Protokoll der Sitzung vom 07.06.2000

Ich gehe aber doch davon aus, dass der Senat genauso ein Interesse hat wie, ich glaube, das ganze Haus hier, dass die vorhandenen Arbeitsplätze erhalten bleiben. Das ist völlig unabhängig von der Rechtsform, die ist davon überhaupt nicht berührt, wir können auch eine GmbH gründen, was auch immer, alles soll in Ordnung sein. Können wir uns aber auf das Engagement des Senats, diese Arbeitsplätze in Bremen langfristig zu sichern und in die Zukunft zu führen, verlassen?

Bitte, Herr Bürgermeister!

Liebe Frau Dreyer, Sie haben einen falschen Zungenschlag. Dies ist kein Beschäftigungsprogramm für Radio Bremen. Wenn Sie den Radio-Bremen-Leuten sagen, wir haben hier

den Knoten durchgehauen und sichern alle Arbeitsplätze bei Radio Bremen, sind Sie auf dem falschen Dampfer.

Radio Bremen hat ein dramatisch schwieriges, aber vital angenommenes Problem, dass sie mit weniger Geld und natürlich auch mit weniger Beschäftigten — das ist doch ganz logisch — in Zukunft ihr ehrgeiziges öffentlich-rechtlich abgesichertes Programm machen. Dahinter stehen wir fest allesamt.

Aus diesem Umstrukturierungsprogramm entsteht für eine erstaunlich große Zahl von Mitarbeitern die Frage: Was machen wir nun in Zukunft, weil wir unseren Arbeitsplatz nicht mehr über die Gebühren im öffentlich-rechtlichen Bereich finanzieren können? Da kommt dieses Projekt zur rechten Zeit. Radio Bremen will selbst vital mitentwickeln, aber natürlich nicht über Gebühren finanziert, sondern über Kaufpreise. Die Ausgegründeten produzieren und müssen dann über Kaufpreise diese neuen Arbeitsplätze sichern. Das ist also etwas Neues, bei dem der Reiz darin besteht, dass sie nah beieinander sind. Es ist also kein Arbeitsplatzsicherungsprogamm für den Sender. Das wäre missverständlich.

Haben Sie eine weitere Zusatzfrage?

(Abg. Frau D r e y e r [CDU]: Eigentlich nicht, aber ich gehe davon aus, dass, wenn da einer einen Arbeitsplatz findet, Sie das gut finden!)

Eine weitere Zusatzfrage des Abgeordneten Schildt!

Herr Bürgermeister, können Sie bestätigen, dass das, was Sie beschrieben haben, wie Radio Bremen sich selbst sieht, es Radio Bremen genauso sieht, dass sie ein eigenes Problem haben, für das sie Qualifizierungsmaßnahmen brauchen, wo der Arbeitssenator aktiv geworden ist, für das sie Existenzgründer brauchen und für das das Medienkompetenzzentrum, der Medienpark eine zusätzliche Möglichkeit ist, outzusourcen aus dem Öffentlich-Rechtlichen zur Sinnhaftigkeit weiterer zusätzlicher Arbeitsplätze?

Ich möchte also ganz gern bestätigt wissen, dass Radio Bremen genauso denkt und Radio Bremen sehr dicht an der Reihe ist, wie Sie es gerade formuliert haben, dass es eben eine zusätzliche Möglichkeit ist, die Abschmelzungsprozesse, die schmerzlich sind, zusätzlich zu ergänzen, ohne die Hausaufgaben nicht erledigt zu haben.

Bitte, Herr Bürgermeister!

Es könnte passieren, dass bei diesem Prozess aus Mitarbeitern von Radio Bremen selbständige Unternehmer werden. Für diese selbständigen Unternehmer wollen wir hier ei

nen Standort aufbauen, natürlich auch mit Gründungsrisiko, Mitfinanzierung und Unterstützung, aber die werden dann selbständig und müssen sich dann ihre Kosten selbst erarbeiten. Das ist für Außenstehende wahrscheinlich alles ein großes Dach, aber für die Betroffenen ist das schon ein Riesenschritt. Ich möchte gern dabei sein, dass ich die Kollegen ermutige, das zu machen.

Ich glaube, Radio Bremen denkt genauso. Ich weiß auch, dass der Intendant genauso denkt. Der will das. Wir machen das in großem Einvernehmen miteinander. Die guten Leute sollen hier bleiben, sie sollen Bremen nicht verlassen. Sie sollen, bitte, hier ihre Kreativität und Produktivität nutzen.

Weitere Zusatzfragen liegen nicht vor.

Die siebte Anfrage bezieht sich auf das Gesetz zur Erprobung der digitalen Signatur. Die Anfrage ist unterschrieben von den Abgeordneten Schildt, Frau Schwarz, Böhrnsen und Fraktion der SPD.

Bitte, Herr Kollege Schildt!

Wir fragen den Senat:

Erstens: In welchen Bereichen der Verwaltung wurde das im Sommer 1999 beschlossene Bremische Gesetz zur Erprobung der digitalen Signatur in der Verwaltung erprobt?

Zweitens: Welche Erfahrungen wurden bisher gemacht?

Drittens: Welche Entwicklungen stehen in diesem Bereich auf Bundes- und Europaebene an, und welche Auswirkungen hätten diese auf das beschlossene Gesetz?

Die Anfrage wird beantwortet durch Herrn Bürgermeister Perschau.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Für den Senat beantworte ich die Anfrage wie folgt:

Zu eins: Bremen hat mit dem Gesetz zur Erprobung der digitalen Signatur nach wie vor als einziges Land eine entsprechende gesetzliche Regelung in Deutschland.

Durch die Bremen Online-Services GmbH und Co. KG, an der unter anderem die Sparkasse, die Telekom und weitere Firmen beteiligt sind, werden in Zusammenarbeit mit den zuständigen Senatsverwaltungen und den privaten Firmen Umstellungen auf eine Online-Bearbeitung von insgesamt 66 verschiedenen Geschäftsvorfällen, zum Beispiel Wohnen und Umzug, vorbereitet.

In den Bereichen des Meldewesens, des elektronischen Zahlungsverkehrs, in der Lebenslage Studium und in der Bauverwaltung sind die Geschäftsprozessanalysen und -optimierungen für eine On

line-Bearbeitung abgeschlossen. In den übrigen Geschäftsvorfällen laufen zurzeit die Geschäftsprozessanalysen. Dabei hat sich gezeigt, dass auch die Spezialgesetze, zum Beispiel das Bremische Meldegesetz und die Landesbauordnung, geändert werden müssen, um Online-Dienstleistungen sachgerecht anbieten zu können. Dies ist in Vorbereitung.

Zu zwei: Als konkrete Erfahrung ist insbesondere die bundesweite Beachtung des Gesetzes hervorzuheben. Dies hat zu Initiativen geführt, auch in den Ländern und auf Bundesebene für Bundesgesetze zu einer vergleichbaren Experimentierklausel zu kommen. Auch für Bundesgesetze beziehungsweise -richtlinien sind aus den Vorarbeiten im Media@Komm-Projekt konkrete Hinweise auf Änderungen, zum Beispiel bei der VOB, VOL, VOF, an die zuständigen Bundesbehörden hervorgegangen. Die zügige Schaffung von Experimentiermöglichkeiten auch auf Bundesebene ist für die Bremer Online-Dienstleistungen besonders wichtig, weil diverse Geschäftsprozesse der bremischen Verwaltung in Bundesgesetzen geregelt sind.

Zu drei: Das Land Baden-Württemberg hat die bremischen Erfahrungen aufgegriffen und im Bundesrat einen Antrag eingebracht, auch für die Bundesgesetze eine vergleichbare Experimentierklausel in Kraft zu setzen.

Am 19. Januar 2000 wurde die EU-Richtlinie über gemeinsame Rahmenbedingungen für elektronische Signaturen im EU-Amtsblatt L 13/12 veröffentlicht, die anders als das Deutsche Signaturgesetz verschiedene Sicherheitsstufen und damit unterschiedliche Signaturen zulässt. Dabei wird zwischen akkreditierten, qualifizierten und einfachen Signaturen unterschieden. Das Signaturgesetz muss nun an diese EU-Richtlinie angepasst werden. Hierfür liegt bereits ein Entwurf vor. Für den öffentlichen Bereich muss dann entschieden werden, welche Sicherheitsstufen man für die Online-Dienstleistungen zulässt. Eine abschließende Entscheidung gibt es hierzu bundesweit noch nicht. Bremen wird sich mit seinen praktischen Erfahrungen an dieser Diskussion beteiligen.

Deutlich ist aber bereits, dass das Bremische Gesetz zur Erprobung der digitalen Signatur an diese veränderte Rechtslage angepasst werden muss. Hierfür wird in Kürze eine Novelle vorgelegt.

Zusatzfrage? — Bitte sehr!

Herr Bürgermeister, was meinen Sie denn, wann können wir aus der Erprobung in die konkrete Umsetzung gehen? Die Schritte, die Sie unter eins angezeigt haben, sagen ja, dass es noch eine Weile dauert. Wieweit sehen Sie das realistisch, dass es demnächst zu digitalen Signaturen kommt, die viele Geschäftsvorfälle verändern, vielleicht soweit verändern, dass wir eines Tages digital

wählen im Land Bremen und nicht mehr in der bisherigen Form?

Bitte, Herr Bürgermeister!

Herr Abgeordneter, Sie wissen, dass wir in diesem Bereich den Preis gewonnen haben und dieses Pilotprojekt sozusagen mit den Preisgeldern des Bundes und den anderen Firmen gemeinsam finanzieren.

Die Problematik in der digitalen Signatur hat sich jetzt durch die unterschiedlichen Abstufungen, die die EU-Richtlinie gibt, etwas entkrampft. Sie gibt uns die Möglichkeit, in den einfachen Fällen mit einfacher Signatur zu arbeiten, so dass man sagen kann, dass wir dies, wenn wir das Gesetz geändert haben, in den einfachen Signaturfällen, wie zum Beispiel im Baubereich und so weiter, sehr zügig umsetzen können. Das wird aber nachher bei den akkreditierten Bereichen, das heißt, dort, wo es in hoheitliche Bereiche geht, sehr viel schwieriger werden.

Ich gehe einmal davon aus, dass wir, wenn die Gesetzgebungsverfahren abgeschlossen sind, das Bundesgesetz jetzt angepasst ist an die EU-Richtlinie und wir unser Signaturgesetz angepasst haben, die Bereiche, die fertig aufgearbeitet sind, dann auch in die Umsetzung geben können. Ich vermute, das wird irgendwann gegen Ende dieses Jahres der Fall sein.

Eine weitere Zusatzfrage durch den Abgeordneten Dr. Kuhn!

Herr Bürgermeister, können Sie mir noch einmal zusammenfassend sagen: Ist es richtig, dass jetzt nur noch gesetzliche Veränderungen notwendig sind, bis die erste digitale Signatur tatsächlich geschrieben werden kann?

Bitte, Herr Bürgermeister!

Es sind die ersten Felder, die habe ich ja genannt, die fertig sind, dies sind aber sechs oder sieben Felder von 66. Wir arbeiten hier mit der Telekom, der Sparkasse und anderen sehr eng zusammen. Ich weiß, dass durch die spontane Bereitschaft und auch in Verbindung mit einer gewissen Naivität, was die Umsetzungsgeschwindigkeit angeht, viele glauben, das ginge jetzt alles in zwei, drei Wochen, dann krachte es und es gebe dann diese Möglichkeiten.

Die Möglichkeiten sind auch dadurch eingeschränkt, dass die Anwender für alles Lesegeräte haben müssen. Das heißt, es wird sich sehr viel schneller institutionell umsetzen, bevor es sozusagen die privaten Einzelanwender gibt. Über diesen Schritt, denke ich, kommen wir in der Umsetzung

weiter. Wir haben zurzeit, ich glaube, etwa 200 Signaturkarten mit Lesegeräten in der Verteilung, und diese Zahl muss irgendwann auf 10000 anwachsen, damit es auch ökonomisch interessant wird. Ich glaube, dass diese Entwicklung im Moment läuft.

Ich sehe mich aber im Moment nicht in der Lage, weil ich da auch keine Erwartungen wecken möchte, die viele haben, die sich aber so konkret und so schnell nicht umsetzen lassen, dass ich Ihnen jetzt konkrete Zeitpunkte sage, wann einzelne Felder wirklich umgesetzt werden können, weil es sich im Moment um eine Experimentierklausel handelt und damit natürlich auch die rechtlichen Voraussetzungen in der Anpassung an die EU-Richtlinien noch nicht da sind.

Zusatzfrage? — Bitte sehr!

Herr Senator, die Problematik bei der Erprobung der digitalen Signatur liegt auch im Datenschutzbereich begründet. Teilen Sie mit mir diese Auffassung, und wenn ja, wird bei der Novellierung des Erprobungsgesetzes der Landesbeauftragte für den Datenschutz ausreichend beteiligt?

Bitte, Herr Bürgermeister!

Es werden bei allen Gesetzen die Beteiligungen durchgeführt, die rechtlich nötig und fachlich geboten sind. Die digitale Signatur ist ein Teil des Datenschutzes, Frau Abgeordnete, sie muss im Grunde genommen angewendet werden, um eben die Daten zu schützen. Die EURichtlinie, die hierzu jetzt abgestufte Sicherheitsgrade festlegt für den Datenschutz, muss beachtet und in unser Gesetz eingearbeitet werden.

Weitere Zusatzfragen liegen nicht vor.