Protokoll der Sitzung vom 25.09.2001

Die Aussage, dass Kinder immer häufiger falsch ernährt werden, Übergewicht und ein eklatanter Bewegungsmangel registriert werden, was dann wie

der zu Haltungsschäden führt, ist allerdings bedenklich. Hier gibt es dann zwei gute Möglichkeiten, die ich auch benennen möchte: erstens, die vielfältigen Selbsthilfegruppen mit dem dort versammelten ehrenamtlichen Engagement zu stärken und, zweitens, Eltern und Kinder immer wieder auf die hervorragende Arbeit der Bremer und Bremerhavener Sportvereine hinzuweisen. Meine beiden Vorrednerinnen haben ganz viel über Ernährung gesagt, darin steht aber auch etwas über Bewegung. Bewegung macht man in den Sportvereinen. Die Arbeit, die in den Selbsthilfegruppen und vor allen Dingen in den Sportvereinen geleistet wird, kann in diesem Zusammenhang gar nicht hoch genug bewertet werden. Wir, die CDU-Fraktion, wollen das nicht nur erhalten, sondern auch ausbauen, deshalb haben wir das hier noch einmal in diese Debatte eingefügt!

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, die Sportvereine bieten vom Babyalter bis in die dritte Lebensphase den Menschen in Bremen und Bremerhaven eine vielfältige und abwechslungsreiche Palette, die Freude macht, Menschen zusammenführt und für ganz wenig Geld mit viel ehrenamtlichem Einsatz eine präventive Gesundheitsförderung betreibt und anbietet, die ihresgleichen sucht. Hierauf sind wir auch stolz.

Meine Damen und Herren, dafür muss man allerdings dahin gehen, den Computer zur Seite schieben, das kuschelige Sofa verlassen und das Fernsehgerät abstellen. Dies bleibt selbstverständlich weiterhin die ganz persönliche Entscheidung von Eltern und Kindern. Wir, die Politik gemeinsam mit Sportvereinen und Selbsthilfegruppen, können nur appellieren: Nehmen Sie bitte die tollen Angebote wahr, haben Sie Spaß und Freude am Sport, bleiben Sie gesund, und bleiben Sie fit! – Ich danke Ihnen!

(Beifall bei der CDU)

Als Nächste erhält das Wort die Abgeordnete Frau Stahmann.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit der Großen Anfrage meiner Fraktion wollten wir jetzt die Welt nicht schlecht machen, sondern es ging uns einfach darum, eine valide Datenbasis zu bekommen und das Thema Kindergesundheit verstärkt in den Mittelpunkt des politischen Handelns zu rücken.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Schließlich waren es ja die europäischen Gesundheits- und Sozialminister, die sich im Jahr 1999 zusammengesetzt und gesagt haben, das Thema „Um

welt und Gesundheit“ möchten wir jetzt verstärkt politisch bearbeiten, und das Thema „Kindergesundheit“ verlangt nach nationalen Aktionsplänen. Es wurde, wie wir von der Sozialdeputationsreise aus England ja wissen, eine „Agenda for Action“ verabschiedet. Die Länder, die Bundesrepublik und auch die Bundesländer, sind aufgefordert, sich an einem bundesweiten Programm „Umwelt und Gesundheit“ zu beteiligen.

Die Große Anfrage der grünen Bürgerschaftsfraktion thematisiert auch die Frage nach dem Zusammenhang zwischen Gesundheit und sozialer Lage bei Kindern und Jugendlichen. Wirkt sich die soziale Situation der Familien auf die Gesundheit der Kinder und Jugendlichen aus? Das hat uns interessiert. Beeinflusst Armut den Gesundheitszustand der Kinder? Ich muss sagen, nach dem Lesen der Großen Anfrage lautet meine Antwort, auch die Antwort meiner Fraktion: Ja! Wenn Kinder in schlechteren sozialen Situationen leben, haben sie einen deutlich schlechteren Gesundheitszustand. Dieser Zusammenhang wurde bisher viel zu sehr vernachlässigt, das müssen wir ändern!

Wir sind politisch aufgefordert, das im Landtag zu thematisieren und nicht nur an die Bevölkerung zu appellieren. Es ist ja richtig, wenn Sie sagen, Eltern stehen in der Verantwortung, das ist ein sehr wichtiger Ansatz. Es wird auch in der Antwort auf die Große Anfrage immer wieder darauf hingewiesen, dass viele Dinge, gerade Ernährung mit Erziehung, zusammenhängen, aber es gibt Faktoren, die Eltern nicht beeinflussen können. Ich werde gleich noch einmal explizit am Thema „Arbeitslosigkeit“ darauf eingehen, was eigentlich der größte psychosoziale Stressor für Familien ist, der auch bei den Kindern deutlich gespürt wird und die Gesundheit folglich beeinträchtigt.

Wir können es nicht hinnehmen, dass Kinder aus sozial benachteiligten Familien kränker sind als Kinder aus guter sozialer Lage. Wir können es nicht hinnehmen, dass Kinder mit einem Handikap starten und damit benachteiligt sind. Ich denke auch, dass die Senatorin das erkannt hat. Diese Aktion „Fünf Mal am Tag“, Frau Dreyer hat es angesprochen, gesunde Ernährung im Kindergarten, ist ein guter Ansatz. Das hat nicht nur die Deutsche Krebsgesellschaft allein in die Wege geleitet, von mir wurde auch registriert, dass die Senatorin dieses Thema verstärkt in die Kindergärten holt.

Wir haben den Senat gefragt: Welche Unterschiede im Gesundheitszustand der Kinder und Jugendlichen gibt es zwischen den Stadtteilen in Bremen und Bremerhaven? Wie erklärt der Senat diese Unterschiede? Die Antwort des Senats auf die Große Anfrage sagt unmissverständlich, dass der Gesundheitszustand der Kinder auch von der sozialen Lage der Familien beeinflusst werden kann. Je geringer der Sozialstatus desto höher ist bereits im Vorschulalter die Häufigkeit zu erkranken. Hier wurde das

Thema Adipositas, also Übergewicht oder Fettleibigkeit, angesprochen. Das zeigt für Bremen eine vorliegende Sozialraumanalyse, die allerdings nicht an die Große Anfrage geheftet war.

Für Bremerhaven gibt es leider derartige Untersuchungen nicht, das würden wir uns für die Zukunft wünschen. Wir werden das Thema auch in die Stadtverordnetenversammlung in Bremerhaven einbringen. Frau Tuczek, ich höre schon Ihre Äußerungen! Das ist uns auch wichtig gewesen, wir werden uns dort auch noch mit unseren Kolleginnen und Kollegen zusammensetzen.

Der Gesundheitszustand der Kinder und Jugendlichen in Bremen unterscheidet sich nach Stadtteilen. Da, denke ich, sind wir politisch aufgefordert, in der Kinder- und Jugendpolitik und in der Sozialpolitik zu sehen, welche Stadtteile besonders benachteiligt sind und welche Einrichtungen wir verstärkt in den Blickpunkt nehmen müssen. Kinder aus sozial benachteiligten Wohnquartieren weisen höhere Gesundheitsrisiken auf, nehmen in geringerem Umfang an Krankheitsfrüherkennungsmaßnahmen teil, sind schlechter geimpft und erkranken dadurch auch häufiger. Ich denke, das sind Erkenntnisse, die man sich noch einmal bewusst machen soll.

Wir fragten auch: Welche Erkenntnisse hat der Senat zur gesundheitlichen Situation der in Armut aufwachsenden Kinder und Jugendlichen im Vergleich zu den nicht in Armut lebenden Kindern und Jugendlichen? Dabei kam heraus, Kinder leiden besonders unter der Armut. Die Folgen der Armut erstrecken sich beispielsweise auch auf die Gesundheit, die gerade Familien betrifft, in denen die Eltern arbeitslos sind. Wenn die Eltern arbeitslos sind, so stellen Forscher fest, rauchen sie auch häufiger, trinken häufiger, und es finden zu Hause auch oft häufiger Situationen statt, in denen Kinder mitbekommen, dass das Leben nicht so einfach ist. Das setzt Kinder unter Druck und ist ein richtiges Problem. Wie geht man damit künftig politisch um?

Es wird auch darauf hingewiesen, dass die Sterblichkeit von Säuglingen nach der Geburt in gesellschaftlich benachteiligten Gruppen zweimal bis dreimal so hoch ist wie in den oberen sozialen Schichten, der Unfalltod zweimal so häufig ist und auch Krankheiten, vor allem chronische Krankheiten, deutlicher auftreten. Das sagt auch ein Bericht aus Niedersachsen, das nicht so weit von uns entfernt ist.

Besonders hervorheben möchte ich noch einmal die Studien der AWO zur Kinderarmut, den zehnten Kinder- und Jugendbericht der Bundesregierung und den Bericht zur sozialen Lage, den ersten Armutsbericht und Reichtumsbericht der Bundesregierung. Dort werden auch noch einmal deutlich die Defizite der Familienpolitik aufgedeckt, der alten Bundesregierung der CDU, CSU und FDP nicht zu vergessen!

Während wir vor Jahren das Phänomen hatten, dass Armut in Deutschland eine Altersarmut war, ist Armut mittlerweile jung geworden. Sie betrifft in erheblichem Ausmaße Familien mit Kindern, ist erschreckend angewachsen und betrifft auch sehr viele Alleinerziehende. Inzwischen lebt in Deutschland jedes siebte Kind unterhalb der Armutsgrenze. Wenn wir diese Zahlen auch nicht abgefragt haben, müssen wir davon ausgehen, dass auch in Bremen und explizit in Bremerhaven die soziale Lebenssituation von Kindern stärker thematisiert werden muss.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Sehr verehrte Damen und Herren, zum Vergleich: In Niedersachsen liegt die Armutsquote mit 11,7 Prozent deutlich über dem Schnitt der westdeutschen Bundesländer von 9,1 Prozent. Das ist die Antwort der niedersächsischen Landesregierung auf eine Große Anfrage zum Thema „Soziale Lebenssituation von Kindern und Jugendlichen in Niedersachsen“. Gerade Regionen mit hoher Arbeitslosigkeit sind kein leichtes Pflaster, und das ist für Familien mit Kindern nicht einfach. Geld ist nicht alles, sagte heute schon mein Kollege Mützelburg, aber ohne Geld ist auch alles nichts. Materielle Armut ist auch häufig mit einer unzureichenden Versorgung im sozialen und kulturellen Bereich verknüpft. Dadurch sind Kinder auch in ihren Entwicklungschancen massiv benachteiligt.

Ich will jetzt gar nicht in einen Wettstreit mit Ihnen über die besten familienpolitischen Strategien auf Bundesebene treten. Mir geht es auch darum, dass wir hier auf Landesebene Maßnahmen ergreifen und dieses Thema in das Zentrum unseres politischen Handelns holen. Daraus leite ich ab, dass wir gezielte ressortübergreifende Programme der Jugendhilfe, der Schulpolitik, der Sozial- und Gesundheitspolitik und der Wohnungspolitik brauchen. Das Thema „Bewegungsmangel“ hängt auch ganz stark mit der Stadtentwicklung und der Verkehrsplanung in der Stadt zusammen. Das ist von der großen Koalition bisher noch nicht so thematisiert worden. Ich denke, damit müssen wir uns auch im Landtag stärker auseinander setzen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Eine besondere Bedeutung kommt den Kindertagesstätten und den Schulen zu. Dort, finde ich, muss alles daran gesetzt werden, um nicht gar eine gesundheitliche Kluft entstehen zu lassen. Der Sozialpädiatrische Dienst des Gesundheitsamtes weist darauf hin, dass derzeit nicht alle Kinder von notwendigen Förderangeboten im Gesundheitsbereich erreicht werden können, da diese außerhalb der Regelangebote stattfinden. In Bremen besuchen fast alle Kinder, etwas mehr als 97 Prozent, die Kindertageseinrichtungen. Förderangebote, meine Damen

und Herren, müssen in den Kindergärten als Regelangebote stattfinden,

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

erstens sind sie dann wirkungsvoller, weil Kinder am besten auch voneinander lernen, auch durch Zusehen, zweitens unterstützen sie die Familien wirkungsvoll, weil man dann nicht extra durch die ganze Stadt zum Beispiel zum Logopäden reisen muss. Es ist nämlich oft ein schwieriges Geschäft, das alles unter einen Hut zu bringen, zumal wenn man nicht nur ein Kind hat, sondern gleich mehrere Kinder. Ich denke auch, dass wir uns über einen Ausbau der bisherigen Angebote von Kinderärzten unterhalten müssen.

Wir haben eine große Resonanz auf die Große Anfrage bekommen, das möchte ich an dieser Stelle auch noch einmal sagen. Wir sind von vielen Kinderärzten angesprochen worden, ich persönlich auch, die auch noch einmal die wirklich gute Arbeit des Gesundheitsamtes, die außerordentlich gute Zusammenarbeit mit dem Sozialpädiatrischen Dienst hervorgehoben haben. Mir wurde auch noch einmal ganz deutlich, dass wir zwar eine AngebotsKomm-Struktur haben, wir aber auch noch mehr Angebote machen müssen, die für die Familien leichter erreichbar sind, mit niedrigschwelligen Angeboten in den Kindergärten, einer stärkeren Verzahnung – da kommen noch einmal die Eltern ins Spiel – und Erziehungsberatung für Eltern in den Kindertagesstätten. Ich denke, das sind alles Bausteine, über die wir uns noch austauschen können.

Der Weisheit letzter Schluss sind sie nicht, Frau Dreyer, das weiß ich. Aber ich denke, die Antwort auf die Große Anfrage der Grünen ist noch einmal ein Einstieg, um hier im Land Bremen wirklich mehr für die gesundheitliche Situation der Kinder und Jugendlichen zu tun, die ja letztendlich dann auch unsere Zukunft sind. – Danke schön!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Das Wort erhält Frau Senatorin Adolf.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist jetzt hier wieder etwas durcheinander gegangen zwischen Landtag und Stadtbürgerschaft, das lässt sich vielleicht bei so einem Thema auch nicht vermeiden. Wir werden das Thema nachher in der Stadtbürgerschaft noch einmal aufrufen, weil es neben dem großen Rundumschlag, wie es denn um die Gesundheit steht, dann im zweiten Schritt auch darauf ankommt, was wir weiterentwikkeln. Das ist dann kommunale Aufgabe, und deswegen ist es jetzt für Landtagsabgeordnete wahrscheinlich etwas schwierig, im Detail auch über Strategien und Umsetzungen zu sprechen.

Gleichwohl möchte ich an den Anfang meiner Ausführungen einfach noch einmal eine Aussage stellen, die versucht, das, was wir in der Großen Anfrage sehr ausführlich beantwortet und aufgelistet haben, weil wir es auch als ein wichtiges Thema sehen, zu bündeln. Das Gesamtergebnis für mich ist, zunächst einmal festzuhalten, dass sich die Gesundheit von Kindern und Jugendlichen im Land Bremen – und wenn man eben zum Teil Debattenbeiträge anhörte, dann konnte man daran zweifeln – nicht grundsätzlich von anderen Ballungszentren in Deutschland unterscheidet.

Wir haben Probleme mit Kindern und Jugendlichen im gesundheitlichen Bereich, aber die gibt es in so großen Ballungszentren überall. Wir haben aber, gerade was die Stadt Bremen angeht und auch in Bremerhaven, Angebote, die versuchen, da mehr zu tun, mehr für Kinder und Jugendliche zu erreichen, und da können wir uns durchaus bundesweit sehen lassen mit dem, was wir machen. Deswegen also an den Anfang diese Kernaussage und auch noch einmal der Hinweis darauf, dass wir in diesem Land mit präventiven Angeboten nicht so schlecht ausgestattet sind!

(Beifall bei der SPD)

Als Kernaussage darüber hinaus dann auch noch einmal abweichend von Ihnen, Frau Hoch, stelle ich für mich fest, dass es keine akut alarmierenden Signale und auch keine unerkannten Defizite gibt, wenn es um die Gesundheit von Kindern und Jugendlichen im Land Bremen geht. Wir wissen, worum es geht, wir haben Ihnen sehr ausführlich dargestellt, was wir alles schon tun. Wir wissen aber auch, wo es noch Defizite gibt – man kann immer noch mehr tun. Gleichwohl, es gibt nichts, was uns jetzt sofort in Bewegung setzen und uns völlig alarmieren müsste, weil es so einen akuten Handlungsbedarf gäbe. Da weicht meine Zusammenfassung deutlich von Ihrer ab.

Wir müssen uns in diesem Bereich weiterentwickeln wie in allen anderen Politikbereichen auch, weil die Anforderungen anders werden, weil sich das Freizeitverhalten der Familien, der Kinder vermutlich noch weiter verändern wird und sich das Essverhalten zukünftig vermutlich noch weiter zum Negativen verändern wird, wenn wir noch mehr Fastfood in die Familien bekommen. Deswegen müssen auch wir uns mit unseren Strategien und Angeboten weiterentwickeln, aber alarmierend ist das Ganze erst einmal so nicht. Da bitte ich also auch, die Brisanz ein wenig herauszunehmen in der Bewertung dessen, was wir Ihnen geantwortet haben.

Ein wichtiges Detail ist auch für mich: Die Nachfrage und Beteiligung von Kindern an Krankheitsfrüherkennungsuntersuchungen sind zufrieden stellend, sie steigen deutlich an. Das ist für mich auch ein Hinweis darauf, dass das, was wir im Moment

überlegen – die ausgezeichnete Arbeit des Gesundheitsamtes auch im Zusammenhang mit Kinderärzten ist hier eben ja schon von Frau Stahmann betont worden –, wie wir mehr von unseren Angeboten an die Kinder bringen können, die es offensichtlich wegen der sozialen Lage schlimmer trifft als andere, indem wir nämlich sagen, die, die regelmäßig Früherkennung machen, brauchen wir nun nicht auch noch mit unseren staatlichen Instrumenten noch einmal wieder durchzuchecken, sondern wir beschränken uns auf die, die diese Früherkennungsmaßnahmen nicht wahrgenommen haben, weil ihre Eltern das nicht wollen, nicht können oder was auch immer.

Wir wollen uns da verändern, wir wollen da auch positiv weiter vorankommen, und ich würde mich sehr freuen, wenn Sie auch im Zuge der Haushaltsberatungen diesen Weg dann mit unterstützen würden, weil ich glaube, dass es wirklich den Kindern zugute kommen wird, die es vielleicht dringender brauchen als andere.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Wir haben Problembereiche, keine Frage! Natürlich gibt es einen Zusammenhang zwischen Gesundheitszustand und sozialen Verhältnissen. Ich sage aber auch an dieser Stelle ganz klar, Freiheit von wirtschaftlicher Not heißt noch nicht Gesundheit, denn auch in Familien, wo es wirtschaftlich keine Engpässe gibt, könnte zum großen Teil viel mehr für die Gesundheit der Kinder und Jugendlichen getan werden. Wir müssen da mehr tun, aber wir erreichen natürlich – das haben Sie selbst gesagt – die meisten dieser Kinder in unseren Kindertageseinrichtungen der von uns finanzierten Träger. Wir haben da eine gute Chance.

In dem Zusammenhang hat natürlich ein Projekt wie diese Aktion „Fünf Mal am Tag“ eine ganz besondere Bedeutung. Es sind über 100 Kindertageseinrichtungen an dieser Maßnahme beteiligt. Ich sage noch einmal ausdrücklich: Dies ist keine Aktion für 14 Tage, sondern es ist eine Aktion, die uns noch einmal in die Öffentlichkeit bringt, die versucht, ein Bewusstsein zu schaffen für die Probleme von Fehlernährung und was man vielleicht besser machen könnte. Wir bieten in unseren Kindertageseinrichtungen aber seit vielen Jahren gemeinsam mit dem BIPS eine Ernährung an, die den Kindern gerecht wird, die ihnen schmeckt, die aber trotzdem gesund ist.

(Beifall bei der SPD)

Dies ist nur aus einem Programm herausgegriffen, das seit vielen Jahren mit großem Erfolg läuft, womit wir nicht nur den Kindern gute Ernährung bieten, sondern auch den Eltern Anhaltspunkte geben, wie sie sich zu Hause in ihrem Verhalten verändern könnten. Wir wissen alle, dass viele unserer

Kinder Gemüse kaum noch kennen. Brokkoli halten sie für Bäume, weil sie das zu Hause einfach nicht mehr serviert bekommen, es wird dort nicht mehr zubereitet. Das muss uns zu denken geben. Da können wir aus staatlicher Sicht vieles anstoßen, vieles in unseren Einrichtungen besser machen, aber letztlich können wir den ganz häuslichen, privaten Bereich nur bedingt erreichen. Das muss uns Sorge machen, da müssen wir alle in unserem Umfeld wahrscheinlich auch selbst Informationsarbeit leisten. Das kann der Staat allein überhaupt nicht leisten, wenn sich solche Entwicklungen in der Gesellschaft auftun.

Wir haben natürlich leider eine Zunahme an Sprachentwicklungsstörungen, wir haben motorische Auffälligkeiten, Bewegungsmangel, Über- und Fehlernährung und Verhaltensauffälligkeiten. All das nimmt zu, stellen wir in unseren Kindertageseinrichtungen fest. Gleichzeitig haben wir aber natürlich auch die Förderinstrumentarien ausgebaut. Wir haben weit über 1000 Kinder, die regelmäßig in unseren Kindertageseinrichtungen gefördert werden von 40 000, die eine besondere Förderung bekommen. Die anderen bekommen sie im Rahmen der Regelbetreuung in den Kindertageseinrichtungen. Wir tun da also eine ganze Menge. Ich befürchte, dass wir irgendwann an Grenzen kommen werden, wo wir das auch nicht mehr leisten können. Das wird auch Aufgabe von uns allen gemeinsam sein, diese Grenzen so weit zu verschieben, dass wir möglichst viel leisten können.

Es gibt mir natürlich auch zu denken, dass diese Auffälligkeiten in diesem Maße zunehmen, aber auch da kann der Staat allein sicherlich nicht die Abhilfe schaffen. Da bin ich Frau Hammerström sehr dankbar für den Hinweis, dass alle, die Kinder haben, natürlich auch eine ganz besondere Verantwortung dafür haben, dass diese Kinder möglichst gesund und kindgerecht aufwachsen können und alle Entwicklungschancen haben. Diese Verantwortung müssen wir auch immer wieder benennen, bevor wir uns an unsere eigenen Aufgaben machen, denn wir können von staatlicher Seite wirklich nur das Extra liefern, der normale Alltag spielt sich für die Kinder eben doch zu Hause ab.