprüft, das haben Sie selbst eben geantwortet!)
Der bisherige Vorwurf war der, dass in den einzelnen Fällen bei der Kriminalpolizei und bei der Staatsanwaltschaft nicht die Dealer bei einem Sachbearbeiter, bei einem Dezernenten zusammengefasst waren. Das hing damit zusammen, dass die Verfahren für User und Dealer zusammengefasst vorgelegt wurden und dass immer das jeweils ältere früher den Ausschlag für die Bearbeitung gab. Dadurch entstanden gestreute Bearbeitungsstrukturen, und man bekam nicht immer mit, wie oft ein Beschuldigter beim Dealen erwischt worden war.
Diese Gefahr ist in Hamburg durch die Richtlinie, bei uns durch die inzwischen praktizierte Verständigung zwischen Polizei und Staatsanwaltschaft beseitigt. Jetzt bekommen wirklich die Bearbeitenden die Vorgänge über die Dealer auf den Tisch und können dann einzeln entscheiden. Das geht nicht über Richtlinien des Senators oder des Senats, sondern es muss in jedem einzelnen Fall entschieden werden, ob die Häufigkeit so dramatisch ist, dass die Wiederholungsgefahr ganz konkret belegt werden kann. Erst dann ist der Haftbefehl angezeigt. Der jeweils bearbeitende Dezernent muss entscheiden, jetzt stelle ich einen Antrag auf Haftbefehl, und dann wird der Richter hoffentlich mitmachen, überzeugt dadurch, dass er nun jemanden hat, der täglich erwischt worden ist.
Ich glaube, diese Praxis ist die, die auch die Hamburger wollen, und unsere Leute sagen eben, was wir schon machen, müssen wir nicht durch Richtlinien noch einmal bekräftigen. Es funktioniert! Ich gehe davon aus, dass es wirklich funktioniert.
Ich würde es auch wünschen, aber ich frage einmal: Wie erklären Sie sich denn, dass Polizeibeamte, die zum Beispiel über Monate oder Jahre sogar am Bahnhofsvorplatz Dienst versehen haben, um insbesondere genau diese Tä
tergruppen entsprechend festnehmen zu können, nach der dreißigsten Festnahme desselben Dealers ihn beim einunddreißigsten Mal zwei Stunden später wieder erwischen? Wie ist das zu erklären?
Da muss ich konkret den Fall haben und dann nachfragen. Sie müssen, wenn sie jemanden festnehmen — das wissen Sie übrigens, Sie sind doch der Polizeibeamte und nicht ich —,
überzeugt davon sein, der ist jetzt für einen Haftbefehl fällig. Dann dürfen sie ihn nicht gleich laufen lassen, sondern müssen ihn auf das Revier mitnehmen, müssen den richtigen Vorgang anlegen, das ist ihre Arbeit. Sie müssen alles zusammentragen, was den Haftbefehl rechtfertigt. Dann wird der Vorgang dem zuständigen Staatsanwalt zugeleitet. Der entscheidet, ob er einen Antrag stellt oder nicht, er legt es dem Richter vor, und der sagt, ich erlasse ihn oder nicht.
Wenn er dann nach drei Stunden wieder erwischt worden ist, dann vermute ich einmal — ich will jetzt nur eine Vermutung anstellen —, dass der Beamte gesagt hat, es hat sowieso keinen Sinn, den Antrag voll zu bearbeiten, eine volle Ermittlungsarbeit auszuführen, sondern ich nehme ihn auf und lasse ihn wieder laufen. Wir brauchen wirklich ein enges Zusammengehen von Polizei, Staatsanwaltschaft und Gericht, damit dies, was Sie beklagen, unterbunden wird. Mir haben meine Leute gesagt, sie seien inzwischen auch auf der Arbeitsebene ganz eng beieinander, und das sei besser als in der Vergangenheit. Ich hoffe, dass es stimmt, Herr Herderhorst.
Ich will es nicht ausweiten. Ich habe noch eine letzte Frage! Ich habe in Hamburg erfahren, dass die Zusammenarbeit zwischen Polizei und Justiz mindestens genauso gut geklappt hat, gerade in diesem Bereich, gerade in diesem Deliktfeld, wie hier in Bremen.
Gleichwohl hat es der dortige Senat für richtig empfunden, eine solche Richtlinie zu erlassen, die bestimmte Kriterien enthält, nach denen dann auch zu bemessen ist, wann man einen Haftbefehl erlässt oder wann es noch nicht für richtig befunden wird. Insofern, auch trotz der guten Zusammenarbeit in Bremen, ist da der Senat nicht doch der Auffassung, dass man dann leichter fahren würde und sich viele
Gespräche, die geführt werden, ersparen könnte, wenn man eine solche Richtlinie hätte? Wobei ich nicht immer ein Freund von Richtlinien bin, in der Tat, aber in diesem Fall hielte ich es für sehr nützlich. Wäre da der Senat nicht doch bereit, vielleicht einmal darüber nachzudenken, dann benötigte man auch nur eine Gesprächsrunde?
Herr Herderhorst, wir denken immer nach! Ich habe heute Morgen noch extra meine Leute befragt, wie denn die Einschätzung der Kriminalpolizei und der Staatsanwaltschaft ist. Beide haben gesagt, wir brauchen diese Richtlinie nicht, wir arbeiten ohne diese Richtlinie so, dass es gut geht, und ich denke, aufdrängen ist eigentlich nicht unsere Sache.
Nun noch eine Geschichte zu Hamburg: Ich freue mich, wenn Sie nett über Hamburg reden, aber einmal unter Brüdern, wenn Sie den Zug im Hamburger Hauptbahnhof verpasst haben, und Sie verirren sich nach Sankt Georg, dann wissen Sie, welche Probleme die haben!
Die vierte Anfrage betrifft Abrechnungsmanipulationen bei ärztlichen Leistungen. Die Anfrage ist unterschrieben von den Abgeordneten Brumma, Böhrnsen und Fraktion der SPD.
Erstens: Wie hoch war in den vergangenen zehn Jahren der Gesamtschaden in Bremen durch Abrechnungsmanipulationen von niedergelassenen Ärzten gegenüber der Solidargemeinschaft Krankenversicherung und die Zahl der Ermittlungsverfahren mit anschließender Verurteilung durch die Gerichte?
Zweitens: Welche Maßnahmen wurden ergriffen oder sind geplant, diese Ermittlungen zu effektivieren und zu einem erfolgreichen Abschluss zu bringen?
Zu eins: Abrechnungsmanipulationen durch niedergelassene Ärzte stellen Handlungen dar, deren Verfolgung von Plausibilitätskontrollen und Wirtschaftlichkeitsprüfungen zu unterscheiden ist. Nach
Auskunft der Kassenärztlichen Vereinigung Bremen sind der gesetzlichen Krankenversicherung und insbesondere der Solidargemeinschaft der Krankenkassenversicherten in dem fraglichen Zeitraum durch Abrechnungsmanipulationen keinerlei Schäden entstanden. Es gab in diesem Zeitraum lediglich ein Ermittlungsverfahren, das jedoch von der Staatsanwaltschaft eingestellt wurde.
Zu zwei: Aufgrund der existierenden Kontrollmechanismen besteht aus Sicht der Kassenärztlichen Vereinigung Bremen grundsätzlich keine Notwendigkeit, die Maßnahmen zu effektivieren.