Heute ist die Regelung so, die Richterschaft und auch die Vertreter der Bürgerschaft sind durch Vertreter an der Entscheidung beteiligt, jemanden als Richter auf Lebenszeit zu bestellen. Das war ja die wesentliche Änderung nach 1945 nach den Erfahrungen des Nationalsozialismus und der damals willfährigen Rolle der Justiz.
Die Grünen schlagen nun vor, künftig auch die Beförderung und die Ernennung zu Präsidentinnen oder Präsidenten eines Gerichts im Land Bremen im Konsens zwischen Senat, Bürgerschaft und Richtervertretern vornehmen zu können, also in den Richterwahlausschuss genau so wie heute die Ernennung auf Lebenszeit zu ziehen. Da nun ohnehin Konsens notwendig ist, genügt es dann auch vollkommen, wenn der Senat allein durch den zuständigen Senator im Richterwahlausschuss vertreten ist, nicht aber wie heute durch drei Senatorinnen oder Senatoren.
Meine Damen und Herren, um ein Missverständnis zu vermeiden: Wir haben diesen Antrag weder im Sommer 2001 noch im vergangenen November oder Dezember eingebracht, wie Sie ja gemerkt haben. Ich will damit sagen, wir sind auf die Brisanz eines ordentlichen und guten Verfahrens durchaus wieder durch die aktuellen Vorkommnisse bei der Besetzung zweier Posten gestoßen worden, andererseits wollten wir aber auf gar keinen Fall in die laufenden Diskussionen, Verhandlungen um Personen eingreifen, denn da hätten wir ja auch gar keine Möglichkeiten und gar keine Kenntnisse gehabt.
Heute ist das anders. Herr Golasowski wird Präsident des Landgerichts, Herr Stauch wird Präsident des Oberverwaltungsgerichts, hoffentlich nicht auch noch Präsident des Finanzgerichts, aber das ist wieder eine andere Geschichte. An dieser Stelle sage ich: Wir gratulieren den beiden Herren und wünschen ihnen viel Erfolg und eine glückliche Hand bei ihrer Arbeit!
Deswegen bleiben wir aber dennoch bei unserer Auffassung, dass das Verfahren, mit dem sie ins Amt gekommen sind, doch sehr viele Fragen aufwirft und nach unserer Auffassung nicht in Ordnung war. Die Kernpunkte unserer Kritik sind immer, wenn es um solche Dinge geht, „Klassiker“. Die Ausschreibung für beide Ämter war nach unserer festen Überzeugung zu 99 Prozent auf die eine Person hin abgefasst worden, deren Ernennung vorher schon beschlossene Sache war. Sicherheitshalber hat man dann noch auf die überregionale Ausschreibung in großen Zeitungen oder anderen Medien verzichtet. Das wäre ja auch nur eine unnötige Geldausgabe, aber darüber war nicht einmal der Rechnungshof in diesem Falle froh.
Eine Beteiligung der organisierten Richterschaft hat es nicht gegeben, und wenn mit jemandem von uns gesprochen worden ist, dann vielleicht ja mit dem Kollegen Isola, das weiß ich nicht, möglicherweise, mit Herrn Röwekamp ja nicht, glaube ich. Herr Isola ist ja Gott sei Dank selbst der Meinung, dass es nicht reicht, wenn mit Einzelnen so am Rande diskutiert wird.
Die Überlegung unseres Antrags, auch bei Beförderungen und bei Ernennungen zu Präsidenten den Richterwahlausschuss zwingend zu beteiligen, ist ganz einfach. Wenn es wie bisher nur ein Machtzentrum gibt, das solche zentralen Personalentscheidungen vorbereiten und treffen kann, wächst die Gefahr, dass es zu nicht ganz so optimalen Entscheidungen kommt, und die Gefahr wäre vielleicht doch zu groß, dass womöglich sachfremde Überlegungen ein zu großes Gewicht bekommen könnten. Ich finde, das habe ich sehr zurückhaltend ausgedrückt, man könnte auch ein bekanntes Wort mit vier Buchstaben dafür nennen, aber wir sind ja hier noch in der einvernehmlichen Diskussion einer Gesetzesänderung.
Klar ist, dass auch bei dem von uns vorgeschlagenen Verfahren der Senat eine tragende und bestimmende Rolle haben wird. Das ist ganz logisch. Er weiß aber, und so funktioniert eben Kontrolle, dass er irgendwann einmal die Karten auf den Tisch legen, vielleicht auch Alternativen vorlegen und überzeugen muss und dass er grundsätzlich auch in einem Richterwahlausschuss einmal auflaufen kann, auch wenn es neunundneunzig mal gut geht. Das ist der entscheidende Punkt! Wir wollen ein faires
Da wir uns geeinigt haben und ich gehört habe, dass es auch im Grundsatz viel Übereinstimmung mit den anderen Fraktionen gibt, will ich mich kurz fassen und darauf verzichten, auf die Einwände von Staatsrat Mäurer einzugehen, unsere Vorschläge seien grundgesetzwidrig. Wenn Herr Mäurer dieser Auffassung wäre, dann wäre es, glaube ich, langsam an der Zeit, dass er einmal ein paar Brandbriefe an die anderen Landesregierungen schreibt, die solche Regelungen haben. Es gibt ja eine ganze Hand voll oder mehr. Ich glaube zwar nicht, dass alle diese Landesregierungen sich außerhalb des Grundgesetzes bewegen, aber wir können das ja im Ausschuss weiter debattieren.
Wir empfehlen also den Verzicht auf Totschlagargumente von vornherein, bitten um den Einstieg in eine sachliche Prüfung im Rechtsausschuss, auch unter Beteiligung, und wir werden dafür werben, dass wir das machen, der organisierten und interessierten Richterschaft. Ich bedanke mich gern bei den anderen Fraktionen des Hauses, dass dies durch die Überweisung gemeinsam möglich ist.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch wir sind der Auffassung, dass die Art und Weise, wie bei uns in Bremen Richter berufen werden, und zwar nicht nur bei der Einstellung, sondern auch bei Beförderungen, zumindest diskussionswürdig, wenn nicht sogar änderungswürdig, reformbedürftig ist. Der verfassungsrechtliche Rahmen ist dabei allerdings zu beachten. Ich sehe da keine Probleme, oder ich denke, sie lassen sich mit dem Grundgesetz ausräumen.
Der Artikel 98 Absatz 4 bildet die verfassungsrechtliche Grundlage für alle Länder, dass über Richterberufungen der zuständige Landesjustizminister gemeinsam mit einem Richterwahlausschuss entscheidet. Man kann sich jetzt darüber streiten, ob Anstellung nur die direkte Anstellung, die Einberufung in das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis, in das Richterverhältnis ist oder ob der Begriff einer weiteren Auslegung zugänglich ist. Andere Länder legen das entsprechend aus, das haben Sie ja schon gesagt, dazu zählen auch Beförderungen. Das ist das eine.
Ihr Vorschlag kollidiert allerdings zurzeit mit den Vorschriften der Bremischen Landesverfassung. Der ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
Artikel 136 regelt erstens die Zusammensetzung eines Richterwahlausschusses und zweitens auch die Kompetenzen. Wenn wir uns also politisch einig sind, etwas ändern zu wollen, können wir dieses Verfahren so nicht weiter betreiben, wie Sie das hier vorgelegt haben. Dann müssten wir ein verfassungsänderndes Gesetz einbringen. Das erfordert drei Lesungen mit dem entsprechenden Ausschuss. Darüber müsste man sich dann verständigen. Es ist aber in der Tat sinnvoll, sich erst über die politischen Eckwerte klar zu werden. Dann kann ja der Ausschuss hier Hilfe geben, falls wir uns alle darauf verständigen, das zu machen.
Ich darf aber durchaus schon einmal einige Eckpunkte zu Protokoll geben, die aus unserer Sicht diskutiert werden sollten. Die Änderung der Zusammensetzung auf jeden Fall! Wir haben zurzeit das schon merkwürdige Kuriosum, dass die demokratische Legitimation durch das vom Volk gewählte Parlament nur sehr schwach vorhanden ist. Wir haben fünf Abgeordnete in dem Ausschuss, aber drei Senatoren – das ist übrigens einmalig, drei Minister – und drei Richter. Das heißt, die Abgeordneten sind in der Minderheit. Sie können in dieser Frage überstimmt werden. Das halte ich als Parlamentarier für außerordentlich problematisch! Hier ist etwas zu ändern, und der Ansatz ist richtig, ich möchte nicht die Richterbank verkleinern, aber die Senatorenbank. Es macht überhaupt keinen Sinn, hier reicht einer.
Das Zweite ist: Welche Kompetenzen soll künftig ein entsprechender Ausschuss haben? Wir sind der Auffassung, dass es völlig unzureichend ist, nur über einen bereits eingestellten Richter auf Probe zu entscheiden, ob er nun Richter auf Lebenszeit wird. Diese Entscheidung ist mit der Einstellung und dass er uns im Richterwahlausschuss vorgeschlagen wird, längst gefallen. Im Grunde genommen kann man darauf fast verzichten. Das ist im Grunde keine Tätigkeit mehr für einen Richterwahlausschuss. Er hat nicht zu entscheiden über die Beförderung, wer hier Vorsitzender Richter, wer Präsident wird, wobei ich etwas verwundert bin, wieso Sie ausgerechnet den Präsidenten des Landgerichts hier erwähnen. Er ist ja nun nicht der höchste Richter in Bremen, er hat noch den Präsidenten des Oberlandesgerichts vor sich, und es gibt Oberste Landesrichter. Deren Funktion muss auf jeden Fall hinein.
Übrigens hat der Richterwahlausschuss auch nicht zu entscheiden, ob Richter anderer Bundesländer nach Bremen übernommen werden. Das geht völlig am Richterwahlausschuss vorbei. Das sind die Dinge, die wir gründlich diskutieren müssen, und zwar mit dem Ziel einer entsprechenden Änderung.
Ein Blick in die Richtergesetze anderer Bundesländer zeigt übrigens, dass zahlreiche Länder dem Anspruch genügen und die Richterwahlausschüsse dort über Beförderungen entscheiden. Dabei sind ja die verfassungsrechtlichen Vorgaben zu beachten. Ein Richterwahlausschuss kann nicht allein entschei
den. Das soll auch nicht geschehen, das wäre nicht sinnvoll, weil er gar nicht die Sachkunde für solche Personalfragen hat.
Ich kann mir aber vorstellen, und das ist in anderen Ländern auch so geregelt, dass auf jeden Fall das Vorschlagsrecht, und zwar das alleinige Vorschlagsrecht, beim zuständigen Fachminister – bei uns kommt noch der Arbeitssenator für die Arbeitsgerichtsbarkeit hinzu, noch ist das ja dort angesiedelt – liegt. Das heißt, ohne den Vorschlag des Fachsenators kann überhaupt nicht entschieden werden. Man kann nur ja oder nein sagen, aber der Ausschuss selbst kann keine Vorschläge machen. Das heißt, es ist ein Einigungszwang vorhanden.
Der Einigungszwang ist dann übrigens auch im Vorfeld gegeben, denn es wäre ja unklug, völlig ungeschützt mit einem Vorschlag in einen solchen Richterwahlausschuss zu gehen, wenn man dort keine Mehrheit bekommt. Das macht man nur einmal, aber dann nicht wieder. Das heißt, hier ist ein Vorfeld geschaffen für eine Einigung, für eine Diskussion, die natürlich höchst vertraulich stattzufinden hat. Ich denke, dann hätten wir auch in Bremen eine demokratisch legitimierte, durch dieses Parlament legitimierte Wahl von Richtern.
Darüber, ob man jede einzelne Beförderung im Richterwahlausschuss entscheidet, zum Beispiel auch den Vorsitzenden Richter, muss man noch einmal reden, da bin ich nicht festgelegt. Man könnte es auch dabei belassen, die Präsidenten der obersten Gerichte einschließlich des Präsidenten des Landgerichts und des Amtsgerichtspräsidenten dort zu regeln. Das sind die entscheidenden Weichen, die auch für die dortige Personalpolitik eine Rolle spielen.
Ich denke aber, das Parlament ist aufgerufen, ich sage das immer wieder, hier den alten Zopf einer senats-autoritätsorientierten Verfassung abzuschneiden. Es ist ein Stück Modernisierung auch in diesem Bereich angesagt. Unsere Fraktion macht da mit. Wir sind für die Überweisung dieses Antrags, und wir sollten das so diskutieren, auch mit dem Ziel, dem Parlament einen entsprechenden Gesetzentwurf dann vorzuschlagen, wenn es uns gelingt, uns auf die Eckpunkte zu verständigen. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen, meine Herren! Wir werden die intensiven Beratungen im Rechtsausschuss führen können, deswegen möchte ich nicht alles wie––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
Ich denke, für die CDU-Fraktion erklären zu können, dass wir zu Änderungen bereit sind, die sowohl den Kompetenzkatalog als auch die Zusammensetzung des Richterwahlausschusses betreffen. Das ist keine Kritik insbesondere an der Besetzungspraxis der vergangenen Wochen, Monate und Jahre, will ich einmal so sagen. Es gibt eine hohe Übereinstimmung auch mit den Personalentscheidungen des Ressorts, unabhängig davon, Herr Dr. Kuhn, ob wir im Einzelfall vorher gefragt, angerufen worden sind oder nicht. Ich bin der Ansicht, dass wir mit der Auswahl der Personen bisher eine hervorragende Wahl getroffen haben, und ich habe am Justizressort in der Beziehung nichts auszusetzen.
Gleichwohl glaube ich, dass wir über einen erweiterten Kompetenzkatalog die Akzeptanz entsprechend verbreitern können. Ich halte das für eine vernünftige Lösung, sehe aber noch nicht zwanghaft, Herr Isola, dass die Parlamentarier in solch einem Gremium die Mehrheit haben sollten. Es ist für mich nicht zwanghaft. Ich denke, man kann darüber nachdenken, ob es notwendig ist, dass drei Senatoren dort sitzen. Ich teile eher die Auffassung von Herrn Dr. Kuhn, dass einer reicht.
Ich würde in dem Zusammenhang auch anregen, darüber nachzudenken, das zu machen, was andere Landesparlamente entsprechend geregelt haben, nämlich ob es nicht sinnvoll ist, auch einen Vertreter der organisierten Anwaltschaft in den Richterwahlausschuss aufzunehmen, um auch dort für eine Transparenz und Akzeptanz der Personalauswahlentscheidungen zu sorgen.
Wenn wir uns alle zutrauen, an solchen Entscheidungen mitzuwirken, warum soll dann nicht auch die Hanseatische Rechtsanwaltskammer Bremen beispielhaft über ein geborenes oder gekorenes Mitglied entsprechend mitwirken können? Ich halte das für eine vernünftige Lösung. Wir können darüber im Einzelnen diskutieren. Sowohl was die Zusammensetzung als auch was den Kompetenzkatalog betrifft, sind wir offen. Ich denke, wir werden das in der nächsten Sitzung des Rechtsausschusses intensiv beraten.
Gibt es einen politischen Konsens darüber, dass wir Änderungen vornehmen wollen, dann müssen wir den Weg eines verfassungsändernden Gesetzes mit allen Notwendigkeiten gemeinsam beschreiten. Das ist auch der Grund, Herr Dr. Kuhn, weshalb wir Ihrem Antrag heute selbstverständlich noch nicht zustimmen können, weil es so nicht geht, wie Sie es vorschlagen. Wir werden es also sach- und fachkundig im Rechtsausschuss beraten, und ich bin sicher, dass wir noch in der laufenden Legislaturperiode dem Parlament einen Vorschlag machen können, wie wir da zu einer besseren Zusammensetzung und zu ei
Es ist beantragt worden, bei diesem Gesetzesantrag die erste Lesung zu unterbrechen und den Gesetzesantrag zur Beratung und Berichterstattung an den Rechtsausschuss zu überweisen.
Meine Damen und Herren, wer einer Unterbrechung der ersten Lesung und der Überweisung des Gesetzes zur Änderung des Bremischen Richtergesetzes, Drucksachen-Nummer 15/1039, zur Beratung und Berichterstattung an den Rechtsausschuss seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!
Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) unterbricht die erste Lesung und überweist den Gesetzesantrag zur Beratung und Berichterstattung an den Rechtsausschuss.