Protokoll der Sitzung vom 18.09.2002

Drittens: Die Nutzung der oben genannten Instrumente hat dazu geführt, dass die Arbeitslosigkeit von Jugendlichen mit abgeschlossener Berufsausbildung nicht noch gravierender angestiegen ist. Weitere Schritte sollten als konzertiertes Handeln aller Akteure des Arbeitsmarktes unternommen werden. Hierbei stehen auch die Unternehmen in gesellschaftlicher Verantwortung.

Für das Land Bremen bieten sich unter anderem folgende Aktivitäten an: Sozialpartnerschaften zur Weiterbeschäftigung von Jugendlichen nach Abschluss der Ausbildung, Unterstützung der Arbeitsämter bei der Stelleneinwerbung, einheitliche Präsentation der Förderinstrumente der Bundesanstalt für Arbeit und der Freien Hansestadt Bremen, Schaffung einheitlicher Anlaufstellen für Jugendliche und Betriebe. – Soweit die Antwort des Senats!

Wünschen Sie eine Zusatzfrage? – Bitte, Frau Ziegert!

Es ist ja schon, glaube ich – Sie haben ja darauf hingewiesen, Jugendarbeitslosigkeit nicht als allgemeines Problem anzusehen –, ein besonderes Problem, wenn junge Menschen nach Abschluss der Ausbildung arbeitslos bleiben. Das ist ein Problem für diese jungen Menschen, weil die Gefahr besteht, dass die Qualifikation, die sie erreicht haben, verfällt und ihre Motivation nicht genutzt wird. Es ist aber auch ein Problem für die Bremer Unternehmen, denen hier gut ausgebildete, junge und motivierte Fachkräfte zur Verfügung stehen, die möglicherweise nicht genutzt werden. Nun haben Sie gesagt, es bieten sich bestimmte Programme für das Land Bremen an. Ist denn damit zu rechnen, oder ist vielleicht schon in die Wege geleitet worden, dass auch seitens des Landes oder des Ressorts Schritte unternommen werden? Haben Sie sich zum Beispiel auch schon einmal mit den Arbeitsämtern in der Richtung verständigt?

Bitte, Frau Senatorin!

Ich teile Ihre Ausführung. Wir müssen dieses Problem dringend angehen, und zwar jetzt. Wir haben uns auch sehr ausführlich in der letzten Sitzung der Deputation für Arbeit damit beschäftigt, zusammen mit den beiden Arbeitsamtsdirektoren. Die Deputation hat einen Beschluss gefasst, der genau in die Richtung geht, diese Maßnahmen gemeinsam mit den Arbeitsämtern anzugehen. Wir sind mit den Arbeitsämtern natürlich auch im Gespräch, und wir werden die für Ende Oktober ursprünglich vorgesehene Sitzung der Arbeitsgruppe des Bündnisses für Arbeit auf Anfang Oktober vorziehen. Die Einladung ist jetzt in Vorbereitung, um dann innerhalb dieses Bündnisses gemeinsam mit allen Akteuren, insbesondere auch den Arbeitgebern und den Arbeitsämtern, konkrete Schritte in die Wege zu leiten.

Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Ich teile Ihre Auffassung, wenn Sie sagen, es muss vornehmlich in nicht subventionierte Beschäftigung vermittelt werden. Bei diesen Jugendlichen wäre es auch nicht nötig, die haben keine Einschränkungen in ihren Fähigkeiten. Trotzdem, sehen Sie auch Möglichkeiten, dass Jugendliche eventuell in Teilzeit beschäftigt werden? Sie haben auf das Programm Jugendteilzeithilfe hingewiesen, eventuell auch mit Vorruhestand für Ältere, so dass hier vielleicht so eine Art Beschäftigungsbrücke für junge Menschen geschaffen werden könnte?

Bitte, Frau Senatorin!

Darin sehe ich eine gute Möglichkeit. Ich habe allerdings den Eindruck, dass es bei den Unternehmen noch gar nicht so richtig be

kannt ist. Deswegen müssen wir aus meiner Sicht jetzt die Öffentlichkeitsarbeit, die Aufmerksamkeit der Unternehmen noch einmal auf diese Maßnahmemöglichkeit lenken. Das ist zwar keine optimale Lösung, aber immerhin eine Möglichkeit, dass die Jugendlichen eben nicht aus dem Berufleben herausfallen, sondern im Geschäft bleiben und den Anschluss im Hinblick auf ihre Qualifikation nicht verlieren. Von daher halte ich diese Maßnahme zum Beispiel für sehr geeignet.

Es gibt darüber hinaus eben auch noch ergänzende Qualifizierungsmöglichkeiten, die nur dann eingesetzt werden sollten, wenn wirklich Defizite vorhanden sind. Aber auch auf die können wir nicht verzichten.

Eine weitere Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Es ist vielleicht eher rhetorisch, aber teilen Sie meinen Eindruck, dass wir auch noch in viel stärkerem Maße in den nächsten Wochen und Monaten eine Werbeaktion bei den Unternehmen starten müssten, um da auch das Bewusstsein herzustellen, dass man diese jungen Menschen jetzt nicht auf der Straße stehen lassen kann?

(Beifall bei der SPD)

Bitte, Frau Senatorin!

Ich würde das nicht rhetorisch nennen. Ich denke, es ist ganz wichtig. Ich weiß von den Arbeitsämtern und von den Kammern, dass sie sehr große Anstrengungen unternehmen, auch zu den Betrieben zu gehen. Der Bremer Arbeitsamtsdirektor hat zum Beispiel in unserer Deputationssitzung sehr eindringlich geschildert, dass die direkte Ansprache der Unternehmen genau der erfolgreiche Weg ist. Da können wir auch dann etwas leisten, was zusätzliche Arbeitsplätze für junge Leute betrifft. Von daher lege ich sehr großen Wert darauf, dass wir diese Anstrengungen forcieren und da nicht nachlassen.

(Abg. Frau Z i e g e r t [SPD]: Vielen Dank!)

Eine weitere Zusatzfrage durch die Abgeordnete Frau Dreyer! – Bitte, Frau Dreyer!

Frau Senatorin, Sie haben gerade vorgetragen, dass seit dem Job-AQTIVGesetz und nach dem Jugendsofortprogramm der Bundesregierung die Arbeitslosigkeit der Jugendlichen nach der Erstausbildung wieder deutlich ansteigt. Teilen Sie meine Feststellung, dass damit die propagierten Zielsetzungen der Bundesregierung nicht erreicht worden sind?

Bitte, Frau Senatorin!

Wir müssen leider feststellen, dass die Jugendarbeitslosigkeit zugenommen hat. Über die Ursachen können wir uns jetzt sicherlich lange unterhalten. Eine Ursache ist natürlich die wirtschaftliche Situation der Betriebe, das ist gar keine Frage. Die Arbeitsmarktpolitik, da sage ich Ihnen nichts Neues, kann nur Rahmenbedingungen für Ausbildungsplätze für junge Leute schaffen.

Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Der Vermittlungsgutschein des Arbeitsamts für private Vermittler und die Lohnkostenzuschüsse nach dem so genannten Mainzer Modell, Frau Senatorin, werden in Bremen und Bremerhaven kaum genutzt, wie die beiden Direktoren der Arbeitsämter Bremen und Bremerhaven in der letzten Deputationssitzung ausgeführt haben. Sie tragen aber beide Fördermöglichkeiten hier noch einmal mit einem positiven Credo vor. Erklären Sie mir doch bitte den Widerspruch zu den beiden Aussagen der Direktoren der Arbeitsämter!

Bitte, Frau Senatorin!

Ich sehe da keinen Widerspruch. Wir haben hier die Maßnahmen aufgezählt, die es gibt. Sie werden auch aktiv, das haben mir die Arbeitsamtsdirektoren vorgetragen, in den Arbeitsämtern forciert. Die Arbeitsämter legen sehr großen Wert darauf, dass die Vermittlungsgutscheine für die privaten Vermittler an die Arbeitslosen weitergegeben werden. Das läuft nicht so erfolgreich, wie wir das erwartet haben, das ist keine Frage. Offensichtlich stoßen auch die privaten Vermittler auf Probleme. Es ist auch etwas Neues, das jetzt erst richtig anlaufen muss. Das ist im Übrigen nicht nur in Bremen und Bremerhaven so, sondern es ist eine bundesweite Erfahrung.

Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Wenn wir so viele von Ihnen vorgetragene gute Instrumente haben, Frau Senatorin, können Sie sich erklären, warum der Bundeskanzler noch eine Hartz-Kommission braucht?

Bitte, Frau Senatorin!

Ja, das kann ich mir sehr wohl erklären! Der eigentliche Anlass für die Hartz-Kommission ist die Reform der Bundesanstalt für Arbeit. Das halte ich für ein dringend notwendiges Vorhaben.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Die Bundesanstalt muss stärker in die Lage versetzt werden, in die Vermittlung zu gehen. Wir haben gemeinsam festgestellt, dass der Vermittlungsanteil der Bundesanstalt leider nicht so ausgeprägt ist, wie es notwendig ist. Das ist zum Beispiel ein Schwerpunkt, den die Hartz-Kommission vorstellt, den ich für absolut notwendig halte. Es geht auch genau in die richtige Richtung mit den Jobcentern, mit den Personalserviceagenturen. Ganz konkret hier eine Reform anzugehen, die den Arbeitslosen und die Vermittlung in den Arbeitsmarkt in den Vordergrund stellt, das ist für mich das zentrale Ziel, und das halte ich für absolut notwendig.

(Beifall bei der SPD)

Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Eine letzte Frage, Frau Senatorin: Teilen Sie die Erkenntnisse aller führenden Wirtschaftsinstitute, dass erst von einem Wirtschaftswachstum ab mindestens zwei Prozent mit der Schaffung neuer Arbeitsplätze zu rechnen ist, und ist Ihnen bekannt, dass die Bundesregierung das Wirtschaftswachstum jetzt auf 0,6 Prozent reduziert hat?

(Abg. Frau L e m k e - S c h u l t e [SPD]: Die Bundesregierung hat das reduziert?)

Ergibt sich nicht daraus die Lücke der nicht vorhandenen Stellen, die Sie auch mit keinem Job-AQTIVGesetz schließen könnnen?

Bitte, Frau Senatorin!

Ich glaube nicht, dass die These richtig ist, dass die Bundesregierung das Wirtschaftswachstum reduziert hat.

(Beifall bei der SPD)

Das hat bekanntlich viele Ursachen, die mit dem Weltmarkt unter anderem zusammenhängen. Die Bundesregierung kann auch hier nur Rahmenbedingungen schaffen, aber sie ist nicht in der Lage, Wirtschaftspolitik direkt zu gestalten.

Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Dann will ich doch noch einmal nachfragen! Was meinen Sie denn, was an den Rahmenbedingungen von Seiten der Bundesregierung geändert werden müsste, damit es hier den kleinen und mittelständischen Betrieben wieder so geht, dass sie – –?

(Zurufe von der SPD)

Ich bin noch nicht zu Ende, ich warte nur, bis Sie mich verstehen! Was meinen Sie, welche Rahmen

bedingungen geändert werden müssen, damit das Wirtschaftswachstum endlich wieder steigt? Was hätte die Bundesregierung hier konkret zu leisten?

(Abg. Frau L e m k e - S c h u l t e [SPD]: Wir sind hier im Bremer Parlament!)

Bitte, Frau Senatorin!

Ich bin der Meinung, dass wir uns da auf den Arbeitsmarkt konzentrieren müssen, das habe ich gerade gesagt, und dass aus meiner Sicht dann die Vorschläge der Hartz-Kommission dazu einen wichtigen Beitrag leisten. Das muss natürlich durch entsprechende Maßnahmen der Wirtschaftspolitik flankiert werden, aber das ist jetzt hier nicht unser Thema.

(Beifall bei der SPD)

Zusatzfrage? – Bitte sehr!