Protokoll der Sitzung vom 25.01.2001

(Abg. Frau D r. T r ü p e l [Bündnis 90/ Die Grünen]: Was will die CDU?)

Also, Frau Trüpel, wenn Sie immer so ernsthaft fordern, dass die Leute hier Farbe bekennen sollen, einmal unterstellt, Sie hätten Recht mit Ihrem Vorwurf, sollten Sie bei sich selbst erst einmal anfangen!

(Beifall bei der CDU)

Herr Oppermann, eines geht natürlich auch nicht: Sie können hier nicht erst zunächst den Geschäftsführer der Flughafen GmbH über den Klee loben, also dem Lob würden wir uns auch anschließen, das ist überhaupt kein Thema, aber dann, wenn es um die entscheidenden Fragen gehen könnte, ihm sofort die Gefolgschaft verweigern!

(Beifall bei der CDU – Zurufe von der SPD und vom Bündnis 90/Die Grünen)

Meine Damen und Herren, Sie müssen dann schon sagen, hopp oder topp! Sie haben da vielleicht ein kleines Problem,

(Abg. Frau D r. T r ü p e l [Bündnis 90/ Die Grünen]: Die CDU ist folgsam!) ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft. (A) (C)

aber das ist ja auch vom Prinzip her ein anderes Problem, aber eines der SPD, nicht das, das wir hier haben.

Sie haben natürlich hier, und da waren sich Herr Oppermann und Frau Dr. Trüpel einig, ein SchwarzWeiß-Denken an den Tag gelegt und auf Argumente und Forderungen geantwortet, die keiner erhoben hat. Keiner hat die Forderung erhoben, die Startund Landebahnen zu verlängern. Da können Sie auch gern das Protokoll nachlesen! Deswegen ist es natürlich schwer, wenn man mit vorgefassten Manuskripten auf Forderungen eingeht, die dann nicht eintreten, seine Rede zu ändern, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der CDU – Zurufe von der SPD und vom Bündnis 90/Die Grünen)

So viel Offenheit und Freiheit sollte man schon haben, Herr Oppermann, und ich glaube auch, dass diese Debatte überhaupt nicht überflüssig ist. Der Flughafen ist ein wichtiger Standortfaktor in diesem Lande, und ich finde, über diesen wichtigen Standortfaktor sollten wir auch offensiv diskutieren!

(Beifall bei der CDU)

Wenn wir hier über wichtige Standortfaktoren diskutieren, ist es natürlich wichtig zu fragen: Wie geht es weiter, welche Notwendigkeiten stellen sich für die Zukunft? Einen Punkt hat Herr Oppermann genannt, den Ausbau und gegebenenfalls die Erweiterung der Suprastruktur! Wenn nämlich die Kapazitäten des Terminals ausgereizt sind, was macht dann das Land Bremen, was macht die Stadt Bremen? Das ist ein Punkt, wo natürlich auch einmal frühzeitig in langfristigen Investitionsplanungen geschaut werden muss, was da auf eine Kommune oder auf ein Land zukommen kann! Das ist zum Beispiel ein wichtiger Punkt!

Ein anderer wichtiger Punkt, da bin ich mit Ihnen einig, Herr Oppermann, vielleicht wird sich da Frau Dr. Trüpel anschließen können, wobei mir das nach ihrer Rede schwer fällt zu glauben, dass man etwas undogmatisch an diese ganze Thematik herangeht, ist zum Beispiel der Stuhr-Vertrag. Wenn nämlich bei diesem Gutachten eine Lärmminderung für alle Beteiligten herauskommen sollte, bei Starts und Landungen, warum sollte man dann nicht über den Inhalt des Stuhr-Vertrags an der einen oder anderen Stelle sprechen, meine Damen und Herren? Das muss doch hier einmal erlaubt sein zu erwähnen!

(Beifall bei der CDU)

Dann können wir einmal ganzheitlich diskutieren, ob es ökologisch sinnvoll ist, dass ein Flieger nach Gran Canaria in Portugal zwischenlanden muss, nur weil er 300 Meter Startbahn nicht nutzen kann, mei

ne Damen und Herren! Ist eine zusätzliche Landung denn ökologisch sinnvoll, so wie Herr Oppermann es hier eben gerade ausgeführt hat?

(Beifall bei der CDU – Zuruf des Abg. M ü t z e l b u r g [Bündnis 90/Die Grünen])

Da frage ich Sie doch einmal, da ja bekanntlich Starts und Landungen immer ein bisschen mehr Kerosin verbrauchen, als wenn man durchfliegt: Ist das ökologisch sinnvoll?

Ich glaube, man muss seine gedanklichen Scheuklappen da ein bisschen beiseite nehmen und so, wie Sie es zum Schluss gesagt haben, Herr Oppermann, undogmatisch, unverkrampft an die Punkte herangehen, mit allen Beteiligten über diese Punkte diskutieren und auch zur Kenntnis nehmen, dass die Lärmbelastung geringer geworden ist. Nicht umsonst haben wir vor zwei Jahren im Landeshafenausschuss und auch in der Bürgerschaft sehr intensiv darüber diskutiert, ob die Lärmzone zwei vermindert wird, weil nämlich die Lärmmessung ergeben hat, dass die Lärmbelästigungen geringer geworden sind. Auch das sind Punkte, die man hier völlig undogmatisch und unverkrampft einmal ansprechen muss, und ich glaube, dass dann unter dem Strich dabei herauskommt, dass wir hier auch sehr konstruktiv und auch weitsichtig an die Sache herangehen. – Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Manfred Oppermann.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Kastendiek, ich will noch einmal Folgendes sagen: Für uns als Sozialdemokraten ist auch die oberste Maxime, dass wir vertragstreu sind, und wenn es diesen Stuhr-Vertrag gibt, dann halten wir uns daran. Gibt es aber Erkenntnisse, und das habe ich ja auch zum Schluss meiner Ausführungen noch einmal dargelegt, die diesen Stuhr-Vertrag berühren, die letztendlich zur Folge haben, dass wir weite Teile der Wohnbevölkerung um den Flughafen herum durch Veränderungen von Abflugrouten und Abflugpunkten schützen können, dann muss man darüber reden.

Ich rede aber nicht in der Weise mit den Leuten darüber, wir machen das jetzt, aus, Schluss, und kündigen den Vertrag, sondern das ist für mich partnerschaftlich zu lösen. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass hier die Vereinigung zum Schutz gegen den Fluglärm nur rein dogmatisch dagegen ist, sondern sie hat sich ja auch auf die Fahne geschrieben, dass sie sich für die Interessen der Wohnbevölkerung einsetzt. ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

All das, was letztendlich unter Umständen bei einem solchen Gutachten herauskommen kann, kenne ich nicht. Ich kenne noch nicht einmal den eigentlichen Auftrag, ich weiß nur, dass ein Lärmgutachten bei Professor Mense in Arbeit ist, dessen Ergebnis ich im Moment noch nicht kenne. Aber ich sage ganz deutlich: Wenn wir dieses Gutachten hier vorliegen haben, sollte man es in aller Gelassenheit bewerten.

Sie hatten vorhin in Ihrem Beitrag, Herr Kastendiek, von Anpassung der Rahmenbedingungen gesprochen. Die Frage ist: Was sind denn Rahmenbedingungen? Rahmenbedingung kann natürlich sein, da haben Sie Recht, wir erweitern, wenn wir dann die Passagierzahlen von über drei Millionen erreichen, die Abfertigungsgebäude. Es ist auch unter uns völlig unstrittig, dass so etwas auch gemacht wird. Wir haben viel Geld für den Flughafen ausgegeben. Wir wollen auch, dass diese stadteigene Gesellschaft hier ihre Gewinne einsetzt.

Nur eines sage ich auch noch einmal ganz deutlich, Sie haben es ja in dieser Deutlichkeit nicht gesagt, Sie wollen das vielleicht auch nicht so öffentlich: Ihr Parteifreund, Herr von Dellinghausen, schadet mit seinem Förderverein dem Flughafen mehr als dass er ihn fördert, aber das ist eine Geschichte, die dieser Förderverein mit seinem Vorsitzenden ausmachen muss. Ich sage aber eben noch einmal ganz deutlich abschließend für die Fraktion der Sozialdemokraten: Wir stehen in erster Linie für die Wohnbevölkerung ein. Wir wollen hier die Interessenabwägung, und wenn wir abzuwägen haben, das sagen wir ganz deutlich, dann sind uns die Menschen in dieser Stadt wesentlich wichtiger! Der Flughafen Bremen, so wie er hier heute besteht, kann überleben, hat nicht nur eine Überlebenschance, sondern ist für die Zukunft ausgerichtet.

Herr Kollege Focke, wir brauchen den Flughafen nicht zu schließen! Sagen Sie doch ganz deutlich, was Sie wollen! Sagen Sie doch ganz deutlich, wir sind für die Freigabe dieser jeweils 300 Meter Sonderfläche, dann weiß jeder in dieser Stadt, was hier gemeint ist! Mittlerweile bin ich es leid! Entweder sagt man, was man möchte, oder man verschleiert. Ich bin für Offenheit und nicht für Verschleierung!

(Widerspruch bei der CDU)

Das kann im Karneval sehr lustig aussehen, aber ich sage einfach einmal, in der heutigen Zeit sind wir für klare Fakten. – Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Dr. Trüpel.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich habe jetzt der zweiten Rede von Herrn Kastendiek entnommen, dass er noch einmal klipp und klar gesagt hat, dass die CDU keine Verlängerung der Startbahn will. Das ist ja erst einmal eine klare Aussage, und man kann sich dann in den nächsten Jahren immer wieder daran erinnern, dass Sie das heute noch einmal klargestellt haben.

(Abg. E c k h o f f [CDU]: Zurzeit!)

Jetzt aber zu der Frage, was da geprüft werden soll! Herr Ernst hat klar gemacht, dass er ein Gutachten in Auftrag geben wird, um zu prüfen, ob, wenn der Punkt, an dem die Flugzeuge starten, vorverlegt wird, es eventuell zu einer Minderung von Lärmemissionen kommen kann. Das Ergebnis kennen wir alle noch nicht. Die Anwohner, und vor allem die, die jetzt nicht in Stuhr wohnen, sondern auf der anderen Seite, also insbesondere in Huchting, befürchten natürlich jetzt erst einmal, dass es vielleicht, wenn dieser Abflugpunkt nach vorn verlegt wird, in Stuhr wirklich ein bisschen leiser wird, aber die Lärmemissionen zur anderen Seite gehen. Auch das muss ja erst einmal genau geprüft werden!

(Vizepräsident D r. K u h n übernimmt den Vorsitz.)

Wir haben nichts gegen dieses Gutachten, das will ich auch noch einmal ganz offen sagen, da schließe ich mich auch Herrn Oppermann an, aber wir wollen, und da wirklich dann ganz undogmatisch, das gilt dann aber wirklich für alle Seiten, wenn die Zahlen auf dem Tisch liegen, dass man das bewertet.

Wenn es wirklich eine Optimierung geben sollte, wo es zu keiner Verschlechterung für Anwohner, wo auch immer sie wohnen, kommen soll, muss man über das Ergebnis einer solchen Expertise sprechen können. Wenn es aber so ist, dass es zum Beispiel nur für einen Teil besser wird und für den anderen schlechter, dann ist für uns der Maßstab, dass es zu keiner weiteren Verschlechterung für Anwohner kommen darf!

Das ist für uns der Gehalt des Stuhr-Vertrages, und, das sage ich noch einmal ganz deutlich, wir sind auch, wie Herr Oppermann es gesagt hat, für das Ausschöpfen von Flughafenpotentialen, aber immer unter der Maßgabe, dass es für die Menschen zu keinen weiteren Belastungen kommt und man im Gegenteil alles dafür tun muss, dass die Belastungen, die es jetzt schon gibt, so gering wie möglich gehalten werden.

Ich möchte es auch noch einmal deutlich sagen, man soll sich nicht einbilden, dass man Flugverkehr völlig ökologisch gestalten könnte. Eine Interessen––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

identität von wirtschaftlichen Interessen und denen der Ökologie an diesem Punkt gibt es nicht. Flughäfen sind einfach mit Belastungen für Umwelt und Menschen verbunden. Das ist so, und darüber soll man auch nicht irgendwie hinwegreden. Das heißt aber, dass man politisch dafür sorgen muss, dass es möglichst zu einem Ausgleich der Interessen kommt. Dafür stehen wir, deswegen wollen wir, dass diese Expertise jetzt eingeholt wird. Dann werden wir sie uns sehr genau anschauen, und ich hoffe auch, meine Kollegen von der CDU, dass Sie an diesem Punkt dann genauso sachlich und undogmatisch die Ergebnisse bewerten werden wie wir. – Danke schön!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Als Nächster hat das Wort Herr Staatsrat Dr. Färber.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich denke, Sie haben alle hier bestätigt, dass der Flughafen selbst eine ganz hervorragende Entwicklung genommen hat.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Ich kann Herrn Oppermann, der jetzt allerdings auch auf den Tisch klopft, in keiner Weise folgen, wenn er hier von einer Überlebenschance für den Flughafen spricht. Das ist für mich völlig daneben.

(Beifall bei der CDU)

Sie stellen sich hin, loben den Geschäftsführer – dem schließe ich mich gern an, da sehe ich hier ja auch vollen Rückhalt – und erklären ihm, dass er eine Überlebenschance hat. Das halte ich für völlig falsch, weil ich hervorragende Perspektiven für den Flughafen sehe. Allerdings sind die weniger begründet in dem von Ihnen sehr gelobten Straßenbahnanschluss für den Flughafen.

(Beifall und Heiterkeit bei der CDU)

Das sehe ich dann doch mehr auf der anderen Seite des Abfertigungsgebäudes und befürchte allerdings, weil ich betonen möchte, dass ich dieselben positiven Entwicklungen, die wir in Bremen haben, auch in Ansätzen ja in Bremerhaven sehe, dass Sie dort jetzt auch einen Straßenbahnanschluss haben wollen.

(Beifall und Heiterkeit bei der CDU)