Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) stimmt den Punkten eins und sechs des Antrags und damit insgesamt dem Antrag zu.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, sehr geehrte Frau Senatorin Wischer, sehr geehrte Frau Senatorin Adolf, sehr geehrter Herr Staatsrat! Das Thema illegale Beschäftigung und Schwarzarbeit hat in dieser Legislaturperiode schon mehrfach dieses Haus beschäftigt, und auch in der vergangenen Legislaturperiode, 1998, wurde hier über die Einrichtung einer Ermittlungsgruppe gegen illegale Beschäftigung und Schwarzarbeit debattiert. Diese Ermittlungsgruppe wurde hier auch im Hause beschlossen und noch einmal in dieser Legislaturperiode, weil noch nichts geschehen war, erneut in Auftrag gegeben. Ich stelle als erstes hier die Frage, ob es heute diese Ermittlungsgruppe gegen illegale Beschäftigung und Schwarzarbeit gibt, und erbitte hierzu auch ausdrücklich eine Stellungnahme der Senatoren. Bremen braucht endlich ein Landesvergabegesetz! Das haben auch eindrucksvoll die Zeitungsartikel in der letzten Zeit gezeigt, die noch einmal geschildert haben, was auf den Baustellen im Land Bremen los ist. Wir finden, wir brauchen so ein Gesetz, das vorschreibt, dass öffentliche Aufträge, die das Land oder die Stadt erteilt, nicht einfach nur an den wirtschaftlichsten Anbieter gehen, sondern dass hier auch andere Fragen eine entscheidende Rolle spielen müssen. Die öffentliche Hand nimmt mit der öffentlichen Auftragsvergabe nicht nur wirtschaftliche Aufgaben wahr, sondern sie hat damit auch die Möglichkeit, gesellschaftliche Ziele zu verfolgen. Wir finden sogar, sie hat die Verpflichtung dazu.
Welche Ziele könnten das sein? Unserer Meinung nach kann der Staat dafür Sorge tragen, dass keine Dumpinglöhne gezahlt werden, dass tarifliche und soziale Standards auch auf Baustellen durchgesetzt werden, dass verstärkt Frauen- und Familienförderung von der Privatwirtschaft eingefordert wird und dass Ausbildungsplätze geschaffen werden, entweder von den Unternehmen allein oder im Verbund. Zum Punkt eins, Tariftreue! Wir wollen Tariftreue als Voraussetzung für die Vergabe von öffentlichen Aufträgen, weil wir uns heute in der Bauwirtschaft in einem Lohndumpingwettlauf befinden. Es geht also wirklich um dramatische Zustände. Das Unternehmen, das die geringsten Löhne bezahlt, hat heute die größte Chance, den öffentlichen Auftrag zu bekommen. Hier bleiben tariflich vereinbarte Standards auf der Strecke. Das finden wir nicht hinnehmbar!
Wir wollen ein Gesetz schaffen, das auch ausländische Arbeitnehmer vor Lohndumping und moderner Sklaverei schützt. Die betroffenen Billigarbeiter ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
sind das schwächste Glied in der Kette, und wenn die Politik hier die Augen verschließt, dann schürt sie Ausländerfeindlichkeit und sozialen Unfrieden mit.
Das ist nach Meinung der Grünen verhinderbar und vermeidbar. Es ist auch unsere Aufgabe als Politiker, dafür Sorge zu tragen, dass gesellschaftlich so etwas nicht passiert.
Zum Punkt zwei, Frauenförderung und Familienförderung! Das ist sicherlich, wenn man das mit der Bauwirtschaft verbindet, eine etwas schwierige Forderung. Aber ich finde, es steht dem Land Bremen gut zu Gesicht, von Privatfirmen einzufordern, dass sie sich Gedanken machen, wie sie die Gleichstellung der Geschlechter auch in ihrer Branche fördern und wie sie es schaffen, Familien auch bestimmte Arbeitsstrukturen anzubieten. Das fängt beim Thema Betriebskindergärten an und geht bis zur Arbeitszeitgestaltung. Auch hier kann das Land Bremen Unternehmen auffordern, dass sie sich Gedanken machen müssen und somit auch etwas Positives in Gang setzen.
Drittens, wer Jugendliche ausbildet, soll nach Meinung vom Bündnis 90/Die Grünen bei der öffentlichen Auftragsvergabe künftig bevorzugt behandelt werden. Immer noch haben wir einen Mangel an betrieblichen Ausbildungsplätzen. Eigentlich gibt es gerade in der Baubranche eine ganz vorbildliche Regelung. Ich war total erstaunt, als ich das das erste Mal gehört habe: Die Betriebe, die nicht ausbilden, zahlen in eine Kasse ein, diejenigen, die ausbilden, bekommen aus dieser Kasse Geld, also so etwas wie eine Umlagefinanzierung, sehr lobenswert! Aber nicht alle Betriebe halten sich an diese Umlage, und das führt zu Wettbewerbsverzerrung. Politisch ist das nicht hinnehmbar!
Diese von mir genannten Kriterien müssen aber meiner Ansicht nach nicht nur von einem Generalunternehmer, also dem Hauptunternehmer, erfüllt werden, mit dem der Vertrag abgeschlossen wird, sondern es ist heute üblich, und das haben wir ja in diesem Haus auch schon mehrfach gehört, dass der Unternehmer mit einem Subunternehmer einen Vertrag abschließt, der wiederum mit einem Subsubunternehmer, und dann wird die Kette fortgesetzt. Es ist notwendig, dass dieser Generalunternehmer haftet und dafür Sorge trägt, dass die Subunternehmer tarifliche und soziale Standards einhalten.
Außerdem fordern wir mit unserem Antrag, dass der Senat für stärkere, bessere, effizientere Kontrollen sorgen soll. Hier noch einmal meine Frage: Gibt es diese Ermittlungsgruppe gegen Schwarzarbeit und illegale Beschäftigung oder nicht, wenn es sie nicht gibt, warum? Dann, muss ich sagen, wäre das ein Skandal, und darüber müssten wir noch einmal hier mit der großen Koalition ein paar ernste Worte reden.
Die Kontrollen entdecken bisher nur die Spitze des Eisbergs. Zufallsfunde verdeutlichen die Dreistigkeit. Frau Lemke-Schulte hat ja eine Pressemitteilung gemacht, auch die SPD erwartet, dass die Vorfälle um den Bau der Messehalle sieben aufgeklärt werden. Meine Damen und Herren, auch in diesem Fall sind wir für Rechtssicherheit! Unternehmen sollten sich darauf verlassen können, wenn sie gegen das Gesetz verstoßen, auch erwischt und dafür sanktioniert zu werden.
Genauso muss es angemessene Strafen geben! Die Höhe der Geldstrafen ist viel zu niedrig, 10 000 DM Bußgeld bezahlen die Herren oder Damen dann eben aus der Portokasse, die sie durch untertarifliche Bezahlung eingespart haben. Auch das ist politisch eigentlich ein Skandal! Es sollte geprüft werden, dass die Firmen, die gegen die Tariftreue verstoßen, von der öffentlichen Auftragsvergabe ausgeschlossen werden. Ich denke, das ist eine Selbstverständlichkeit.
Meine Damen und Herren, wir als Bremische Bürgerschaft sind aufgefordert, Grundlagen für einen fairen Wettbewerb zu schaffen. Bayern, Berlin, das Saarland und Sachsen-Anhalt haben bewiesen, dass man mit ein bisschen politischem Mut auch einiges bewegen kann. Diese Länder haben ein Landesvergabegesetz verabschiedet und fahren politisch sehr gut damit. Das hat auch nicht zu Kostensteigerungen geführt, wie so oft behauptet wird.
Aussitzen, liebe große Koalition, gilt nicht! Bei meinen Besuchen auf verschiedenen Baustellen hat mich eines erschreckt: dass die Leute, die dort arbeiten, überhaupt sich von der Politik in Bremen gar nichts mehr erwarten, die Meinung vertreten, dass es sowieso egal ist, was bei ihnen auf den Baustellen passiert, dass die Politik sich da heraushält und die Augen davor verschließt. Wenn man Politikverdrossenheit einmal sehen wollte, dort hat man sie gesehen, und das hat mich am allermeisten erschreckt.
Wir haben bisher weder eine unabhängige Vergabeprüfstelle, und darum brauchen wir auch ein Landesvergabegesetz, noch haben wir Regelungen, die für Unternehmen und Betriebe gelten, die vom Land oder seinen Städten beherrscht werden. Dies knüpfen wir an ein Landesvergabegesetz, und des
halb können wir auch nicht auf ein Bundesvergabegesetz warten. Herrn Eckhoff – er ist nun leider nicht da – und auch den anderen Politikern hier im Hause empfehle ich: Besuchen Sie Baustellen, reden Sie mit Polieren, machen Sie Ihre Augen auf, sehen Sie, was dort los ist, dann werden auch Sie merken, liebe große Koalition, Sie müssen endlich handeln! Dieser Antrag, den Sie hier heute vorlegen, zeigt nur, dass Sie nicht der Motor sind in diesem Land, sondern dass Sie hier voll auf der Bremse stehen und eine wichtige politische Entscheidung verhindern.
Herr Präsident, meine Damen, meine Herren! Im Kern, Frau Kollegin Stahmann, hätte ich natürlich dieselbe Rede hier halten können, aber nur im Kern.
Mir würde es richtig gut gefallen, wenn Herr Focke gleich dieselbe Rede hielte, dann wären wir richtig einen Schritt weiter, aber dann wird es ja noch spannend. Wo ich Ihnen widersprechen muss und auch will, weil ich es ja kenne, ist, dass die Menschen auf der Baustelle sich von der Politik nichts mehr erwarten. Sie erwarten sich schon noch etwas. Sie erwarten sich von uns, dass wir sie schützen, dass wir uns vor sie stellen, dass wir ihnen helfen, dass wir ihnen Hilfestellungen bieten, damit sie in Ruhe und ordentlich arbeiten können zu ordentlichen und angemessenen Bedingungen. Das ist das, was sie von uns erwarten.
Wir haben ja eben schon ein bisschen in die Vergangenheit geschaut, ich mache das auch: 1999 haben wir hier debattiert, die SPD-Bürgerschaftsfraktion hat sich für die Erarbeitung eines Landesvergabegesetzes ausgesprochen. Wir wollen Wettbewerbsverzerrung vermeiden, wir wollen Dumpinglöhne und illegale Beschäftigung bekämpfen, wir wollen, dass die Vergabeordnung auch für privatisierte Gesellschaften gilt, wir wollen mehr Transparenz in den öffentlichen Auftragsvergaben haben, und wir wollen, dass die auftragnehmenden Firmen die Aufträge im eigenen Betrieb abarbeiten.
passiert, das würde ich nicht teilen, sondern es ist ein kleines bisschen passiert in der Vergangenheit. Wir haben erreicht, das der Senator für Bau bei den Hochbauaufträgen eine Tariftreueerklärung prüft. Das ist der Ansatz im Hochbau. Im Vergabeausschuss, den es beim Senator für Bau gibt, prüfen wir das auch. Da wird darauf geachtet, dass die Aufträge so herausgegeben werden, wie ich sie eben beschrieben habe.
Wir haben hier 1998 beschlossen – ich weiß das genau, weil ich es beantragt habe –, dass wir zusätzliches Personal einstellen, um illegale Beschäftigung zu bekämpfen, herausgekommen ist eine Sonderermittlungsgruppe, die Schwarzarbeit bekämpft. Ich habe mit den Leuten gesprochen, wir waren da und haben sie besucht. Das ist eine engagierte Truppe, gute Leute, die richtig etwas machen wollen, die engagiert losgelegt haben und auch etwas tun. Was uns bisher fehlt, sind Ergebnisse der gemeinsamen Ermittlungsgruppe Arbeit – aber ich gehe davon aus, dass die Senatorin gleich auf Ihre Frage antworten wird, darum will ich das nicht vorwegnehmen –, die illegale Beschäftigung bekämpfen soll.
Das sind aber nicht die Einzigen in Bremen, die illegale Beschäftigung bekämpfen, sondern es gibt die Zollbehörde, es gibt das Arbeitsamt, die Arbeitsverwaltung und andere. Ich kenne einige von den Ermittlern und weiß, dass dort auch gute Arbeit geleistet wird.
Wir haben auch erreicht, und das ist ja in unserem Antrag nachzulesen, dass sich unser geschätzter Koalitionspartner nicht mehr vollständig gegen ein Vergabegesetz sperrt. Das haben wir auch erreicht.
Bremen hat der Gesetzesinitiative von NordrheinWestfalen zugestimmt, dem haben auch wir zugestimmt. Da sind wir einen Schritt weitergekommen. Dann haben wir, wie es im Koalitionsvertrag vereinbart ist, den Weg in Richtung zu einem Landesvergabegesetz gefunden. Wenn wir jetzt auch noch den Wirtschaftssenator bewegen könnten, dass er bei den bremischen Gesellschaften wie der BIG, Großmarkt GmbH, HVG und so weiter die Vergaberichtlinien und vor allem deren Einhaltung prüfen würde, dann wären wir richtig einen Schritt weiter.