Protokoll der Sitzung vom 24.01.2001

Meine Damen und Herren von der SPD, es muss doch Ihre Pflicht sein, Ihren Koalitionspartner von dem Privatisierungsgleis herunterzuholen!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Dieses Gleis führt in einen Sackbahnhof mit einem schmerzhaften Prellbock!

(Abg. Frau D r e y e r [CDU]: Das tut aber weh!)

Wir wollen Ihnen ja nicht wehtun, Sie tun sich ja selbst weh! Wollen Sie sich wegen des Koalitionszwangs gegen die Gesundheitsvorsorge der Bremerinnen und Bremer stellen? Hoffentlich nicht!

Zum Schluss möchte ich noch einige Anmerkungen zu unserem Antrag machen. Zu Punkt eins: Warum die Lebensmittelüberwachung, sprich die Lebensmittelkontrolle und -untersuchung, weiterhin staatlich organisiert werden muss, dazu habe ich im September letzten Jahres und auch heute einiges gesagt. Leider wird diese Forderung durch die Ereignisse immer dringlicher.

Zweitens fordern wir den Senat auf, bis zum 31. März 2001 einen Bericht vorzulegen, in dem die zukünftige Organisation und die Aufgaben der gesamten Lebensmittelüberwachung dargestellt werden. Weiterhin soll der Bürgerschaft in diesem Bericht mitgeteilt werden, in welcher Höhe bis zum Jahr 2005 finanzielle Mittel zur Absicherung dieser dargestellten Aufgaben pro Jahr bereitgestellt werden sollen. Ich denke, seit dem ersten BSE-Fall in Deutschland ist diese Forderung nach einer neuen Kostenaufstellung unbedingt notwendig. Drittens sind die Haushaltsmittel für die Verbraucherzentrale zu erhöhen und langfristig institutionell abzusichern.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Die Begründung wird meine Kollegin Frau Dr. Mathes noch einmal dazu geben.

Meine Damen und Herren, stimmen Sie dem Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zu! Damit dokumentieren wir gemeinsam eine vorausschauende Position zum Verbraucher- und Gesundheitsschutz für die Bevölkerung des Landes Bremen. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Als Nächste hat das Wort die Abgeordnete Frau Dreyer.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Eigentlich wollten wir als CDU-Fraktion heute einen Antrag, der

gemeinsam mit unserem Koalitionspartner eingebracht werden sollte, hier im Haus diskutieren, um erste gemeinsame und vor allem konkrete Schritte für einen verbesserten Schutz der Verbraucher zu machen. Wir wollten die Erfordernisse für eine klare Trennung der Lebensmitteluntersuchung und -kontrolle zumindest diskutieren, weil es doch mehr als fraglich ist, ob die Behörde, die untersucht, auch in der Lage ist, ihre Arbeitsergebnisse zu kontrollieren.

(Beifall bei der CDU)

Wir wollten erste Bausteine zur Qualifizierung der Mitarbeiter erreichen und zusätzliche Informationsnetze über Internet gemeinsam mit den Verbraucherverbänden und den Landwirten auf den Weg bringen, um damit mehr Transparenz und Informationsmöglichkeiten für die Verbraucher zu schaffen. Doch leider, meine Damen und Herren, möchte die SPDFraktion keinen gemeinsamen Antrag einbringen, weil sie eine Qualifizierung der Mitarbeiter nicht für erforderlich hält, wie wir heute der „taz“ entnehmen konnten, und nun die abenteuerliche Behauptung aufstellt, wir, die CDU, hätten die Senatorin zu irgendeiner hektischen Privatisierung getrieben.

Zur Erinnerung, meine Damen und Herren: Der Senat hat im Oktober 1999 einstimmig, das muss ja mit der Frau Senatorin Adolf gewesen sein, den Auftrag erteilt, die Effizienz des Landesuntersuchungsamtes zu überprüfen. Dafür hat der Senat sich Roland Berger bedient, Roland Berger hat das auch mehrfach vorgestellt, und wir, die CDU-Fraktion, haben nun auf diese Prüfergebnisse gewartet, die wir allerdings noch nicht haben. Daraus hat dann allerdings, ohne dass uns überhaupt ein Prüfergebnis vorgelegt wurde, Frau Senatorin Adolf abgeleitet, dass sie einmal einfach so ohne klar umrissene Vorstellungen über den Umfang einer eventuellen Privatisierung von Untersuchungsaufgaben und vor allen Dingen ohne die gesetzlich vorgeschriebenen europaweiten Ausschreibungen Teile des Untersuchungsamtes per Zuruf verkaufen könnte.

(Senatorin A d o l f : Was?)

Dieses Verfahren hat die CDU-Fraktion – Frau Senatorin, ich helfe Ihnen gern in der Erinnerung – am 3. November 2000 gestoppt, und die Gesundheitssenatorin musste die auf Zuruf gefundenen Interessenten leider wieder ausladen. Dies ist nicht so ein kompetenter Vorgang, Frau Senatorin, und, ich glaube, es war auch peinlich, Interessenten erst einzuladen und sie dann wieder auszuladen. Dies wurde auch im „Weser-Report“ am 5. November berichtet. Widersprochen haben Sie nicht, Frau Adolf, und da ich dabei war, gehe ich einmal davon aus, dass Sie sich auch, wenn Sie ein bisschen in Ihrer Erinnerung graben, erinnern werden.

Selbst Sie, Frau Hammerström, haben damals die öffentliche Ausschreibung mit mir gemeinsam verlangt und damit Ihre Senatorin, und dafür danke ich Ihnen sehr, Frau Hammerström, zu ganz korrektem Handeln verpflichtet.

(Unruhe bei der SPD)

Wir, die CDU-Fraktion, meine Damen und Herren, haben damals wie heute gefunden, dass das Einfordern einer korrekten Ausschreibung nun wirklich mehr als erforderlich ist, denn die Einhaltung der Gesetze ist Pflicht der Senatorin, und es ist schon hoch unangenehm und, wie ich finde, auch nicht so toll, die Senatorin hier immer wieder erneut ermahnen zu müssen. Das war Punkt eins.

Kommen wir zum zweiten Punkt, meine Damen und Herren, zu der Qualifizierung der Mitarbeiter! Diese CDU-Forderung empfinden die Sozialdemokraten „als einen Schlag ins Gesicht der Mitarbeiter“, so in der „taz“ von heute nachzulesen.

(Abg. Frau H a m m e r s t r ö m [SPD]: Also, die „taz“ habe ich noch nicht gele- sen, aber ich sage gleich etwas dazu!)

Aber ich, Frau Hammerström! Erst sage ich etwas, und dann sagen Sie etwas! So machen wir das, ja?

Dazu, meine Damen und Herren, ist anzumerken: Nachdem die CDU-Fraktion die freihändige Vergabe von undefinierten Teilen des Landesuntersuchungsamtes gestoppt hat und auch die Senatorin dann letztendlich bereit war, geltende Vorschriften anzuwenden, haben wir uns in der Deputation, gemeinsam mit den Grünen natürlich, darauf verständigt, dass jetzt die Modelle der Mitarbeiter, die ja auch auf dem Tisch liegen, erst einmal sauber geprüft werden und wir uns dann, wenn diese Prüfergebnisse vorliegen, weiter verständigen. Das noch einmal zur Chronologie, daran erinnern sich nun wirklich alle!

Die Mitarbeiter haben sich dann die Firma Meyer und Partner erbeten, diese sollte ihre Arbeitsabläufe prüfen. Die Senatorin hat auch diesen Auftrag erteilt, wir als Abgeordnete waren da nicht beteiligt. Ich finde es auch richtig, dass die Mitarbeiter hier sagen, wir wünschen uns die Firma Meyer und Partner und nicht immer Roland Berger, es gibt ja auch andere Prüfinstitutionen.

Wir haben dieses Prüfergebnis noch nicht vorliegen, meine Damen und Herren, jedenfalls nicht offiziell in der Deputation. Ich kann Ihnen aber heute schon sagen, was, wenn denn sauber geprüft wird, in diesem Bericht wahrscheinlich stehen müsste, denn dies diskutieren wir nicht erst seit heute und gestern und schon gar nicht, seitdem wir wissen, dass es BSE gibt, sondern das wird seid Jahren diskutiert.

Ich sage Ihnen einmal, was darin stehen wird, meine Damen und Herren, dass wir ganz dringend darüber nachdenken müssen, wie die Motivation der Einzelnen verbessert werden kann. Es wird darüber nachgedacht, und dies auch seit Jahren, und das wird sich auch wieder finden, dass es viel zu viele Abteilungen gibt und die eine Abteilung gegen die andere arbeitet und ein Miteinander, ein Zusammenwirken leider nicht zu erkennen ist. Es wird natürlich auch untersucht und festgestellt werden, dass Schluss sein muss mit einer Vielzahl privater Nebentätigkeiten der Beschäftigen innerhalb des Landesuntersuchungsamtes. Das wird deswegen noch einmal darin stehen, weil es auch der Rechnungshofbericht bereits festgestellt und gerügt hat und auch der Bericht des Rechnungsprüfungsausschusses, also das Parlament, sich dieser Rüge angeschlossen hat.

(Beifall bei der CDU)

Wenn wir das schon alles wissen, meine Damen und Herren, dann wird selbstverständlich auch darin stehen, dass, wenn die Leute private Aufträge abarbeiten, ob in ihrer Freizeit oder in ihrer Arbeitszeit, selbstverständlich die privaten vorher abgearbeitet werden und die staatlichen Aufträge liegen bleiben, und deshalb dauert es auch so lange! Reden Sie doch mit den Leuten in den Krankenhäusern, wann diese Ergebnisse kommen, und fragen Sie doch einmal, wenn jemand privat seine Aufträge abgibt, wann dann die Ergebnisse vorliegen! Auch dies werden wir untersuchen lassen, und ich sage Ihnen heute schon, es wird kein so tolles Ergebnis werden.

Meine Damen und Herren, und es wird darin stehen, dass die Kollegen im Landesuntersuchungsamt leider nur mangelhaft den Markt einschätzen können und dass Kenntnisse zur Erarbeitung eines Marktes und zur Erschließung dieses Marktes leider nicht vorhanden sind. Es wird darin stehen, meine Damen und Herren, dass die EDV wirklich ins Deutsche Museum gehört

(Abg. Frau H a m m e r s t r ö m [SPD]: Haben Sie das auch im Zug gefunden?)

und, weil diese EDV nicht funktioniert, es noch zusätzlich Karteikästen gibt, und dass, wenn beides, EDV und Karteikästen, bearbeitet wird, es die Arbeitsabläufe nicht beschleunigt und nicht effizienter macht.

Das alles wird darin stehen, denn das wissen wir seit Jahren, und das haben wir immer wieder diskutiert. Eines allerdings wird nicht darin stehen, und davon bin ich überzeugt, dass diese Mängel und diese Verfehlungen den dort Beschäftigen im Landesuntersuchungsamt anzulasten sind. Die Kolleginnen und Kollegen haben daran keine Schuld. Die politische Verantwortung trägt die Senatorin für Gesund

heit, jetzt Frau Adolf, früher Frau Wischer, jedenfalls waren sie immer von der SPD gestellt.

(Beifall bei der CDU)

So weit sind wir nun, und wenn nun die Sozialdemokraten gemeinsam mit ihrer Senatorin, Frau Adolf, behaupten, Qualifizierungsangebote für Mitarbeiter wären im Landesuntersuchungsamt nicht erforderlich, dann frage ich mich wirklich, warum Sie, Frau Adolf, als Mitglied des Senats einen Prüfauftrag aufgegeben haben und immer dann natürlich auch mit der Prämisse, dass das Landesuntersuchungsamt nicht effizient ist, dass der Verbraucherschutz dringend verbessert werden muss und dass Sie die Kosten irgendwann einmal in den Griff bekommen müssen.

Weiterhin, Frau Senatorin, wenn Sie sich dann gern zu der Behauptung versteigen wollen, der Verbraucherschutz wird nur gesichert, indem Sie im Landesuntersuchungsamt nichts verändern, dann tun Sie nur eines, Sie täuschen die Verbraucher und die Verbraucherinnen, denn bei dem Zustand des Landesuntersuchungsamtes kann ein effizienter Verbraucherschutz nicht wirklich funktionieren, und ich glaube, da müssen wir dringend heran. Soweit nun zum Punkt zwei!

(Beifall bei der CDU)

Nun zum letzten Punkt, meine Damen und Herren, nämlich zum Auslöser dieses Konflikts, den es in der Koalition jetzt gibt, der ja auch nicht zu verbergen ist und den wir auch nicht vertuschen wollen! Der von der CDU-Fraktion erarbeitete Antrag wurde mit folgender Begründung durch Frau Hammerström mir gegenüber abgelehnt, und Gott sei Dank war ich nicht allein, viele Kollegen waren dabei: Die Senatorin hat die Gesundheitsminister nach Bremen gebeten und wird dazu am kommenden Montag die Presse informieren.

Dazu, meine Damen und Herren, bleibt eigentlich nur eine schlichte Feststellung: Senat und Parlament haben sehr unterschiedliche Aufgaben. Wenn diese Debatte zumindest diese unterschiedliche Aufgabenverteilung heute noch einmal deutlich gemacht hat, dann, finde ich, ist schon ganz, ganz viel erreicht. Dann hat sich die Auseinandersetzung auch gelohnt! Frau Senatorin, ich fordere Sie für die CDUFraktion auf, BSE nicht zu missbrauchen, um weitere Nebelkerzen zu werfen, um die wirklich chaotischen Zustände im Landesuntersuchungsamt zu verdecken.

(Abg. B ö h r n s e n [SPD]: Wissen Sie, was Sie sagen? Das ist eine peinliche Rede!)

Ich fordere Sie auf, dass Sie jetzt wirklich sehr konzentriert Ihre selbst gefassten Beschlüsse im Se

nat umsetzen und dann, wenn Ergebnisse vorliegen, uns bitte sofort am gleichen Tag informieren, damit wir als Parlament auch vernünftig Beschlüsse fassen und so handeln können, wie es die Verbraucher und Verbraucherinnen hier in Bremen wie in Bremerhaven auch verdienen! Das ist konkreter Verbraucherschutz, und daran werden wir, die CDU, mitarbeiten, und darauf werden wir drängen! – Ich danke Ihnen!

(Beifall bei der CDU)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Hammerström.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Jetzt atme ich dreimal durch und sage erst einmal noch nichts, aber ich kann die Feststellung machen, das ist hier heute wirklich nicht der Tag der CDU!

(Beifall bei der SPD – Widerspruch bei der CDU)

Nein, nein! Bisher haben Sie noch keine Punkte gemacht. Wenn ich hier Kärtchen verteilen könnte, nein, ich erspare mir das!

(Zuruf des Abg. F o c k e [CDU])