Protokoll der Sitzung vom 25.01.2001

Sie haben über die Technik gesprochen und haben Ihr neues Schlagwort Notebook University eingebracht. Das erinnert mich ein bisschen daran, dass man damals in der Volksschule beim Übergang vom Griffel auf den Füller von der Füllerschule geredet hat. Sie verwechseln ein bisschen Technikeinsatz mit Inhalten. Ich garantiere Ihnen, dass Sie mit dem Einsatz der Technik allein, wo große Aufgaben tatsächlich auf die Hochschule warten, die inhaltlichen Probleme, über die wir ja auch reden, da hat Herr Dr. Käse völlig recht, nicht werden lösen können. Schon gar nicht, Herr Jäger, wenn Sie sich nicht durchsetzen können. Im T.I.M.E.-Programm sollen ja für die Hochschulen, für alle Sachen, die sie machen wollen, vielleicht eine Million DM im Jahr übrig bleiben. Dann erzählen Sie einmal, wie Sie Ihre hochfliegenden Pläne, die Sie hier als das Allheilmittel verkaufen wollen, umsetzen wollen. Daraus wird wohl nichts werden!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Sie verwechseln da Technik mit Inhalt, und da komme ich zu dem, was der Kollege Käse gesagt hat: Sie haben gesagt, die Entrümpelung der Studiengänge, die Modernisierung der Inhalte, die Konzentration, das ist die eigentliche Aufgabe und nicht das andere. Ich teile das, was Sie sagen, bloß unsere Position ist, wir werden gegenwärtig keinen anderen Hebel dafür finden. Ich verfolge die Diskussion über die Entrümpelung von Studiengängen schon 30 Jahre, das habe ich doch schon als AstA-Vertreter vor 30 Jahren gefordert. Was ist passiert? Sie sind immer dicker und dicker geworden.

Der einzige Hebel, den ich sehe, damit wirklich etwas passiert, ist die Einführung neuer Abschlüsse mit neuer Philosophie. Deswegen wollen wir das verknüpfen und sagen, weil wir die inhaltliche Reform wollen, ist das unser zentrales Instrument, um das voranzubringen, so ist der Zusammenhang! Wir können da kein Nacheinander machen. Das ist meine Überzeugung, und ich glaube, darüber sollten wir vielleicht auch noch einmal vertieft diskutieren.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Teilzeitstudium! Ich sage nur, ich bin gespannt, wann Sie oder irgendjemand ein Modell vorlegen werden, indem Sie tatsächlich die Studierenden dann kontrollieren wollen, ob die Voraussetzungen, die sie einmal genannt haben, warum sie Teilzeitstudierende sind, nämlich Pflege von Familie, Einkommen und so weiter, noch gelten. Wollen Sie das wirklich für jeden Studenten so genau bis in die Familienverhältnisse und seine eigenen persönlichen Verhältnisse hinein nachkontrollieren? Das ist doch eine irrwitzige Vorstellung! Also, nehmen Sie davon Abschied, lassen Sie uns lieber Dinge machen, die heute gemacht werden können!

Bei der Weiterbildung freut mich, dass Herr Senator Lemke mich klar und deutlich unterstützt hat. Ich sehe nun wirklich nicht, Herr Käse, dass wir uns jetzt schon Sorgen darüber machen müssen, dass, wenn irgendwann einmal die Professoren da richtig einsteigen wollen – ich wünsche mir dringend, dass sie das tun –, dann die Gefahr besteht, dass sie etwas anderes vernachlässigen. Darüber können wir ja dann reden. Heute ist die Aufgabe, dass sie sich in diesem Feld zentral einbringen, dass sie die Qualität verbessern und Produkte liefern, die dann auch überregional anzubieten sind. Das ist die Aufgabe, vor der wir heute stehen, und ich habe Herrn Senator Lemke auch so verstanden, dass er das eigentlich unterstützt.

Ich fände es für den Standort Hochschule in Bremen nicht gut, wenn wir diese Probleme verniedlichen und kleinreden. Lassen Sie einmal die Darstellung eines Ressorts, die Darstellung einer Regierung beiseite und lassen Sie uns einmal klipp und klar sagen, wie groß die Aufgaben sind. Die Rektoren wissen das, die Hochschulen insgesamt wissen es

vielleicht noch nicht, aber die Rektorate wissen das und formulieren das auch klar, so wie ich es mehrfach zitiert habe.

Inhaltlich stelle ich noch einmal fest: Es herrscht in den meisten Punkten Übereinstimmung. Das mindeste wäre eigentlich gewesen, das Sie unseren Antrag überweisen, aber gut, wenn Sie jetzt keine Eindrücke erwecken wollen, dann ist das eben so. Schade ist, dass das Problem damit nicht vom Tisch ist.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Als Nächster erhält das Wort der Abgeordnete Dr. Käse.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Kollege Kuhn, ich bin Ihnen ja noch ein paar Anmerkungen zu unserer Vorstellung zur Zeitschiene, wie wir uns die Reform der Studienstrukturen vorstellen, schuldig geblieben. Ich hatte das in meinem Beitrag zwar angekündigt, aber dann, als die Redezeit ablief, nicht mehr ausführen können.

Ich denke, das, was Sie uns auch in Ihrem Antrag vorgelegt haben, ist ehrenwert, aber einfach unrealistisch, und zwar aus zweierlei Gründen: Wenn wir das in die Kontrakte einarbeiten wollen, wenn wir Elemente der Studienstrukturreform in den Kontrakten realisieren wollen, dann müssen wir zumindest erst einmal auf die noch ausstehenden Auswertungen der bisherigen Erfahrungen mit den Kontrakten warten. Sie werden uns erst in diesem Jahr erreichen. Folglich gehe ich davon aus, wenn wir davon sprechen können, dass wir in diesem neuen Steuerungssystem des Contracting einen großen Sprung nach vorn machen, dass er erst von diesem auf das nächste Jahr erfolgen kann, nämlich dann, wenn wir die erste Auswertungsphase hinter uns haben. Ich kann Ihnen auch zusichern, dass wir uns dann mit großem Engagement daranmachen werden, nicht immer nur die alten Texte ins nächste Jahr zu überrollen, sondern wirklich auch den Anforderungen gerecht werden und auf die Hochschulen in anderer Art und Weise einwirken.

Der andere Grund ist die Komplexität des Steuerungsmodells. Die Studienreform ist, darauf haben wir nun schon mehrfach hingewiesen, eine sehr umfangreiche und insbesondere schon seit Ewigkeiten in der Diskussion befindliche Angelegenheit. Wir haben inzwischen in Bremen ein Steuerungsmodell entwickelt, nach dem wir nicht mehr per Ordre de mufti etwas umsetzen können. Selbst wenn wir das machen wollten, müssten letztendlich im Wesentlichen die Professorinnen und Professoren die Reform an den Hochschulen umsetzen. Das ist nun einmal so, und es hat keinen Sinn, dort noch so schöne Texte abzuliefern, letztendlich müssen wir sie auf unseren Weg mitnehmen.

Das erfordert auch eine gewisse Geduld, und ich hoffe, Sie bringen diese Geduld mit uns gemeinsam auf. Ich denke aber, und Herr Senator Lemke hat es ja bereits ausgeführt, wir sind eigentlich auf einem guten Weg dahin. Die Universität und auch die Hochschulen im Land Bremen entwickeln sich eben nicht nur in der Forschung, sondern, so ist mein Eindruck, auch in der Lehre sehr positiv, und ich meine, wir sollten diesen Weg gemeinsam weitergehen.

(Beifall bei der SPD)

Zu guter Letzt möchte ich eine kurze Anmerkung zu dem Modell machen, das der Kollege Jäger hier zumindest holzschnittartig beschrieben hat, die virtuelle Universität, der virtuelle Campus. Wir konnten nur Ihre Presseerklärung lesen, sie war leider auch nicht so furchtbar lang.

Ich teile die Einschätzung des Kollegen Kuhn, dass, so sehr Multimedia auch notwendig ist und der Multimediaeinsatz in der Lehre eine ganz zwingende Reformaufgabe ist, Multimedia nicht das Präsenzstudium ersetzen kann. Er kann es nur unterstützen, und er kann es verbessern. Die Universität aber im Laptop mit sich herumzutragen und den Kontakt zu den Lehrenden dadurch quasi ersetzen zu wollen, ich hoffe, ich habe Ihr Modell da nicht missverstanden, aber das kann wirklich nicht unsere Zukunftsvorstellung sein.

Wenn das Online-City zwei sein soll, dann kann ich nur sagen,

(Abg. E c k h o f f [CDU]: Immer, wie es passt!)

da sind Sie auf dem Holzweg oder auf dem Siliziumweg, wo auch immer!

(Zuruf des Abg. E c k h o f f [CDU])

Da sind Sie auf dem Siliziumweg, so wird es nicht gehen! Ich glaube, auch Ihre eigenen Erfahrungen als Student und meine Erfahrungen als Student, auch als Mitarbeiter der Universität, der Studenten unterrichtet hat, zeigen, man kann den persönlichen Kontakt nicht durch die CD-ROM ersetzen. – Danke schön, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der SPD)

Als Nächster erhält das Wort der Abgeordnete Jäger.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich wollte gar nicht darauf einsteigen, aber jetzt, wo das Stichwort einmal gefallen ist: ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

Es ist in der Tat so, Sie reden gerade so, wie Sie es wollen. Die persönliche Nähe ist in der Tat wichtig, das hören wir jeden Tag. Das hören wir bei dem Thema neue Medien gerade auch von den Professoren, egal, ob aus dem Bereich Informatik schlechthin oder anderen. Aber gut! Online-City ist hier eben schon einmal gefallen, das will ich nicht näher vertiefen.

Wir haben keine andere Wahl, als auf virtuelle Vorlesungsangebote und Weiterbildungsangebote zu reagieren, die es demnächst geben wird, die im Übrigen alle international und englischsprachig sein werden. Die Frage ist eigentlich nur, ob sich Bremen in dem kurzen Zeitraum der nächsten fünf Jahre, der uns zur Verfügung steht, in diese Bewegung einklinkt, und das möglichst weit vorn. Insofern ist davon überhaupt keine Rede, das brauchen Sie mir nicht zu erzählen.

Zu den Inhalten! Die Erfahrung haben wir in der Schule gemacht. Es reicht nicht, irgendein Notebook oder einen PC hinzustellen, wenn die Inhalte nicht da sind, und vor allem, wenn die Medienkompetenz und die Qualifikation nicht da ist. Also, wir unterstützen ja den Senator im Bereich der Schulen. Ich sage nur, die Dynamik, die im Bereich der Wissenschaft entstehen wird, ist ungeheuerlich, vor allen Dingen auch die Chancen, und die wollen wir ja für Bremen nutzen.

Ich sage noch einmal, das Ganze muss in Pakete gepackt werden, das muss in Abschlüsse gepackt werden, sehr wohl in virtuelle Begegnung als auch in Präsenzveranstaltungen. Das Ganze erhöht den Druck auf die in den Hochschulen Handelnden. Ich möchte, dass wir diejenigen, die sich damit auskennen, die Promotoren sind und die versuchen wollen, das an den Hochschulen und in Fachbereichen durchzusetzen, das sind einige wenige, begleiten, dass wir aber nicht die wenigen Dummen sein werden, die Hofnarren, die immer wieder auf die Notwendigkeit dieses Themas hinweisen. Ich weise sehr wohl darauf hin, dass Professor Timm, auch wenn er es noch so pädagogisch wertvoll macht, bereits jeden Anlass nutzt, in vier, fünf Minuten jeder Rede – egal, ob Neujahrsempfang oder wo auch immer – darauf hinzuweisen, dass diese Entwicklung kommt. Ich sage, wir sollen vorn sein.

Zweiter Punkt: Teilzeitstudium und Dauer der Studienzeit! Es gibt zwar Untersuchungen über Teilzeitstudierende und die Motive, aber in der Tat, auch Senator Lemke hat eben bei den Studienabbrechern darauf hingewiesen, wir kennen gar nicht genau die Motive und die Gründe, die man durchforsten müsste. Ich wünsche mir schon, dass wir mehr Datenmaterial darüber bekommen, welche Gründe es in Bremen ganz individuell auch von Fachbereich zu Fachbereich gibt, das Studium abzubrechen, weiter zu studieren oder auch ein Teilzeitstudium aufzunehmen. Die Kehrtwendung beziehungsweise die

Neupositionierung der Grünen in der Aussage haben wir zur Kenntnis genommen.

(Zuruf des Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/ Die Grünen])

Na ja, der Abschied vom klassischen Status des Teilzeitstudiums hörte sich vor einem viertel oder halben Jahr noch anders an! Vielleicht reden wir auch manchmal von Äpfeln und Birnen. Mir ist aus zwei Fachbereichen jetzt gesagt worden: Wir wissen gar nicht genau, was Teilzeitstudenten sind, jedenfalls ist ein Großteil der Studenten nicht ständig präsent.

Auf der anderen Seite spielt das bei den Kapazitätsberechnungen eine Rolle. Aber da wird manchmal auch über Äpfel und Birnen diskutiert. Deshalb brauchen wir so etwas wie Kapazitätsberechnungen. Wir kennen ja auch das Problem, dass sich Studenten einklagen. Es sind eigentlich einmal validere Aussagen darüber notwendig, wer studiert eigentlich an der Universität im Sinne von wer ist präsent – nicht nur, wer ist eingeschrieben – und geht seinem Studium nach.

Es wäre vielleicht einmal ganz sinnvoll, die Zahlen, mit denen wir immer hantieren, mit einer Aussagekraft zu versehen. Insofern dies als Anregung, dort einmal unter bremischen Bedingungen genauer nachzufassen!

(Beifall bei der CDU)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Beratung ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer dem Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen mit der Drucksachen-Nummer 15/527 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür Bündnis 90/Die Grünen)

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen SPD und CDU)

Stimmenthaltungen?

(Abg. T i t t m a n n [DVU])

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) lehnt den Antrag ab.

Älter werden im Betrieb Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 12. September 2000 (Drucksache 15/455)

Wir verbinden hiermit:

Älter werden im Betrieb Mitteilung des Senats vom 7. November 2000 (Drucksache 15/517)