Protokoll der Sitzung vom 11.10.2000

endlich bewerten werden. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall bei der CDU)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Linnert.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Dreyer hat es schon gesagt, wir behandeln hier heute in zweiter Lesung eine Änderung des so genannten Beleihungsgesetzes. Es geht bei der Änderung des Beleihungsgesetzes im Wesentlichen um ein Wort, nämlich die Aufgaben, die bisher im Beleihungsgesetz benannt wurden. Das sind die Aufgaben, die hoheitlichen Aufgaben, die das Land Bremen ausführt, die auf privatrechtliche Gesellschaften übertragen werden können. Diese Aufgaben sollen um eine weitere Aufgabe ergänzt werden, nämlich es soll das Wort Arbeitsmarkt eingefügt werden. Darum geht es hier heute. Dahinter steckt, das hat Frau Dreyer auch ausgeführt, eine ganze Reihe von Problemen, fachliche Probleme, Probleme der Frage des Selbstverständnisses des Parlamentes, auch die Frage: Wie soll sich eigentlich der Staat organisieren?

Wir können vielleicht die ganze Debatte um die Frage, welche arbeitsmarkt- und sozialpolitischen Ziele wir haben, an diesem Punkt außen vor lassen, da gibt es nämlich im Wesentlichen in diesem Haus keine großen Meinungsunterschiede. Es ist also nicht die Frage, ob die CDU das wahre Ziel hat, den Arbeitslosen zu helfen, und ob die Grünen das verhindern wollen, sondern es ist die Frage, ob dieses gemeinsame Ziel mit den hier vom Senat vorgeschlagenen Instrumenten eigentlich sinnvoll erreicht werden kann. Da allerdings beginnen die Meinungsunterschiede, da sagen die Grünen, so sollte man es nicht machen! Es ist auch nicht umstritten hier im Haus, deshalb ist das auch kein Argument gegen die Position der Grünen, dass operative und administrative Aufgaben getrennt werden sollen.

Ich kann noch einmal daran erinnern, dass in der vorletzten Legislaturperiode ein Gutachten in der Sozialbehörde gemacht worden ist, der Anlass war der tragische Tod eines Asylsuchenden, und klar geworden ist, dass eine Vermischung von administrativen und operativen Tätigkeiten eher zu Problemen führt und dass ein Bundesland wie Bremen aufgrund seiner Größe und auch einer bestimmten Tradition eher dazu neigt, solche Aufgaben zu vermischen. Die Grünen haben sich sehr eindeutig dazu verhalten, dass es nämlich zu einer klaren Trennung kommen soll. Die Reformprozesse im Sozialressort der letzten Jahre folgen auch dieser Idee, also auch darum geht es nicht wirklich! ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

Worum geht es wirklich? Die Werkstatt Bremen ist seit vielen Jahren ein aus unserer Sicht funktionierender Eigenbetrieb der Stadtgemeinde Bremen. In diesem Eigenbetrieb gibt es zwei zentrale Aufgabenbereiche: Der eine Teil ist der Bereich Hilfe zur Arbeit für Sozialhilfeempfänger und Sozialhilfeempfängerinnen, das ist der Teil, der in eine GmbH umgewandelt werden soll, und dann die hoheitlichen Aufgaben, die in dieser Tätigkeit stecken. In dieser Tätigkeit steckt nämlich die Bescheiderteilung an Sozialhilfeempfänger mit der Möglichkeit, wie es sich in einem Rechtsstaat gehört, Widerspruch einzulegen. Diese hoheitliche Aufgabe soll auf der Basis des Beleihungsgesetzes, um das es heute geht, privatrechtlich organisiert werden. Der andere Teil der Werkstatt Bremen, über den reden wir heute nicht, ist die Behindertenwerkstatt.

Die GmbH, die ja noch gar nicht gegründet ist, wird über ein Finanzvolumen in der Größenordnung von 100 Millionen DM verfügen, weil nämlich die Bereiche Hilfen zur Arbeit nach dem Bundessozialhilfegesetz und die Arbeitsmarktinstrumentarien, die bisher von der Arbeitsverwaltung durchgeführt worden sind, in diesem Betrieb zusammengeführt werden sollen. Dass ein organisatorisches Zusammenführen dieser beiden Bereiche sinnvoll ist, wird von uns nicht in Abrede gestellt. Man muss jetzt also auch nicht den großen Popanz der Arbeitsmarktpolitik aufbauen. Wir sagen, in dieser Organisationsform ist es nicht sinnvoll. Ein 100-Millionen-DM-Volumen ist zu vergleichen mit dem Volumen, das die BIG als hoheitliche Aufgabe im Rahmen der Wirtschaftsförderung zur Verfügung hat.

Es ist also richtig, es wird ein neuer großer – Imperium hat Sie so gestört, gut – Bereich entstehen, auch ein neuer großer Machtbereich, mit einem sehr großen Finanzvolumen. Da kommt jetzt die entscheidende Frage für die Grünen: Was bedeutet das eigentlich für das Parlament? Wir haben hier in der letzten Zeit ja deutlich gemacht, dass wir das, was in der letzten Zeit mit der BIG und der BIS passiert ist, übrigens, die BIS wird ja in Bremerhaven auch stark kritisiert, dass wir das sehr kritisch sehen, dass wir finden, dass die Gesellschaften angefangen haben, nicht nur, was den Aspekt der Beleihung betrifft, sondern insgesamt ein ziemlich ungeregeltes Eigenleben zu führen.

Ich habe eigentlich auch bisher den Eindruck gehabt oder zunehmend den Eindruck gehabt, dass diese Kritik von Teilen dieses Hauses geteilt wird. Wenn ich mir die Stellungnahme des Herrn Präsidenten Weber ansehe auf den Wunsch der Grünen, wenn das hier alles nichts hilft, jetzt doch den Staatsgerichtshof anzurufen, auch wenn ich mir ansehe, welche Positionen Herr Böhrnsen vertreten hat, dann allerdings fühle ich mich eher bestätigt in der Kritik, die wir bisher geäußert haben über die Beleihung. Wir kritisieren, welche großen Möglichkeiten die Gesellschaften dann für sich nutzen können, um fern

der parlamentarischen Kontrolle ein Eigenleben zu führen und eine Politik zu machen, von der wir im Nachhinein erfahren, dass sie gemacht wurde, um dann möglichst noch weiter entfernt beurteilen zu können, ob es so weitergehen soll, oder andere Beschlüsse zu fällen.

Wenn Sie sich selbst ernst nehmen mit der Kritik, was die Entmachtung des Parlaments betrifft, dann können Sie das Gesetz hier heute in zweiter Lesung so nicht beschließen, sondern dann müssen Sie das tun, was wir verlangen. Ich beantrage hiermit, die zweite Lesung zu unterbrechen, um das Beleihungsgesetz zur verfassungsrechtlichen Prüfung an den Verfassungs- und Geschäftsordnungsausschuss zu überweisen, damit man dort dann vielleicht in Ruhe klären kann, welche verfassungsrechtlichen Probleme daran geknüpft sind.

Also, wir wollen einen Stopp in dieser Frage, bis alle verfassungsrechtlichen und parlamentsrechtlichen Fragen geklärt sind. Inhaltlich gibt es auch eine ganze Reihe von Problemen, die daran geknüpft sind, ich will nur kurz darauf hinweisen. Die Firma Roland Berger wütet ja nun in allen möglichen Verwaltungen. Ich sage noch einmal, dieser Prozess muss vom Parlament begleitet werden! Es geht nicht an, dass das ein Spiel der Staatsrätelenkungsgruppe bleibt. Alle Abgeordneten sind aufgefordert, sich in den jeweiligen Deputationen anzusehen, ob sie damit so einverstanden sind, was Roland Berger dort prüft, macht, vorschlägt und plant. Dieser RolandBerger-Prozess ist im Sozialressort in vollem Gange, das ist auch in Ordnung. Er führt dann aber dazu, dass gleichzeitig Vorschläge für die Reform der Sozialverwaltung gemacht werden, die mit dieser geplanten Gesellschaft mit beschränkter Haftung, um die es hier heute geht, überhaupt nicht in Einklang zu bringen sind.

Bis heute gibt es für diese Gesellschaft weder eine Kostenschätzung noch ein Organigramm, noch eine Klärung, für welche Fragen sie eigentlich zuständig sein wird. Außerdem gibt es keine Klärung der neuen Überlegung, mehr Kompetenzen im Zusammenhang mit der Vermittlung in Arbeit von Sozialhilfeempfängern und -empfängerinnen auf die Sozialämter zu übertragen. Ein großer Fragenkatalog, der bisher auch bei Nachfrage in der Deputation ausdrücklich nicht beantwortet worden ist. Dann kann man so etwas hier nicht einfach beschließen, sondern dann muss das Parlament den Mut haben zu sagen, wir wollen erst die Fragen klären, und wir werden dann die Entscheidung treffen, nicht aber immer scheibchenweise sich irgendwo hineinreiten lassen oder sich selbst hineinreiten.

Ich möchte, um Ihnen das noch einmal zu demonstrieren, dass Sie eigentlich im Moment meinen, Sie könnten frohen Herzens alles Mögliche aus der Hand geben, kurz aus dem geplanten Vertrag, der dann zwischen der Stadtgemeinde Bremen und dieser neuen Gesellschaft Arbeit Bremen und Arbeit Bre

merhaven geschlossen werden soll, vorlesen. Daran können Sie sehen, dass die Gestaltung des Beleihungsvertrages überhaupt nicht der Frage der parlamentarischen Kontrolle und Begleitung Rechnung trägt.

Da heißt es unter Punkt vier – ich zitiere –: „Der Senator und die Gesellschaft werden in allen die Durchführung der Aufgaben betreffenden Fragen eng zusammenarbeiten und sich gegenseitig umfassend informieren.“ Wie schön, das Parlament kommt nicht vor! Unter Punkt fünf heißt es dann: „Die Gesellschaft ist nur mit schriftlichem Einverständnis des Senators berechtigt, innerhalb des Gesamtrahmens des Bewilligungsvolumens Umschichtung zwischen den Förderprogrammen vorzunehmen.“

Das war allerdings bisher das Recht des Haushaltsgesetzgebers beziehungsweise der Deputation und des Haushaltsausschusses! Weiter heißt es: „Hiervon unberührt bleiben gesonderte Vereinbarungen zwischen dem Senator und der Gesellschaft, gegebenenfalls Zuwendung durch Kreditaufnahmen“ – hört, hört! – „zwischenzufinanzieren oder aus Eigenmitteln zu finanzieren, oder der Senator schließt mit der Gesellschaft zusätzlich einen Leistungsvertrag ab, in dem die Anforderungen an die Umsetzung und Durchführung der übertragenen Aufgaben konkretisiert werden.“

Es handelt sich also um ein Rechtsverhältnis zwischen dem jeweiligen Senator und dieser Gesellschaft, das Parlament ist außen vor. Frau Senatorin Adolf hat auch letztes Mal versucht, mir da irgendwelche Bären aufzubinden, dass wir dann ja vielleicht im Aufsichtsrat dieser Gesellschaft sitzen können. Ich möchte Ihnen einmal etwas sagen, Frau Dreyer, ich kenne das GmbH-Gesetz, aber trotzdem vielen Dank für den Rat, das GmbH-Gesetz legt fest, dass diejenigen, die dort im Aufsichtsrat sitzen, ausschließlich dem Wohl des jeweiligen Unternehmens verpflichtet sind. Ich bin aber als frei gewählte Abgeordnete nicht dem Wohl dieses Unternehmens verpflichtet, sondern dem Wohl der Stadtgemeinde Bremen und dem Land Bremen und seinen Bürgerinnen und Bürgern.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Das, Frau Dreyer, ist etwas sehr Unterschiedliches! Ich behaupte, dass die Interessen der BIG nicht deckungsgleich sind mit den Interessen der Bremerinnen und Bremer.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Sie versuchen, diesen Widerspruch zwischen den Interessen klein zu machen. Außerdem haben Sie nicht verstanden, das steht auch in dem Positionspapier des Senats, dass die Beteiligung in Aufsichtsräten das Instrument der Exekutive ist und dass bei den Abgeordneten, die da von Senats Gnaden sit

zen, darüber könnte man übrigens noch einmal in Ruhe reden, ob wir diese Gnade überhaupt annehmen sollten, das ist noch einmal ein ziemlich tief gehendes Schiff, eine Interessenkollision entsteht. Das Sitzen in Aufsichtsräten ist ein reines Instrument der Exekutive,und das ist auch richtig so. Das ersetzt aber keine parlamentarische Kontrolle, so wie Sie das hier versuchen darzustellen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen – Glocke)

Noch einen Satz, Herr Präsident!

Ich habe versucht, Ihnen noch einmal darzustellen, dass das, was Sie da machen, nicht zu Ende gedacht ist, dass das massive Auswirkungen auf die Politik, die in dieser Stadt gemacht wird, hat und dass Sie eine Besinnungspause einlegen müssen. Der Roland-Berger-Prozess ist Ihnen entglitten, er ist dem Parlament entglitten. Das ist ein Grund, sich in Ruhe zusammenzusetzen. Die Grünen bieten Ihnen ihre Kooperation an. Man kann sich darüber auch einigen, aber jetzt nicht einfach hier blindwütig, weil man ja diesen Weg einmal eingeschlagen hat, Augen zu und durch! Hören Sie damit auf, überweisen Sie das Gesetz an den Verfassungs- und Geschäftsordnungsausschuss, und dann kann man damit konstruktiv umgehen!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Als Nächster hat das Wort der Abgeordnete Pietrzok.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Bei der Debatte ist ja schon deutlich geworden, dass es hier eigentlich um zwei ganz verschiedene Bereiche geht. Das eine ist die Frage, welche Folgen es hat, ganz allgemein, dass öffentliche Aufgaben übertragen werden in für extra zu bestimmten Zwecken gegründete GmbH. Das ist sozusagen die eine Linie in der Diskussion, die ich jetzt gerade auch bei Frau Linnert wieder festgestellt habe. Die Frage der politischen Steuerung und Kontrolle durch das Parlament ist natürlich etwas, was wir bei jeder Neuorganisation von Aufgabenwahrnehmung natürlich ganz genau prüfen müssen. Genauso müssen wir prüfen, ob das eigentlich effizient und effektiv ist, sonst lohnt sich natürlich eine solche Sache überhaupt nicht.

Es handelt sich hier aber durchaus nicht um eine Debatte, die speziell in Bremen geführt wird. Wenn man sich die Diskussionen in anderen Landtagen anschaut, dann stellt man fest, dass diese ganz generell und grundsätzlich auch in vielen verschiedenen Bundesländern geführt werden, so auch in Bremen. Damit werden wir uns auch auseinander zu ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

setzen haben, und wir Sozialdemokraten tun das schon längst. Nicht erst diese Auseinandersetzungen beim Musical und bei der BIG haben gezeigt, dass ein Vorgehen in dieser Weise nicht völlig unkritisch gesehen werden kann, dass es Gefahren gibt, dass sich bestimmte Prozesse auch verselbständigen können und dass man die parlamentarische Kontrolle sehr ernst nehmen muss und sich auch dafür einsetzen muss, dass sie gewährleistet bleibt. Wir sind dafür sensibilisiert, und wir sind es auch schon länger. Wir werden zukünftig noch genauer prüfen müssen, ob der politische Einfluss für uns als Parlamentarier weiterhin gewährleistet sein wird. Insofern, Frau Linnert, gibt es durchaus Gründe dafür, wenn Sie sagen, Sie wollen den Staatsgerichtshof anrufen, und es gibt auch Gründe dafür, dass Sie sich ein Rechtsgutachten in der Frage haben anfertigen lassen, damit Sie das nötige Quorum erreichen. Ich kann für die SPD sagen, wir werden dafür sorgen, dass dieses Quorum auch erreicht werden kann. Dabei geht es uns nicht nur darum, dass wir sagen, wir haben vor eineinhalb Jahren entsprechende Absprachen gemacht, und die lösen wir jetzt ein, sondern wir finden es auch in Ordnung, dass es so gemacht wird und sehen darin keineswegs nur Risiken. Unabhängig davon sind wir als Sozialdemokraten sehr stark darauf sensibilisiert, dass die politische Begleitung der Gesellschaften in Zukunft ganz deutlich gewährleistet sein wird. Das ist der allgemeine Teil dieser Diskussion. Wenn wir uns aber ganz genau anschauen, welche Diskussion wir hier jetzt führen, so geht es doch genau um die Frage, ob wir das Thema Arbeitsmarktpolitik auch in eine GmbH auslagern können. Ich denke, das muss man dann sehr wohl fachpolitisch noch einmal genauer diskutieren, ob es in diesem Fall sinnvoll ist oder nicht. Da, finde ich, Frau Linnert, ist einfach der konkrete Anlass, die Frage der Arbeitsmarktpolitik zu nehmen, meiner Meinung nach nicht gegeben, an dieser Stelle diese Debatte hochzuziehen, und ich will das jetzt auch einmal begründen. Für uns stellt sich in erster Linie die Frage, wie wir einen solchen Prozess organisieren werden. Für uns ist die Frage, ob wir tatsächlich entsprechende GmbHs gründen, bereits beantwortet. Es ist in den entsprechenden parlamentarischen Debatten hier auch schon deutlich geworden, welchen Hintergrund das hat, Frau Dreyer hat das ja auch noch einmal in einigen Punkten skizziert. Wir wollen, dass diese Gesellschaften als operative Einheiten deutlicher von den strategischen Aufgaben abgegrenzt werden, wir wollen ein stärker dienstleistungsorientiertes Profil, und wir wollen eine ausstiegsorientierte Arbeitsmarktpolitik, die dafür sorgt, dass die Leute auf ihren eigenen Beinen stehen können. Wir wollen, dass die Kooperation der GmbHs mit der Sozialverwaltung ganz eng wird, dass es da zu

einem Dienstleistungsverhältnis kommt, das eine neue Qualität darstellt. Wir wollen auch weg von dieser Logik, die eine künstliche Trennung zwischen Leistungsbeziehern nach Arbeitsförderungsgesetz oder nach Bundessozialhilfegesetz vollzieht. Ähnliche Personengruppen mit gleichen Problemen sollen alle von der Leistungsstruktur der Gesellschaft profitieren können. Die Frage lautet nicht, woher die Menschen Leistungen beziehen, sondern sie lautet, welche Programme eine Person benötigt, um zukünftig auf eigenen Beinen stehen zu können.

Das Gutachten der Firma Fides hat ja auch noch einmal deutlich gemacht, dass sich dieses Konzept GmbH, so war zumindest deren Analyse, rechnet, hauptsächlich aus dem Grund, weil diese GmbHs über die Landesgrenzen Bremens beziehungsweise über die Stadtgrenzen der beiden Städte hinaus agieren können.

Wenn ich mir unter diesem Gesichtspunkt anschaue, was in dem Rechtsgutachten, das die Grünen in Auftrag gegeben haben, steht, dann ist mein Eindruck der, dass genau an dieser Stelle eigentlich die Argumentation relativ seicht ist. In der Frage, ob solche Aufgaben übertragen werden dürfen, wird aus meiner Sicht nicht stringent argumentiert. Da wird die Daseinsvorsorge über das Sozialstaatsprinzip weiterdiskutiert zu der These, dass dann der Staat auch die Durchführung selbst zu erledigen hat. Aus unserer Sicht ist diese Argumentation nicht ganz richtig, denn trotz der Gründung von Gesellschaften kann von einem Abgeben einer Letztverantwortung überhaupt nicht die Rede sein. Die zentrale Frage des Beleihungsgesetzes ist doch gar nicht die, ob die Gewährleistung in Frage gestellt wird – die Gewährleistung ist doch völlig klar –, sondern die Frage ist doch nur, wie wir diese Gewährleistung sichern, verbessern und in welcher Form tatsächlich diese Angebote weiterhin gemacht werden.

Wichtig ist eben aus unserer Sicht vielmehr die Frage, wie dann eben dieser Prozess der politischen Fachaufsicht und der parlamentarischen Letztverantwortlichkeit geregelt wird. Darüber hinaus muss man feststellen, der Wandel von einem Eigenbetrieb zu einer GmbH ist nun auch nicht so substantiell, wie Sie das jetzt gerade hier ganz dramatisch geschildert haben, das kann man eigentlich nicht sagen. Die Zuweisung der Mittel an die GmbHs erfolgt im Hinblick auf einzelne Programme, und diese Programme werden politisch bestimmt. Diese politische Bestimmung erfolgt durch die Fachdeputationen und durch das Parlament. Insofern ist doch die Arbeit der GmbHs ganz genau dadurch charakterisiert, dass wir denen sagen, was sie machen sollen. Sonst bekommen sie doch das Geld gar nicht!

Ich möchte hier noch einmal deutlich machen, welche politischen Kontrollinstrumente hier bisher diskutiert worden sind, die also schon feststehen: Politisch definiert werden formbezogene Leistungsziele und Kennziffern, das haben Sie alles einmal in einer

Deputationsvorlage gehabt. Es gibt entsprechende Leistungskontrakte, Geschäftsbesorgungsverträge mit den Gesellschaften. Wir haben die Budgetierung der Fördermittel im Rahmen der Fortschreibung des Beschäftigungspolitischen Aktionsprogramms. Wir können Vorschläge für die Prioritätensetzungen machen. Es gibt eine vierteljährliche Berichterstattung über den Auszahlungszustand der einzelnen Förderprogramme. Wir bekommen eine Berichterstattung jeweils drei Monate nach dem Ende des Kalenderjahres, wie die Finanzmittel verwendet worden sind und ob die von uns, von der Politik, formulierten Ziele erreicht worden sind. Wir können die Erlasse von Förderrichtlinien und Fördergrundsätzen modifizieren. Wir können die Leistungsziele und Förderschwerpunkte weiterentwickeln.

Das alles erfolgt im Rahmen von politischer Kontrolle, und ich kann deswegen an dem Beispiel Arbeit nicht erkennen, welche dramatische Situation Sie hier sehen, dass die Parlamentarier ein so hohes Maß an Verantwortung abgeben. Nein, vielmehr finde ich, das Thema Arbeit ist nicht das richtige Thema, um die Frage zu stellen, ob das Parlament Kompetenzen abgibt, die es nicht abgeben darf. Kurz und gut, die Beleihungsmöglichkeiten im Bereich Arbeitspolitik zu erweitern ist einfach nicht der richtige Anlass dafür, diese Grundsatzdebatte zu führen. Sie ist fachpolitisch gerechtfertigt und unter dem Prinzip der Günstigkeit gutachterlich bestätigt. – Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD)

Als Nächste hat das Wort Frau Senatorin Adolf.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir haben in der Sitzung am 5. Juli schon einmal über den vorliegenden Gesetzentwurf diskutiert, und ich habe Ihnen damals schon die Überlegungen meines Hauses zur Notwendigkeit zur Änderung des Gesetzes dargelegt. Ich möchte das heute noch einmal kurz versuchen, um die Dringlichkeit dieses Anliegens für unser gemeinsames Vorhaben, die Arbeitsmarktpolitik im Land Bremen neu zu strukturieren, noch einmal zu unterstreichen, und ich will diese Gelegenheit nutzen, um auch noch einmal den aktuellen Stand auf dem Arbeitsmarkt hier anzusprechen.

Bundesweit können wir zurzeit einen kräftigen Anstieg der Arbeitsplätze und eine deutliche Abnahme der Arbeitslosigkeit verzeichnen. Die Zahl der Arbeitslosen ist im September 2000 auf 3,684 Millionen gesunken. Das sind immer noch viel zu viele, aber das sind immerhin 258 000 weniger als im Vorjahr und 280 000 weniger als im September 1998. Gleichzeitig stieg die Zahl der gemeldeten offenen ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

Stellen im September 2000 gegenüber dem Vorjahr um 14,6 Prozent. Mit 525 000 gemeldeten offenen Stellen haben wir damit den höchsten registrierten Wert für den Monat September seit der Wiedervereinigung erreicht, und es ist absehbar, dass die Beschäftigung in den nächsten Monaten noch weiter wachsen wird.

Auch im Land Bremen können wir diese positive Entwicklung feststellen. Im September 2000 gab es im Land Bremen 2207 Arbeitslose weniger als im September des Vorjahres. Allein von August bis September dieses Jahres verringerte sich die Arbeitslosenzahl um 886 auf 40310, und auch die Nachfrage nach Arbeitskräften stieg weiter an. Gegenüber September 1999 ist eine Zunahme der offenen Stellen um 8,3 Prozent auf über 5300 zu registrieren. Dazu trägt neben der demographisch bedingten Abnahme des Arbeitskräfteangebotes zunehmend auch im Land Bremen die konjunkturelle Erholung ganz maßgeblich bei.

Meine Damen und Herren, diesen Wirtschaftsaufschwung wollen wir für uns nutzen und durch eine Neustrukturierung der bremischen Arbeitsförderung die strukturellen und organisatorischen Grundlagen dafür schaffen, dass zukünftig zum Beispiel auch arbeitslose Sozialhilfeempfänger und -empfängerinnen stärker als bisher an den Beschäftigungsmöglichkeiten des ersten Arbeitsmarktes teilhaben und von diesem von mir beschriebenen Aufschwung profitieren können.

Die von uns beabsichtigte Neustrukturierung ist im Wesentlichen von zwei Elementen geprägt, nämlich erstens, die bislang ineinander verwobenen unterschiedlichen Entscheidungsebenen in eine strategisch steuernde und eine operativ umsetzende Ebene aufzuteilen. Frau Linnert hat gesagt, da sind wir durchaus einer Meinung, dass das sinnvoll ist, und wir betreiben im gesamten Ressort diesen Prozess mit großem Nachdruck.

(Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Die sind schon getrennt!)

Zum Teil sind sie auch schon getrennt, aber noch nicht überall, das müssen wir noch vollziehen!

(Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Aber in diesem Bereich sind sie getrennt!)

Was die operativen Teile im Bereich der Arbeitsmarktpolitik angeht, sind sie noch nicht getrennt. Was die Werkstatt Bremen angeht, im Bereich Hilfe zur Arbeit, ist es bereits getrennt, da haben Sie Recht, aber wir wollen eben gerade diese beiden Dinge zusammenführen und damit die Trennung wirklich auch komplettieren und konsequent zu Ende führen.