Herr Präsident, meine Damen und Herren! Da wir ja erfreulicherweise an einem Strang ziehen, was dieses Thema der gemeinsamen Fischereipolitik anbetrifft, darf ich es hier kurz machen. Auch in den Augen des Senats ist die bisherige gemeinsame Fischereipolitik nicht zufriedenstellend. Insofern begrüßen wir, dass diese längst überfällige Diskussion nun in Gang gekommen ist, das heißt, eine öffentliche Debatte jetzt eingeleitet worden ist, auf deren Grundlage umfassende Ergebnisse in die förmlichen Vorschläge der EU bis zum Jahresende eingehen können für eine neue Orientierung dieser gemeinschaftlichen Fischereipolitik ab 2003.
Insofern begrüßt der Wirtschaftssenator die Vorlage des Grünbuches der EU und hält wie die Kommission eine Verbesserung der Situation für dringend erforderlich. Grundsätzlich werden wir die Ziele und Maßnahmen der Kommission unterstützen, das heißt die mittelfristige Erreichung der prioritären Ziele, den Wiederaufbau der Fischbestände und die Organisierung einer nachhaltigen, möglichst umweltverträglichen und natürlich auch rentablen Ressourcennutzung. Diese Ziele werden ja inzwischen auch von der entsprechenden Industrie, auch gerade Unternehmen in Bremerhaven, unterstützt.
Zu den einzelnen im Grünbuch dargestellten Problembereichen befinden sich die Länder zurzeit in einer intensiven gemeinsamen Diskussion mit dem Bund auf der einen und der betroffenen Fischwirtschaft auf der anderen Seite, und – dies wurde mehrfach heute angesprochen – natürlich beteiligen auch wir uns an dieser Diskussion, zunächst einmal mit einem Hearing in der Fischereihafendeputation. Der Senator für Wirtschaft als zuständige Fachbehörde wird die Positionen, die sich aus dieser Diskussion ergeben werden, weiterhin einbringen, wird sich intensiv einklinken in die Erarbeitung und Ausgestaltung der notwendigen Umsetzungsschritte, und wir werden natürlich genau zu überprüfen haben, welche Auswirkungen diese Umsetzungsschritte auf den Fischereihafenstandort Bremerhaven haben. Wir werden prüfen, wir werden hinterfragen, wir werden die notwendigen Änderungs- und Ergänzungsvorschläge konsequent in die verschiedenen Gremien einbringen.
Zum Institut für Fischereiökologie, auch dies ist hier angesprochen worden: Ich kann nur sagen, leider liegt bis heute eine Zusage von Frau Künast nicht vor, obwohl alle Daten und Fakten für den erstklassigen Fischereistandort Bremerhaven sprechen, obwohl wir vom Grundstück bis hin zu den technischen Vorgaben alle vom Bund gestellten Anforderungen hervorragend erfüllen können. Insofern kann auch ich mich der Bitte von Frau Hannken nur anschließen: Es wäre gut, wenn die Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen uns bei der Ansiedlung des Instituts für Fischereiökologie behilflich sein könnte! – Herzlichen Dank!
Es ist die Überweisung zur Beratung und Berichterstattung an die staatliche Deputation für den Fischereihafen beantragt worden. Ich lasse deswegen über den Überweisungsantrag abstimmen.
Wer den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen mit der Drucksachen-Nummer 15/741 zur Beratung und Berichterstattung an die staatliche Deputation für den Fischereihafen überweisen möchte, den bitte ich um das Handzeichen!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte zunächst den Antrag der Grünen einführen. Er lautet „Gentechnik in der Medizin – Verantwortung für die Zukunft übernehmen“. Ich werde also jetzt zum Bereich der roten Gentechnik reden. Wir hatten ja gestern schon die graue und die blaue Gentechnik angesprochen. Der wesentlich größere andere Bereich ist die so genannte grüne Gentechnik, das heißt die Anwendung gentechnischer Verfahren in der Landwirtschaft. Man muss aber deutlich vorher sagen, worüber man redet. Das ist wirklich für die Bewertung entscheidend, das heißt, wir werden uns hier in der Debatte mit der roten Gentechnik beschäftigen.
Die rote Gentechnik wirft weitreichende Zukunftsfragen in ethischer Hinsicht auf. Es handelt sich nämlich hier um eine neue Dimension von Eingriffen. Unser Bild vom Menschen, von der Gesellschaft und unser Verständnis von Krankheit, Gesundheit und Behinderung werden sich durch diese Technik deutlich verändern. Hier ist auch zu betonen, dass insbesondere die Frauen davon betroffen sein werden.
Die Dynamik der Genforschung und der Gentechnik stellt Gesellschaft und Staat vor ethisch schwierige und komplexe Entscheidungen. Die Aufgabe der Politik ist es, die Entscheidungsprozesse demokratisch zu organisieren. Dazu gehört eine breite gesellschaftliche Debatte sowie wissenschaftliche Beurteilungen, die über die tatsächlichen Leistungen und Risiken der Gentechnologie aufklären, und zwar in einem interdisziplinären Kontext. Die Gesellschaft muss sich darüber verständigen, welche Chancen sie nutzen will, welche Risiken sie meiden will und wo die ethischen Grenzen gezogen werden.
Es herrscht ein breiter gesellschaftlicher und politischer Konsens in der Frage, dass natürlich ein rechtlicher Rahmen geschaffen werden muss, der Verantwortung für eine behutsame und risikominimieren
de Entwicklung trägt. Nur, was heißt das denn konkret? Der Schutz der Menschenwürde und die Vermeidung unkalkulierbarer Risiken mit extremer Reichweite erfordern eine Selbstbegrenzung bei der Erforschung und Anwendung gentechnischer Verfahren. Dazu gehören Eingriffe in die menschliche Keimbahn, das Klonen von Lebewesen, die verbrauchende Embryonenforschung und die Herstellung befruchteter menschlicher Eizellen zu Forschungszwecken.
Die Forschung und der Import von embryonalen Stammzellen bedeutet nämlich, menschliches Leben zu vernichten, um es anderem menschlichen Leben nutzbar zu machen. Das lassen Grundgesetz und Verfassungsrechtsprechung nicht zu. Wir Grünen fordern Sie daher auf, dafür Sorge zu tragen, dass durch rechtliche Normensetzung und Vereinbarungen solche Grenzen nicht überschritten werden können.
Im Übrigen sei hier an dieser Stelle an aktuelle Forschungsergebnisse erinnert, es hieß ja immer von den Befürwortern der verbrauchenden Embryonenforschung – es grauselt mir immer, wenn ich das ausspreche, wenn man sich das einmal richtig bewusst macht, was es bedeutet –, dass sie für die Heilung unabdingbar sei. Gerade neuere Ergebnisse zeigen, dass man erhebliche Erfolge mit adulten Stammzellen erreichen kann, und die Behauptung, die verbrauchende Embryonenforschung sei unbedingt erforderlich, hat sich selbst überlebt.
Eine zweite Forderung von uns ist, sich dafür einzusetzen, dass das interdisziplinäre Wissen für eine fundierte Risiko-Nutzen-Abwägung erarbeitet und in einen breiten gesellschaftlichen Diskurs eingebettet wird. Bezogen auf die Gesellschaft als Ganzes ist nämlich nur so abschätzbar, ob wir überhaupt alles können werden, was zu können behauptet wird. Nur so sind die Risiken überhaupt annähernd beurteilbar.
Das sind alles Fragen, die heute von der Gesellschaft überhaupt nicht hinreichend beantwortet werden können. Es überwiegen, und das ist das Erschreckende, die Aussagen der so genannten Experten und Expertinnen, der Genforscher und Genforscherinnen. Ihnen darf doch nicht die Entscheidung überlassen werden, wohin sich unsere Gesellschaft bewegt.
Ich möchte es hier mit den Worten von Herrn Professor Friedrich Cramer formulieren, der es aus meiner Sicht sehr treffend auf den Punkt gebracht hat: „Die Genomforschung, an dessen Ursprüngen ich beteiligt war, ist vollkommen ausgerastet und dem klugen Nachdenken und dem wissenschaftlichen Gefühl entglitten, ein wissenschaftliches Fingerspitzengefühl. Allein schon die Tatsache, dass Menschenaffen und Mensch ein zu 99 Prozent gleiches Ge
nom besitzen, sich aber offensichtlich doch mehr als um ein Prozent unterscheiden, muss das jedermann klar machen. Und mit der Banane sind wir ausweislich der Gensequenz immerhin noch zu 30 Prozent verwandt, die Banane ist also unsere Cousine.“ Eine sehr treffende Darstellung für die Situation, in der wir uns zurzeit befinden!
Dass trotz solchen Wissens Genforschern und Genforscherinnen unbegründeterweise eine dermaßen große Aufmerksamkeit und auch Achtung gezollt wird, das erschreckt mich. Offensichtlich bin ich die Einzige oder zähle zu den Wenigen, die sagen, aber es ist auch – ich muss jetzt einmal drei Takte zur Wissenschaft sagen – der Ausdruck eines überholten biologischen Determinismus.
Es ist der biologische Determinismus, der behauptet, dass man durch ein im Erbgut festgelegtes Programm Zusammenhänge und Realitäten antizipieren könnte. Es ist aber ein überholtes Kausalmodell. Es verfehlt die aus der zirkulären Dynamik eintretenden Realitäten. Dafür gibt es auch wissenschaftliche Beweise, und es handelt sich gerade bei Organismen um besondere Systeme. Es gibt hier eine breite Wissenschaftsrichtung zu dynamischen Systemen, die aufzeigen kann, dass man Manipulationen an solchen Systemen nicht steuern kann. Das heißt, hier können Manipulationen in ungeahnten und auch nicht vorausschaubaren Katastrophen enden, und das muss man auch einmal hier zur Kenntnis nehmen.
Es erstaunt mich auch immer ein bisschen, denn es ist der Reduktionismus, der heute wieder vorherrscht, und manchmal denke ich, irgendwie sind sie jetzt alle ausgerastet. Wenn man in der „Zeit“ die Stellenanzeigen liest, dann sieht man, es geht alles nur noch um Genforschung und Genomforschung und so weiter. Wer, bitte, stellt das einmal wieder in einen gesellschaftlichen Kontext? Wer stellt das einmal wieder in den Zusammenhang, den die Gesellschaft dann als Ganzes ausmacht? Da wird überhaupt nicht mehr geforscht!
Dass sich das auch gerade dann noch die Politiker und Politikerinnen nicht einmal irgendwie vorstellen können! Wie viele Entscheidungen haben Sie denn aus diesem Haus, meine Damen und Herren, getroffen, bei denen Sie vom einfachen „Wenn ich das mache, passiert das“ ausgegangen sind? Wenn es dann aber in der Realität umgesetzt wurde, ist doch in den meisten Fällen etwas ganz anderes herausgekommen. Dabei handelt es sich in der Stadt
Das sind noch einmal zusammengefasst zwei Forderungen des Antrags der Grünen, nämlich bestimmte Grenzen wie Klonen und verbrauchende Embryonenforschung nicht zu überschreiten und eine Forschung zu unterstützen, auf deren Grundlage erst überhaupt Chancen und Risiken fundiert beurteilt werden können. Auch wenn ein breiter öffentlicher Diskurs erforderlich ist und natürlich auch noch viele Fragen der roten Gentechnik offen sind, müssen wir anfangen, die Argumente auszutauschen. Worthülsen wie gestern von Frau Tuczek, keine ethisch bedenklichen Produkte zu unterstützen, sind da wenig hilfreich. Welche Produkte sind denn gemeint?
Genauso wenig hilfreich ist der Antrag der großen Koalition. Er ist nichts anderes als ein Wegducken, meine Damen und Herren! Wann wollen Sie denn bitte schön anfangen, sich zu positionieren? Sie erwarten in Ihrem Antrag eine bundesweite Debatte über die ethischen Grenzen. Klasse! Da sage ich: Gehören Sie nicht dazu, dass Sie die Debatte jetzt nicht hier und heute führen können? In Ihrem Antrag wird keine Position bezogen.
Ich komme gleich noch zu Ihrem Antrag, ich werde dazu auch noch einmal etwas im Einzelnen sagen, aber nicht in diesem ersten Beitrag!
Ich finde, dieser Antrag, den Sie ja auch noch vorstellen werden, ist ein Wegducken, der Bundestag war da mutiger. Die Abgeordneten haben sich der schwierigen Herausforderung als Einzelpersonen ohne eine parteirichtungsmäßige Auslegung gestellt. Ich finde das richtig, wenn nämlich die Parlamente nicht anfangen, sich zu positionieren, wer denn dann? Wir können nicht sagen, Gesellschaft, positioniere dich, aber wir nicht, wir sagen erst einmal nichts dazu!
Wir haben nicht mehr viel Zeit. Weltweit werden Fakten geschaffen. Die Gentechnikanwendungen schreiten in einem atemberaubenden Tempo voran. Wenn wir die größte Herausforderung unserer Epoche gewinnen wollen, dann müssen wir zügig und permanent hieran arbeiten. Professor Dr. Julian Nida-Rümelin hat im Juni in diesem Hause eine ganz entscheidende Frage formuliert. Ich möchte mit dieser Frage schließen. Ich finde, sie gibt sehr viel zu denken, mir hat sie das jedenfalls gegeben, auch wenn ich nicht mit allem in seinem Beitrag Gesagten übereinstimme: „Wird die Gesellschaft die Reife erlangen, sich selbst ethische Grenzen zu setzen? Gelingt uns der Übergang zu einem ethischen Humanismus?“
Das ist aus unserer Sicht eine Kernfrage. Ich finde, wir sollten auch heute beginnen, dies in diesem Hause zu diskutieren.