Protokoll der Sitzung vom 16.11.2000

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Das Wort hat Frau Senatorin Adolf.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich kann mich hier heute kurz fassen, weil wir das Gesetz dann ja noch einmal beraten werden. Ich glaube, dass dieses Gesetz überfällig ist, dass wir an dieser Stelle zu neuen Regelungen

kommen müssen. Die derzeit noch aktuellen gesetzlichen Grundlagen genügen nicht mehr den heutigen fachlichen und rechtlichen Anforderungen. Das Rechtsbewusstsein hat sich geändert, und die psychiatrische Versorgung hat sich deutlich weiterentwickelt. Wir arbeiten im Moment auf gesetzlichen Grundlagen eines PsychKG von 1979 und eines Maßregelvollzugsgesetzes von 1983, das zeigt schon angesichts der Entwicklung auf, dass wir da zu neuen Rechtssetzungen kommen müssen.

Für die Patientengruppen, die vom gegenwärtig noch gültigen PsychKG – ich kürze das jetzt einmal immer so ab, Gesetz über Hilfen und Schutzmaßnahmen bei psychischen Krankheiten und zur Änderung anderer Gesetze, das ist etwas gängiger – und vom Maßregelvollzugsgesetz betroffen sind, gelten überwiegend die gleichen Zielsetzungen in Behandlung, Rehabilitation und Integration. Deswegen halte ich es auch für den richtigen Weg, beide Inhalte in einem Gesetz zu regeln, weil beide Patientengruppen mit denselben Behandlungszielsetzungen berührt werden.

Die langen Diskussionen sind hier ja beschrieben worden. Diese Debatte geht ja nun schon über einige Jahre, und der Gesetzentwurf hat sich nicht wesentlich geändert, deswegen ist auch die Beteiligung nicht noch einmal grundsätzlich neu aufgenommen worden, nachdem vor zwei Jahren eine umfangreiche Beteiligung stattgefunden hat. Ich habe aber auch keine Einwände, weil es diesen zeitlichen Druck auch nicht gibt, dass es noch einmal in die zweite Lesung geht und zwischenzeitlich noch intensiv beraten werden kann. Ich denke also, dass wir dann die zweite Lesung noch einmal für eine intensive inhaltliche Debatte nutzen. – Ich bedanke mich!

(Beifall bei der SPD)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Beratung ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer das Gesetz über Hilfen und Schutzmaßnahmen bei psychischen Krankheiten und zur Änderung anderer Gesetze, Drucksache 15/490, in erster Lesung beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür SPD, CDU und Abg. T i t t m a n n [DVU])

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen Bündnis 90/Die Grünen)

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) beschließt das Gesetz in erster Lesung.

Nunmehr liegt uns ein Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vor, das Gesetz über Hilfen und Schutzmaßnahmen, Drucksache 15/490, an die Deputation für Arbeit und Gesundheit, federführend, und an den Rechtsausschuss zu überweisen.

Meine Damen und Herren, wer dem Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, das Gesetz über Hilfen und Schutzmaßnahmen bei psychischen Krankheiten und zur Änderung anderer Gesetze, Drucksache 15/490, an die Deputation für Arbeit und Gesundheit, federführend, und an den Rechtsausschuss zur Beratung und Berichterstattung zu überweisen, seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür Bündnis 90/Die Grünen)

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen SPD, CDU und Abg. T i t t - m a n n [DVU])

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) stimmt dem Antrag nicht zu.

Meine Damen und Herren, bei Tagesordnungspunkt 20, Güterverkehr wettbewerbsgerecht organisieren, ist nachträglich interfraktionell vereinbart worden, ihn auszusetzen.

(Heiterkeit)

Das war nur ein Test!

Ich schlage Ihnen vor, dass wir in die Mittagspause eintreten.

Ich unterbreche die Sitzung bis 14.30 Uhr.

(Unterbrechung der Sitzung 12.55 Uhr)

Vizepräsident Dr. Kuhn eröffnet die Sitzung wieder um 14.31 Uhr.

Meine Damen und Herren, die unterbrochene Sitzung der Bürgerschaft interjection: (Landtag) ist wieder eröffnet.

Folgende Gruppen sind anwesend: eine Gruppe der AWO-Begegnungstätte Kattenturm und eine Gruppe des Altenheims Horn-Lehe.

Ich begrüße die Zuhörer in unserem Kreis!

(Beifall)

Aktionsprogramm gegen Lehrermangel

Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 1. November 2000 (Drucksache 15/514)

Dazu als Vertreter des Senats Senator Lemke, ihm beigeordnet Staatsrat Köttgen.

Die Beratung ist eröffnet.

Das Wort hat der Abgeordnete Mützelburg.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Anders als mittlerweile unter den Bürgerinnen und Bürgern dieser Stadt und in der Öffentlichkeit der Republik insgesamt scheinen Bildungsdebatten hier im Hause nach wie vor den Geruch des Unangenehmen und Unwichtigen zu haben.

(Zurufe)

Ich schaue mich nur um!

Herr Präsident, meine Damen und Herren, vor wenigen Tagen titelte das „Hamburger Abendblatt“: „Notstand bei Lehrern!“ Nicht etwa, dass die Lehrer im Notstand waren, sondern das meint, es gibt keine Lehrer mehr. Der Untertitel hieß nämlich: „Im ganzen Norden Lehrermangel“. Zu diesem ganzen Norden gehört auch das Bundesland Bremen, und das Bundesland Bremen, vertreten durch den Senator für Bildung und Wissenschaft, stellte in der letzten Sitzung der Deputation für Bildung im Oktober fest, dass beträchtlicher Lehrermangel in den Sonderschulen, in den berufsbildenden Fächern, aber auch in den Fächern Spanisch, Musik und sogar Englisch in den Schulen des Landes Bremen bevorstünde.

Genaueres konnte er noch nicht sagen, weil – man beachte! – der Senator für Bildung auch im Jahr 2000 noch nicht feststellen kann, wie sich in den einzelnen Fächern die Entwicklung der Abgänge im Lehrerberuf entwickelt. Immerhin wissen wir heute schon so viel, dass rund 30 Prozent aller Lehrer an bremischen Schulen in den nächsten fünf Jahren, wenn es so weitergeht, wie es in den letzten Jahren war, und das wird man ja unterstellen können, die Schulen verlassen werden. Wir wissen auch, dass in den Berufsschulen mehr als ein Drittel der Lehrer gehen wird, und wir wissen, dass an den Gymnasien und an den Sonderschulen der Prozentsatz nicht viel anders ist.

Kurz und gut: Den Zahlen nach besteht ein großer Bedarf, neue Lehrer einzustellen. Schaut man aber auf den Lehrerarbeitsmarkt, findet man nicht genug Lehrer, schaut man an die Universitäten, und wir haben beim letzten Mal schon über Naturwissenschaften diskutiert, sieht es auch nicht so über––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

mäßig gut aus. Gerade in den Fächern, bei denen die Lehrer fehlen werden, sind es zu wenig Studenten. An der Universität Bremen studieren für die Sekundarstufe I, also die Mittelstufe, wo alle Kinder unterrichtet werden, im Moment gerade einmal gut 20 Studenten Physik, keine 40 Studenten Spanisch. Selbst wenn sie alle ihr Examen machen, selbst wenn sie alle in Bremen Lehrer werden wollten, das wird nicht reichen, um die Abgänge zu decken.

Das sind nur Spotlights auf die Situation insgesamt, weil Bremen natürlich in Konkurrenz mit Niedersachsen, Hamburg, Schleswig-Holstein und allen anderen Bundesländern steht. In NordrheinWestfalen, um darauf hinzuweisen, dass es kein bremisches Problem ist, wurden in diesem Jahr fast 600 Stellen für Lehrerbewerber, die die rotgrüne Landesregierung nach der Wahl eingerichtet hat, nicht besetzt. In die Situation kann Bremen in absehbarer Zeit auch kommen, wenn sich die Zahlen so entwickeln.

Erlauben Sie mir, bevor wir zu möglichen Lösungen kommen, doch noch einen kleinen Rückblick! Ich habe eingangs gesagt, Bildungsdebatten sind in diesem Hause lange Zeit nicht gerade als das Gelbe vom Ei betrachtet worden, und die Präsenz war oft eher mäßig. Ich sage jetzt nachträglich auch – ich habe manchmal auch zu denen gehört, die sich gelangweilt haben, und ich glaube, die gibt es in allen Fraktionen –, vielleicht hätten wir genauer hinsehen und genauer aufpassen sollen.

Vielleicht können wir uns erinnern, was hier in den letzten Jahren über Lehrer erzählt worden ist. Erstens: Es gibt viel zu viele. Bremen hatte immer viel zu viele Lehrer, bei jeder Haushaltsdebatte ist uns das vorgerechnet worden. Zweitens: Der jetzige Bundeskanzler hat ja einmal einen ganz bemerkenswerten Satz über faule Säcke gesagt, die in den Schulen arbeiten, und ich glaube, damals hat er einen Nerv getroffen, wo sehr viele Leute heimlich gesagt haben, ja, so ist es doch auch!

(Abg. K l e e n [SPD]: Das ist auch euer Kanzler!)

Ich denke, nicht nur hier, in der Bevölkerung, unter den Politikern aller Couleur hat es viele Bemerkungen über Lehrer gegeben, die sich nicht gerade freundlich über diesen Beruf geäußert haben. Das Klima für Lehrer ist in den letzten fünf Jahren in der ganzen Republik, insbesondere auch im Land Bremen, nicht besonders günstig gewesen. Schon das ist nicht gerade eine Situation, die junge Menschen besonders ermutigt, Lehrer zu werden.